Sansibar - 05/2021

Aus Tansania Information
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Vizepräsident Masoud Othman Sharif

Der Jurist Masoud Othman Sharif wurde zum 1. Vizepräsidenten Sansibars ernannt. Durch den Tod seines Vorgängers Seif Sharif Hamad war der Posten unbesetzt. Im tansanischen Teilstaat Sansibar besteht eine Regierung der Nationalen Einheit, die laut sansibarischer Verfassung immer von den beiden stärksten Parteien zu bilden ist. Deshalb hatte Präsident und Wahlsieger Mwinyi die mit 19% zweitstärkste Partei ACT-Wazalendo zum Eintritt in die Regierung eingeladen. Darin steht der Posten des 1. Stellvertreters dem kleineren Partner zu, was aber nur eine Repräsentationsrolle ist. Bei einem Ausfall des Präsidenten käme gesetzlich sein 2. Stellvertreter aus der CCM zum Zuge. Der langjährige Oppositionsführer Sharif Hamad war trotz der seiner Meinung nach gefälschten Wahl in die Einheitsregierung eingetreten, weil er den neuen Präsidenten Mwinyi, im Gegensatz zu seinem Vorgänger, für ehrlich bemüht um Verständigung nach einem Wahlkampf ansah, der eine Reihe von Todesopfern gefordert hatte. Die Aufnahme der Opposition in die Regierung hat wesentlich zur Beruhigung der angespannten Lage auf Sansibar beigetragen.

Masoud Othman stammt von der Insel Pemba, hatte in Dar es Salaam und London Jura studiert, machte als CCM-Mitglied Karriere in der sansibarischen Justiz und wurde 2010 Attorney General (oberster Rechtsbeamter der Regierung). Bei der Verfassungskonferenz für Tansania vertrat er den ursprünglichen Entwurf für ein System mit 3 Regierungen, das Sansibar mehr Spielraum in der tansanischen Union gegeben hätte. Er wurde deshalb vom damaligen Präsidenten Shein entlassen und schloss sich der Opposition unter Sharif Hamad an. Die Entlassung brachte ihm den Ruf eines prinzipientreuen Politikers ein.

Citizen 02.03., Guardian 02.03.21

Verfahren der Uamsho-Sheikhs

Der neue Vizepräsident Othman hat sich für ein gerechtes Verfahren im Falle der sogenannten “Uamsho-Sheikhs” eingesetzt. Dies ist das erste Mal, dass ein Mitglied der sansibarischen Regierung sich zu dem Fall äußert.

Es handelt sich um eine Gruppe von islamischen Geistlichen, die seit 2013 in Haft sitzt, ohne dass bisher eine förmliche Anklage gegen sie erhoben wurde. Insgesamt soll es sich um 64 angebliche Mitglieder einer islamistischen Gruppe auf Sansibar handeln, die seit 2013 in Arusha inhaftiert sind.

Uamsho (“Erweckung, Aufwachen”) war eine im Jahr 2001 gegründete muslimische Gruppe auf Sansibar, die seit dem Jahr 2010 die Bildung der ersten Regierung der nationalen Einheit der Insel kritisierte, die “Kolonialherrschaft Tanganyikas” anprangerten und für eine Trennung Sansibars vom Festland eintrat, in Verbindung mit der Einführung islamischer Gesetze. Ein Verbot für Versammlungen der Uamsho wurde von dieser ignoriert oder umgangen; nach der Verhaftung ihrer Führer kam es 2012 zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten, bei denen es Todesopfer gab. In der Folge kam es in Sansibar zu Anschlägen auf mehrere Kirchen, christliche Geistliche und den Sekretär des (von der Regierung eingesetzten) Muftis. Ein Priester wurde erschossen. Im Jahr 2013 wurden 22 Führer der Uamsho unter dem Gesetz gegen Terrorismus verhaftet und auf dem Festland inhaftiert. Seither hatte die Polizei keine formelle Anklage vor Gericht gebracht. Kurz nach Amtsantritt der neuen Präsidentin (die aus Sansibar stammt) kam es plötzlich zu einem Gerichtstermin in Dar es Salaam, bei dem das Gericht 14 von 25 Vorwürfen gegen die Beschuldigten nicht zuließ. Beim Folgetermin Ende April konnte die Anklage noch keine Anklageschrift vorlegen, so dass wieder vertagt werden musste.

Im sozialen Medien wurde die Entwicklung überwiegend begrüßt. Es gab auch Kritik an den Inhaftierten. Diese wurde mit früheren Äußerungen der Angeklagten begründet und darauf verwiesen, dass es seit ihrer Inhaftierung weder Säureanschläge auf Geistliche noch Brandanschläge auf Kirchen gegeben hat. Einige Stimmen forderten die sofortige Hinrichtung.

Im Parlament zu Dodoma hatte sich der CCM-Abgeordnete Gwajima, im Hauptberuf Bischof einer Pfingstkirche, für die Freilassung der Gruppe ausgesprochen. Auf Sansibar war zunehmend kritisiert worden, dass die Verhafteten ohne ersichtliche Rechtsgrundlage auf das Festland verbracht und damit aus dem Bereich der sansibarischen Justiz entfernt worden waren.

Jamiiforums 23.04., 29.04., Mwananchi 16.04.21

Junge Mütter und Schule

Sansibars Erziehungsminister Simai Said forderte alle Schulleiter auf, Schülerinnen nach einer Schwangerschaft die Rückkehr in die Schule zu erleichtern und dafür in der Gesellschaft zu werben. Er appellierte an Eltern, die Mädchen nicht schnell zu verheiraten, sondern ihr Recht auf Rückkehr in die Schule zu verteidigen, damit sie ihre Träume verwirklichen können. Das Land dürfe für seine Entwicklung nicht ihre Talente verlieren.

Diese Erklärung stellt wenige Tage nach dem Tod von Präsident Magufuli eine öffentliche Kehrtwende dar, die so klar auf dem Festland noch nicht ausgesprochen wurde. Magufuli hatte angeordnet, dass schwangere Schülerinnen („binti mama“) die Schulen verlassen müssten und nicht zurückkehren dürften. Er hatte 2017 seine Linie offenkundig im Alleingang beschlossen, nach dem im Wahlprogramm der CCM noch die Rückkehr der jungen Mütter an die Schulen erleichtert werden sollte. Nach erheblichem Druck seitens der Weltbank hatte Tansania in Verhandlungen über einen großen Kredit für das Erziehungswesen ein wenig nachgegeben und angekündigt, alternative Bildungswege für diese Mädchen zu öffnen. Seine Nachfolgerin Hassan hatte sich in der Vergangenheit als Erziehungsministerin in Sansibar stark für schwangere Schülerinnen eingesetzt gehabt, aber als Vizepräsidentin Magufulis Verweigerungshaltung nie öffentlich kommentiert. Offenkundig war hier der sansibarische Minister schneller in der Reaktion auf die neuen Umstände als das Ministerium auf dem Festland.

Citizen 04.04.21

Kneipenrazzia

In Sansibar Stadt führte die Polizei Razzien in Bars durch und verhaftete vorübergehend eine Reihe von dort Tätigen. Die Vereinigung der Barbetreiber protestierte mit Eingaben an Präsident Mwinyi; Streitpunkte sind das gewaltsame Vorgehen der Polizei und Gerichtsverfahren, die die Vereinigung der sansibarischen Wirte gegen die neuen Lizenzgebühren für Ausschank und Verkauf von Alkohol angestrengt hat. Diese würden die wirtschaftliche Existenz vieler Betriebe gefährden. – Während des Fastenmonats Ramadan wurde in diesem Jahr jeglicher Verkauf von Alkohol untersagt.

Guardian 07.04.21

Rüttelschwellen retten Affen

Der Einbau von Rüttelschwellen (speed bumps) hat sich als wirksames Mittel zum Schutz der bedrohten Sansibar-Stummelaffen (Red Colobus, Piliocolobus kirkii) erwiesen. Von den etwa 2000 – 3000 verbliebenen Individuen dieser Art, die es nur auf Sansibar gibt, lebt etwa die Hälfte im Jozani-Chwaka Bay National Park. Seit die durch den Park führende Straße verbessert wurde, führte dies zu mehr Wildunfällen. Alle zwei bis drei Wochen wurde einer von ihnen überfahren. Nach Einbau von 4 Schwellen in die Straße kommt dies nur noch im Abstand von 6 Wochen vor.

Treehugger.com 09.04.21

Phantomarbeiter

Der sansibarische Präsident Mwinyi degradierte die Leiter der Gefängnisverwaltung, des National Service und der Büros zur Bekämpfung von Schmuggel, weil in ihren Verwaltungen für 381 nicht vorhandene Angestellte (ghost workers) Gehälter gezahlt wurden. Hierbei ging es nicht nur um ehemalige und bereits pensionierte Mitarbeiter; in einigen Fällen waren offenkundig mit ausgeliehenen Uniformen Fotos für fiktiv angelegte Personalakten hergestellt worden. Es wurden nicht nur Gehälter, sondern auch Spesen abgerechnet. Einige Pensionäre, deren Gehälter weitergelaufen waren, haben mittlerweile die Beträge zurückerstattet. Gegen verantwortliche Mitarbeiter in den Personalabteilungen wurden Strafverfahren eingeleitet. Der Gesamtschaden wird auf TSh 2.3 Mrd. (€ 850.000) beziffert.

Guardian 14.04.21

US-Masken für Sansibar

Das Gesundheitsministerium empfing eine Sendung von medizinischem Gerät aus den USA im Werte von $ 400.000. Es handelt sich um Messgeräte, Schutzmasken und Hygienematerial. Der Generaldirektor des Ministeriums Abdullah S. Ali betonte, dass Sansibar für partnerschaftliche Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Covid-Epidemie sei. Der verstorbene Präsident Magufuli hatte mehrfach vor dem Import von Schutzmasken von den “Imperialisten” gewarnt, da sie mit Viren verseucht sein könnten.

Nation (Kenia) 20.04.21

Reporter von Polizei misshandelt

Am 21. April wurde ein Reporter der Zeitung Mwananchi von Polizisten misshandelt, nachdem er sie bei einem Einsatz fotografiert hatte. Jesse Mikofu kam zufällig vorbei, als Polizisten beim bekannten Darajanimarkt am Rande der Altstadt Sansibars die Stände von Straßenhändlern beschlagnahmten. Als er die Aktion fotografierte, wurde er festgenommen. Sein Presseausweis verhinderte nicht, dass der leitende Polizist seine Misshandlung anordnete. Er musste sich in eine Pfütze setzen und einen schweren Stein hochhalten, dann Liegestütze in der Pfütze machen und wurde gezwungen, das Passwort für sein Fotohandy herauszugeben und das Gerät nach Löschung des Inhalts mit einem Stein zu zerschlagen. Bei diesem -für das Verhalten tansanischer Polizisten nicht besonders ungewöhnlichen- Vorfall ist bemerkenswert, dass die Zeitungen seines Verlages (Mwananchi und Citizen) über die Geschichte ausführlich berichteten und auch den Polizeikommandanten von Sansibar dazu zu befragen versuchten. Es könnte sich um eine gewisse Normalisierung nach dem sehr vorsichtigen Agieren der Presse während der Magufulijahre handeln. Citizen 21.04.21