Unruhen mit religiösem Hintergrund - 11/2012

Aus Tansania Information
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Reaktion auf Kinderei

Ein 14-jähriger Dar-es-Salaamer muslimischer Junge traf auf seinem Heimweg vom muslimischen Unterricht einen 12-jährigen Freund und sagte zu ihm, wenn du den Koran schändest, auf ihn urinierst, verwandelst du dich sofort in eine Katze oder eine Schlange. Sie vereinbarten, einen Versuch zu machen; der Junge, ein Christ, verwandelte sich nicht. Der muslimische Junge berichtete seinem Vater davon. Dieser bereinigte die Sache friedlich mit den Eltern des anderen Jungen. Er wurde zu seiner Sicherheit festgenommen und verhört.

Doch einige, die etwas davon erfuhren, verbreiteten die Geschichte und fingen an zu randalieren. Sie demolierten elf Autos, richteten in sieben Kirchen Schaden an, stahlen Musikinstrumente, einen Laptop, einen Drucker, Projektoren u. a. und steckten eine Kirche in Brand. Sie forderten, der christliche Junge müsse ausgeliefert und geköpft werden. Die Polizei war sofort zur Stelle. Sie setzte Wasserwerfer und Tränengas ein. Die Konfrontation dauerte fünf Stunden. Viele wurden verletzt, 122 verhaftet. 36 hält man für die Anstifter.

Der Polizeikommandant betonte, es handle sich um eine Kinderei, nicht um ein religiöses Motiv.

Der Scheich der Region sagte, Islam bedeute Friede; immer sollten die Gläubigen Toleranz üben, wie der Koran sage.

Ein Pater betonte, die Christen sollten nicht generalisieren und alle Muslime beschuldigen. In Tansania gebe es keinen Hass zwischen den Religionsgruppen.

Präsident Kikwete besuchte das Gebiet und besichtigte die Kirchen. Aufs schärfste verwarnte er diejenigen, die Kirchen beschädigt hatten. Er sagte, es sei eine Schande für Tansania; viele Jahre habe es Frieden und religiöse Toleranz gepflegt. Und nun das!

Einige Tage danach mussten 36 Personen vor Gericht erscheinen; ihnen wird u. a. Diebstahl, Beschädigung des Eigentums anderer zur Last gelegt. Auch der Junge wurde vor Gericht gestellt, denn er habe die Religion gekränkt. (DN 13./14./18.10.12; Guardian 13./15./17.10.12; Citizen 13.10.12)

Bei einem Gottesdienst auf dem Gelände einer schwer beschädigten Kirche bat der Leitende Bischof der ELCT, Dr. Alex Malasusa, die Tansanier dringend, ruhig zu bleiben und sich auf Gebete zu konzentrieren; das sei eine Möglichkeit, für Ruhe in Tansania zu sorgen. Dr. Martin Shao, Bischof der ELCT-Norddiözese, betonte, Gebetsveranstaltungen wollten nicht die verdammen, die mit der Absicht, die Religion zu verteidigen, die Kirche verwüsteten; nur Gott könne sie verurteilen oder bestrafen. Er bat die Regierung, angemessen zu reagieren. (Guardian 19.10.12)

Protest wegen Verhaftung (Dar-es-Salaam)

Ponda Issa Ponda, Generalsekretär des Council of Islamic Organisation beschuldigt den Bakwata, illegalerweise muslimisches Eigentum versteigert zu haben. Zusammen mit Anhängern drang er auf dem Grundstück ein und forderte es zurück. Er wurde zusammen mit 49 Anhängern, unter ihnen sieben Frauen, verhaftet wegen Eindringens in fremdes Eigentum, Friedensstörung, Diebstahls von Baumaterial und Anstiftens eines Aufruhrs vor Gericht gestellt. Es heißt er predige Hass und rufe zu Gewalt auf. Eine aufgebrachte Menge versammelte sich an der Haupt-Polizeistation und forderte Pondas Freilassung. Kommt man ihrer Forderung nicht nach, seien sie bereit, zu sterben. Die Polizei zerstreute die Menge mit Wasserwerfern und Tränengas.

Eine Gruppe von Angehörigen der Verteidigungsarmee patrouillierte auf den Straßen Dar-es-Salaams; das zeigt, wie ernst die Lage ist.

Es gelang Polizei, Miliz und Heer, Demonstrationen von Jugendlichen, die eine bedingunslose Freilassung von Ponda Issa Ponda verlangten, zu vereiteln. 53 Verdächtige wurden verhaftet. (DN 18./19./ 21.10.12; Guardian 18./20.10.12; Citizen 13./17./22.10.12)

Protest wegen Verschwindens eines Verantwortlichen

Am 15. Oktober verschwand in Sansibar Scheich Farid Hadi Ahmed, Anti-Unions-Aktivist auf rätselhafte Weise. Er ist der Leiter der Gruppe, die sich Uamsho <swahili Erweckung> nennt <Siehe Tans.-Inf. 7/12 S. 5> Seine Anhänger randalierten, blockierten Straßen mit Steinen, Müll und brennenden Reifen und steckten ein CCM-Büro in Brand. Die Polizei versuchte die aufgebrachte Menge zu zerstreuen, sie schoss in die Luft. Doch Mitglieder der Uamsho bewarfen die Polizisten mit Steinen, steckten Autoreifen in Brand, demolierten Autos und drangen in ein Büro der CCM ein.

Drei Tage in Folge herrschten Unruhen. Die Anhänger der Uamsho stellten der Regierung ein Ultimatum, denn sie beschuldigt diese einer Beteiligung an der Entführung ihres Leiters: Wird er nicht bis zum folgenden Tag gefunden, würden sie alle Kirchen verwüsten und Christen ermorden; sie sollten sich auf das Schlimmste gefasst machen.

Die Christen sind in Sansibar eine Minderheit.

Nach vier Tagen tauchte Farid Hadi Ahmed in der Nacht wieder auf. Er behauptet, maskierte Männer, die angaben, sie seien Polizisten, hätten ihn entführt.

Der Polizeikommandant sagte, diese Behauptung sei absolut falsch. Hadi Ahmed wurde unter Polizeischutz gestellt und zehn Stunden verhört. Er und sein Fahrer machten widersprüchliche Aussagen. So wurde klar, dass er nicht entführt worden war. Er hatte sich die ganze Zeit versteckt.

Viele Personen, die in der einen oder anderen Weise an den Unruhen beteiligt waren, werden gesucht. Manche wurden aus Tanga zurückge-bracht, wo sie sich versteckt hatten.

Einige hatten berichtet, Hadi Ahmen liege in einem Grab. Als Polizisten dort nachsahen, fanden sie nichts.

Über der Stadt Sansibar wurden Flugblätter abgeworfen, die Uamsho-Anhänger auffordern, am 22. Oktober am Vuga Court zu erscheinen; wahrscheinlich erschienen ihr Leiter und seine Kollegen. Der Wortlaut: "Wir fordern Ruhe. Ihr solltet euch friedlich versammeln, und nicht in kleinen Gruppen zusammenstehen, um der Polizei keinen Anlass zu geben, gegen euch vorzugehen."

Am 22. Oktober wurden sieben Uamsho-Leute unter dem Schutz starker Pozeikräfte und anderer Sicherheitsagenden zum Gericht gebracht. Sechs in der Nähe liegende Primarschulen wurden aus Furcht vor Ruhestörung geschlossen. Gegen Anhänger, die sich beim Gerichtsgebäude versammelten, setzte die Polizei Tränengas ein. (DN 19./ 18./20./22./23.10.12; Guardian 18./ 19./20./22./23.10.12; Citizen 13./17./ 22./23.10.12)

Mitglieder der CCM fordern das Ministerium für Verfassung und Justiz erneut auf, die Uamsho aus der Liste der Nichtregierungsorganisationen zu streichen. Sie habe ihre Legitimation als religiöse Gesellschaft verloren.

Die Regierung Sansibars droht, der Uamsho die Registrierung abzuerkennen, wenn sie sich nicht an die Gesetze des Landes hält. Sie führt Kampagnen gegen die Union, mit Tansania-Festland und fordert eine Volksbefragung bezüglich Verbleibens in der Union.

Um Druck auf die Regierung auszuüben, boykottierten CCM-Abgeordnete die Sitzung des Abgeordnetenhauses. Sie wurde für kurze Zeit unterbrochen, bis die Abgeordneten zurückkehrten. (DN 19./20./22.10.12, Guardian 20./ 22.10.12; Citizen 22.10.12)

Die Polizei sucht Personen, die einen ihrer Kollegen auf der Heimfahrt umgebracht haben. Er war im Zusammenhang mit dem Chaos wegen des Verschwindens Ahmeds im Einsatz. Auch ihn suchte die Polizei. (DN 20./22.10.12, Guardian 19./ 22.10.12)

Zanzibar's Broadcasting Commission untersagte allen Radio- und Fernstationen, über die momentanen Gewaltanwendungen auf den Inseln zu berichten; gegen Zuwiderhandelnde werde vorgegangen. (DN 19./20.10.12; Guardian 19./20.10.12)