Unruhen in Arusha infolge der Bürgermeisterwahl - 02/2011

Aus Tansania Information
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Demonstration, Gewaltanwendung

Die Chadema beantragte für den 5.1.11 die Genehmigung für eine Demonstration und eine Kundgebung auf dem Gelände der National Milling Corporation (NMC), weil sie gegen die Vorgänge bei der Bürgermeis-terwahl protestieren wolle.

Wegen Sicherheitswarnungen untersagte die Polizei die Demonstration im letzten Augenblick, genehmigte nur die Kundgebung - bei strengen Sicherheitsvorkehrungen.

Weil sie trotzdem an einem der Demonstrationszüge teilnahmen, wurden führende Chadema-Repräsentanten festgenommen und in die Polizeizentrale gebracht.

Nach der Kundgebung zogen etwa 3.000 Chadema-Anhänger zur Polizeizentrale, um die Internierten zu befreien. Die Polizei setzte Tränengas gegen sie ein.

Nach Darstellung der Polizei näherte sich die Menge trotzdem der Polizeizentrale. Deshalb habe sie Gummigeschosse eingesetzt, dann Warnschüsse abgegeben und endlich mit scharfer Munition geschossen, als Demonstranten anfingen, die Polizei mit Steinen zu bewerfen.

Zwei Personen wurden durch Schüsse, einer durch einen scharfen Gegenstand getötet, viele verletzt, 26 in ein Krankenhaus gebracht, 19 von ihnen stationär behandelt. Journalisten wurden von der Polizei attackiert. Geschäfte schlossen, mehrere Häuser und Kioske wurden beschädigt, zwei Polizeistationen in Brand gesteckt, einige Polizisten verletzt.

Der Polizeikommandant berichtete später, Fernsehkameras hätten Polizisten, die Autos beschädigten, Tränengas auch in ruhigen Gebieten wahllos versprühten, aufgenommen. Gegen sie werde vorgegangen.

Dr. Slaa (bei der Präsidentschaftswahl Kandidat der Chadema) und andere Chadema-Repräsentanten sprachen zu den auf dem NMC-Gelände Versammelten. Noch immer könnten Mio. von Anhängern die Wahl Kikwetes zum Präsidenten anfechten, im ganzen Land gegen Unregelmäßigkeiten bei der Wahl demonstrieren, erklärte Slaa. Er und andere Chadema-Repräsentanten wurden später festgenommen.

Sieben Chadema-Repräsentanten wurden wegen 'gesetzwidriger Versammlung' angeklagt, gegen Kaution in Höhe von 2m/- TSh und einen Bürgen freigelassen.

29 Angeklagten wurden für den 21. Januar vor Gericht geladen. Sechs kamen nicht, vier haben keine Bestätigung des Krankenhauses. Sie ließen wissen, wegen ihrer Verletzungen sei ihnen das Erscheinen nicht möglich.

Die Verhandlung soll am 22. Februar fortgesetzt werden.

Reaktionen der Regierung

Präsident Kikwete nannte die blutigen Zusammenstöße "unfortunate", einen Einzelfall. Er hoffe, dieser werde der einzige derartige sein. Dem Gesetz werde zu seinem Recht verholfen. Dabei vergesse man andere Möglichkeiten, Harmonie herzustellen, nicht.

Innenminister Nahodha bestellte leitende Polizeibeamte ein und sagte, die Regierung mache sich Sorgen wegen der unglücklichen Vorgänge. Diese Tötungen schafften Feindschaft zwischen Polizei und Öffentlichkeit. Auch andere kritisierten die Polizei wegen des Einsatzes scharfer Waffen.

Außenminister Membe sagte, in Arusha habe sich die Polizei nicht an ihre Regeln gehalten. Die Regierung werde angemessen vorgehen, um den politischen Schaden zu beheben. Diese Vorgänge hätten das Image Tansanias beschädigt.

Versöhnung angestrebt

Innenminister Nahodha sagte, ein Versöhnungsteam müsse die Differenzen ausräumen. Es solle einen Runden Tisch geben. Um Gespräche zu ermöglichen werde man diejenigen, die verhaftet wurden, u. U. bedingungslos freisprechen. Die Parteien müssten zu Verhandlungen überredet werden, man habe keine andere Wahl. Die Regierung versicherte, sie werde eine politische Lösung finden.

In einer Erklärung bat der CCM-Generalsekretär die Verletzten und die, deren Eigentum beschädigt wurde, und alle, die von Chadema-Repräsentanten und -Unterstützern Unbill erfuhren, um Entschuldigung. Es sei höchs-te Zeit für politischen Dialog, betonte er. Erklärten Politiker öffentlich, sie seien nicht bereit zu Gesprächen, zeige das Disziplinlosigkeit.

Der Leiter der Human Rights and Good Governance Commission versprach, die Demonstration der Chadema-Repräsentanten und -Unterstützer werde untersucht. Alle, die gegen das Gesetz verstießen, würden bestraft.

Reaktion der Chadema

Die Chadema fordert den Rücktritt Nahodhas und des Polizei-Generalinspektors. Dr. Slaa erklärte, nach dem, was in Arusha geschah, werde man keinesfalls mit der CCM-Regierung sprechen, nicht eher ruhen, als bis die Polizisten, die Menschen getötet hatten, vor Gericht gestellt wurden.

Die Chadema forderte ein Treffen mit führenden Regierungsleuten. Kommt dieses nicht zustande, werde man landesweit Demonstrationen organisieren.

Trauerfeier

Die Chadema organisierte für die drei von der Polizei getöteten Helden auf dem NMC-Gelände eine Trauer-Messe. Das habe man mit deren Familien vereinbart. Anschließend würden die Verstorbenen an den jeweiligen Bestattungsort gebracht.

Nach längerem Zögern genehmigte die Polizei das Vorhaben.

Tausende Trauernde nahmen teil. Als die Geistlichen die Gebete sprachen, herrschte absolute Stille. Unbewaffnete Polizisten standen in einiger Entfernung. Die Chadema hatte ihre eigenen Sicher-heitskräfte, die Red Guards, beordert.

Laiser, Bischof der Nordzentraldiözee der Evang.-Luth. Kirche in Tansania (ELCT), sagte, die Geistlichen seien für die Menschen da; sie ließen sich nicht von Politikern zum Schweigen bringen. Ein Scheich rief die Politiker auf, die richtigen Entscheidungen zu treffen, um langen Frieden im Land zu gewähren.

Die Chadema erklärte, sie werde sämtliche Kosten für Transport und Bestattung der Toten übernehmen, und ihre Familien unterstützen; auch die Behandlungskosten der Verletzten begleiche sie. Die Partei werde eine Sammlung durchführen.

Unterstützung für die Chadema

In Mwanza organisierte die dortige Chadema eine Demonstration, um die Verletzung der Menschenrechte in Arusha zu verurteilen.

Auch die Chadema-Repräsentanten der Mara-Region planen eine Demonstration.

Der Chadema Youth Council erklärte, wenn Kikwete die Tötungen "unfortunate" nenne, zeige das, dass er sie nicht ernst nehme. Wenn nicht für Gerechtigkeit gesorgt wird, organisiere der Chadema Youth Council landesweit Demonstrationen.

Prof. Lipumba, Vorsitzender der Oppositionspartei CUF, sagte, das, was den Chadema-Unterstützern geschah, mache ihn traurig. Doch derartige Polizeiaktionen mach-ten die CUF noch stärker, und mutig genug, um für ihre demokratischen Rechte zu kämpfen. Er nannte die Polizeiaktion ein Verbrechen gegen die Menschheit.

Ein Verantwortungsträger der Oppositionspartei NCCR-Mageuzi forderte Premierminister Pinda auf, angesichts der politischen Spannungen zwischen CCM und Chadema einzugreifen. Die Regierung müsse für die Opfer der Unruhen Entschädigung zahlen.

Ein Verantwortungsträger der Oppositionspartei TLP forderte den Generalinspektor der Polizei auf, sich bei den Tansaniern zu entschuldigen.

Äußerungen von Verantwortungsträgern einiger Religionsgruppen

Die Union of Christian Denomi-nations von Arusha verurteilte die übermäßige Gewaltanwendung durch die Polizei. Bei einer Pressekonferenz erklärte sie, man werde auch weiterhin mit der Regierung kooperieren, um den Frieden zu erhalten, doch die Polizisten müssten streng bestraft werden. Einstimmig beschlossen die 20 Kirchenführer, weder den Bürgermeister anzuerkennen, noch mit den Stadtoberen zusammenzuarbeiten, solange der Streit nicht beigelegt ist.

Martin Shao, Bischof der ELCT-Norddiözese, sagte, die ELCT stehe hinter dieser Erklärung. Er bat Premierminister Pinda, die Konfliktparteien an einen Tisch zu bringen. Thomas Laiser, Bischof der ELCT-Nordzentral-Diözese, verlangt eine Wahlwiederholung. Den gewählten CCM-Bürgermeister forderte er auf, genau wie sein Kollege von der TLP, zurückzutreten. Methodius Kilaini, Weihbischof der Roman-Catholic Diosese Bukoba, sagte, die beiden rivalisierenden Parteien hätten keine andere Wahl, als sich zusammenzusetzen.

Der Muslim Council of Tanzania (Bakwata) empfindet tiefe Trauer über den Verlust von Menschenleben. Ein Scheich sagte, bedauerlicherweise verursachten die Bischöfe in Arusha offensichtlich noch mehr Missverständnisse. Der Bakwata der Arusha-Region erklärte, er erkenne den neuen Bürgermeister von Arusha an. Doch ihr regionaler Sekretär sagte. es sei nicht Sache der Religionsführer, politische Repräsentanten anzuerkennen.

Älteste Dar-es-Salaams äußerten, die Erklärung der Bischöfe beunruhige sie. "Wir fordern die Bischöfe und anderen Geistlichen auf, die Politik den Politikern zu überlassen", sagte einer.

(aus mehr als 40 Artikeln in DN 5./6./7./8./9./11./15./19./21./22.1.11; Guardian 5./6./7./8./9./11./12./13./14./17.1.11; Citizen 6./7./10./11./12./ 13./14./15./19.1.11; ThisDay 20.1.11; rft 7.1.11)