Steuern und Zölle - 06/2014

Aus Tansania Information
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Steuerhinterziehung, Steuererlass

Die beiden Distrikte Kinondoni und Temeke in Dar-Es-Salaam verlieren jährlich bis zu Tshs 50 Mrd. durch hinterzogene Steuern, vor allem von Telefongesellschaften und Ölfirmen. Die Unternehmen geben systematisch zu geringe Einnahmen an, um die fällige Service-Steuer (0,3%) zu kürzen. Distriktsvertreter forderten die Finanzbehörde (Tanzania Revenue Authority – TRA) auf, sie mit korrekten Zahlen zu versorgen, um die fälligen Abgaben einziehen zu können.

Der parlamentarische Ausschuss für Industrie und Handel wies einen Bericht der TRA zurück, der nicht schlüssig erklärte, wie 500 Container unkontrolliert freigegeben wurden und welche Maßnahmen gegen die Verantwortlichen ergriffen wurden. Der Ausschuss schätzt, dass der Staat monatlich etwa Tshs 25 Mrd. (ca € 12 Mill.) allein durch unter-deklarierte Zementimporte aus Asien verliert.

Nicht registrierte Motorrad- und Dreiradfahrer (noch dazu häufig ohne Führerschein und Versicherung) verursachen dem Staat Einnahmeverluste von Tshs 38 Mrd. pro Jahr. Von 2014 bis 2020 sollen in einem speziellen Sicherheitsprogramm alle Motorradfahrer erfasst und im Blick auf Unfallverhütung geschult werden.

Ein Sprecher der Waldschutz-Gruppe (Tanzania Forest Conservation Group) sagte, die Gemeinden könnten jährlich Tshs 160 Mrd. einnehmen, wenn die Holzkohle-Hersteller und andere Waldnutzer ordnungsgemäß Abgaben zahlten.

Der Haushaltsausschuss des Parlaments stellte fest, dass 2011 ausländische Direktinvestitionen USD 1,2 Mrd. betrugen. Im selben Jahr seien aber auch USD 917 Mrd. illegal aus dem Land geflossen, in erster Linie hinterzogene Steuern. Hauptsünder seien Bergbau-, Öl- und Gasfirmen, sowie Hotel- und Tourismuskonzerne. Ein Bergbauunternehmen habe einen Jahresverlust deklariert, in Wahrheit aber USD 327 Mill. Gewinn gemacht. 2010 habe Tansania auf diese Weise USD 1,3 Mrd. verloren; das entspricht 5% des BIP oder 20% des gesamten Steueraufkommens. Ein Bericht von „Globale Finanz-Ehrlichkeit“ (Global Finance Integrity), finanziert von Dänemark, errechnete, dass Tansania zwischen 2002 und 2011 USD 18 Mrd. durch manipulierte Rechnungsstellung an Steuereinnahmen entgangen sind. Das entspricht 7,4% des Steueraufkommens. Internationale Konzerne transferieren dabei Geld aus dem Land, indem sie zwischen ihren einzelnen Firmen künstlich überhöhte oder zu niedrige Preise berechnen. Die Finanzbeamten müssten speziell geschult werden, um solche Betrügereien aufdecken zu können. Tansania solle dem von den G20 unterstützten System der automatischen Steuerinformation zwischen den Staaten beitreten.

Man schätzt, dass Tansania durch Steuervergünstigungen und laxen Steuereinzug allein bei Bergbau-Firmen jährlich USD 50 bis 80 Mill. entgehen. Ähnliches gilt für multinationale Unternehmen. Religiöse Einrichtungen dagegen erhielten nur 0,05% aller Steuervergünstigungen. Alle Steuervergünstigungen zusammen betragen 2,5% des Bruttoinlandsprodukts. Angestrebt wird, dass die Steuererleichterungen 1% des BIP nicht überschreiten.

Die Stiftung für Wirtschafts- und Sozialforschung (ESRF) offenbart, dass sehr hohe Steuerverluste dadurch entstehen, dass Fachleute, die als Berater oder Subunternehmer arbeiten, keine Lohnsteuer zahlen, sondern ihr Einkommen selbst deklarieren sollen, was kaum geschieht. Nur etwa 15% der geschuldeten Steuern werden abgeführt.

Ursachen der schlechten Steuermoral

Eine Studie von Afrobarometer „Afrikas willige Steuerzahler ausgebremst durch undurchsichtige Steuersysteme und Korruption“ stellt fest, dass die Steuerzahler durch undurchschaubare Bestimmungen, verbreitete Korruption bei den Steuerbehörden und mangelhafte Leistungen des Öffentlichen Dienstes entmutigt werden. So weigerten sich 20% der befragten Tansanier einfach, Steuern zu entrichten. 38% der Befragten halten praktisch alle Mitglieder der Finanzbehörden für korrupt, 48% einige davon. Nur 8% meinen, auf den Finanzämtern ginge es korrekt zu. 86% geben an, sie durchschauten nicht, wie die staatlichen Finanzen verwendet würden. Einige hinterziehen Steuern, Viele aber wissen nicht einmal, ob und in welcher Höhe sie steuerpflichtig sind.

Wirtschaftsprofessoren geißelten das schlechte Beispiel von Politikern und hohen Beamten, die es mit Hilfe ihrer Beziehungen vermeiden, Steuern zu entrichten. Auf diese Weise gingen dem Land etwa Thsh 1 Trill. (€ 475 Mill.) im Jahr verloren. Dazu kommen immer neue Skandale wegen Korruption, Veruntreuung und Verantwortungslosigkeit. Diese weithin ungestrafte Intransparenz demotiviere die Steuerzahler.

Der Präsident Sansibars, Dr. M. Shein, zitierte in seiner Ansprache zum Tag der Arbeit am 1. Mai eine Studie, derzufolge die 34.000 Mitarbeitenden des Öffentlichen Dienstes der Inseln im Durchschnitt nur 4 Stunden am Tag zur Arbeit erscheinen und dann noch Zeit mit sozialen Medien und Internet vertrödeln. Folge sei ein sehr schlechtes Image der Staatsdiener in der Öffentlichkeit.

Das Menschenrechtszentrum (LHRC) wies darauf hin, dass nur 1,3 Mill. Tansanier Lohnsteuer entrichteten (481.000 im öffentlichen, 819.000 im privaten Sektor). Man schätzt etwa 3 Mill. Kleinunternehmen in Tansania, die 70% der Bevölkerung beschäftigen. 17 Mill. Menschen arbeiten im informellen Bereich (Haushalt, Geschäfte, Restaurants, Bars, Landwirtschaft) und zahlten keine Abgaben, weil kein System bestehe, ihr Einkommen zu besteuern.

Der Chef des Programms zur Registrierung von Eigentum und Unternehmen (Property and Business Formalization Program) sagte, informelle Unternehmen in Tansania hätten ein Kapital von USD 29,3 Mrd., 95% aller Unternehmen arbeiteten in diesem informellen Bereich. 89% des Ackerlandes würden informell bewirtschaftet. Die Geschäftsleute zögerten, sich zu registrieren, weil dies teuer und umständlich sei.

Probleme des Steuereinzugs

Seit Mitte letzten Jahres versucht die Regierung, für alle Händler, die mehr als Tshs 14 Mill. / Jahr umsetzen, elektronische Geräte zur Steuererfassung obligatorisch einzuführen (Electronic Fiscal Device - EDF). Die Geräte wurden eigens für Tansania und die gültige Steuergesetzgebung entwickelt und sind online mit der Finanzverwaltung verbunden. Sie sollen laut Finanzministerium höhere und gerechtere Steuerzahlungen bringen und die bisherige – sehr korruptionsanfällige – Schätzung überflüssig machen. Die Händler wehrten sich in fast allen größeren Städten mit vorübergehenden Geschäftsschließungen gegen die ihrer Ansicht nach übertriebene und viel zu teure Maßnahme. Sie befürchten den Konkurs vieler kleiner Handelsfirmen. Die Vereinigung der Steuerzahler (TTA) versuchte, die Einführung der EDF gerichtlich zu blockieren. Die Geräte sollen etwa Tshs 600.000 kosten. Der Einführungstermin wurde mehrfach verschoben.

Ansätze zur Verbesserung

Die Medienstiftung (Tanzania Media Fund) und das Revenue Watch Institute schulten hochrangige Journalisten, damit sie investigativ und kompetent über Vorgänge im Bergbau berichten können. Die UNESCO forderte die Entwicklungsländer auf, konsequenter die eigenen Steuereinnahmen zu entwickeln. Im Gegensatz zu den USA und Europa, wo 27% des Bruttoinlandsprodukts als Steuern erhoben werden, schaffen die Sub-Sahara-Länder nur 18%. Besonders der Bergbau sollte höher besteuert werden. Der finanziell bedeutende informelle Sektor kann zu den Staatseinnahmen beitragen, wenn der Formalisierungsprozess einfach, kundenfreundlich und erschwinglich wird.

Im Dar-Es-Salaam-Stadtdistrikt Kinondoni wurde ein Pilotprojekt zur elektronischen Zahlung von Abgaben via Mobiltelefon erfolgreich erprobt. Gebührenzahlungen stiegen um 20 bis zu 260% an.

Das Finanzministerium führte am 1. März ein neues automatisches System zu Warenmanagement und Verzollung im Hafen von Dar-Es-Salaam ein. Es soll die Formalitäten stark beschleunigen, Korruption verhindern und Zoll und Besteuerung effizienter machen. Die Kontrollposten zwischen DSM und der ruandischen Grenze sollen von 15 auf 3 reduziert, Gewichts-, Zoll- und Polizeikontrollen kombiniert werden.

Vizepräsident Bilal ehrte am Tag es Steuerzahlers im Julius Nyerere Convention Centre die Goldbergbau-Firma Geita Gold Mine als steuer-ehrlichstes Unternehmen in der Branche. Die Firma beschäftigt 3.541 Arbeitnehmer und zahlte USD 213,8 Steuern.

Die Steuerbehörde (TRA) schlug vor, Grundlinien des Steuersystems in den Lehrplan der Grundschulen aufzunehmen, damit die Schüler/innen erkennen, wie wichtig korrektes Steuerzahlen für die Entwicklung des Lands ist.

Eine Studie des Weltwährungsfonds untersuchte den Einfluss von Steuererlass auf Auslandsinvestitionen in Entwicklungsländern. Diese kommt zu dem Ergebnis, dass Steuerverzicht das Investitionsverhalten kaum beeinflusst. Wesentliche Anreize seien vielmehr Infrastruktur, Kommunikationswege und qualifizierte Mitarbeiter. Tansania hatte jahrelang Investoren mit hohen Steuergeschenken angelockt. Die dadurch verursachten Einnahmeverluste werden auf 21% des gesamten Steueraufkommens geschätzt. Dies sei eine der Ursachen dafür, dass immer noch 40% des Nationalhaushalts von ausländischen Subventionen abhängen.

Die Weltbank und der Internationale Währungsfonds legten ein zweites Programm zum Umgang mit Schulden (Debt Management Facility Program) auf, finanziert von EU und Afrikanischer Entwicklungsbank. Es soll Finanzexperten aus Entwicklungsländern Erfahrungen vermitteln und Argumente liefern, um eine weit-schauende und beherrschbare Schuldenpolitik zu betreiben. Da diese Länder zunehmend Kredite aus sehr unterschiedlichen Quellen aufnehmen, wachse die Gefahr erneuter Überschuldung und überteuerter Kredite. Die Fachleute erhalten Training in Risikobewertung, Verhandlungstaktik, Umgang mit privaten Gläubigern und Argumentation mit Politikern, die neue Schulden eingehen wollen.

Erstmals in der Geschichte nimmt Tansania USD 258 Mill. Kapitalertragssteuer aus dem Verkauf von Anteilen an Gasfeldern ein. - Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation installierte ein Erfassungssystem für ankommende Anrufe aus dem Ausland. Da hier für jede Minute US-Cents 7 an Steuer erhoben werden, wird der Staat durch diese Anrufe etwa Tshs 20 Mrd. einnehmen.

Die Steuereinnahmen stiegen von 2009 (Tshs 4,05 Mrd) bis 2011 (7,7 Mrd.) um 91% (absolute Zahlen, nicht inflationsbereinigt).

Homepages:

Afrobarometer: www.afrobarometer.org

Forest Conservation Group: www.tfcg.org

UNESCO-Bericht Nr. 12: www.unesdoc.unesco.org/images/0022/002270/227092E.pdf

Tanzania Media Fund www.tmf.or.tz

Revenue Watch Institute: [1]

Menschenrechts-Zentrum: www.humanrights.or.tz

Stiftung für Wirtschafts- und Sozialforschung: www.esrftz.org

Globale Finanz-Ehrlichkeit: www.gfintegrity.org

Guardian 20.11.13; 16.,26.01.; 28.02 ; 19.,24.03.; 01.,04., 19.,22.,24.04.; 04.,20.,23,05.14; Citizen 01.,10.,29.03.; 01.04.; 01.05.14; DN 19.,23.12.13; 01.,06.,17.01.; 07.,21., 05.14; Business Times 28.02.; 21.,28.03.14