Spannungen und Versuche, sie zu entschärfen - 06/2013

Aus Tansania Information
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Streit um Metzgereien

<Vergl. Tans.-Inf. 3/13 S. 10> Fünf Personen, unter ihnen ein Pfarrer der African Inland Church mussten wegen Friedensstörung vor dem Gericht des Chato-Distrikts (Geita-Region) erscheinen: Der Pfarrer hatte ohne behördliche Genehmigung zwei Rinder geschlachtet. Ein Mann hatte einen Pfarrer der Pentecostal Assemblies of God getötet; es heißt, muslimische Jugendliche hätten ihm den Kopf abgeschlagen. Die anderen Angeklagten hatten mehrere Personen verletzt, Eigentum zerstört und einen Laden in Brand gesteckt. Schon länger schwelte dort ein Brand; eine Gruppe muslimischer Verantwortlicher hatte gefordert, dass alle Metzgereien, die Christen gehören, unverzüglich geschlossen werden. (DN 24.2.13)

Im Momba-Distrikt (Mbeya-Region) wurden am Ostermorgen 40 Rinder geschlachtet, nur drei von Muslimen, ausschließlich diese vom Kontrolleur begutachtet. Das ärgerte viele Einwohner; sie demonstrierten dagegen, dass nur Muslime schlachten dürfen, und forderten, es solle auch Christen genehmigt werden. Sie beschlossen, den Verkauf des kontrollierten Fleisches zu verhindern; etwa 200 Christen versuchten, eine im Bau befindliche Moschee in Brand zu ste-cken. Jugendliche nutzen die Unruhe zum Stehlen. Zwei Menschen, unter ihnen ein Polizist, wurden ernsthaft verletzt.

Die Einsatztruppe der Polizei sorgte für Ruhe, setzte Tränengas ein und verhaftete 40 Personen. Ein Verantwortlicher des Dorfes und ein lutherischer Pfarrer wurden von der Polizei der Mbeya-Region angewiesen, sich der Polizei auszuliefern, denn angeblich hätten sie Unruhe gestiftet.

Aus Sicherheitsgründen hatten die Fleischverkäufer die Arbeit eingestellt.

Sambia schloss seine Grenzen nach Tansania. Drei Tage hielten die Spannungen an.

Eine Woche vorher hatten Christen das Recht zu schlachten beantragt. Das werde auf Landesebene entschieden, war ihnen mitgeteilt worden. <Vergl. Tans.-Inf. 3/13 S. 10> (Citizen 1./3.4.13 Sabahi 4.4.13; Zambia Reports 4.4.13)

Der Generalsekretär der Foundation of Sheiks and Islamic Scholars of Tanzania sagte, früher hätten Christen und Muslime friedlich beieinander gelebt. Seit kurzen geraten sie wegen des Schlachtens von Tieren für die Allgemeinheit aneinander; es kam zu Todesfällen und Verwüstung. Früher schlachteten die Muslime für alle Einwohner. Nun sagen die Christen, das sei unfair.

Reginald Mengi, IPP-Exekutivvorsitzender, sagte, Christen und Muslime sollten nicht mehr über das Schlachten von Tieren streiten, das sei eine Schande. Die christlichen Verantwortlichen sollten ihren Gläubigen sagen, seit langer Zeit sei es Tradition, dass die Muslime schlachten; es wäre weise, sich an die von den Ältesten der Nation geerbte Praxis zu halten. Deshalb seien Streit oder eine Änderung dieser Gepflogenheit unnötig.

Der National Muslim Council of Tanzania (Bakwata) Dar-es-Salaams drängte den Mufti Tansanias, rasch ein Gremium muslimischer Geistlicher zu ernennen, das mit christlichen Repräsentanten zusammenkommt und im Streit über das Recht zu schlachten vermittelt.

Der Generalsekretär der Oppositionspartei CCK sagte, wenn man sieht, dass Christen, die immer akzeptierten, dass Muslime schlachten, nun für sich dieses Recht fordern, dann muss man erkennen, dass die religionsbedingte Intoleranz ein alarmierendes Maß erreicht hat.

Mwinyi, ehemals Staatspräsident, forderte das Volk auf, tolerant zu bleiben, denn jeder habe das Recht, an irgend eine Religion seiner Wahl zu glauben, solange er andere respektiert. Mwinyi forderte, die Tansanier sollten nicht zulassen, dass das Thema Schlachten sie trennt. “Ich habe die beiden Heiligen Bücher durchgesehen und gefunden, dass der Koran sagt, es sei obligatorisch, <ordungsgemäß> geschlachtetes Fleisch zu essen. Die Bibel aber schweigt in Bezug auf dieses Thema”, sagte er. (DN 9.5.13; Guardian 9./12./18.4.13; Citizen 11.4.13; Sabahi 8.4.13)

Nach den Zusammenstößen in den Regionen Mwanza und Geita setzte Premierminister Pinda einen Ausschuss ein, der nach einer dauerhaften Lösung für diese Angelegenheit suchen soll. Er ordnete an, Schlachten sei weiterhin Aufgabe der Muslime. (Guardian 9.4.13)

Aus Kikwetes Ansprache zum Monatsende

Er wandte sich gegen die Unterstellung, bei der Reaktion auf religionsbedingte Spannungen, begünstige die Regierung eine Seite. Er forderte Ruhe und Weisheit, damit vermieden werde, dass sich die komplizierte Lage verschlimmere, und berichtete, mindestens zehn Verdächtigte seien in Untersuchungshaft, Flüchtige würden mit Hilfe von Interpol gesucht.

Er betonte, gegenseitige Vorwürfe würden die Gläubigen der unterschiedlichen Religionen erzürnen, keine Probleme lösen. Viel habe man getan und anderes geschehe noch, damit alle Tansanier ungeachtet ihrer Zugehörigkeit zu einer Religion, einem Volksstamm, ihrer Hautfarbe und Rasse in Sicherheit leben könnten. Er sagte, Christen werfen der Regierung vor, sie bevorzuge die Muslime, Muslime behaupten, die Regierung bevorzuge die Christen, in der Regierung dominierten die Christen.

Kikwete berichtete, man sei gegen einige Radiostationen vorgegangen, habe zwei geschlossen, ihre Mitarbeiter festgenommen, weil sie Tonbänder vertrieben, die Hass und religionsbedingte Konflikte schürten. Kikwete betonte, Geistliche und andere Personen sollten provokative Reden, die aufhetzen könnten, meiden.

Kikwetes Ruf nach Ruhe angesichts religionsbedingter Gewalt, könnte auch eine Reaktion sein auf die Osterbotschaften einiger christlicher Repräsentanten. (DN 2./3.4.13; Guardian 2.4.13; Citizen 1./2.4.13)

Anmerkungen

Der Präsident einer schwedischen Organisation riet der Regierung, dafür zu sorgen, dass die religionsbedingten Spannungen enden, damit Tansanias Image nicht leide. Im Augenblick werde es beschädigt von einigen Gruppen, die die Religion benützen, um ihre schmutzigen politischen Ambitionen zu verbergen. Europäische Länder habe schockiert, dass Geistliche getötet und Andachtshäuser in Brand gesteckt wurden. Manche Europäer zögerten, Tansania zu besuchen. (Guardian 19.4.13)

Im Parlament erklärten Staatsminister, es sei absurd, Kikwete vorzuwerfen, er bevorzuge die Muslime; alle vier Staatsminister des Amtes des Präsidenten seien Christen. Immer fordere Kikwete Toleranz zwischen den Religionen, betonte einer.

Der Abgeordnete von Arusha (Chadema) warf der CCM und Kikwete vor, sie förderten religionsbedingte Probleme. Er sei der Architekt der durch Religionszugehörigkeit verursachten Krise Tansanias.

Der stellvertretende Parlamentspräsident forderte, der Abgeordnete solle innerhalb von sieben Tagen Beweise für seine Behauptung vorlegen. Andere forderten, dieser müsse seine respektlose Behauptung zurücknehmen. Er weigerte sich und warf der Regierung vor, sie kümmere sich nicht um religionsbedingte Konflikte. (DN 19.4.13)

Der Präsident Sansibars betonte, wer die Trennung von Religion und Staat nicht beachtet und dadurch zu einer Gefahr für die nationale Sicherheit wird, müsse mit scharfen juristischen Maßnahmen rechnen. Er sagte, durch die Einführung des Mehrparteiensystems habe man die Demokratie stärken, nicht Hass und Chaos bringe wollen. Wer Religion und Politik vermischt, werde die Hand des Gesetzes fühlen. Alle Menschen genössen Versammlungs- und Religionsfreiheit, betonte er. Jegliche Unruhe untergrabe die Entwicklungsanstrengungen des Landes, denn sie verscheuche Investoren und Touristen. Deren Beitrag sei für die Entwicklung äußerst wichtig. (Guardian 2.5.13)

Premierminister Pinda forderte die Verantwortlichen der Religionsgruppen auf, bei der Neufassung der Verfassung mitzuwirken. “Es ist unmöglich, Glauben und Entwicklung des Volkes zu trennen. Deshalb können wir Herausforderungen der Religion und der Armut nicht trennen”, erklärte er. (Guardian 3.5.13)

Sharrif Hamad, erster Vizepräsident Sansibars, Generalsekretär der CUF, verurteilte Menschen, die die Religion verwenden, um Spaltung zu erzeugen. “Unsere religionsbedingten Unterschiede sollten uns nicht trennen”, sagte er.

Mohamed Shein, Präsident von Sansibar, betont ständig, wie wichtig es für die Tansanier ist, in Harmonie zu leben und Feindseligkeiten abzulehnen.

Präsident Kikwete unterstrich Einigkeit. Bei einem Treffen mit Geistlichen im State House wandte er sich entschieden gegen die Vorwürfe, er favorisiere seine Mitmuslime. “Dieses Land ist ein säkularer Staat, die Regierung hat keine Religion, aber den Einwohnern wird Religionsfreiheit garantiert”, betonte er. Die Tansanier sollten daran denken, dass es bei Religionskriegen normalerweise keinen Sieger gibt. Die Erfahrung zeige, dass sie sich über Jahre hinziehen.

Bei einem Gottesdienst der anglikanischen Kirche verurteilte Kikwete die religiösen Hassprediger aufs schärfste. Die Regierung sei entschlossen, den Frieden für alle Tansanier zu schützen, koste es, was es wolle. Sie pflege zu allen Religionen herzliche Beziehungen. (DN 16./19.5.13; Guardian 18.5.13; Citizen 19.5.13)

Bei seiner Einführung zum Erzbischof der Anglikanischen Kirche sagte dieser, Gerüchten zufolge lebten Christen und Muslime nicht mehr in Harmonie. Niemand solle das glauben, die Koexistenz nicht von Individuen mit schlechten Motiven zerstören lassen. Gruppen, die Kirchen und Geistliche terrorisieren, hätten Verbindung zu Gruppen im Ausland.

Kardinal Pengo drängte die Gemeinde in seiner Pfingstpredigt, trotz Angriffen auf Kirchen, sollten sie den Gottesdienst nicht versäumen. (DN 19.5.13; Guardian 18.5.13)

Interreligiöse Treffen

Premierminister Pinda kündigte an, dass die Regierung ein Treffen organisieren werde, an dem Vertreter der Parteien, religiöser und Nichtregierungs-Organisationen teilnehmen, um zu analysieren, was man tun solle, um Frieden und Stabilität im Land zu fördern.

Wenig später sagte der Erzbischof Dar-es-Salaams, führende Geistliche und Regierung sollten Wege suchen, die dauerhaften Frieden gewähren. (DN 22.3.13; Guardian 22./28.3,13)

Das Tanzania Centre for Democracy (TCD) forderte die Regierung und die Repräsentanten der Religionsgruppen auf, sofort etwas zu unternehmen gegen Personen und Einrichtungen, die eine Mitschuld am Unfrieden in Tansania trifft, vor allem an den jüngsten Konflikten in der Mbeya-Region. Z. Zt. komme es immer häufiger zu Streit zwischen Christen und Muslimen. Man erwäge ein Treffen für Politiker und Vertreter der Religionen, damit sie über die Zukunft des Landes diskutieren könnten. (Guardian 5.4.13)

Die Foundation of Sheiks and Islamic Scholars of Tanzania äußerte, die Verantwortlichen der Religionsgruppen sollten dafür sorgen, dass für die momentane religiös bedingte Intoleranz in Tansania dauerhafte Lösungen gefunden werden. Alle Tansanier sollten sich, ungeachtet ihres Glaubens, um diese Differenzen kümmern. “Es ist höchste Zeit, dass Repräsentanten beider Religionen diskutieren und dauerhafte Lösungen vorschlagen.” (Guardian 8.4.13)

Einer der Staatsminister sagte, die Regierung plane Treffen in drei Stufen: mit muslimischen, mit christlichen Führungspersönlichkeiten, endlich mit beiden Gruppen. Dann wolle sie die Repräsentanten der Religionsgruppen für eine öffentliche Bildungskampagne, bei der es um die Bedeutung von Toleranz in religiösen Fragen geht, engagieren. (Citizen 19.4.13)

Kikwete traf mit einigen christlichen und getrennt mit einigen muslimischen Geistlichen zusammen, um vor dem geplanten Treffen ihre Meinung zu erkunden. Christliche Geistliche begrüßten ausdrücklich das Bestreben der Regierung, die religiös bedingten Spannungen im Keim zu ersticken, und den Plan der Regierung, ein interreligiöses Treffen zu organisieren. Sie hoffen auf praktische Lösungen. (DN 24./25.4.13)

Kikwete wies die Behörden der Distrikte und Regionen an, Treffen zu organisieren, bei denen Geistliche und andere Verantwortliche Lösungen für die immer wiederkehrende religiös bedingte Gewalt vorschlagen. (DN 10.5.13)

Bei einem zweitätigen Symposium, an dem mehr als 200 Christen und Muslime teilnahmen, außerdem Polizeikommandanten und andere Regierungsleute, wurde über Frieden und Toleranz in Religionsfragen gesprochen.

Der Minister für Verteidigung sagte, er wisse, dass christliche und muslimische Geistliche und Gläubige viele Probleme haben. Es sei höchste Zeit, dass sie Nöte und Klagen den zuständigen Behörden vorlegen. Für Toleranz und Sicherung des Friedens im Land seien alle verantwortlich, Regierung, Verantwortliche der Religionsgruppen und die Öffentlichkeit.

Der Innenminister betonte, Versammlungen der Religionsgruppen sollten vor allem in gottesdienstlichen Gebäuden stattfinden. Die Polizei wies er an, gegen alle, die Chaos im Namen der Religion anstiften, vorzugehen; zuwiderhandelnde Polizisten würden entlassen. Die Polizei werde aufstachelnde Messages in den sozialen Medien beobachten, alle CDs u. a. Material, das andere Religionen kritisiert, vernichten. Kräfte aus dem Ausland seien dafür verantwortlich, dass es Spaltung aufgrund von Religionszugehörigkeit gibt, sagte er. (DN 10.5.13; Guardian 8.5.13)

Kommentar zur Koexistenz

Seit und vor der Unabhängigkeit genossen die Tansanier friedliche Koexistenz der Religionsgruppen. Nicht selten gibt es Ehen, die Grenzen der Religionszugehörigkeit überwinden. Schulen einer bestimmten Religion nehmen Kinder ungeachtet ihrer Religionszugehörigkeit auf, ohne sich einzumischen in die jeweilige Religion. (DN 10.5.13

Sicherheitsvorkehrungen

Beim sehr gut besuchten Karfreitagsgottesdienst unterschiedlicher Gemeinden Arushas und benachbarter Distrikte im Stadium sagte der Regional Commissioner, Tansania sei ein säkularer Staat; die Bürger könnten jegliche Religion wählen; doch wer Gewalt schürt gegen Repräsentanten der Religionsgruppen, werde verurteilt. Der katholische Bischof betonte, man werde keine Rache üben für Geistliche, die verletzt oder getötet oder Kirchen die in Brand gesteckt wurden. Manche hätten andere dazu überreden wollen, doch er versichere, die Kirche dulde Gewalt nicht. Der Hauptprediger, ein Pfarrer der Assemblies of God, sagte, einige kirchliche Repräsentanten hätten andere aufgefordert, sich zu rächen, aber das sei gegen Gottes Wort. (DN 30.3.13)

In Moshi drangen drei Tage vor Ostern Unbekannte in drei lutherische Kirchen ein.

Weil einige angedroht hatten, die Kirchen seien während der Ostergottesdienste möglicherweise Angriffsziele, wurden dort Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Die Kirchgänger und ihre Autos wurden streng kontrolliert.

Kardinal Pengo antwortete auf eine Droh-SMS, er habe keine Angst, die Sicherheitsorgane seien verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Bürger in Kirchen und Moscheen in Sicherheit sind. Er sei nicht verpflichtet, ein Gewehr zu haben. (Citizen 1.4.13)

In Mwanza verhaftete die Polizei einen Imam, der CDs, die religiös motivierten Hass schüren, hergestellt hatte; sie wurden in einigen Moscheen und auf der Straße verteilt. (Guardian 1.3,13)

Viele meinen, sogenannte Fundamentalisten der Religionsgruppen, die andere Gläubige in Predigten bei öffentlichen Veranstaltungen angreifen, dürfe man nicht verschonen. So etwas könne keinesfalls erlaubt werden.

Das Parlament verabschiedete eine Resolution, in der es um ein Gesetz geht, das Hass in der Gesellschaft fördernde Erklärungen von Politikern verhindert. (DN 25.4.13)

Scheich Ponda, Sekretär des Council of Islamic Organisation wurde mit Bedingungen, die 12 Monate gelten, freigelassen. Die 49 Mitangeklagten wurden wegen mangelnder Beweise freigesprochen. (DN 10.5.13; Guardian 10.5.13; Citizen 10.5.13)