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==Bauern gegen Hirten==
==Landrecht==


Bisher regeln der Land Act und der Village Land Act von 1999, sowie der Settlement Act von 2002 das Landrecht. Das Land-Gesetz legt fest, dass prinzipiell alles Land dem Staat gehört, treuhänderisch verwaltet vom Staatspräsidenten. De facto gilt diese Regelung wohl nur noch für Flächen, die nicht im Grundbuch einem bestimmten Eigentümer zugeordnet sind; Grundstücksverkäufe sind an der Tagesordnung, jedoch können Ausländer – jedenfalls direkt – Land nicht kaufen, sondern nur für 33, 66 oder 99 Jahre pachten. Dabei sind Unterverpachtung, ganz zu schweigen von Weiterverkauf „eigentlich“ ausgeschlossen, nicht jedoch die beliebte Nutzung als Sicherheit für hohe Bankkredite. Eine Ausnahme scheint das Investitionsgesetz zu bieten, unter dem Ausländer Land in Special Economic Zones oder Export Processing Zones erwerben können.
In der Morogoro-Region häufen sich die Zwischenfälle zwischen Bauern und Viehhaltern. Im Distrikt Kilosa wurden 16 Bauern von Viehhirten angegriffen und teils schwer verletzt. Hohe Beamte hatten Farmen aufgekauft und sie den Viehbesitzern zur Verfügung gestellt, die daraus weitergehende Rechte ableiteten. Im Mvomero, Morogoro, überfiel eine traditionelle Miliz eine Maasai-Hirtin, beraubten sie und töteten 77 Schafe und Ziegen. Sie beschuldigten sie, ihre Tiere in einer Farm geweidet zu haben.


Customary rights: Die Dorfgemeinschaften erhielten zwar weitgehende Rechte, über ihr Land zu bestimmen. Sie dürfen aber nur bis zu 50 ha selbständig vergeben. Der Staatspräsident jedoch kann Dorfland einfach als „Allgemeines oder Reserviertes Land“ deklarieren, wenn es dem „Öffentlichen Interesse“ dient. Zudem vergeben nicht selten bestechliche Dorfräte Land an Investoren, ohne die Interessen aller Einwohner zu wahren.  
Umgekehrt mussten im selben Distrikt 266 Maasai-Hirten vor Sukuma-Landwirten in Kirchen fliehen. Ihre Häuser wurden niedergebrannt. Ebenfalls in der Morogoro-Region kam eine Person ums Leben und 71 Rinder wurden getötet, die in Felder eingedrungen waren.


Dorfverwaltungen können Zertifikate nach traditionellem Landrecht ausstellen, die jedoch nur auf Dorf- und Distriktsebene Geltung haben. Landminister Lukuvi hält sie für unpraktikabel und will sie abschaffen, u.a., weil sie keine Grundlage für eine Grundsteuer darstellen. Statt dessen sollen alle Grundbesitzer staatliche Grundbuch-Zertifikate erhalten, was jedoch einen hohen Aufwand bedeutet und viel Zeit benötigen wird. Staatliches Landrecht überwiegt im Konfliktfall traditionelles Recht.
Im Rufiji-Distrikt (Küstenregion) gab es wiederholt Zusammenstöße zwischen zugewanderten Viehhirten (Sukuma und Mang‘ati) und Bauern. Auf dem für 40.000 Rinder zugeteilten Grasland drängten sich 200.000 Tiere. Jede Familie besitzt 3.000 bis 5.000 Rinder. Sechs Familien sind offiziell gemeldet, etwa 300 sind vermutlich zugewandert.


Die „Umweltvereinigung der Journalisten“ (JET) wies darauf hin, dass die Vermessungsgebühr für kleinere Grundstücke mit TZS 300.000 für die Meisten viel zu hoch sei. Daher verfügten bisher nur 1% der Bevölkerung über staatliche Besitzurkunden. Die Investitionsregelungen ermöglichten Landraub ohne Entschädigung. Dies führe zu Hass und Konflikten zwischen Dorfgemeinschaften, Regierung und Investoren. Die Stiftung „Economic Social Research“ forderte die Regierung auf, zumindest die Grenzen zwischen den Dörfern zu vermessen und auf einer offiziellen Karte vorzulegen.
In der Tabora-Region wurden 450 Bauern von Hirten aus Shinyanga vertrieben und ihre Häuser angezündet.


Citizen 18.,20.10.16; East African 03.09.16; Guardian 08.08.15; 06.08.16; DN 14.12.14
Im Siha-Distrikt (Kilimanjaro) brannten Maasai-Krieger aus dem Longido-Distrikt ein Touristencamp nieder. Das von einem Briten geführte Hotel sei auf ihrem Gebiet errichtet worden.


==Fürsprache-Organisationen==
Im Kiteto-Distrikt (Manyara-Region) gibt es seit Jahren blutige Auseinandersetzungen um Land mit vielen Todesfällen.


Eine Reihe von zivilgesellschaftlichen Organisationen (CSOs), oft aus dem Ausland unterstützt, hat zum Ziel, die Interessen von Kleinlandwirten (speziell landwirtschaftlich tätigen Frauen), sowie traditionellen Hirten und Jägern/Sammlern, zu verteidigen. Die bekanntesten sind:
Im Kalambo-Distrikt (Rukwa) beschuldigten Farmer ihre Dorfverwaltungen, sie hätten sich von Viehhirten bestechen lassen, die, aus verschiedenen Landesteilen kommend, nun die Felder verwüsteten.
* Care International ([http://www.care-international.org/ www.care-international.org])
* HakiArdhi ([http://www.hakiardhi.org/ www.hakiardhi.org])
* Mkakati Action
* EKAMA Development Tanzania ([http://www.ekemafoundation.org/ www.ekemafoundation.org])
* Oxfam ([http://www.oxfam.org/en/countries/tanzania www.oxfam.org/en/countries/tanzania])
* Participatory Ecological Land Use Management ([http://www.pelumtanzania.org/ www.pelumtanzania.org])
* PINGOs Forum ([http://www.pingosforum.or.tz/ www.pingosforum.or.tz])
* Ujamaa Community Recource Team
* Tanzania Natural Resource Forum
* Tanzania Pastoralist Community Forum
* HELP


Eine Koalition dieser Organisationen verlangte eine Reform der Landpolitik; dabei hob sie folgende Forderungen hervor:
Citizen 07.,15.,20.11.14; 24,01.; 15.,16.12.15; 10.02.16; DN 21.12.14; Guardian 12.02.16
* Schutz der Land- und Ernährungsrechte für Kleinbauern, Viehhalter und Jäger/Sammler-Gruppen
* Bürgerbeteiligung am Reformprozess
* Gemeinde-Landrechte in der Verfassung verankern
* Übernahme des Traditionellen Landrechts (Certificate of Customary Right of Occupancy) in das reformierte Landrecht, da es die dörflichen Landrechte sichert und Frauen gegen patriarchale Übergriffe absichert; Zwangsvollstreckungen sind unter CCRO nur mit Zustimmung des Dorfrats möglich.


Zwischen den meisten NGOs und Regierungsorganen gibt es starke Meinungsverschiedenheiten darüber, welches Konzept bäuerliche Bevölkerung und Ernährungssicherheit am besten fördert. Die Regierung favorisiert mechanisierte und spezialisierte Großbetriebe in der Hand von privaten Investoren. Die zivilgesellschaftlichen Gruppen sehen mit Familienbetrieben oder Kooperativen Arbeitsplätze, Ernährung und Umwelt am besten gesichert.
==Investoren gegen Bauern und Hirten==


Da viele CSOs aus dem Ausland unterstützt werden, argwöhnen Regierungsstellen, dass auf diesem Weg Ausländer politische Entscheidungen beeinflussen oder gar die Modernisierung und wirtschaftliche Unabhängigkeit des Landes behindern wollen. Landminister W. Lukuvi will nicht mehr dulden, dass CSOs ohne Koordination mit Regierungsstellen Landkonflikte bearbeiten und die Landbevölkerung sensibilisieren: Einige Organisationen dienten mehr den Interessen der Geber als denen Tansanias. Einige unterstützten Landwirte gegen Viehhalter und umgekehrt.  
Die Regierung verfolgt zwei Ziele, die schwer vereinbar sind. Einerseits muss sie der schnell wachsenden Bevölkerung immer mehr Land zur Verfügung stellen. Nur in bäuerlichen Kleinbetrieben finden die vielen arbeitssuchenden jungen Leute eine produktive Beschäftigung. Andererseits verspricht man sich von industriell betriebenen Großfarmen Arbeitsplätze, Exporternten, Vorprodukte zur Weiterverarbeitung und – last but not least – Steuereinnahmen.


Der Maasai-Anführer E. Loure erhielt den Goldmann Umweltpreis (USA) für seine erfolgreichen Bemühungen, traditionell von Wamaasai genutztes Land auch formal als kollektiven Grundbesitz zu sichern und vor Landräubern zu bewahren. Im Lauf von 10 Jahren konnte er in Zusammenarbeit mit „Ujamaa Community Resource Team” mehr als 100.000 ha für Maaai- und Hadzabe-Gemeinschaften beurkunden lassen. Weitere 500.000 ha, überwiegend in Nord-Tansania, werden zur Zeit bearbeitet. Loure erreichte auch, dass die Hadzabe-Gemeinschaften über „Carbon Tanzania“ Zahlungen für in ihren Wäldern gebundenes CO2 erhalten. Die von Nomaden und Halbnomaden bewohnten Gebiete werden von Behörden und Landkäufern oft als „unbewohnt“ betrachtet. Daher ist es entscheidend, sie offiziell zu registrieren.
Seit dem Zusammenbruch der staatlichen Landwirtschafts-Unternehmen in den Jahren nach 1990 bemüht sich der tansanische Staat um private Investoren, die landwirtschaftliche Produkte rationell und in großen Mengen erzeugen. Solche (in- und ausländischen) Investoren erhalten zunächst beträchtliche Steuerermäßigungen und können Land auf 99 Jahre pachten.  


Citizen 18.,19.10.16; Guardian 20.03.15; 06.08.16; Thomson Reuters Foundation 18.04.16
Konflikte entstehen vor allem durch unklare Besitzverhältnisse, bzw. Landnutzungsrechte. Während die Staatsfarmen verfielen, siedelten sich zahlreiche Kleinbauern auf deren Areal an, das sie nun nach zwei Jahrzehnten als ihren Besitz betrachten. Der Staat wiederum in Gestalt der Tanzania Investment Corporation (TIC) betrachtet Großfarmen wie das Kapunga-Reisprojekt (Mbarali-Distrikt) oder das Bagamoyo-Zuckerprojekt nach wie vor als Staatseigentum, das an Investoren vergeben werden kann. So erscheinen den Bauern Regierung und Investoren als „land-grabber“, und umgekehrt die landsuchenden Bauern als widerrechtliche Besetzer von Staatsland.
 
Das Bagamoyo-Zuckerprojekt wurde u.a. von der „New Alliance“ mit Geldern von den G8-Staaten und der EU unterstützt, das in 10 afrikanischen Ländern die Armut mit Nahrungsmittel-Großprojekten bekämpfen will. NROs wie „Action Aid USA“ kritisieren dieses Konzept, da es Enteignungen von Land und Ressourcen begünstige, Privatisierung von Saatgut fördere und Kleinlandwirte benachteilige. „Action Aid USA“ begrüßte es, dass das Bagamoyo-Zuckerprojekt nun aufgegeben wurde. Es sollte jährlich 130.000 t Zucker, 10 Mill. Liter Äthanol und 100.000 MW/h Strom produzieren.
 
Landministerium und Landwirtschaftsrat (ACT) bestritten jeden Landraub im Zusammenhang mit dem Zuckerprojekt. Das Areal sei 1976 von der Regierung von Sansibar erworben worden und seither in Staatsbesitz. Das Projekt sei von IFAD und Afrikanischer Entwicklungsbank geprüft und gebilligt worden. Die lokale Bevölkerung sehe weniger Gefahr vom Projekt ausgehen als von Spekulanten aus DSM, die den Dorfgemeinschaften günstiges Land abschwatzten.
 
Häufig werden Erwartungen von Dorfgemeinschaften, die Land an Investoren verpachten, enttäuscht. Diese bieten oft nur wenige und schlecht bezahlte Jobs an. Die versprochenen Sozialinvestitionen (Schulen, Krankenstationen, Straßen, Wasserleitungen) bleiben oft aus. Mehrere Großprojekte, vor allem in der Biotreibstoff-Branche wurden nach dem Verfall der Ölpreise einfach wieder aufgegeben. Das dafür reservierte Land liegt lange Zeit brach.
 
Im Kibaha-Distrikt, Küstenregion, bauten hunderte von Familien Häuser auf einem für Industrie-Ansiedlung reservierten Areal. Sie seien für das ihnen geraubte Land nicht entschädigt worden.
 
Dorfbewohner im Umfeld von sieben aufgegebenen Getreidefarmen der früheren staatlichen NAFCO fordern Grundstücke von den neuen Besitzern. Die Dörfer seien bei der Gründung der NAFCO nicht entschädigt worden. Die NAFCO war mit $ 44 Mill. von Kanada subventioniert worden, machte aber 2003 dennoch Pleite. Betroffen von den Landforderungen ist auch das Lutherische Krankenhaus Haydom, das eine der Getreidefarmen weiter betreibt.
 
In Mirerani (Simanjiro-Distrikt, Manyara) besetzten 70 Familien eine für die geplante Exportwirtschafts-Zone reservierte Fläche, um dort Häuser zu bauen. Das Land sei von der Dorfverwaltung ohne Zustimmung der Bevölkerung verkauft worden.
 
Eine Maasai-Gruppe verlor einen Prozess vor dem High Court um 6000 ha Grasland (Sukenya) mit einem auf $ 20 Mill. geschätzten Marktwert. 1984 erhielt die TLB-Brauerei das Gelände, um Gerste anzubauen. Sie verkaufte es 2006 an die Tanzania Conservation Ltd., die dort nun ein lukratives Safari-Unternehmen betreibt. Die Wamaasai verlangen das Land zurück, auf dem sie über Generationen ihr Vieh geweidet hatten. Sie seien von dort mit Gewalt vertrieben worden. Das Gericht befand, sie könnten sich nicht auf das Gewohnheitsrecht berufen, nach dem man nach 12 Jahren ununterbrochenen Bewohnens Landeigentümer werden kann, da sie es jeweils nur in den Trockenperioden beweideten.
 
Zunehmend wird Land auch als spekulative Investition genutzt. [vgl. unten „Landpolitik“] Es wird dann nicht produktiv genutzt, sondern der Besitzer hält es in der Hoffnung auf steigende Preise zum späteren, oft parzellierten, Verkauf vor. Das Menschenrechts-Zentrum (LHRC) deckte auf, dass von den 15.000 km² des Kilosa-Distrikts (Morogoro) etwa die Hälfte im Besitz von nur 50 Personen ist. Da Büroraum in Dar-Es-Salaam sehr teuer ist, sicherten sich viele Behörden, Staats- und Privatunternehmen Grundstücke in Kibaha, die allerdings seit Jahren unbebaut bleiben. Sie sollen nun erneut vergeben werden, wenn die Eigentümer nichts unternehmen.
 
Arusha Times 23.01.16; Citizen 25.03.; 26.06.15; 23.02.16; DN 18.03.15; 22.09.16; Guardian 20.03.15; 14.01.; 26.06.16 Thomson Reuters 12.11.15
 
==Militärgelände==
 
Der Verteidigungsminister räumte ein, dass es zahlreiche Streitigkeiten über militärisch genutztes Land gibt:
* Landbesetzer hätten sich widerrechtlich auf Militärgebiet angesiedelt. Sie müssten ohne Entschädigung abziehen.
* Die Armee habe sich auf Land von Dorfgemeinschaften ausgedehnt. Diese müssten entschädigt werden.
* Es gäbe strittige Grenzziehungen zwischen militärischem und zivilem Land. Diese müssten überprüft und vermessen werden. Dazu seien momentan keine Mittel verfügbar.DN 17.09.16
 
==Bergbau==
 
Häufig sind Streitigkeiten zwischen großen Bergbaufirmen, die ihre Schürfrechte über das staatliche Investitionsprogramm erhielten, und einheimischen Mineuren, die sich für die gewohnheitsrechtlichen Eigentümer der Minen halten. Das Landgesetz von 1999 schweigt über die Nutzung von Bodenschätzen und eventuelle traditionelle Rechte in diesem Bereich. Guardian 25.08.14; 21.06.15
 
==Städtische Grundstücke==
 
In den schnell wachsenden Städten gibt es häufig Streit um Grundstücke. Ein Beispiel ist ein Wohnungsbau-Projekt für Armee-Pensionäre in Dar-Es-Salaam-Kigamboni. Kleine Farmer wurden 2013 enteignet, erhielten aber nie die zugesagte Entschädigung. Viele Familien stehen damit vor dem Nichts. Inzwischen hat eine chinesische Firma auf dem Terrain Luxuswohnungen errichtet, die für $ 100.000 bis 400.000 verkauft werden. Die ursprünglichen Besitzer kämpfen weiter um eine Entschädigung. Eine weitere, offenbar häufige, Konfliktursache sind Grundstücke, die von bestechlichen Beamten mehrfach vergeben wurden. Die Dokumentation von Landbesitz ist ein großes Problem: 65% aller Grundstücksbesitzer haben keine amtliche Urkunde.
 
Landminister Lukuvi ordnete an, dass Teile eines Friedhofs in Kinyerezi (Ilala, DSM), die unter dubiosen Umständen an Privatleute verkauft worden waren, zurückgegeben werden. Lokalpolitiker wiesen auf weitere Landraub-Fälle in Kinyerezi hin: u.a. seien Flächen für eine Krankenstation und eine Pflegeschule anderweitig bebaut worden. Auch Kirchen, Moscheen und Schulen beschweren sich immer wieder über Landräuber auf ihren Grundstücken. Landminister W. Lukuvi ordnete an, solche Bauten entschädigungslos abzureißen. Die Regierung beauftragte die Mwanza-Region, alle, die sich widerrechtlich auf dem Gelände des Landwirtschaftlichen Forschungsinstituts Ukiriguru niedergelassen haben, sofort zu vertreiben. Ähnliche Landbesetzungen gab es auch auf der staatlichen Rinderfarm Mabuki (beide Misungwi-Distrikt, Mwanza).
 
In Dodoma befahlen die Behörden 1400 Landbesetzern, das Areal einer Investment-Gesellschaft zu verlassen. Sie seien von einem selbst-ernannten Wagogo-Chef angestachelt worden, der das Land an sie verteilte. Dieser hält es für illegal, Wagogo-Land an Auswärtige abzugeben.
 
Premier Majaliwa zeigte sich besorgt darüber, dass zunehmend öffentliche Grundstücke (Schulen, Krankenhäuser, Friedhöfe, sowie für Straßen und Leitungen reservierte Flächen) für ungenehmigte Privatbauten genutzt werden. Alle staatlichen Grundstücke sollen erfasst und illegale Nutzer gegen Entschädigung evakuiert werden. Dies dürfte jedoch kaum finanzierbar sein.
 
Präsident Magufuli überführte 5.596 Gebäude aus der Kolonialzeit, die von Gemeinden verwaltet wurden, wieder unter die Verwaltung des Landministeriums. Die Bauten sind meist stark verfallen und z.T. seit Jahren von nicht zahlenden Mietern bewohnt.
 
Citizen 07.04.; 26.06.15; 29.03.; 24.10.16; DN 23.09.15; 17.,18.02.16; 28.09.16; Guardian 29.07.16; Raia Mwema 13.10.16
 
==Nationalparks und Schutzgebiete==
 
Während es zur Zeit der Unabhängigkeit nur den Serengeti-Nationalpark gab, existieren heute 16 Parks und Schutzgebiete. Von den 2016 neu registrierten 289 Landkonflikten betreffen 35 Nationalparks und Wildschutzgebiete. Weitere sollen mit Hilfe der jeweiligen Parlaments-Abgeordneten erfasst werden.
 
Das Burunge-Wildschutzgebiet im Babati-Distrikt (Manyara) bildet einen für den genetischen Austausch wichtigen Korridor zwischen den Nationalparks Tarangire und Manyara. Es kann seine Funktion jedoch kaum noch erfüllen, weil sich dort Viehhirten (Barabaig) und Farmer in schnell wachsender Zahl ansiedeln. Die Wildpark-Grenzen seien ohne ihre Mitwirkung festgelegt worden. Sie seien von ihrem angestammten Land vertrieben worden und wollen sich nicht auf Ersatzland umsiedeln lassen. Der existierende Landnutzungsplan wird daher ignoriert.
 
Die Landbesetzer werden noch ermutigt durch Politiker, die vor Wahlen versprechen, das Wildschutzgebiet an Interessenten zu verteilen. Die Wildpark-Verwaltung beteiligt zwar die umliegenden Dörfer an den Abgaben von Touristenhotels (2016: TZS 410 Mill.), erreicht damit aber bisher keinen effektiven Schutz des Gebietes. Der Tourismus-Minister kündigte entschlossene Maßnahmen gegen Landbesetzer und Lokalpolitiker an, die sie unterstützen. Ähnliche Vorgänge seien leider auch in mehreren anderen Wildschutzgebieten zu beobachten.
 
Das internationale Aktionsbündnis ICCA verteidigt die Landrechte des Dorfes Uvinje, das an den Saadani Nationalpark ([http://www.saadanipark.org/ www.saadanipark.org]) in der Küstenregion grenzt. Die Nationalpark-Behörde (TANAPA) will die Bewohner umsiedeln. Ihr Dorf liege nach den 1999 gezogenen Grenzen innerhalb des Parks. Die Dorfbewohner argumentieren, sie hätten bereits 1974 freiwillig 66% ihres Landes an das damalige Saadani Wildreservat abgetreten. Dafür sei ihnen der Besitz des verbliebenen Gebiets für alle Zeiten zugesichert worden. Die TANAPA versuchte durch Entschädigungsangebote Fakten zu schaffen. Nach Darstellung der Uvinje-Bürger, die Kompensationszahlungen ablehnen, wohnen aber die Entschädigten gar nicht in Uvinje. Nach mehreren Schreiben an den früheren Präsidenten Kikwete, wandten sich die Menschenrechts-Verteidiger nun an Präsident Magufuli ([http://www.iccaconsortium.org/?page_id=1704 www.iccaconsortium.org/?][http://www.iccaconsortium.org/?page_id=1704 page_id=1704]). [vgl. TI 2014/11, S.8; TI 2015/5, S.2]
 
Im Zusammenhang mit den Vorgängen in Bagamoyo und Uvinje forderte das Europäische Parlament Tansania im März 2015 auf, illegale Enteignungen zu vermeiden und die traditionellen Landrechte zu achten.
 
Der Regionalchef von Morogoro ordnete an, Rinderherden zu evakuieren, die illegal in geschützte Feuchtgebiete des Kilombero-Tals eingedrungen waren.
 
Das Volk der Hadzabe (auch Tindiga) sieht seine Lebensgrundlagen bedroht, weil immer mehr Bauern und Viehbesitzer in ihre Waldreserven eindringen. Vor allem in der Singida-Region und dem Mbulu-Distrikt roden die Eindringlinge den Wald und die von den Jägern und Sammlern besonders benötigten Baobab-Bäume. [vgl. TI 2015/11, S. 8; 2014/04, S.12]
 
Der Chef der Rukwa-Region befahl strenge Maßnahmen gegen Bürger, die in Wasserschutzgebieten Häuser errichtet oder Felder angelegt haben, nachdem bereits zwei für Sumbawanga wichtige Quellen trocken gefallen sind.
 
Bauern, die sich illegal in der Waldreserve der bereits 1982 bankrott gegangenen Papierfabrik Sao Hill angesiedelt hatten, sollen legales Land zugewiesen bekommen.
 
Der Minister für Naturschätze forderte alle Viehhalter auf, ihre Tiere aus den Schutzgebieten zu entfernen. Bereits jetzt seien große Schäden aufgetreten, die die Regierung nicht länger hinnehmen kann. Alle 20 Regionen, die an Nationalparks und Wildschutzgebiete grenzen, sollen ausreichend Weideland ausweisen für die Herden, die aus den Parks vertrieben werden. Jeder Distrikt müsse die Grenzen zwischen nutzbarem Land und Schutzgebieten deutlich markieren. Laut Vizepräsidentin S. Hassan sind von den 88,6 Mill. ha Land in Tansania 66 Mill. ha als für Weiden geeignetes Grasland kartiert. Diese Fläche reiche für 20 Mill. Großvieh-Einheiten aus. Allerdings rechnet man schon jetzt mit 22 Mill. Rindern, 15,2 Mill. Ziegen und 6,4 Mill. Schafen.
 
Business Times 21.02.15; Citizen 18.03.15; 04.,29.06.16; DN 18.05.; 11.06.15; 18.02.; 12.,21.10.16; Guard. 26.03.16
 
==Zuwanderer==
 
Die Regierung versucht, Maasai-Hirten aus Kenia, die sich mit großen Herden illegal in Loliondo (Ngorongoro-Distrikt) aufhalten, zurückzuführen. Die zahlreichen Rinder dringen immer wieder in den Nationalpark ein und überweiden die Grasflächen. Allein in den Regionen Arusha, Geita und Kagera werden 5 Mill. Rinder und Ziegen aus Kenia und Uganda vermutet.  
 
Arusha Times 16.05.; 27.06.15, DN 22.06.15; 18.05.16
 
==Verwaltung - Korruption==
 
NROs weisen immer wieder darauf hin, dass Konflikte reduziert würden, wenn der Landbesitz rechtzeitig dokumentiert würde. Aber sowohl die Besitzurkunden für Dorfgemeinschaften (Village Land Certificates) als auch die für Individuen (Certificates of Customary Right of Occupancy – CCRO; Urkunden nach traditionellem Recht) werden oft erst nach langen Wartezeiten ausgestellt.
 
Im Land-Ministerium sind 395 Klagen anhängig gegen grobe Verfahrensfehler und Amtsmissbrauch der Landbehörden in der Mwanza-Region. Diese weise nach DSM die meisten Landkonflikte auf. U.a. soll sich der ehemalige Stadtdirektor von Ilemela ein Haus auf dem Grundstück eines nie entschädigten Besitzers errichtet haben. Der Minister versprach, die Schuldigen zu bestrafen und ordnete an, die zuständigen Beamten zu schulen.
 
DN 29.04.15; Guardian 25.12.15
 
==Frauenrechte==
 
Frauen auf Sansibar beklagten, dass sie häufig übervorteilt würden, weil sie in Landbesitz- und Erbschaftsfragen zu wenige Rechtskenntnisse hätten und keine Unterstützung von Behörden erführen. Ein Rechtsexperte der Sansibar Land-Kommission erklärte, lokale Gesetze erlaubten Frauen keinen eigenen Grundbesitz.
 
Hilfsorganisationen wie „Ardhi Alliance“ (Land-Bündnis) und „Netzwerk Geschlechter-Gleichheit“ (TGNP) unterstützen Frauen, die auch auf dem Festland durch traditionelle Besitzregelungen gehindert werden, Land zu erwerben und sich oft mit Pachtverträgen abfinden müssen. Oft finden sie auch so nur Flächen, die nicht bewässert werden können und daher wenig ergiebig sind. 80% der tansanischen Frauen leben auf dem Land und als Bäuerinnen, aber nur 5% auf eigenem Land. Innerhalb der Frauenorganisationen ist umstritten, ob landwirtschaftliche Großbetriebe generell als Konkurrenten von Kleinbauern bekämpft werden sollten oder, ob möglichst viel Mitsprache bei ihrer Etablierung angestrebt werden sollte.
 
Frauen verschiedener zivilgesellschaftlicher Organisationen trafen sich zur Landfrauenversammlung und formulierten Forderungen zu einer Reform der Land-Politik, die auch mit Vertreterinnen weiterer afrikanischer Länder in der Kampagne „Ardhi yetu, haki yetu“ (unser Land, unser Recht) diskutiert wurden. Die wichtigsten Forderungen:
* Gezielte finanzielle Förderung für Kleinbäuerinnen
* Zugang zu moderner Technologie für bessere Produktivität
* Hilfen zu Weiterverarbeitung, Verpackung, Verkauf von landwirtschaftlichen Produkten
* Angemessene Entschädigung, wenn Land für Großbetriebe reserviert wird
* Rechtsberatung
* Alle einschlägigen Gesetze und Verträge müssen auf Kiswahili zugänglich sein
* Die Regierung soll eng mit Fürsprache-Organisationen zusammenarbeiten, damit Förderungsprogramme konkret, partizipatorisch und frauenfreundlich werden
* Das Ehegesetz von 1971 muss mit dem modernen Landrecht harmonisiert werden
 
Der Vize-Landminister überreichte 100 Maasai-Frauen aus abgelegenen Dörfern des Ngorongoro-Distrikts ihre Landbesitz-Titel nach traditionellem Recht (CCRO). Die NRO „Tanzania Pastoralist Community Forum“ hatte zuvor Frauen und (vor allem) Männer der Maasai-Gemeinschaft von den Vorteilen des verbrieften Grundbesitzes auch für Frauen überzeugt.
 
Citizen 11.04.; 18.10.16; DN 29.11.15; DN 13.10.16; Guardian 23.07.16


[[Kategorie:11/2016]]
[[Kategorie:11/2016]]
[[Kategorie:Innere_Angelegenheiten_-_Landbesitz,_Landrechte]]
[[Kategorie:Innere_Angelegenheiten_-_Landbesitz,_Landrechte]]

Aktuelle Version vom 6. Januar 2019, 20:23 Uhr

Bauern gegen Hirten

In der Morogoro-Region häufen sich die Zwischenfälle zwischen Bauern und Viehhaltern. Im Distrikt Kilosa wurden 16 Bauern von Viehhirten angegriffen und teils schwer verletzt. Hohe Beamte hatten Farmen aufgekauft und sie den Viehbesitzern zur Verfügung gestellt, die daraus weitergehende Rechte ableiteten. Im Mvomero, Morogoro, überfiel eine traditionelle Miliz eine Maasai-Hirtin, beraubten sie und töteten 77 Schafe und Ziegen. Sie beschuldigten sie, ihre Tiere in einer Farm geweidet zu haben.

Umgekehrt mussten im selben Distrikt 266 Maasai-Hirten vor Sukuma-Landwirten in Kirchen fliehen. Ihre Häuser wurden niedergebrannt. Ebenfalls in der Morogoro-Region kam eine Person ums Leben und 71 Rinder wurden getötet, die in Felder eingedrungen waren.

Im Rufiji-Distrikt (Küstenregion) gab es wiederholt Zusammenstöße zwischen zugewanderten Viehhirten (Sukuma und Mang‘ati) und Bauern. Auf dem für 40.000 Rinder zugeteilten Grasland drängten sich 200.000 Tiere. Jede Familie besitzt 3.000 bis 5.000 Rinder. Sechs Familien sind offiziell gemeldet, etwa 300 sind vermutlich zugewandert.

In der Tabora-Region wurden 450 Bauern von Hirten aus Shinyanga vertrieben und ihre Häuser angezündet.

Im Siha-Distrikt (Kilimanjaro) brannten Maasai-Krieger aus dem Longido-Distrikt ein Touristencamp nieder. Das von einem Briten geführte Hotel sei auf ihrem Gebiet errichtet worden.

Im Kiteto-Distrikt (Manyara-Region) gibt es seit Jahren blutige Auseinandersetzungen um Land mit vielen Todesfällen.

Im Kalambo-Distrikt (Rukwa) beschuldigten Farmer ihre Dorfverwaltungen, sie hätten sich von Viehhirten bestechen lassen, die, aus verschiedenen Landesteilen kommend, nun die Felder verwüsteten.

Citizen 07.,15.,20.11.14; 24,01.; 15.,16.12.15; 10.02.16; DN 21.12.14; Guardian 12.02.16

Investoren gegen Bauern und Hirten

Die Regierung verfolgt zwei Ziele, die schwer vereinbar sind. Einerseits muss sie der schnell wachsenden Bevölkerung immer mehr Land zur Verfügung stellen. Nur in bäuerlichen Kleinbetrieben finden die vielen arbeitssuchenden jungen Leute eine produktive Beschäftigung. Andererseits verspricht man sich von industriell betriebenen Großfarmen Arbeitsplätze, Exporternten, Vorprodukte zur Weiterverarbeitung und – last but not least – Steuereinnahmen.

Seit dem Zusammenbruch der staatlichen Landwirtschafts-Unternehmen in den Jahren nach 1990 bemüht sich der tansanische Staat um private Investoren, die landwirtschaftliche Produkte rationell und in großen Mengen erzeugen. Solche (in- und ausländischen) Investoren erhalten zunächst beträchtliche Steuerermäßigungen und können Land auf 99 Jahre pachten.

Konflikte entstehen vor allem durch unklare Besitzverhältnisse, bzw. Landnutzungsrechte. Während die Staatsfarmen verfielen, siedelten sich zahlreiche Kleinbauern auf deren Areal an, das sie nun nach zwei Jahrzehnten als ihren Besitz betrachten. Der Staat wiederum in Gestalt der Tanzania Investment Corporation (TIC) betrachtet Großfarmen wie das Kapunga-Reisprojekt (Mbarali-Distrikt) oder das Bagamoyo-Zuckerprojekt nach wie vor als Staatseigentum, das an Investoren vergeben werden kann. So erscheinen den Bauern Regierung und Investoren als „land-grabber“, und umgekehrt die landsuchenden Bauern als widerrechtliche Besetzer von Staatsland.

Das Bagamoyo-Zuckerprojekt wurde u.a. von der „New Alliance“ mit Geldern von den G8-Staaten und der EU unterstützt, das in 10 afrikanischen Ländern die Armut mit Nahrungsmittel-Großprojekten bekämpfen will. NROs wie „Action Aid USA“ kritisieren dieses Konzept, da es Enteignungen von Land und Ressourcen begünstige, Privatisierung von Saatgut fördere und Kleinlandwirte benachteilige. „Action Aid USA“ begrüßte es, dass das Bagamoyo-Zuckerprojekt nun aufgegeben wurde. Es sollte jährlich 130.000 t Zucker, 10 Mill. Liter Äthanol und 100.000 MW/h Strom produzieren.

Landministerium und Landwirtschaftsrat (ACT) bestritten jeden Landraub im Zusammenhang mit dem Zuckerprojekt. Das Areal sei 1976 von der Regierung von Sansibar erworben worden und seither in Staatsbesitz. Das Projekt sei von IFAD und Afrikanischer Entwicklungsbank geprüft und gebilligt worden. Die lokale Bevölkerung sehe weniger Gefahr vom Projekt ausgehen als von Spekulanten aus DSM, die den Dorfgemeinschaften günstiges Land abschwatzten.

Häufig werden Erwartungen von Dorfgemeinschaften, die Land an Investoren verpachten, enttäuscht. Diese bieten oft nur wenige und schlecht bezahlte Jobs an. Die versprochenen Sozialinvestitionen (Schulen, Krankenstationen, Straßen, Wasserleitungen) bleiben oft aus. Mehrere Großprojekte, vor allem in der Biotreibstoff-Branche wurden nach dem Verfall der Ölpreise einfach wieder aufgegeben. Das dafür reservierte Land liegt lange Zeit brach.

Im Kibaha-Distrikt, Küstenregion, bauten hunderte von Familien Häuser auf einem für Industrie-Ansiedlung reservierten Areal. Sie seien für das ihnen geraubte Land nicht entschädigt worden.

Dorfbewohner im Umfeld von sieben aufgegebenen Getreidefarmen der früheren staatlichen NAFCO fordern Grundstücke von den neuen Besitzern. Die Dörfer seien bei der Gründung der NAFCO nicht entschädigt worden. Die NAFCO war mit $ 44 Mill. von Kanada subventioniert worden, machte aber 2003 dennoch Pleite. Betroffen von den Landforderungen ist auch das Lutherische Krankenhaus Haydom, das eine der Getreidefarmen weiter betreibt.

In Mirerani (Simanjiro-Distrikt, Manyara) besetzten 70 Familien eine für die geplante Exportwirtschafts-Zone reservierte Fläche, um dort Häuser zu bauen. Das Land sei von der Dorfverwaltung ohne Zustimmung der Bevölkerung verkauft worden.

Eine Maasai-Gruppe verlor einen Prozess vor dem High Court um 6000 ha Grasland (Sukenya) mit einem auf $ 20 Mill. geschätzten Marktwert. 1984 erhielt die TLB-Brauerei das Gelände, um Gerste anzubauen. Sie verkaufte es 2006 an die Tanzania Conservation Ltd., die dort nun ein lukratives Safari-Unternehmen betreibt. Die Wamaasai verlangen das Land zurück, auf dem sie über Generationen ihr Vieh geweidet hatten. Sie seien von dort mit Gewalt vertrieben worden. Das Gericht befand, sie könnten sich nicht auf das Gewohnheitsrecht berufen, nach dem man nach 12 Jahren ununterbrochenen Bewohnens Landeigentümer werden kann, da sie es jeweils nur in den Trockenperioden beweideten.

Zunehmend wird Land auch als spekulative Investition genutzt. [vgl. unten „Landpolitik“] Es wird dann nicht produktiv genutzt, sondern der Besitzer hält es in der Hoffnung auf steigende Preise zum späteren, oft parzellierten, Verkauf vor. Das Menschenrechts-Zentrum (LHRC) deckte auf, dass von den 15.000 km² des Kilosa-Distrikts (Morogoro) etwa die Hälfte im Besitz von nur 50 Personen ist. Da Büroraum in Dar-Es-Salaam sehr teuer ist, sicherten sich viele Behörden, Staats- und Privatunternehmen Grundstücke in Kibaha, die allerdings seit Jahren unbebaut bleiben. Sie sollen nun erneut vergeben werden, wenn die Eigentümer nichts unternehmen.

Arusha Times 23.01.16; Citizen 25.03.; 26.06.15; 23.02.16; DN 18.03.15; 22.09.16; Guardian 20.03.15; 14.01.; 26.06.16 Thomson Reuters 12.11.15

Militärgelände

Der Verteidigungsminister räumte ein, dass es zahlreiche Streitigkeiten über militärisch genutztes Land gibt:

  • Landbesetzer hätten sich widerrechtlich auf Militärgebiet angesiedelt. Sie müssten ohne Entschädigung abziehen.
  • Die Armee habe sich auf Land von Dorfgemeinschaften ausgedehnt. Diese müssten entschädigt werden.
  • Es gäbe strittige Grenzziehungen zwischen militärischem und zivilem Land. Diese müssten überprüft und vermessen werden. Dazu seien momentan keine Mittel verfügbar.DN 17.09.16

Bergbau

Häufig sind Streitigkeiten zwischen großen Bergbaufirmen, die ihre Schürfrechte über das staatliche Investitionsprogramm erhielten, und einheimischen Mineuren, die sich für die gewohnheitsrechtlichen Eigentümer der Minen halten. Das Landgesetz von 1999 schweigt über die Nutzung von Bodenschätzen und eventuelle traditionelle Rechte in diesem Bereich. Guardian 25.08.14; 21.06.15

Städtische Grundstücke

In den schnell wachsenden Städten gibt es häufig Streit um Grundstücke. Ein Beispiel ist ein Wohnungsbau-Projekt für Armee-Pensionäre in Dar-Es-Salaam-Kigamboni. Kleine Farmer wurden 2013 enteignet, erhielten aber nie die zugesagte Entschädigung. Viele Familien stehen damit vor dem Nichts. Inzwischen hat eine chinesische Firma auf dem Terrain Luxuswohnungen errichtet, die für $ 100.000 bis 400.000 verkauft werden. Die ursprünglichen Besitzer kämpfen weiter um eine Entschädigung. Eine weitere, offenbar häufige, Konfliktursache sind Grundstücke, die von bestechlichen Beamten mehrfach vergeben wurden. Die Dokumentation von Landbesitz ist ein großes Problem: 65% aller Grundstücksbesitzer haben keine amtliche Urkunde.

Landminister Lukuvi ordnete an, dass Teile eines Friedhofs in Kinyerezi (Ilala, DSM), die unter dubiosen Umständen an Privatleute verkauft worden waren, zurückgegeben werden. Lokalpolitiker wiesen auf weitere Landraub-Fälle in Kinyerezi hin: u.a. seien Flächen für eine Krankenstation und eine Pflegeschule anderweitig bebaut worden. Auch Kirchen, Moscheen und Schulen beschweren sich immer wieder über Landräuber auf ihren Grundstücken. Landminister W. Lukuvi ordnete an, solche Bauten entschädigungslos abzureißen. Die Regierung beauftragte die Mwanza-Region, alle, die sich widerrechtlich auf dem Gelände des Landwirtschaftlichen Forschungsinstituts Ukiriguru niedergelassen haben, sofort zu vertreiben. Ähnliche Landbesetzungen gab es auch auf der staatlichen Rinderfarm Mabuki (beide Misungwi-Distrikt, Mwanza).

In Dodoma befahlen die Behörden 1400 Landbesetzern, das Areal einer Investment-Gesellschaft zu verlassen. Sie seien von einem selbst-ernannten Wagogo-Chef angestachelt worden, der das Land an sie verteilte. Dieser hält es für illegal, Wagogo-Land an Auswärtige abzugeben.

Premier Majaliwa zeigte sich besorgt darüber, dass zunehmend öffentliche Grundstücke (Schulen, Krankenhäuser, Friedhöfe, sowie für Straßen und Leitungen reservierte Flächen) für ungenehmigte Privatbauten genutzt werden. Alle staatlichen Grundstücke sollen erfasst und illegale Nutzer gegen Entschädigung evakuiert werden. Dies dürfte jedoch kaum finanzierbar sein.

Präsident Magufuli überführte 5.596 Gebäude aus der Kolonialzeit, die von Gemeinden verwaltet wurden, wieder unter die Verwaltung des Landministeriums. Die Bauten sind meist stark verfallen und z.T. seit Jahren von nicht zahlenden Mietern bewohnt.

Citizen 07.04.; 26.06.15; 29.03.; 24.10.16; DN 23.09.15; 17.,18.02.16; 28.09.16; Guardian 29.07.16; Raia Mwema 13.10.16

Nationalparks und Schutzgebiete

Während es zur Zeit der Unabhängigkeit nur den Serengeti-Nationalpark gab, existieren heute 16 Parks und Schutzgebiete. Von den 2016 neu registrierten 289 Landkonflikten betreffen 35 Nationalparks und Wildschutzgebiete. Weitere sollen mit Hilfe der jeweiligen Parlaments-Abgeordneten erfasst werden.

Das Burunge-Wildschutzgebiet im Babati-Distrikt (Manyara) bildet einen für den genetischen Austausch wichtigen Korridor zwischen den Nationalparks Tarangire und Manyara. Es kann seine Funktion jedoch kaum noch erfüllen, weil sich dort Viehhirten (Barabaig) und Farmer in schnell wachsender Zahl ansiedeln. Die Wildpark-Grenzen seien ohne ihre Mitwirkung festgelegt worden. Sie seien von ihrem angestammten Land vertrieben worden und wollen sich nicht auf Ersatzland umsiedeln lassen. Der existierende Landnutzungsplan wird daher ignoriert.

Die Landbesetzer werden noch ermutigt durch Politiker, die vor Wahlen versprechen, das Wildschutzgebiet an Interessenten zu verteilen. Die Wildpark-Verwaltung beteiligt zwar die umliegenden Dörfer an den Abgaben von Touristenhotels (2016: TZS 410 Mill.), erreicht damit aber bisher keinen effektiven Schutz des Gebietes. Der Tourismus-Minister kündigte entschlossene Maßnahmen gegen Landbesetzer und Lokalpolitiker an, die sie unterstützen. Ähnliche Vorgänge seien leider auch in mehreren anderen Wildschutzgebieten zu beobachten.

Das internationale Aktionsbündnis ICCA verteidigt die Landrechte des Dorfes Uvinje, das an den Saadani Nationalpark (www.saadanipark.org) in der Küstenregion grenzt. Die Nationalpark-Behörde (TANAPA) will die Bewohner umsiedeln. Ihr Dorf liege nach den 1999 gezogenen Grenzen innerhalb des Parks. Die Dorfbewohner argumentieren, sie hätten bereits 1974 freiwillig 66% ihres Landes an das damalige Saadani Wildreservat abgetreten. Dafür sei ihnen der Besitz des verbliebenen Gebiets für alle Zeiten zugesichert worden. Die TANAPA versuchte durch Entschädigungsangebote Fakten zu schaffen. Nach Darstellung der Uvinje-Bürger, die Kompensationszahlungen ablehnen, wohnen aber die Entschädigten gar nicht in Uvinje. Nach mehreren Schreiben an den früheren Präsidenten Kikwete, wandten sich die Menschenrechts-Verteidiger nun an Präsident Magufuli (www.iccaconsortium.org/?page_id=1704). [vgl. TI 2014/11, S.8; TI 2015/5, S.2]

Im Zusammenhang mit den Vorgängen in Bagamoyo und Uvinje forderte das Europäische Parlament Tansania im März 2015 auf, illegale Enteignungen zu vermeiden und die traditionellen Landrechte zu achten.

Der Regionalchef von Morogoro ordnete an, Rinderherden zu evakuieren, die illegal in geschützte Feuchtgebiete des Kilombero-Tals eingedrungen waren.

Das Volk der Hadzabe (auch Tindiga) sieht seine Lebensgrundlagen bedroht, weil immer mehr Bauern und Viehbesitzer in ihre Waldreserven eindringen. Vor allem in der Singida-Region und dem Mbulu-Distrikt roden die Eindringlinge den Wald und die von den Jägern und Sammlern besonders benötigten Baobab-Bäume. [vgl. TI 2015/11, S. 8; 2014/04, S.12]

Der Chef der Rukwa-Region befahl strenge Maßnahmen gegen Bürger, die in Wasserschutzgebieten Häuser errichtet oder Felder angelegt haben, nachdem bereits zwei für Sumbawanga wichtige Quellen trocken gefallen sind.

Bauern, die sich illegal in der Waldreserve der bereits 1982 bankrott gegangenen Papierfabrik Sao Hill angesiedelt hatten, sollen legales Land zugewiesen bekommen.

Der Minister für Naturschätze forderte alle Viehhalter auf, ihre Tiere aus den Schutzgebieten zu entfernen. Bereits jetzt seien große Schäden aufgetreten, die die Regierung nicht länger hinnehmen kann. Alle 20 Regionen, die an Nationalparks und Wildschutzgebiete grenzen, sollen ausreichend Weideland ausweisen für die Herden, die aus den Parks vertrieben werden. Jeder Distrikt müsse die Grenzen zwischen nutzbarem Land und Schutzgebieten deutlich markieren. Laut Vizepräsidentin S. Hassan sind von den 88,6 Mill. ha Land in Tansania 66 Mill. ha als für Weiden geeignetes Grasland kartiert. Diese Fläche reiche für 20 Mill. Großvieh-Einheiten aus. Allerdings rechnet man schon jetzt mit 22 Mill. Rindern, 15,2 Mill. Ziegen und 6,4 Mill. Schafen.

Business Times 21.02.15; Citizen 18.03.15; 04.,29.06.16; DN 18.05.; 11.06.15; 18.02.; 12.,21.10.16; Guard. 26.03.16

Zuwanderer

Die Regierung versucht, Maasai-Hirten aus Kenia, die sich mit großen Herden illegal in Loliondo (Ngorongoro-Distrikt) aufhalten, zurückzuführen. Die zahlreichen Rinder dringen immer wieder in den Nationalpark ein und überweiden die Grasflächen. Allein in den Regionen Arusha, Geita und Kagera werden 5 Mill. Rinder und Ziegen aus Kenia und Uganda vermutet.

Arusha Times 16.05.; 27.06.15, DN 22.06.15; 18.05.16

Verwaltung - Korruption

NROs weisen immer wieder darauf hin, dass Konflikte reduziert würden, wenn der Landbesitz rechtzeitig dokumentiert würde. Aber sowohl die Besitzurkunden für Dorfgemeinschaften (Village Land Certificates) als auch die für Individuen (Certificates of Customary Right of Occupancy – CCRO; Urkunden nach traditionellem Recht) werden oft erst nach langen Wartezeiten ausgestellt.

Im Land-Ministerium sind 395 Klagen anhängig gegen grobe Verfahrensfehler und Amtsmissbrauch der Landbehörden in der Mwanza-Region. Diese weise nach DSM die meisten Landkonflikte auf. U.a. soll sich der ehemalige Stadtdirektor von Ilemela ein Haus auf dem Grundstück eines nie entschädigten Besitzers errichtet haben. Der Minister versprach, die Schuldigen zu bestrafen und ordnete an, die zuständigen Beamten zu schulen.

DN 29.04.15; Guardian 25.12.15

Frauenrechte

Frauen auf Sansibar beklagten, dass sie häufig übervorteilt würden, weil sie in Landbesitz- und Erbschaftsfragen zu wenige Rechtskenntnisse hätten und keine Unterstützung von Behörden erführen. Ein Rechtsexperte der Sansibar Land-Kommission erklärte, lokale Gesetze erlaubten Frauen keinen eigenen Grundbesitz.

Hilfsorganisationen wie „Ardhi Alliance“ (Land-Bündnis) und „Netzwerk Geschlechter-Gleichheit“ (TGNP) unterstützen Frauen, die auch auf dem Festland durch traditionelle Besitzregelungen gehindert werden, Land zu erwerben und sich oft mit Pachtverträgen abfinden müssen. Oft finden sie auch so nur Flächen, die nicht bewässert werden können und daher wenig ergiebig sind. 80% der tansanischen Frauen leben auf dem Land und als Bäuerinnen, aber nur 5% auf eigenem Land. Innerhalb der Frauenorganisationen ist umstritten, ob landwirtschaftliche Großbetriebe generell als Konkurrenten von Kleinbauern bekämpft werden sollten oder, ob möglichst viel Mitsprache bei ihrer Etablierung angestrebt werden sollte.

Frauen verschiedener zivilgesellschaftlicher Organisationen trafen sich zur Landfrauenversammlung und formulierten Forderungen zu einer Reform der Land-Politik, die auch mit Vertreterinnen weiterer afrikanischer Länder in der Kampagne „Ardhi yetu, haki yetu“ (unser Land, unser Recht) diskutiert wurden. Die wichtigsten Forderungen:

  • Gezielte finanzielle Förderung für Kleinbäuerinnen
  • Zugang zu moderner Technologie für bessere Produktivität
  • Hilfen zu Weiterverarbeitung, Verpackung, Verkauf von landwirtschaftlichen Produkten
  • Angemessene Entschädigung, wenn Land für Großbetriebe reserviert wird
  • Rechtsberatung
  • Alle einschlägigen Gesetze und Verträge müssen auf Kiswahili zugänglich sein
  • Die Regierung soll eng mit Fürsprache-Organisationen zusammenarbeiten, damit Förderungsprogramme konkret, partizipatorisch und frauenfreundlich werden
  • Das Ehegesetz von 1971 muss mit dem modernen Landrecht harmonisiert werden

Der Vize-Landminister überreichte 100 Maasai-Frauen aus abgelegenen Dörfern des Ngorongoro-Distrikts ihre Landbesitz-Titel nach traditionellem Recht (CCRO). Die NRO „Tanzania Pastoralist Community Forum“ hatte zuvor Frauen und (vor allem) Männer der Maasai-Gemeinschaft von den Vorteilen des verbrieften Grundbesitzes auch für Frauen überzeugt.

Citizen 11.04.; 18.10.16; DN 29.11.15; DN 13.10.16; Guardian 23.07.16