Thema: Landkonflikte: Landrecht - NGOs - 11/2016
Landrecht
Bisher regeln der Land Act und der Village Land Act von 1999, sowie der Settlement Act von 2002 das Landrecht. Das Land-Gesetz legt fest, dass prinzipiell alles Land dem Staat gehört, treuhänderisch verwaltet vom Staatspräsidenten. De facto gilt diese Regelung wohl nur noch für Flächen, die nicht im Grundbuch einem bestimmten Eigentümer zugeordnet sind; Grundstücksverkäufe sind an der Tagesordnung, jedoch können Ausländer – jedenfalls direkt – Land nicht kaufen, sondern nur für 33, 66 oder 99 Jahre pachten. Dabei sind Unterverpachtung, ganz zu schweigen von Weiterverkauf „eigentlich“ ausgeschlossen, nicht jedoch die beliebte Nutzung als Sicherheit für hohe Bankkredite. Eine Ausnahme scheint das Investitionsgesetz zu bieten, unter dem Ausländer Land in Special Economic Zones oder Export Processing Zones erwerben können.
Customary rights: Die Dorfgemeinschaften erhielten zwar weitgehende Rechte, über ihr Land zu bestimmen. Sie dürfen aber nur bis zu 50 ha selbständig vergeben. Der Staatspräsident jedoch kann Dorfland einfach als „Allgemeines oder Reserviertes Land“ deklarieren, wenn es dem „Öffentlichen Interesse“ dient. Zudem vergeben nicht selten bestechliche Dorfräte Land an Investoren, ohne die Interessen aller Einwohner zu wahren.
Dorfverwaltungen können Zertifikate nach traditionellem Landrecht ausstellen, die jedoch nur auf Dorf- und Distriktsebene Geltung haben. Landminister Lukuvi hält sie für unpraktikabel und will sie abschaffen, u.a., weil sie keine Grundlage für eine Grundsteuer darstellen. Statt dessen sollen alle Grundbesitzer staatliche Grundbuch-Zertifikate erhalten, was jedoch einen hohen Aufwand bedeutet und viel Zeit benötigen wird. Staatliches Landrecht überwiegt im Konfliktfall traditionelles Recht.
Die „Umweltvereinigung der Journalisten“ (JET) wies darauf hin, dass die Vermessungsgebühr für kleinere Grundstücke mit TZS 300.000 für die Meisten viel zu hoch sei. Daher verfügten bisher nur 1% der Bevölkerung über staatliche Besitzurkunden. Die Investitionsregelungen ermöglichten Landraub ohne Entschädigung. Dies führe zu Hass und Konflikten zwischen Dorfgemeinschaften, Regierung und Investoren. Die Stiftung „Economic Social Research“ forderte die Regierung auf, zumindest die Grenzen zwischen den Dörfern zu vermessen und auf einer offiziellen Karte vorzulegen.
Citizen 18.,20.10.16; East African 03.09.16; Guardian 08.08.15; 06.08.16; DN 14.12.14
Fürsprache-Organisationen
Eine Reihe von zivilgesellschaftlichen Organisationen (CSOs), oft aus dem Ausland unterstützt, hat zum Ziel, die Interessen von Kleinlandwirten (speziell landwirtschaftlich tätigen Frauen), sowie traditionellen Hirten und Jägern/Sammlern, zu verteidigen. Die bekanntesten sind:
- Care International (www.care-international.org)
- HakiArdhi (www.hakiardhi.org)
- Mkakati Action
- EKAMA Development Tanzania (www.ekemafoundation.org)
- Oxfam (www.oxfam.org/en/countries/tanzania)
- Participatory Ecological Land Use Management (www.pelumtanzania.org)
- PINGOs Forum (www.pingosforum.or.tz)
- Ujamaa Community Recource Team
- Tanzania Natural Resource Forum
- Tanzania Pastoralist Community Forum
- HELP
Eine Koalition dieser Organisationen verlangte eine Reform der Landpolitik; dabei hob sie folgende Forderungen hervor:
- Schutz der Land- und Ernährungsrechte für Kleinbauern, Viehhalter und Jäger/Sammler-Gruppen
- Bürgerbeteiligung am Reformprozess
- Gemeinde-Landrechte in der Verfassung verankern
- Übernahme des Traditionellen Landrechts (Certificate of Customary Right of Occupancy) in das reformierte Landrecht, da es die dörflichen Landrechte sichert und Frauen gegen patriarchale Übergriffe absichert; Zwangsvollstreckungen sind unter CCRO nur mit Zustimmung des Dorfrats möglich.
Zwischen den meisten NGOs und Regierungsorganen gibt es starke Meinungsverschiedenheiten darüber, welches Konzept bäuerliche Bevölkerung und Ernährungssicherheit am besten fördert. Die Regierung favorisiert mechanisierte und spezialisierte Großbetriebe in der Hand von privaten Investoren. Die zivilgesellschaftlichen Gruppen sehen mit Familienbetrieben oder Kooperativen Arbeitsplätze, Ernährung und Umwelt am besten gesichert.
Da viele CSOs aus dem Ausland unterstützt werden, argwöhnen Regierungsstellen, dass auf diesem Weg Ausländer politische Entscheidungen beeinflussen oder gar die Modernisierung und wirtschaftliche Unabhängigkeit des Landes behindern wollen. Landminister W. Lukuvi will nicht mehr dulden, dass CSOs ohne Koordination mit Regierungsstellen Landkonflikte bearbeiten und die Landbevölkerung sensibilisieren: Einige Organisationen dienten mehr den Interessen der Geber als denen Tansanias. Einige unterstützten Landwirte gegen Viehhalter und umgekehrt.
Der Maasai-Anführer E. Loure erhielt den Goldmann Umweltpreis (USA) für seine erfolgreichen Bemühungen, traditionell von Wamaasai genutztes Land auch formal als kollektiven Grundbesitz zu sichern und vor Landräubern zu bewahren. Im Lauf von 10 Jahren konnte er in Zusammenarbeit mit „Ujamaa Community Resource Team” mehr als 100.000 ha für Maaai- und Hadzabe-Gemeinschaften beurkunden lassen. Weitere 500.000 ha, überwiegend in Nord-Tansania, werden zur Zeit bearbeitet. Loure erreichte auch, dass die Hadzabe-Gemeinschaften über „Carbon Tanzania“ Zahlungen für in ihren Wäldern gebundenes CO2 erhalten. Die von Nomaden und Halbnomaden bewohnten Gebiete werden von Behörden und Landkäufern oft als „unbewohnt“ betrachtet. Daher ist es entscheidend, sie offiziell zu registrieren.
Citizen 18.,19.10.16; Guardian 20.03.15; 06.08.16; Thomson Reuters Foundation 18.04.16