Arbeitsmarkt in Tansania - 06/2014

Aus Tansania Information
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Tag der Arbeit

Am 1. Mai feierten die tansanischen Arbeitnehmer/innen den Internationalen Tag der Arbeit mit einem großen Defilee im Uhuru Stadion, Dar-Es-Salaam. Viele Gruppen zogen in ihren jeweiligen Uniformen an der Tribüne der Honoratioren mit Präsident J. Kikwete an der Spitze vorbei. Die Lehrer/innen allerdings setzten einen besonderen Akzent, indem sie 2 Minuten lang auf der Stelle traten und ihr Aprilgehalt von ihrem „Schwager“ forderten (die Ehefrau Kikwetes ist Lehrerin). Der Präsident versprach, sich darum zu kümmern.

Bei verschiedenen Veranstaltungen zum 1. Mai forderten Staatsdiener, die Regierung solle aufhören, ihre Angestellten auszubeuten, ferner müsse die Lohnsteuer reduziert, Gehaltsrückstände ausgezahlt und die ungleiche Altersversorgung harmonisiert werden. Beklagt wurde auch, dass Firmen Arbeiterräte verbieten oder behindern. Gewerkschaftsvertreter monierten den Sittenverfall im öffentlichen Leben, sowie Korruption und Veruntreuungen, vor allem in Entwicklungsprojekten.

Die regierungskritische Zeitung „The Citizen“ zitiert Stimmen von Arbeitnehmer/innen, die ihre Interessen weder von Gewerkschaften, noch von der Regierung genügend gewahrt sehen und deshalb gar nicht erst an den Feierlichkeiten teilnehmen. Es gebe immer neue Versprechungen, die nie eingehalten würden. Die bescheidenen Lohnanpassungen hielten nicht Schritt mit der Inflation. Präsident Kikwete versprach in seiner Rede zum 1. Mai, wesentliche Forderungen zu erfüllen:

  • Eine Unfallversicherung für alle Arbeitnehmer. Die Beiträge sollen die Arbeitgeber aufbringen (0,5% des Lohns)
  • Senkung der Lohnsteuer
  • Lohnsteigerung für den Öffentlichen Dienst
  • Vereinheitlichung der Altersversicherung

Citizen 01;02.05.14; DN 02.05.14;

Arbeitslosigkeit, Gegenmaßnahmen

Nach einem Bericht der UNCTAD (UN Conference on Trade and Development) drängen jährlich 700.000 Jugendliche (15 bis 24 Jahre) neu in den tansanischen Arbeitsmarkt. 2020 werden es 1 Million sein und 2050 2,5 Mill. jährlich. Wie in anderen wenig entwickelten Ländern (LDC) sind viele Arbeitsverhältnisse unsicher und die Jugendarbeitslosigkeit besonders hoch. Der Bericht zeigt, dass das Arbeitsplatz-Angebot nicht proportional mit dem Wirtschaftswachstum zunimmt. Tansania weist unter allen 49 LDC das geringsten sozio-ökonomische Niveau auf („Human Development Index“). Obwohl die Landwirtschaft am ehesten Arbeitsgelegenheiten bietet, erwies sie sich als unattraktiv für die Meisten.

Präsident M. Shein sagte, die Jungendarbeitslosigkeit auf Sansibar sei eine Zeitbombe. Er forderte die Jugendlichen auf, ihre Bildung ernst zu nehmen und kreativ und innovativ Geschäftsideen zu entwickeln. Der Staat könne nur einen kleinen Teil der Schul- und Hochschulabsolventen beschäftigen. Die Jugendlichen sollten sich mit Krediten des „Befähigungsfonds“ selbständig machen. Der Präsident bedauerte, dass die Bildungsinstitutionen oft nicht marktgerechte Fähigkeiten vermittelten. Ab Ende 2014 werde die indische „Barfuß-Akademie“ (Barefoot College) praxisorientierte Kurse, vor allem für die Landbevölkerung, anbieten.

Die Regierung will besonders kleine und mittlere Unternehmen fördern, da sie die meisten Arbeitsplätze schaffen können. Es gibt etwa 3 Mill. derartige Firmen, die 27% zum Bruttoinlandsprodukts beitragen und 5 Mill. Jobs geschaffen haben. Allerdings betrifft das anhaltende Wirtschaftswachstum Tansanias eher Branchen, die nur wenige Arbeitsplätze schaffen.

Die niederländische Entwicklungsorganisation führt in Zusammenarbeit mit der Mastercard Stiftung in 9 Regionen ein 5-Jahres-Programm für arbeitssuchende Jugendliche durch. Sie erhalten Training und Kapital, um in Ackerbau, Viehzucht und Milchproduktion oder auch im Bereich der erneuerbaren Energien (Biogas, Biomasse und Solarstrom) aktiv zu werden.

Die Internationale Jugendstiftung (IYF) führt zusammen mit VETA (Agentur für Berufsbildung) ein 3-Jahres-Programm für arme Jugendliche durch. Diese erhalten sowohl berufsbildende Kurse, als auch Anleitung zur Bewerbung und Praktikums-Angebote.

Das Arbeitsministerium gründete eine Beschäftigungs-Agentur (TAESA), die Jobangebote bei Unternehmen aufspürt und Jugendliche bei Arbeitssuche und Bewerbung anleitet.

Die Wohnungsbau-Körperschaft NHC beschaffte 640 einfache Maschinen für Zementbausteine. Gemeinden sollen je 10 Jugendliche mit einer solchen Maschine versehen, um damit kostengünstiges, umweltverträgliches Baumaterial herzustellen. Die Arbeitsbrigaden erhalten auch ein Startkapital von Tshs 500.000. Damit sollen 6400 Jugendliche einen Job finden.

Das Arbeitsministerium schuf ein Internet-Portal für Arbeitssuchende und Arbeitgeber. Auch Fortbildungsangebote kann man dort abrufen. Ein weiteres Modul ist im Aufbau. Es soll belastbare statistische Daten nach Kriterien der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) liefern. 2014 findet dazu eine umfassende Erhebung der Arbeitsmarkt-Situation statt (Integrated Labor Force Survey).

Homepages:

Human Development Index: www.hdr.undp.org

International Youth Foundation: www.iyfnet.org

VETA: www.veta.go.tz

Wohnungsbau-Körperschaft NHC: www.nhctz.com

DN 26.11.13; 21.,06.,14.05.14; Guardian 23.11.; 11.12.13; 21.02.; 12.02.; 02.03.; 15.05.14

Arbeitsbedingungen - Entlohnung

Die Träger, die Gepäck der Touristen auf den Kilimanjaro tragen, beklagten, dass sie immer noch nur Tshs 6000 bis 8000 pro Tag erhielten und oft mehr als die zulässigen 25 kg befördern müssten. Die offizielle Rate der Nationalpark-Behörde ist Tshs 16.000 / Tag.

1.200 Angestellte der TAZARA -Bahn streikten, nachdem sie seit 3 Monaten keinen Lohn mehr erhalten hatten. Die Bahndirektion begründete den Zahlungsverzug mit ausbleibenden Einnahmen wegen häufiger Zugausfälle.

Die Lehrergewerkschaft (TTU) kritisierte, dass die Akten im Bildungsministerium schlampig geführt würden. Dadurch würden verdiente Mitarbeitende bei Beförderungen übergangen und viele seien deshalb demotiviert.

Das Menschenrechtszentrum fand heraus, dass 80% der Arbeitenden keine Verträge haben; nur 30% sind fest angestellt. Von 19 geprüften Arbeitsverträgen entsprach nur einer den Arbeitsgesetzen. An etwa der Hälfte der untersuchten Arbeitsplätze gab es zwar Gewerkschaften, sie waren aber zu 60% inaktiv. In 75% der untersuchten Unternehmen wurden Gesundheitsschutz- und Sicherheitsnormen verletzt. Nur 6,5% der Arbeitenden haben eine Altersversicherung.

Nach einer Untersuchung verbot das Arbeitsministerium allen privaten Arbeitsvermittlern, Arbeitssuchende selbst anzustellen und dann an Unternehmen zu verleihen. Durch diese Praxis erhielten Arbeitnehmer geringe Löhne und der Staat keine Lohnsteuer. Alle Arbeitsvermittler müssen sich jetzt registrieren. Die Frist zur Registrierung ließen mehr als 100 Agenturen jedoch ungenutzt verstreichen.

4000 Jugendliche eilten nach Samunge / Ngorongoro-Distrikt. Sie folgten einem Gerücht, der Sand des dortigen Flüsschens sei goldhaltig. Nach Samunge waren kürzlich Zehntausende gereist, um durch „Babus Wundertasse“ (Pflanzenaufguss eines emeritierten Pfarrers) Heilung zu finden.

DN 20.03.; 14.05.14; Arusha Times 10.05.14; Citizen 20.03.; 20.05.14; Guardian 28.01.; 15.,19.03.14

Ausländische Arbeitnehmer/innen

Angestellte des größten tansanischen Bier-Herstellers Tanzania Breweries Ltd. (im Mehrheitsbesitz des südafrikanischen Weltkonzerns SABMiller) monierten, dass etwa 30 Ausländer Führungspositionen hielten, die auch Tansanier ausfüllen könnten. Die Firma betonte, es handle sich um 27 von 1.350 Angestellten, die Spezialkenntnisse mitbrächten. Das Investitionsgesetz sieht pro Unternehmen maximal 5 Ausländer in Führungspositionen vor.

Präsident Kikwete nannte die Zahl ausländischer Arbeitnehmer alarmierend.Die Regierung will nun die Ausgabe von Arbeitserlaubnissen an einer Stelle konzentrieren, um besser zu überblicken, wie viele Ausländer beschäftigt sind. Sehr hohe Gehälter von Ausländern könnten auch dazu dienen, illegal Geld ins Ausland zu transferieren. Ausländische Unternehmen bevorzugen eigene Kräfte besonders in sensiblen Bereichen wie Finanzverwaltung, nachdem bei mehreren Banken einheimische Kräfte großen Schaden z.B. mit gefälschten Geldkarten angerichtet hatten.

Die Pilotenvereinigung beschuldigte die Luftfahrtbehörde, mit Hinweis auf die Unerfahrenheit tansanischer Piloten zu viele Ausländer zuzulassen. Diese hätten oft keine oder eine zweifelhafte Arbeitserlaubnis. Der Transportminister sagte, das Land brauche mehr tansanische als ausländische Piloten.

DN 23.01.14; Guardian 26.01.; 29.03.14; Citizen 02.05.14