Innenpolitik ‐ 04/2024

Aus Tansania Information
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Ali Hassan Mwinyi

Am 29.2.2024 verstarb mit 98 Jahren Ali Hassan Mwinyi (geb. am 08.05.1925), der zweite Präsident Tansanias. Er war kein internationaler Staatsmann wie sein Vorgänger Julius Nyerere, aber er wirkte regional integrativ und öffnete die Grenzen (geschlossen seit 1977 mit dem Ende der EAC, wegen des Kriegs mit Amins Uganda und ideologischen Auseinandersetzung mit Kenia). Mwinyi wollte die Wiederbelebung der EAC und inspirierte 1994 zur Gründung der „East African“. Er stellte Nyereres sozialistische Vision zurück und führte Tansanias als Reformer zur freien Marktwirtschaft und in das Mehrparteiensystem. Außerdem beendete er die Importbeschränkungen und förderte Privatunternehmertum (deshalb „Mzee Rukhsa“ – Herr Genehmigung), öffnete den Medien und der Demokratie die Tür und verhandelte mit Weltbank und Internationalem Währungsfonds, was Nyerere ablehnte. Noch im letzten Jahr setzt Mwinyi sich dafür ein, dass der 30.November offizieller EAC-Feiertag wird (die EAC-Neugründung erfolgte am 30.11.1993).

(BBC, 01.03.2024)

Kommentar von Elsie Eyakuze: Ali Hassan Mwinyi wird erinnert als erster post-sozialistischer Präsident, der sich für Etablierung des Mehrparteiensystems, mehr noch aber für Wiederbelebung der EAC einsetzte. Zwar öffnete seine Liberalisierung der Marktwirtschaft auch der Korruption Tür und Tor – öffentliches Amt und Geschäfte schlossen einander nicht aus. Aber dafür hat Tansania jetzt eine heimische Wirtschaftselite. Seine Nachfolger in dem Bestreben, das Chaos zu bändigen, übersteuerten. Mwinyi war der nette Mann, der den Geist aus der Flasche ließ, aber auch Tansaniern gestattete, ihr Potenzial zu ergründen. Seine vermeintlichen Fehler waren ein notwendiges Übel.

EastAfrican, 02.03.2024)

Haushalt Finanzjahr 2024/2025

Finanzminister Mwigulu Nchemba hat den Haushalt für das kommende Finanzjahr vorgestellt, der um 11% von 17,41 Mrd. $ auf 19,35 Mrd. $ steigt. Ein Großteil der Mittel wird für die anstehenden Wahlen (Oktober 2024 Regionalparlamente und 2025 Parlamentswahlen) vorgehalten sowie für die Vorbereitungen auf den Africa Cup of Nations 2027, den Tansania, Kenia und Uganda als Gastgeber ausrichten. Hinzu kommen Infrastrukturprojekte, Sozialeinrichtungen und Bildung. Detailliertere Aufstellungen liefern die Einzelministerien erst im Juni. Der seit dem Vorjahr um 10% gewachsene Haushalt besteht zu 70% aus Steuereinnahmen (13,04 Mrd. $). Der Rest sind Darlehen und Fördergelder. Die Regierung will weiter daran arbeiten, die Einnahmen durch das konsequente Eintreiben von Steuergeldern zu vergrößern.

(Guardian, 16.03, 2024)

Wahlen

Die vermeintlichen Reformgesetze (National Electoral Commission Bill, 2023; Presidential, Parliamentary and Local Government Bill, 2023; Political Parties Affairs Laws (Amendment) Bill, 2023) sorgten für die Aufrechterhaltung der bisherigen Situation. Noch immer ernenne der Präsident die Mitglieder der Wahlkommission. Zwar wurden die Gesetze im Parlament diskutiert, doch gehörten die Abgeordneten zu 99% der Regierungspartei an und deshalb werde es keine freien und fairen Wahlen 2024 und 2025 geben. Chadema organisiert weitere landesweite Demonstrationen.

(TheConversation, 08.02.2024)

Abdulrahman Kinana, der stellvertretende Vorsitzende der CCM, habe freie und faire Wahlen versprochen. Das sei gut, doch der Kommentator Charles Onyango-Obbo mahnt die Schaffung von entsprechenden Rechtsgrundlagen an und verlangt außerdem eine unabhängige Wahlkommission. Die bereits erfolgte Gesetzgebung sei ein Schritt in die richtige Richtung.

(Citizen, 07.03.2024)

ACT-Wazalendo

Auf dem vierten Parteikongress in Dar es Salaam wurde eine neue Führung gewählt und bis 2029 installiert. Zitto Kabwes Nachfolger wird Dorothy Semu. Bei der Wahl hat sie den einzigen Gegenkandidaten Mbarala Maharagande mit 354 gegen 184 Stimmen geschlagen. Der neue Vorsitzende der Partei in Sansibar wurde Othman Masoud Othman, Sansibars Vizepräsident. Es gab keinen Gegenkandidaten.

(Citizen, 07.03.2024)

Korruption

Präsidentin Hassan nimmt eine Neubesetzung von Ämtern auf der regionalen und Bezirksebene vor, um ein „ausgefeiltes Betrugsnetzwerk“ trockenzulegen, das der Veruntreuung öffentlicher Gelder dient. Bei einer Rede anlässlich der Vereidigung der neuen Bezirksbeamten im State House in Dar es Salaam wetterte sie außerdem gegen die Grüppchenbildung innerhalb ihrer Partei und wies darauf hin, dass sie keine dieser Gruppen bevorzuge. Ernennungen erfolgten ausschließlich auf Verdienstbasis.

„Ich als Samia“, sagte die Präsidentin, „gehöre zu keiner Gruppe. Ich interessiere mich ausschließlich dafür, dass Tansanier zusammenarbeiten und das Land voranbringen. Gruppen interessieren mich nicht. Für mich dreht sich alles nur um Arbeit. Ich will daran arbeiten, dass dieses Land Fortschritte macht, 2024, 2025 und darüber hinaus.“

Sie teilte außerdem mit, dass Sozialausgaben in Zukunft nicht mehr über Schulden finanziert würden, sondern dass die hierfür erforderlichen Gelder zukünftig von den Bezirksämtern erwirtschaftet und entsprechend den von ihnen erzielten Einkünfte zugeteilt werden sollen. Inzwischen erfasse die Besteuerung 97,7%, doch die Steuereinkünfte in den Bezirken lägen bei 60-70% oder sogar nur bei 50%. Sie lege größten Wert auf die Verantwortlichkeit und Integrität der Regierungsbeamten.

Vizepräsident Philip Mpango und Premierminister Kassim Majaliwa, die gleichfalls bei den Feierlichkeiten anwesend waren, verlangten von Leitung und Mitarbeitern der kommunalen Behörden, die örtlichen Probleme jetzt vor den Kommunalwahlen im Oktober mit größerer Ernsthaftigkeit anzugehen.

(Citizen, 14.03.2024)

Parteiinterne Demokratie

Eine durch den Politikwissenschaftler Melkisedek Kaijage von der Dodoma-Universität (UDOM) in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass es bei den 19 registrierten Oppositionsparteien an parteiinterner Demokratie mangelt: Weder gebe es parteiinternen Wahlen noch eine klare Nachfolgeregelung. Rühmliche Ausnahme ist die ACT-Wazalendo, deren Vorsitzender Zitto Kabwe nach zehn Jahren den Vorsitz an die gewählte Nachfolgerin Dorothy Semu übergeben habe. Bei der CHADEMA habe Freeman Mbowe den Vorsitz seit 24 Jahren inne. Dort würden zwar im Juni parteiinterne Wahlen stattfinden, doch sei lediglich mit der Amtsbestätigung von Mbowe zu rechnen. Auch John Cheyo von der United Democratic Party und Hashim Rugwe von Chama cha Ukombozi wa Umma (Chaumma) klammeren sich ungewählt seit 30 bzw. seit elf Jahren an ihre Sitze. Der 2022 vom Parteivorsitz der NCCR-Mageuzi verdrängte James Mbatia habe sich 22 Jahre gehalten.

(Guardian, 23.03.2024)