Zum Wirtschaftspartnerschaftlichen Abkommen (EPA) mit der EU - 08/2010

Aus Tansania Information
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Rückblick

Im November ‘07 verhandelten Burundi, Kenia, Ruanda, Tansania und Uganda mit der EU und paraphierten ein ‘Rahmenwerk’ oder Interim-EPA, bei dem es vor allem um Warenhandel geht. Um eine Unterbrechung des Handels zu vermeiden, während Verhandlungen über umfassende Vereinbarungen, die Dienste, Investitionen und Recht am geistigen Eigentum beinhalten, geführt wurden, gewährte die EU ab 1.1.08 einseitig umfassenden Zugang zu ihren Märkten.

Zivilgesellschaftliche Organisationen warnten die Länder der East African Community (EAC) davor, rasch die Vereinbarungen zum Interim-EPA zu unterzeichnen, denn das könne die Entwicklung der EAC vereiteln, weil Konkurrenz herrsche zwischen Landwirten und Produzenten der EU und denen der EAC. Es sei falsch, das EPA zu unterzeichnen, während der Integrationsprozess in der EAC und der mit der Southern African Development Community (SADC), dem Common Market for Eastern and Southern Africa (Comesa) und der Ecological Society for Africa (ESA) noch nicht abgeschlossen sei. (Citizen 5.2.10)

Von 47 Staaten Afrikas unterzeichneten bis Anfang ‘10 nur zehn das EPA. Die meisten verzögern die Verhandlungen, oder sie verweigern die Unterzeichnung, weil das EPA die Entwicklung verhindere. Die bisherige Erfahrung afrikanischer Länder beweist nicht, dass Liberalisierung Entwicklungserfolge bringt. Obwohl sie in Bezug auf den Handel stärker in die globale Wirtschaft integriert waren, brachten die dreißig Jahre der Strukturanpassungspolitik der Weltbank und des IWF Stag nation, vielen Ländern südlich der Sahara sogar Rückgang der industriellen Entwicklung. (Citizen 31.3.10)

EU drängt auf Unterzeichnung

Die EU wirft der East African Community (EAC) vor, dass sie sich weigert, ein EPA-Rahmenwerk mit der EU zu unterzeichnen, dadurch die Regeln der World Trade Organisation (WTO) missachte. Timothy Clarke, Leiter der EU-Delegation in Tansania drängte die EAC, die EPA-Abkommen zu unterzeichnen, um freien Zugang zu den europäischen Märkten zu genießen. Die zögerliche Haltung der EAC-Länder könne nicht aufrechterhalten werden, denn seit Abschluss der Verhandlungen zwischen EU und EAC seien mehr als zwei Jahre vergangen. „Die momentane Situation ist unhaltbar. Obwohl die EAC-Länder das EPA nicht unterzeichneten, erfreuen sie sich des freien Zugangs zu den EU-Märkten, genau wie die anderen Länder der Gruppe der afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten (ACP), die durch die Unterzeichnung des EPA rechtlich verbindliche Verpflichtungen übernommen haben. Das ist inkonsequent. Die jetzige Lage widerspricht dem EU-Recht und den Regeln der WTO“, sagte Clarke. Werde die Unterzeichnung weiter hinausgezögert, entginge der EAC die Chance weiterer Integration in die Weltwirtschaft. (Citizen 5.2.10)

Mkapa äußert Kritik

Benjamin Mkapa, 1995-2005 Staatspräsident, sagte, das EPA sei Gift für Afrikas Wirtschaft insgesamt, eine weitere Berliner Konferenz für die Aufteilung Afrikas. Die Tatsache, dass sich die EU stark macht für Gleichheit der Handelsabkommen mit der EAC, bedeute, dass die EU bestrebt ist, die EAC zu schwächen. Bei der Berliner Konferenz hat man die Afrikaner auf den Arm genommen. Das sollte ihnen zur Lehre dienen, wenn sie mit Industrieländern über Handelspartnerschaft beraten. Afrika sollte nicht durch Schmeichelei in das EPA gelockt werden, denn es sei unmöglich, dass Underdogs faire Geschäfte mit Industrieländern machen. Da es nun in ganz Afrika regionale Blöcke gebe, müsste das Ziel ein geeinter afrikanischer Staat sein, sagte er. (Citizen 19.3.10)

Positive Einstellung

Einige Verantwortungsträger der EAC äußerten ihre Meinung zum EPA. Einer sagte, Mkapas Ansichten würden die Verhandlungen nicht beeinflussen, das ursprüngliche Abkommen werde u. U. im Mai unterzeichnet, „wenn alles wie geplant läuft“. Breche man die Verhandlungen ab, könnten andere internationale Verpflichtungen ins Wanken kommen. Der Handelsexperte Zitto Kabwe, Abgeordneter der Oppositionspartei Chadema, wandte sich gegen Mkapas Überzeugung, die EAC werde schlecht wegkommen. Er sagte: „Die EAC wünscht, dass die EU die Entwicklung der Infrastruktur der Region finanziert, damit sie gute Straßen, zuverlässige Stromversorgung und Eisenbahnen hat. Das Ziel ist, die EAC auf das gleiche Niveau wie die EU zu bringen, wenn das EPA gesetzlich verpflichtend wird.“ Ein Mitarbeiter der University of Dar-es-Salaam sagte, er unterstütze Mkapa. „Aber es ist kompliziert seine Worte in die Praxis umzusetzen, denn es ist sehr schwer für die ACP-Länder, von ihren Kolonialherren loszukom men.“ Das Beste wäre vielleicht, zu prüfen, wie man das EPA verbessern könnte. (Citizen 24.3.10)

Bedenken

Der private Sektor und die Zivilgesellschaft unterstützen Mkapas Rat zur Vorsicht. Ein Mitglied der Tanzania Civil Society Trade Coalition (TCSTC) sagte: „Seine Äußerung ist ein Trost für uns, denn seit fünf Jahren haben wir eben das vertreten.“ Andere äußerten, es sei kontraproduktiv für die EAC, an einem Abkommen festzuhalten, das Menschen von Mkapas Kaliber ablehnten. Es wäre ein schwerer Fehler, seinen Rat nicht ernst zu nehmen.

Laut einer Oxfam-Informationsschrift zu den Auswirktungen des EPA auf die ACP-Länder verliert die EAC infolge der im EPA vorgesehenen Art und Weise, sich für die Öffnung erkenntlich zu zeigen. Im Rahmen des ursprünglichen, noch nicht rechtsverbindlichen, Abkommens gewährt die EU der EAC einen hundertprozentigen und quotenfreien Zugang zum Markt. Aber die EU erwartet dafür, dass die EAC ihre Zölle auf EU-Produkte ab 2010 allmählich senkt. Nach Ablauf von 25 Jahren werden 82 % der EU-Waren zollfrei in die EAC importiert.

Ein Vertreter des privaten Sektors sagte, es sei entmutigend, dass tansanische Waren wegen strenger gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher sowie technischer Maßnahmen keinen Zugang zu den EU-Märkten haben. (Citizen 30.3./6.4.10)

Die zivilgesellschaftlichen Organisationen forderten die EAC auf, die Unterschrift unter das EPA zu verweigern. In ihrer Erklärung heißt es: „Beugt euch dem Druck der EU nicht.“ Die Unterzeichnung des EPA würde die Region und seine Menschen weiterhin zu Armut verurteilen.

In einer Erklärung des Southern and Eastern Africa Trade Information and Negotiation Institute in Kampala heißt es, Afrika sei nicht bereit für freien Handel mit Europa. Wegen des gewaltigen, in der Vergangenheit geschaffenen, Unterschieds zwischen dem Umfang der afrikanischen und der europäischen Wirtschaft werde es keinen beiderseits Nutzen bringenden Handel geben, im Gegenteil, die europäische Vorherrschaft werde gefördert. „Dessen eingedenk müssen wir an dem Recht auf Verwendung von Tarifen und anderen Interventionen festhalten, um vorhandene und zukünftige Indus-triebetriebe zu entwickeln.“ Der von Europa geforderte ‘freie Handel’ sei absolut nicht frei und sicher nicht fair. Europa gebe Unsummen für die Unterstützung seiner Landwirte aus und sei nicht bereit, das zu ändern oder darüber zu sprechen. „Billige Produkte werden auf unseren Märkten abgeladen; sie bedrohen das Leben unserer Landwirte. Das macht es auch sehr schwer, in Europa mit den subventionierten Produkten zu konkurrieren. Während der Finanzkrise gab Europa Mrd. von Euro aus, um seine Banken und Industriebetriebe zu retten.“ - Noch sei die EAC dabei, einen gemeinsamen Markt zu schaffen. Sie benötige mehr Zeit, als Handelsblock stark zu werden, ehe ein freier Handelsblock mit Europa geschaffen werden könne. (DN 9.6.10)

Reaktion der EU

Die EU verteidigte das EPA, sein Ziel sei keineswegs die Wiedereinführung des Kolonialismus in Afrika, sondern die Förderung der Wirtschaft Afrikas. (Citizen 6.4.10)

Treffen der EAC mit der EU

Die für Angelegenheiten des Handels zuständigen Minister der EAC und ein Repräsentant der EU trafen sich im 9.6.10 in Dar-es-Salaam, um über den Verlauf des EPA-Prozesses zu sprechen, ein ‘Rahmenwerk’ des EPA zu unterzeichnen. Beide Parteien lobten den erreichten Fortschritt und äußerten, über einige Punkte müsse noch diskutiert werden, damit Übereinstimmung erreicht werde. Beide Parteien vereinbarten, die Verhandlungen für das umfassende EPA zu beschleunigen, dabei auf die bereits geleistete Arbeit aufzubauen, um bis Ende November ‘10, vor dem AU/EU-Gipfeltreffen ein Abkommen zu ermöglichen. (East African Community Secretariat 0.6.10)

Zu Bedenken der EAC

Dr Mary Nagu, tansanische Ministerin für Industrie, Handel und Vermarktung, sagte in einem Interview: „Im vergangenen Monat unterzeichneten wir (EAC) das ‘Rahmenwerk’ des EPA nicht, weil sich unsere Partner (EU) weigerten, unsere wichtigen Themen Entwicklung und Handel in dem Dokument einzubeziehen. Wir merkten, dass es uns so nichts nützt.“ Die Komponente Entwicklung bedeute, dass die EU den EAC-Ländern bei der Entwicklung des Handels und der betreffenden Infrastruktur hilft. Die EAC wünsche auch, dass die EU der EAC finanziell hilft, Institutionen für Handel und Wirtschaft zu erneuern und aufzubauen.

Die EU ihrerseits wünsche, dass die EAC Abgaben für unbearbeitete Exportgüter abschafft. „Wir baten sie, die Entscheidung hierüber und zu ähnlichen Themen, uns zu überlassen. Die EU sollte sich nicht in unsere Angelegenheiten einmischen“, betonte Nagu. Man habe Abgaben für unbearbeitete Exportgüter eingeführt, um zu verhindern, dass Waren, die für die Entwicklung heimischer Fabriken benötigt werden, in Massen ausgeführt werden. Außerdem habe die EU in Handelsabkommen zwischen EAC und anderen Ländern eingreifen wollen. „Deshalb weigerten wir uns im Juni, das ‘Rahmenwerk’ des EPA zu unterzeichen.“

Nagu berichtete, weil man sich nicht einigen konnte, habe man vereinbart, direkt auf Verhandlungen über das umfassende EPA zuzugehen. (Guardian 18.7.10)