Zu Politikern, Wahlsystem, Zuwendungen und Verfügungsmitteln für Abgeordnete - 10/2008

Aus Tansania Information
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Zur Korruption in der Politik

Joseph Warioba, bekannter Richter, ehemals Premierminister, kritisierte bei einer Arbeitstagung mit dem Thema 'Stärkung des öffentlichen Verantwortungsbewusstseins in Ostafrika', bei den politischen Verantwortungsträgern spiele Geld nun die Hauptrolle. "Die Parteien wurden zu Geschäfts-Organisationen. In der Politik ist sogar die bescheidenste Stellung ein wirtschaftlicher Aktivposten", sagte er unter Applaus. "Die Leute geben Geld aus, um in politische Ausschüsse gewählt zu werden. Sind sie dort, bekommen sie ihre Aufwendungen rückerstattet, denn wer zum Kandidaten, Berater oder Abgeordneten ernannt werden will, zahlt ihnen Schmiergeld. "Die Partei führt auf der Anti-Korruptions-Bühne eine Kampagne auf, wobei sie Korruptionsmittel verwendet, um an der Macht zu bleiben, oder die politischen Gegner zu besiegen. Ist sie an der Macht, geht die Korruption weiter oder sie nimmt zu." Die Anti-Korruptions-Einrichtungen, seien autonom, betonte er, aber praktisch werden sie von der Exekutive massiv beeinflusst. "Erfolgreiche Strafverfolgung hochrangiger Regierungsleute hat sich aus rechtlichen, verwaltungsmäßigen und politischen Gründen in allen Ländern als schwierig erwiesen. Diese Entwicklung umzukehren, benötigt eine starke Führungskraft, die im Augenblick nicht leicht zu haben ist. Die politische Führung ist mit Korruption befleckt. Aber wir können Führungskräfte finden, die die Menschen für ein landesweites Programm mobilisieren. "Wir haben die Medien und die Zivilgesellschaft", betonte er. (Guardian 22.8.08)

Zum Amt des Parlamentspräsidenten

Die Oppositionsparteien meinen, damit es bei Entscheidungen keine Begünstigung gebe, solle der Parlamentspräsident keiner Partei angehören, genau wie Richter. Das solle nicht als gegen Samuel Sitta, den gegenwärtigen Parlamentspräsidenten, gerichtet missverstanden werden. Er begünstige keine bestimmte Gruppe. (DN 21.8.08; Guardian 22.8.08)

Zum Wahlsystem

Pius Msekwa, Vizevorsitzender der CCM, sagte bei einer 'Konferenz zum Zustand der Nation' der Universität von Dar-es-Salaam, Tansania solle das System proportionaler Vertretung im Parlament einführen. Den Parteien fehlten sich unterscheidende politische Linien, die für ein Mehrparteiensystem unerlässlich seien. "Deshalb kann die Regierung nie durch ein Misstrauensvotum entfernt werden. Auch wenn die Opposition sich entschlösse, zusammenzuarbeiten, hätte sie nicht genug Abgeordnete, um eine Regierung zu bilden", erklärte er. Die Wähler entschieden sich nicht für eine bestimmte Partei sondern für eine Person. In ihren Augen gehe es nicht um Wettstreit zwischen Parteien sondern zwischen Personen. Die Reichen hätten die Möglichkeit, Stimmen zu kaufen. Parteien, die nicht genug Mittel haben, könnten keine Kandidaten aufstellen, was sich bei den letzten Wahlen gezeigt habe. Ein Professor sagte, seit der Einführung des Mehrparteiensystems sei der Staat immer mehr kommerzialisiert worden. Geschäftsleute mischten sich in die Politik ein, indem sie Parteien oder Einzelne finanzierten, oder selbst nach einem politischen Posten strebten. (DN 21.8.08; Guardian 22.8.08)

Mittel für die Entwicklung der Wahlkreise

Bei einem von der Organisation HakiElimu organisierten Forum forderten Vertreter der Zivilgesellschaft von der Regierung, Abstand zu nehmen von den Plänen, den Abgeordneten Mittel für die Entwicklung des Wahlkreises (CDFs) zuzuteilen, denn das entspreche keinesfalls verantwortlicher Nutzung und guter Verwaltung öffentlicher Gelder. CDFs untergrüben das demokratische System der lokalen Verwaltung und die Rolle des Parlaments als Aufpasser für die Regierungsarbeit, sagte einer. Ein anderer gab zu bedenken, die Abgeordneten könnten den Einwohnern ihres Wahlkreises die Lüge präsentieren, sie verwendeten die CDFs für die Entwicklung desselben. In Wirklichkeit aber finanzierten sie mit ihnen die Kampagne für ihre Wiederwahl. "Die Menschen haben das Vertrauen zur Regierung verloren. Deshalb muss man die Abgeordneten zwingen, ihre Rolle als Vertreter des Volkes effektiv zu spielen und nicht auf Kosten ihrer Wähler Geld zu machen", sagte er. Eine Rednerin schlug vor, die CDFs über die lokale Verwaltung zu leiten. Dort sei man verantwortungsbewusster.

Eine Abgeordnete, die einen einem bestimmten Personenkreis vorbehaltenen Sitz inne hat, kritisierte, nur die Wahlkreisabgeordneten bekämen CDFs, die anderen würden diskriminiert. Die Abgeordneten mit 'special seats' dienten der gesamten Nation, betonte sie. (DN 30.6.08; Guardian 30.8.08)

Mehrere NGOs kritisierten die CDFs. Sie könnten die Menschen an der Basis nicht voranbringen. Gebraucht würden Abgeordnete, die sich mit den Menschen ihres Wahlkreises zusammensetzen, um Wege für die Entwicklung des Gebietes zu suchen, sagte eine politische Expertin. Der Vorsitzende einer Oppositionspartei meinte dagegen, die Regierung werde dadurch veranlasst, Entwicklungsmittel für die Menschen an der Basis zur Verfügung zu stellen. (Guardian 4.8.08)

Zu den Zuwendungen der Abgeordneten

Geschlossen stimmten die Abgeordneten einem Gesetz zu, das ihre sozialen Zuwendungen verbessern und die fiskalische Stabilität des Parlaments stärken soll. Die Abgeordneten sollen Zugang zu Gesundheits- und Lebensversicherung bekommen. Vor allem letztere wurde von allen Abgeordneten sehr begrüßt. Es sei höchste Zeit, dass die Abgeordneten im Ruhestand genau so pensionsberechtigt sind wie die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes. Einer sage; "Ein Abgeordneter ist in seinem Wahlkreis für vielerlei verantwortlich. Man hält ihn für eine NGO, einen religiösen Führer, einen Schlichter von Ehestreitigkeiten, den Besitzer einer Ambulanz (nämlich sein Auto) etc. Der oder die Abgeordnete ist eine sehr wichtige Person, aber ohne Mittel." Ein anderer Abgeordneter bedauerte, dass die Menschen denken, die Parlamentarier erhielten gewaltige Zuwendungen, wenn es doch pro Tag nur 55.000/- TSh seien, nur so viel, wie sie ihren Fahrern bezahlten. (DN 30.8.08)