Innenpolitik - 01/2021

Aus Tansania Information
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Zur Erinnerung: Die Parteien

ACT-Wazalendo: (Alliance for Change and Transparency, mit dem Zusatz “Wazalendo” -“Allianz für Wechsel und Transparenz – die Patrioten“ ) gegründet 2014, seit 2015 mit einem Wahlkreisabgeordneten im Parlament, erhielt 2020 Zuwachs durch den Wechsel von CUF-Mitgliedern. Parteiführer Zitto Kabwe, Vorsitzender Seif Hamed Sharif. Seit 2020 mit je 4 Abgeordneten im nationalen Parlament und im Abgeordnetenhaus von Sansibar, In Sansibar steht ihr gesetzliche eine Regierungsbeteiligung zu.

CCM (Chama cha Mapinduzi –Partei der Revolution), die aus der Vereinigung von Nyereres TANU (Tanganyika National Union) mit der sansibarischen ASP (Afro-Shirazi Party) entstand. Regierungspartei seit der Unabhängigkeit. Präsident Magufuli ist auch Parteivorsitzender.

CHADEMA (Chama cha Demokrasia na Maendeleo - Partei für Demokratie und Fortschritt); von 2015 bis 2020 mit 64 Abgeordneten stärkste Oppositionspartei im Parlament; Vorsitzender Bernard Membe. Ihr Präsidentschaftskandidat Tundu Lissu erzielte 13% der Stimmen. Seit 2020 nur noch mit einer Wahlkreisabgeordneten im Parlament, Aufgrund des Stimmanteils landesweit stehen ihr 19 Sondersitze für weibliche Abgeordnete zu.

CUF Civic United Front (Suaheli: Chama Cha Wananchi, Bürgerpartei); gegründet 1992, eine der ersten Oppositionsparteien Tansanias; war früher stärkste Oppositionspartei. Vorsitzender seit 1995 ist Professor Ibrahim Lipumba; ihre Hochburg war Sansibar und Pemba, wo sie lange durch Seif Hamed Sharif geführt wurde; der Machtkampf zwischen ihm und Lipumba führte zur Abspaltung vieler Gliederungen zur ACT. Seit 2020 3 Abgeordnete im nationalen Parlament (vor der Wahl: 39).

Die neue Regierung

Im Dezember stellte Präsident Magufuli sein neues Kabinett vor. Es umfasst 23 Minister, von denen 13 auch der vorherigen Regierung angehört hatten. 4 Kabinettsmitglieder sind Frauen. Als neues Ressort wurde ein Ministerium für Kommunikation und Informationstechnologie (wieder)gebildet. Erstmals wurden keine Minister aus Zanzibar ernannt, wobei die Stellvertreterin Magufulis Samia Suluhu Hassan aus Sansibar ist und auch der sansibarische Präsident Hussein Ali Mwinyi (bisheriger Verteidigungsminister) dem Kabinett kraft Amtes angehört.

Auf die beiden Schlüsselpositionen Finanz- und Außenministerium wurden die bisherigen Amtsinhaber Philipp Mpango und Palamagamba Kabudi unmittelbar nach der Wahl wiederernannt, während sich Magufuli für die anderen mehr Zeit ließ.

Bei der Auswahl seiner Minister gab der Präsident Fachleuten den Vorzug vor Politikern. Er nutzte dazu sein Recht, bis zu 10 Personen zu Abgeordneten zu berufen, womit sie ein Ministeramt übernehmen können. Auf diesem Wege waren bereits die Minister für Finanzen, Äußeres und Erziehung in ihre Ämter gekommen. Vor der letzten Wahl hatten sich einige bisherige Staatssekretäre als Kandidaten aufstellen lassen und standen somit als gewählte Abgeordnete für Ministerberufungen zur Verfügung. Nach der Wahl berief Magufuli 2 weitere Staatssekretäre zu Abgeordneten, um sie dann zu Ministern zu ernennen. Zusammen mit Fachleuten, die er bereits in der vergangenen Legislaturperiode berufen hatte, besteht nun mehr als die Hälfte des Kabinetts aus „Technokraten“.

Bei der Vereidigung des Kabinetts wies Magufuli wiederholt darauf hin, dass er seine Minister nach den Ergebnissen ihrer Arbeit beurteilen werde. Bei der Vereidigung des Premierministers Majaliwa sagte er, dass es an seiner Effektivität liegen werde, ob er seine volle Zeit im Amt bleiben werde. Ein Politikdozent von der Universität Iringa kommentierte dazu, man werde sehen, ob die Minister angesichts des Führungsstils des Präsidenten die Freiheit haben werden, ihre Talente zur Geltung zu bringen.

Dem neuen Kabinett gehört eine Reihe von ehemaligen Mitgliedern der Opposition an. Der Psychologiedozent Kitila Mkumbo war bis 2017 offizieller Berater der Partei ACT-Wazalendo. Jahrelang war er zuvor in der CHADEMA aktiv gewesen und dann zusammen mit Zitto Kabwe zur ACT gewechselt. 2017 wurde er zum Staatssekretär im Ministerium für Wasser und jetzt als Minister für Investitionsförderung berufen.

Unter den stellvertretenden Ministern befinden sich weitere 5 Politiker, die in den letzten Jahren von der CHADEMA zur CCM gewechselt waren; sie hatten durch den Parteiwechsel jeweils ihr Abgeordnetenmandat verloren und waren jeweils von der CCM zur Nachwahl aufgestellt worden. In der Regel hatten sie ihren Parteiwechsel mit der erfolgreichen Arbeit Magufulis begründet; Kritiker hatten die Wechsel als Versuch interpretiert, angesichts der Konflikte in der Opposition die eigene politische Karriere zu sichern.

Auch außerhalb des Kabinetts arbeiten einige ehemalige Oppositionspolitiker in Magufulis Regierung mit; am prominentesten ist die ehemalige Vorsitzende der ACT Anna Mghwira, die noch 2015 gegen Magufuli kandidiert hatte, von ihm dann 2017 überraschend zur Regionalkommissarin von Arusha berufen wurde und infolgedessen zur CCM übertrat.

Die Karrieren ehemaliger Gegenspieler sowie der vormals politisch nicht engagierten Fachleute werden innerhalb der CCM nicht nur mit Wohlwollen gesehen; der Präsident scheint sich aber stark genug zu fühlen, dass er die Amtswünsche altgedienter CCM-Mitglieder ignorieren kann.

Von Kommentatoren wurden die Personalentscheidungen als kluge Schritte gewürdigt, mit denen Magufuli seine ergebnisorientierte Politik umsetzt. Andere halten dies auch für eine ausgemachte Taktik, der Opposition durch Ernennungen gute Leute abzuwerben und sie damit dauerhaft zu schwächen.

Citizen 09.12, 12.12.20, Mwananchi 11.12., 12.12.20

Die Opposition nach der Wahl

Im November und Dezember fanden sich die beiden Oppositionsparteien CHADEMA und ACT in einem je besonderen Dilemma:

Unmittelbar nach der Wahl hatten beide Parteien angekündigt, dass sie das Ergebnis wegen Wahlbetruges nicht akzeptieren. Ihre Aufrufe zu landesweiten Demonstrationen zogen Verhaftungen unter ihren Politikern nach sich, wurden aber von der Bevölkerung nicht befolgt. CHADEMA-Präsidentschaftskandidat T. Lissu und der bisherige Abgeordnete von Arusha Godbless Lema gingen ins Exil.

Jede Partei war auf ihre Weise mit der Frage konfrontiert, wie sie mit dem Wahlergebnis umgehen sollte:

Die ACT-Wazalendo (in Sansibar erst seit 2019 vertreten durch die Spaltung der vorher stärksten Oppositionspartei CUF) hatte auf der Insel Pemba 4 Direktmandate für das nationale Parlament in Dodoma errungen; bei der Regionalwahl in Sansibar hatte sie laut offiziellem Wahlergebnis ebenfalls nur 4 Direktmandate, aber einen prozentualen Anteil von knapp 20% erzielt. Dies bedeutet, dass der Partei zum einen laut sansibarischer Verfassung die Beteiligung an einer „Regierung der Nationalen Einheit“ zusteht. Es bedeutet weiterhin, dass die Partei Anspruch auf einige der Sondersitze für Frauen hat, die im Regionalparlament nach Stimmanteil vergeben werden.

Die CHADEMA hatte alle ihre bisherigen Direktmandate verloren. Nur in der Rukwaregion (Sumbawanga) gewann Aida Khenan ihren Wahlkreis. Da die CHADEMA laut Wahlergebnis aber mehr als 5% aller Parlamentsstimmen erzielte, hat sie Anspruch auf 19 der 113 Sondersitze für Frauen. Die anderen Oppositionsparteien kamen dafür nicht infrage, da sie landesweit nicht genug Stimmen erzielt hatten.

Das Dilemma ergab sich durch die Ablehnung des Wahlergebnisses, der damit verbundenen Frage der Glaubwürdigkeit und ihrem gesetzlichen Anspruch auf Beteiligung, der jeder der beiden Parteien zu mindestens eine Sichtbarkeit im öffentlichen Leben sowie einen beschränkten Zugang zu Geldmittel gewähren würde.

Aus beiden Parteien gab es zunächst keine klare Stellungnahme, wie man mit diesem Dilemma umzugehen gedenke.

In Sansibar sprach der neugewählte Regionalpräsident Mwinyi bei der Vereidigung seiner neuen Regierung eine ausdrückliche Einladung an die ACT aus, sich seiner Regierung anzuschließen und einen neuen Anfang zu machen. Er ließ die Ämter des ersten Stellvertreters sowie 2 Ministerien unbesetzt.

Ende Dezember hieß es aus der ACT, dass man nach ausführlicher Beratung in der Partei die Positionen in der Regierung der Nationalen Einheit einnehmen werde.

Aus der CHADEMA wurden in den Medien und den sozialen Netzen widerstreitende Positionen in Bezug auf die Sondersitze für weibliche Abgeordnete wiedergegeben.

Die CUF erklärte, bis zur Einrichtung einer unabhängigen Wahlkommission nicht wieder an Wahlen teilnehmen zu wollen, liess aber ihre Abgeordneten ihre Parlamentssitze in Dodoma und Sansibar einnehmen.

Parlamentsposse um 19 weibliche Abgeordnete der CHADEMA

Ende November erschienen überraschend 19 Politikerinnen der CHADEMA im Parlament und wurden vom Parlamentspräsidenten Job Ndugai als Abgeordnete vereidigt. Unüblicherweise geschah dies nicht im Parlamentsplenum, sondern im Büro Ndugais. Die Sprecherin der 19 teilte nur mit, sie seien mit dem Segen der Partei nach Dodoma gegangen, wobei sie auf keine Nachfragen einging. Der Generalsekretär der Partei erklärte dazu, die Vereidigung sei ungültig, da die Partei keine Namen übermittelt habe.

Ndugai teilte mit, ihm seien die Namen offiziell von der Wahlkommission übermittelt worden. Ansonsten würde er nie zulassen, dass die „Männerbande“ (genge la wanaume) der CHADEMA die tapferen Frauen diskriminieren werde. Ndugai appellierte rhetorisch an den CHADEMA-Vorsitzenden und vormaligen Oppositionsführer Mbowe, wie er nur haben vergessen können, wie etliche der Frauen sich für ihre Partei eingesetzt hätten und dafür Knochenbrüche, sonstige polizeiliche Misshandlungen und Verhaftungen auf sich genommen hatten. Bei ihrer ersten Teilnahme im Plenum begrüßte er sie ausführlich und versicherte, dass alle Mitglieder des Parlaments nett zu ihnen sein würden.

Die Wahlkommission teilte nach mehreren Ausflüchten mit, dass ihr ein Brief des Generalsekretärs der CHADEMA mit den Namen der Frauen vorliege, was dieser bestritt. Die Frauen wurden zu einer Sitzung des Parteivorstandes vorgeladen, auf der sie sich erklären sollten; sie traten unter Verweis auf Sicherheitsbedenken nicht an und wurden daraufhin aus der Partei ausgeschlossen, wobei der Vorsitzende darauf verwies, dass ihnen der Einspruch vor dem Parteitag offen stünde. Der Verlust der Parteizugehörigkeit hat gesetzlich auch den Verlust des Mandats zur Folge. Die CCM äußerte sich dahingehend, dass sie mit internen Querelen in der CHADEMA nichts zu schaffen habe, lud aber alle zum Übertritt in die CCM ein.

Zu den besonders ungewöhnlichen Umständen des Vorgangs gehört, dass eine der Neunzehn direkt aus dem Gefängnis (sie war während des Wahlkampfs wegen Verwendung der Nationalhymne verhaftet worden und hatte ihre Gerichtsverhandlung noch vor sich) nach Dodoma zur Vereidigung gebracht wurde. Die 19 Chademafrauen beteuerten weiterhin ihre Treue zur Partei und legten schließlich Ende Dezember parteiinternen Einspruch gegen ihren Ausschluss ein, einen Tag vor Ablauf der Frist. Falls ihre Berufung vor dem Parteitag scheitert, steht ihnen noch der Gang vor ordentliche Gerichte offen. Bis zum Abschluss dieses Prozesses dürfen sie ihre Mandate behalten. In der Vergangenheit haben Gerichte mehrfach Parteiausschlüsse von Abgeordneten für ungültig erklärt. In sozialen Netzen wurden sie mit dem Spottnamen „Covid 19“ belegt.

Bis Ende des Jahres wurde nicht geklärt, wie der Vorgang eigentlich abgelaufen ist. Es ist schwer vorstellbar, dass die Politikerinnen vollkommen eigenmächtig einen Brief im Namen der Partei und mit gefälschter Unterschrift des Generalsekretärs an die Wahlkommission sandten; der CHADEMA gelang es bis Redaktionsschluss offenbar nicht, eine Kopie des Schreibens zu erhalten, auch scheint sie keine rechtlichen Schritte gegenüber der Wahlkommission eingeleitet zu haben. Andererseits weist nicht zuletzt die Theatralik Ndugais trotz der Unschuldsbeteuerungen der CCM darauf hin, dass hier auch seitens der Regierungspartei Fäden gesponnen wurden. Ob der fast totale Untergang der Opposition auf dem Festland angesichts des internationalen Echos doch als etwas übertrieben empfunden wurde, sodass man lieber ein paar Oppositionsabgeordnete mehr vorzeigen möchte, die praktischerweise von ihrer Partei nicht akzeptiert werden?

Citizen 27.11., 30.11., 01.12., 02.12., DN 28.11., East African 10.12., Guardian 01.12., Jamiiforums 28.11, 01.12., 10.12., Mwananchi 27.11., 01.12., 02.12., 03.12., 28.12. 2020

In Handeni bei Tanga unterbrach die Polizei ein internes Parteitreffen der CUF und verhaftete mehrere Vorstandsmitglieder. Nach Auskunft der Partei sei dies auf Veranlassung des Distriktkomissars geschehen. Die CUF bereitete in ihren Untergliederungen eine landesweite Konferenz vor, in der sie ihre Forderungen nach Gründung einer unabhängigen Wahlkommission und nach einer neuen Verfassung beschließen wollte. Die Konferenz in Dar es Salaam konnte am 20. Dezember ohne Störung stattfinden.

Citizen 20.12.20, Jamiiforums 18.12.20

Justizwesen

Ein Sprecher der Afrikanischen Menschenrechtgerichtshofes in Arusha appellierte an die Regierung Tansanias, ihren Rückzug aus einem Teil des Vertrages über den Gerichtshof zu überdenken. Mit der Kündigung können Bürger und Organisationen aus Tansania nicht mehr direkt Klage gegen die eigene Regierung erheben. Ihnen steht aber weiterhin der Weg über die Afrikanische Menschenrechtskommission offen, die eingereichte Beschwerden vor das Gericht bringen kann.

Der neue Justizminister M. Nchemba kündigte an, dass alle Gesetzestexte auf Kisuaheli übersetzt werden sollen. Gesetze müssten für die verständlich sein, denen sie dienen sollen. Die gesamte Jurisprudenz des Landes leide immer noch an einem „kolonialen Kater“ (colonial hangover) und halte an Ausdrucksformen fest, die für ein anderes Land entwickelt wurden.

In einem kenianischen Gefängnis verstarb der tansanische Bürger Rashid Charles Mberesero, der 2015 am Terroranschlag der Al-Shabab aus Somalia auf die Universität in Garissa beteiligt war, bei der 148 Menschen ums Leben kamen.

Aus Anlass des Unabhängigkeitstages im Dezember wandelte der Präsident die Todesstrafen von 256 Delinquenten in lebenslängliche Haft um. Magufuli sagte dazu, es seien die Fälle, die in den 5 Jahren seiner Amtszeit aufgelaufen seien und für die er die Unterschrift bisher aufgeschoben habe. Einige der Insassen waren wegen der Tötung von 2 oder 3 Menschen verurteilt worden; das Gesetz verlange von ihm, jetzt 256 Menschen umzubringen. Er fragte, wer dann schuldiger sei, der einen, oder der, der 256 umgebracht hat? So habe er sich zur Begnadigung entschieden. - Die Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag wurden abgesagt und das eingeplante Budget dem Krankenhaus in Dodoma zur Verfügung gestellt.

DN 10.12., Guardian 10.12.2020

Verfahren gegen Oppositionelle, Zensur

In Dar es Salaam werden die Gerichtsverfahren gegen CHADEMA-Politiker fortgesetzt. Im Vorlauf zur Wahl war es zu zahlreichen Verhaftungen von Oppositionspolitikern gekommen, die Anklagen wegen unterschiedlichster Delikte nach sich zogen. Nach Abschluss des Wahlkampfes mahlen die Mühlen der Justiz jetzt weiter. Anfang Dezember stand der Fall von 24 Angeklagten an, denen eine Demonstration vor dem Gefängnis von Segerea in Dar es Salaam vorgeworfen wird, bei dem sie Anordnungen des Gefängnispersonals nicht nachgekommen seien. Die Verhandlung wurde vertagt. Mittlerweile wurden mehre der angeklagten Politikerinnen aus der Partei ausgeschlossen.

Der leitende Staatsanwalt (Director of Public Prosecutions) B. Mganga hatte Mühe, die Einstellung der Anklage gegen die CHADEMA-Politikerin Nusrat Hanje zu erklären. Sie war Mitte Mai wegen Singens der Nationalhymne beim Aufziehen der Parteifahne verhaftet und über 160 Tage ohne Anklageerhebung in Haft gehalten worden. Im November wurde Hanje überraschend freigelassen und im Parlament als eine der 19 von der Chadema nominierten weiblichen Abgeordneten. Mganga erklärte auf Journalistenfragen, er hätte aus Gründen der Gerechtigkeit auch viele andere Einsperren müssen, die den gleichen Text gesungen hätten. Im Interesse des inneren Friedens mache er deshalb von seinem Recht Gebrauch, die Anklage fallen zu lassen. Er erläuterte nicht, warum er für diese Einsicht 5 Monate gebraucht hatte.

Citizen 30.11., 02.12., 22.12., 23.12. 2020, East African 28.11.20, Mwananchi 04.12.20

Das Oberste Berufungsgericht hat die Einwanderungsbehörde dazu verurteilt, binnen 60 Tagen ihre Untersuchung über die Staatsangehörigkeit von Idan Eyakuze abzuschließen. Eyakuze ist Landesdirektor der ostafrikanischen Organisation Twaweza, die sich im Erziehungsbereich engagiert, aber auch Meinungsumfragen durchführt. Im Juli 2018 veröffentlichte Twaweza eine Umfrage, wonach die Beliebtheit von Präsident Magufuli stark gesunken war. Im gleichen Monat wurde Eyakuze sein Pass mit der Begründung abgenommen, man müsse klären ob er überhaupt die Staatsbürgerschaft habe. Mehr als 2 Jahre konnte er das Land nicht verlassen; die Behörde berief sich darauf, dass das Gesetz keine Frist für die Prüfung vorschreibt. Eyakuze klagte sich jetzt durch mehrere Instanzen und erreichte, dass der Behörde eine Frist gesetzt wurde. - In Tansania wurden schon mehrfach die Anzweifelung der Staatsbürgerschaft als Druckmittel gegen politisch unliebsame Personen eingesetzt.

In Dar es Salaam wurde B. Kimbusu vor Gericht angeklagt, ohne eine Lizenz Inhalte auf einen YouTube Kanal hochgeladen zu haben. Laut neuem und reichlich schwammigem Gesetz ist es nur mit einer Lizenz der Kommunikationsbehörde erlaubt, Inhalte ins Internet zu stellen – nach Entrichtung einer Gebühr von ca. €500. Kommentar auf Jamiiforums „North Korea in Tanzagiza“.

Citizen 16.12. 2020 , Jamiiforums 16.12.2020

Korruptionsverfahren gegen Polizisten

Im Dezember wurden 2 Fälle bekannt, in denen Polizisten und Finanzbeamte versucht haben, Geschäftsleute zu erpressen. In Dar es Salaam wurde ein Finanzbeamter zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt. Dieser hatte Berufung gegen ein Urteil der unteren Instanz eingelegt, das ihm wegen Erpressung eines Geschäftsmannes eine Strafe von TSh 500.000 auferlegt hatte. Seine beiden Komplizen, darunter ein Polizist, waren als Ersttäter bzw. Mangels erwiesener Schuld freigesprochen worden. Sie hatten einen LKW an der Straße durchsucht, behauptet, die Ladung sein ungesetzlich und TSh 40 Mill. für die Freigabe verlangt, ließen sich aber auf 10 Mill. herunterhandeln. Der verurteilte Beamte fand seine Strafe zu hoch und legte Berufung ein. Er traf dabei auf einen Richter, der kein Verständnis für die Milde der unteren Instanz hatte – In Arusha wurden 3 Kriminalpolizisten und 6 weitere Personen verhaftet, die einen Edelsteinhändler um TSh 30 Mill. erpressen wollten. Die Polizisten, die zu Dienststellen in Arusha und Dodoma gehören, wurden bei der verabredeten Übergabe des Betrages verhaftet.

Citizen 10.12., 25.12. 2020