Thema: Städtische Zentren: Situation, Maßnahmen, Planungen – 6/2019

Aus Tansania Information
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Mit zunehmender Bevölkerung wächst die Migration aus dem Land in städtische Regionen. Der Anteil der städtischen Bevölkerung betrug 1967 5,7%, 1988 17,8%, 2012 29%, 2018 34%. Für 2050 schätzt man den Grad der Verstädterung auf 70%. Tansania ist dabei führend in der Ostafrikanischen Gemeinschaft EAC.

Die Meisten bauen einfache Häuser in ungeplanten Siedlungen. Durchschnittlich 70% der städtischen Bevölkerung siedeln auf unregistrierten Grundstücken und haben keine Besitzurkunde (Tanga 15%, Dar es Salaam und Mwanza 75%, Mbeya 80%, Arusha 85%). Von den 500.000 Wohngebäuden in Dar es Salaam (DSM) sind nur 100.000 planmäßig errichtet und an grundlegende Infrastruktur angebunden. Dies erschwert und verteuert die nachträgliche Erschließung mit Straßen und Versorgungs- und Entsorgungsleitungen. Überschwemmungen passieren regelmäßig, weil Abflüsse, verstopft sind oder zugebaut werden.

Größere Unternehmen zögern häufig mit Investitionen in solchen unübersichtlichen und schwer zugänglichen Nachbarschaften. Daher leben die Meisten von informeller und gelegentlicher Arbeit und zahlen keine Steuern. Rettungsdienste wie Feuerwehr können oft gar nicht eingesetzt werden, da keine verlässlichen Karten existieren und Zugänge oft verbaut sind. Durchgeplante Verkehrswege sind schwer aufzubauen.

Die wirtschaftlichen Vorteile der Verdichtung gehen damit weitgehend verloren; oft müssen Slum-Bewohner hohe Lebenshaltungskosten, prekäre Umweltbedingungen, stark erhöhte Gesundheitsrisiken und weite Wege unter schwierigen Verkehrsverhältnissen in Kauf nehmen. Unternehmen haben hohe Kosten, weil sie Energie, Wasser und Transportwege selbst sichern müssen.

Citizen 07.08.18; 22.04.19; DN 06.06.; 26.09.17; 17.03.19

Maßnahmen

Noch 2017 kündigte der Präsident an, illegal errichtete Gebäude würden konsequent abgerissen, um Raum für eine geplante Infrastruktur und verdichtete Zonen mit mehrstöckigen Wohngebäuden zu schaffen. Dieses Konzept gab das Landministerium inzwischen auf zugunsten einer Formalisierung bestehender Siedlungen. Damit müssen allerdings die bereits für 28 städtische Regionen erstellten Rahmenpläne überarbeitet werden. Ähnlich hatte die Regierung schon 2016 radikale Sanierungspläne aufgegeben, indem sie Bauern Landbesitz auf den von diesen besetzten Staatsfarmen zugestand. In Dar es Salaam verzichtete die Regierung darauf, ein mit 1.200 ungenehmigten Häusern bebautes Industriegebiet zu räumen. Die Besetzer sollen nun nachträglich Besitzurkunden erhalten.

Die Regierung ermäßigte die Gebühren für Vermessung (TZS 150.000) und Registrierung von Grundstücken. Ein neues Programm soll alle Grundstücke in informellen Siedlungen erfassen und den Bewohnern für nur TZS 5.000 eine für fünf Jahre gültige Wohn-Lizenz ausstellen. Diese kann später zu einer Besitzurkunde aufgewertet werden, die es auch ermöglicht, Hypotheken und Kredite aufzunehmen. Zunächst werden 500.000 Grundstücke in Dar es Salaam legalisiert. Ausdrücklich ausgeschlossen werden dabei Grundstücke in Überschwemmungszonen, an Steilhängen und auf für Wasser-, Strom-, Gas- und Ölleitungen reservierten Flächen.

Die Kartierungsinitiative Sansibar erstellt mit Hilfe von Drohnen exakte Karten von den stetig wachsenden Siedlungen. Damit will man rechtzeitig Flächen für öffentliche Bauten und Straßen reservieren. Auch Seuchenherde (z.B. Cholera) können so schneller identifiziert werden. Die Initiative wird von England unterstützt.

Citizen 30.06.17; DN 04.,17.03.19; East African 06.02.19; Guardian 01.07.17; 13.01.19

Planungen

Eine Vertreterin der Bewohner ungeplanter Siedlungen wies darauf hin, dass sie fast nie in Städteplanungen einbezogen werden, obwohl sie doch die Bevölkerungsmehrheit repräsentieren. Dies sei unabdingbar, wenn man nach nachhaltigen Lösungen für die wuchernden Städte suche. Einen Rahmenplan (National Urbanisation Roadmap) will das Planungsministerium im Juli vorstellen. Er soll aufzeigen, wie die Verstädterung neue Möglichkeiten eröffnet, anstatt wie bisher Probleme zu schaffen, und helfen, die richtigen Prioritäten zu setzen. Nur so könne eine leistungsfähige Industrie entstehen.

Seit 2016 versucht die Regierung die lokalen Verwaltungen dazu zu bewegen, alle Straßen zu benennen und die Häuser zu nummerieren. Zusammen mit einem Postleitzahl-System soll dies den Internet-Handel erleichtern und die steuerliche Erfassung aller Bürger ermöglichen.

DN 15.09.16; 19.01.; 30.11.18; 19.02.; 17.,18.03.19; Guardian 24.06.18; www.esrftz.org;