Thema: Medien und zivilgesellschaftliche Organisationen: Zivilgesellschaftliche Organisationen für Informationsfreiheit - 5/2019

Aus Tansania Information
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ZGOs, Finanzierung und Spannungen

Viele zivilgesellschaftliche Menschenrechtsorganisationen werden von westlichen Gebern finanziert: z.B. LHRC von Schweden, Irland und der Ford Foundation [vgl. TI Feb. 2019, S. 6]. Die dänische Action Aid unterstützt mehrere ZGOs, die für politische Fairness eintreten. Großbritannien unterstützt mit € 48 Mill. ein Fünf-Jahresprogramm („Accountability in TZ“) für ZGOs, die sich in den Bereichen Korruptionsbekämpfung, Klimawandel, Geschlechtergerechtigkeit und sozialer Inkusion engagieren.

Die EU teilte mit, europäische Länder unterstützten an die 10.000 NROs in Tansania, von denen viele für gute Staatsführung und Demokratie einträten. Die berechtigte Kontrolle der NGOs durch die Regierung dürfe nicht in eine Unterdrückung ihrer Arbeit ausarten. Die Schweiz vergibt $ 6,64 Mill. an drei ZGOs: Die beiden Dachorganisationen „Foundation for Civil Society“ und „Policy Forum“, sowie die Fürsprache-Organisation (advocacy) „Twaweza“.

Das Uongozi-Institut (Institute of African Leadership for Sustainable Development), unterstützt von Finnland und UN, veranstaltet Kurse für gehobene Führungskräfte. Es tritt für nachhaltige Entwicklung, verantwortliche Amtsführung und Rechtsstaatlichkeit ein. - Das Wajibu-Institut für Öffentliche Rechenschaft wirbt für korrekte Amtsführung und macht die Jahresberichte des Generalkontrolleurs auf Kiswahili allgemein zugänglich. Es wird u.a. von EU, Deutschland, England, Schweiz und Spanien unterstützt.

Die stellvertretende Gesundheitsministerin warnte alle NROs davor, die Gesetze des Landes zu übertreten, etwa durch Geldwäsche oder Unterstützung des Terrorismus. Die privaten Organisationen sollten auch darauf verzichten, die Regierung zu bestimmten Maßnahmen zu drängen und wie politische Parteien aufzutreten. Vielmehr sollten sie die von der Regierung gesetzten Prioritäten verfolgen. Das novellierte Gesetz zu NROs solle deren Kontrolle erleichtern und die bestimmungsgemäße Verwendung von Spenden sicherstellen. Sie könnten Rechenschaftsberichte und Gebührenzahlungen nun online erledigen.

Die Vizepräsidentin S. Hassan riet den ZGOs, nicht nur die Unzulänglichkeiten der Regierung aufzuzeigen, sondern selbst konstruktive Lösungen anzubieten. - Eine Liste der registrierten NROs findet sich unterwww.tnnc.go.tz. Kürzlich verloren sechs NROs ihre Zulassung: drei wegen Förderung unmoralischer Handlungen, drei wegen Missachtung der eigenen Satzung.

Citizen 18.11.; 10.12.18; 14.02.; 22.,29.03.; 19.04.19.; DN 06.09.17; 22.03.19; East African 17.12.17; 10.02.19; www.actionaid.org; www.facebook.com/THRDCOALITION; www.policyforum-tz.org; www.thefoundation.org; www.twaweza.org; www.uongozi.or.tz; www.wajibu.or.tz

Forderungen der ZGO

Das LHRC deckte in seinen jährlichen Menschenrechtsberichten wiederholt Zensurmaßnahmen und Einschüchterungsversuche gegenüber Presse und Rundfunk auf. Die Anfang 2019 zurückgetretene LHRC-Direktorin H. Kijo-Bisimba resümierte, zwar wüssten viele Bürger heute besser über ihre Rechte Bescheid. Aber Übergriffe von Polizei und Behörden seien nach wie vor an der Tagesordnung und blieben weitgehend ungestraft. Es sei schmerzlich zu beobachten, dass Menschen eine Machtposition erhielten, um den Bürgern zu helfen und dann ihre Stellung missbrauchten, um Anderen zu schaden und sich selbst zu bereichern.

Die „Tanzania Human Rights Defenders Coalition“ THRDC umfasst etwa 150 NROs, die sich um die Wahrung der Grundrechte kümmern. Die THRDC bedauerte bei einer Tagung über die Verteidigung staatsbürgerlicher Freiräume, dass die Fünfte Regierung wenig Wert auf Zusammenarbeit mit den Fürsprache-Organisationen lege, ja sie oft als Unterstützer der Opposition betrachte. Derzeit richteten die ZGOs ihr Augenmerk vor allem auf die Dokumentation von Rechtsverletzungen durch staatliche Organe; z.B. sei am 2. April ein junger Mann aus Loliondo, Ngorongoro-Distrikt gestorben, nachdem er von 10 Ordungskräften verprügelt worden war. LHRC und THRDC forderten den staatlichen Parteienbeauftragten auf, vorschnelle und extreme Drohungen gegen die ACT-Wazalendo zu unterlassen [s. o. S. 2 “Opposition“]. Auch das polizeiliche Verbot einer geschlossenen Versammlung der Partei sei unannehmbar. Bei dieser Zusammenkunft sollten massenhaft ehemalige Mitglieder der CUF in die ACT aufgenommen und strategische Pläne diskutiert werden.

Die Regierung müsse die Verpflichtungen beachten, die sie mit dem Beitritt zu internationalen Verträgen zur Einhaltung der Menschenrechte eingegangen ist (African Peer Mechanism u.a.). Einschlägige Gesetze müssten sich daran orientieren. Die „African Charter on Democracy, Elections and Governance“ müsse Tansania endlich ratifizieren. Die herrschende Straflosigkeit bei Misshandlung und Belästigung von Journalisten und Menschenrechtsaktivisten müsse aufhören. 2017 baten 18 NROs die Regierung, ihre „feindselige Rhetorik“ gegen Organisationen zu unterlassen, die die Rechte schwangerer Schülerinnen und sexuell abweichend Orientierter verteidigten.

Die Menschenrechtskoalition THRDC ersuchte die Regierung, eine Anordnung zurückzunehmen, derzufolge lokale Behörden nur mit schriftlicher Genehmigung der Aufsichtsbehörde mit NROs zusammenarbeiten dürfen. Dies behindere die Entwicklungsanstrengungen an der Basis.

2018 setzten sich die katholische und die lutherische Kirche sowie der Verband islamischer Institutionen mit ungewöhnlich deutlichen Erklärungen für die Wahrung der demokratischen Rechte ein [TI Mai 2018, S. 2; Juli 2018, S. 2-3; Okt. 18, S. 8]. Sie beugten sich auch nicht dem Druck der Religionsbeauftragten des Innenministeriums, die ultimativ verlangt hatte, die kritischen Erklärungen innerhalb einer Woche zurückzunehmen.

Citizen 26.04.; 25.10.18; 02.04.19; Guardian 07.07.17; 24.11.17; 05.02.19; Mwananchi 28.11.18

Etikettierungen

Regierungskritiker in ZGOs und Internetforen werden gern mit negativen Etiketten disqualifiziert („framing“):

  • „Mabeberu“: Neokolonialisten oder Auslandsagenten, die tansanische Werte und Wirtschaft sabotieren
  • „Wachochezi“: Provokateure, Aufwiegler, die den gesellschaftlichen Frieden stören
  • „Wahaini“: Verräter an den Interessen des Volkes
  • „Makuwadi“: Zuhälter, Angeber
  • „Wanaotumiwa“: die sich in den Dienst dunkler Mächte stellen
  • Das Prädikat „Shangazi“ (ursprünglich „einflussreiche Tante“) bezeichnete in der politischen Auseinandersetzung zunächst eine Frau, die sich arroganterweise anmaßt, Würdenträger zu kritisieren. Neuerdings nimmt es eine positive Bedeutung an: „couragierte Frau, die furchtlos gegen Unrecht aufsteht“. Paradebeispiel ist die bisherige Vorsitzende der Anwaltskammer, Fatma Karume.

Citizen 13.02.19