Thema: Landwirtschaft: Planungen und Konzepte - 09/2020

Aus Tansania Information
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Entwicklung

2019/20 erbrachte der Landwirtschaftssektor 28,8 des Bruttoinlandsprodukts (BIP), 30% der Exporte und 65% der Rohprodukte für die industrielle Verarbeitung. 2019 wuchs er um 7%, im Durchschnitt der letzten fünf Jahre um 5,2%. 65% der Tansanier/innen sind landwirtschaftlich tätig. Um die 2030 erwartete Bevölkerung von 77,5 Mill. zu ernähren, muss das Land bis dahin 60% mehr Nahrungsmittel erzeugen.

Dem Bericht der Nationalbank BoT zufolge verlangsamte sich das Wachstum in den Bereichen Land- und Forstwirtschaft, Viehzucht und Fischerei 2018/19 auf 5,3% (Vorjahr 5,9%). 16,4 Mill. t Nahrungspflanzen wurden produziert (Vorjahr 16,9 Mill. t). Die landwirtschaftlichen Exporte sahen ein Wachstum bei Kaffee, Tee und Baumwolle, während Cashewnüsse, Tabak und zuletzt corona-bedingt auch Baumwolle, Kaffee und Tee einen Rückgang verzeichneten.

Tierische Erzeugnisse (Fleisch, Milch, Eier) wuchsen um 4,9% an und machen 7,6% des BIP aus. Die Zahl der Rinder wird mit 30 Mill., der Ziegen mit 19 Mill., der Schafe mit 5 Mill. angegeben. Die Forstwirtschaft verzeichnete 2018/19 ein Wachstum von 4,9%, angetrieben von einer hohen Nachfrage nach Bauhölzern. Citizen 25.05.19; DN 19.05.; 27.09.19; 02.01.20; East African 13.05.20

Strategie

Im Juni 2018 legte das Landwirtschaftsministerium (LWM) zusammen mit den Ministerien für Viehzucht, Landverwaltung, Handel und Wasser ein Zehn-Jahres-Programm vor, das die Landwirtschaft „revolutionieren“ soll. Eine schnell wachsende Produktivität soll Inlandsprodukt, Versorgungssicherheit und Einkommen der Landwirte zügig steigern. In der Dekade bis 2028 will die Regierung dafür TZS 13 Bill. / € 5,2 Mrd. aufwenden, wobei etwa die Hälfte der Ausgaben von ausländischen Gebern erwartet wird.

Abgeordnete kritisierten jedoch, dass zugesagte Haushaltsmittel nur teilweise zugeteilt werden. 2018/19 habe die Nationale Nahrungsmittel-Reserve statt TZS 67 nur 15 Mrd. erhalten und konnte daher statt geplanten 167.000 nur 28.000 t Nahrungsmittel einlagern. Die Bewässerungskommission habe statt TZS 26 nur 5 Mrd. erhalten.

Das Nationale Statistikbüro begann im August die fünfte statistische Erfassung der Produktion in Landwirtschaft, Viehzucht und Fischerei. Sie soll über Investitionen, Produktivität, Lagerung, Wertschöpfung und Beratungsdienste Aufschluss geben.

Zusammen mit mehreren Entwicklungspartnern und der Sokoine-Landwirtschaftsuniversität entwickelte das LWM einen Leitfaden für „Inklusives Grünes Wachstum“ im „Südlichen Korridor für Landwirtschaftliches Wachstum“ (SAGCOT). Er soll eine kommerzielle Landwirtschaft fördern, die soziale Inklusion, ökologische Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Effizienz zum Ziel hat.

Der Landwirtschaftsminister pries die „Njombe Outgrowers Service Company“, die ihren Vertragslandwirten im Tee-Anbau durch Beratung, Kredite und Vermarktung umfangreiche Hilfen bietet. NOSC ist eine Initiative im Rahmen des SAGCOT und wird von ausländischen Stiftungen finanziert.

Ausländische Käufer dürfen landwirtschaftliche Produkte nicht mehr direkt bei Erzeugern erwerben oder zukünftige Ernten vorfinanzieren. Sie dürfen sich nur noch bei offiziellen Versteigerungen und autorisierten Märkten versorgen. Erzeuger müssen an Kooperativen oder Vertragsanbau-Firmen verkaufen. Damit will man vermeiden, dass Zwischenhändler die Bauern ausbeuten.

Umfangreiche Liegenschaften der Sisalbehörde, die in den Neunziger Jahren privatisiert worden waren und nicht mehr bewirtschaftet sind, werden erneut verstaatlicht. Die Behörde soll dort nun Gewinne erwirtschaften. Ähnlich will das Landwirtschaftsministerium mit privatisiertem Ackerland im Rufiji-Becken und anderswo verfahren. Viele Investoren hatten während der Privatisierungswelle Land mit spekulativen Absichten erworben, um an billige Kredite zu kommen.

Die Regierung überarbeitet die Richtlinien für Dörfer, die an Nationalparks grenzen, um die zunehmenden Konflikte zwischen Schutzbehörden und Bauern bzw. Viehhaltern einzudämmen. Die Bevölkerung soll über die Infektionsgefahren durch illegales Fleisch von Wildtieren (Zoonosen) aufgeklärt werden. Lizenzierte Metzgereien in der Nähe von Wildschutzgebieten dürfen künftig Fleisch von Büffeln und Gnus verkaufen.

Citizen 02.06.18; 15.01.19; DN 04., 29.05.19; 15.07.; 03.,17.08.20; East African 13.05.20; Guardian 27.03.; 16.08.20; www.sagcot.co.tz, dort „Inclusive Green Growth Guiding Tool“; www.thewood foundation.org.uk/njombe

Konzepte, Impulse

Die afrika-weit tätige „Allianz für eine Grüne Revolution“ AGRA sieht die Zukunft Tansanias in einer „Präzisionslandwirtschaft“, die mit Drohnen, GPS-Systemen und lokal dosierter Düngung optimale Ernten erzielt.

Das LWM erstellt landesweit Bodenprofile (Säuregrad, Textur). Diese Informationen werden online abrufbar sein und helfen, Düngemittel sinnvoll und produktiv einzusetzen. 20% aller Dünger würden falsch verwendet. Aus den Bodenprofilen ergibt sich auch, welche Pflanzen am jeweiligen Standort am besten gedeihen.

Die Regierung will den Vertragsanbau, besonders bei Export-Ernten wie Baumwolle oder Maniok, ausbauen. Anbauverträge sichern den Bauern Marktzugang und Saatgut bzw. Düngemittel auf Kredit. Citizen 13.09.19; DN 09.05.19; Guardian 14.05.18;15.02.; 08.08.20;

Förderung

Finanzminister P. Mpango kritisierte, dass die Banken zu wenig Kredite an die Landwirtschaft ausreichten. Nur 5,6% der kommerziellen Kredite gingen bisher an landwirtschaftliche Projekte. Solche Kredite werden allerdings oft notleidend, wenn sie nicht mit intensiver Schulung und Begleitung der Kreditnehmer verbunden sind. Die Landwirtschaftliche Entwicklungsbank TADB hat bisher TZS 102 Mrd., die National Microfinance Bank TZS 450 Mrd. an Bauern und landwirtschaftliche Kooperativen ausgegeben. Die TADB regte an, nach dem Beispiel Indiens alle Banken zu verpflichten, mindestens 15% ihrer Kreditsumme für Investitionen in die Landwirtschaft zu reservieren.

Die staatliche Entwicklungskörperschaft NDC gewährt Landwirten zinslose Kredite für Traktoren und Fräsen bei nur 10% Anzahlung und drei Jahren Tilgungsfreiheit. NDC montiert Traktoren aus polnischen Fertigteilen, die für je € 20.000 abgegeben werden. Bisher wurden 800 Traktoren montiert.

Die NRO „Private Agricultural Sector Support“ (PASS) garantiert kommerzielle Kredite an Landwirte zu 60% (an Frauen zu 80%). Damit kamen seit 2000 etwa 1,2 Mill. Kleinbauern (davon 45% weiblich) an erschwingliche Kredite. Gefördert wurden Treibhäuser, Zucht von Bienen, Fischen, Ziegen, Rindern und Geflügel, Mechanisierung, Vermarktung und Düngerbeschaffung.

PASS wird von Dänemark und Schweden mit bisher TZS 916 Mrd. / € 366 Mill. finanziert. PASS wurde bei der landwirtschaftlichen Nane-Nane-Ausstellung als beste NRO ausgezeichnet. Ein neues 5-Jahres-Programm soll in Zusammenarbeit mit Japan, Österreich, EU und Weltbank 700.000 neue Arbeitsplätze in der Landwirtschaft schaffen.

Das System der „Regulierten Lagerhaus-Bescheinigung“ ermöglicht Individuen und Kooperativen, Saatgut, Chemikalien und Düngemittel gegen die gelagerten Produkte auf Kredit zu bekommen, ohne seine Ernte rasch verkaufen zu müssen. Es bewährt sich vor allem bei Verkaufsernten wie Baumwolle oder Kaffee, setzt aber Transparenz und fortlaufende Kontrollen voraus. Das System umfasst derzeit 51 Lagerhäuser mit Kapazitäten von 300 bis 10.000 m³.

Die Nationale Versicherungskörperschaft bietet Baumwollerzeugern eine Versicherung gegen Ernteausfälle durch Wetterereignisse, Schädlingsbefall oder Pflanzenkrankheiten an. Das Angebot wird später auf Kaffee, Tee, Weizen, Mais, Reis, Sonnenblumen und Cashewnüsse ausgeweitet.

Citizen 25.05.19; DN 05.08.19; 05.07.; 10.,11.,13.08.20;Guardian 22.04.; 24.10.19; 21.01.; 07.05.20; www.pass.or.tz;

Internationale Zusammenarbeit

Zahlreiche ausländische Initiativen versuchen, Tansanias Landwirtschaft zu fördern; einige Beispiele:

  • Die Gates Foundation finanziert das „Bananen-Agronomie-Projekt im Rombo-Distrikt“, das 5.000 Erzeugern stark gesteigerte Erträge beschert. Der Distrikt soll ein modernes Lagerhaus erhalten.
  • Das Welternährungsprogramm WFP fördert innovative Landwirtschaftsunternehmen wie Online-Vermarktung und Einsatz von Drohnen.
  • WPF und EU fördern den Ausbau der Lagerkapazitäten, besonders für Getreide
  • Die Niederlande und Großbritannien fördern das „Sunflower-Forum“ in den Regionen Katavi, Mbeya und Simiyu. Das Forum unterstützt Kleinbauern bei Anbau und Vermarktung von Sonnenblumen.
  • Japan fördert vor allem Bewässerungsprojekte, vor allem für den Reisanbau.
  • Frankreich und Südkorea fördern Anbau von Seegras und Zucht von Seegurken auf Sansibar. Seegurken erzielen in Asien hohe Preise. Die meist von Frauen betriebenen Anlagen dienen zugleich dem Schutz vor Erosion.

Africa Renewal 10.06.20; Citizen 07.06.20; Guardian 26.11.; 11.12.19; 24.06.20; DN 27.09.19