Thema: Landkonflikte: Landpolitik - Hindernisse - 11/2016

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Mediation

Generell sollen die dörflichen Land-Tribunale Streitigkeiten regeln. Dies scheitert häufig, wenn es um Konflikte mit Zugewanderten, z.B. Viehhirten geht. In solchen Fällen bewähren sich eher „Konfliktlösungs-Ausschüsse“, die paritätisch besetzt sind. Sie wurden von NROs entwickelt und im Rufiji-Distrikt erfolgreich erprobt. Kaum lösbar sind allerdings Kapazitätsprobleme, z.B., wenn zugewanderte Hirten wesentlich mehr Tiere mitbringen als das vereinbarte Weideland ernähren kann. Als dornig erweisen sich auch unterschiedliche Mentalitäten. So kaufte ein Viehbesitzer Erntereste für seine Tiere auf und beanspruchte dann gleich den Acker als Besitz.

Die 53 Schiedsgerichte auf Distriktsebene können nicht mit der Menge der Fälle Schritt halten. Sie benötigen TZS 1,4 Mrd. und 233 neue Mitarbeitende. In den vergangenen 12 Jahren haben sie 43.838 Fälle gelöst, 15.783 sind noch anhängig. Die Regierung versprach, jährlich 20 neue Tribunale einzurichten. Die Tribunal-Mitarbeiter klagen über häufige Einmischung von Lokalpolitikern in ihre Arbeit.

Ein seit 1989 schwelender Konflikt zwischen Bauern und Hirten im Kilosa-Distrikt fand ein Ende, nachdem ein Richter des High Court vermittelte.

Citizen 20.10.16; DN 28.05.15; 23.09.16; Guardian 21.05.16

Regierungsinitiativen

Zur Lösung der Landprobleme wurden im laufenden Haushalt erstmals eigene Mittel bereitgestellt: TZS 5 Mrd. für einen Kompensationsfonds, 13 Mrd. für Vermessung und Markierung und 8,8 Mrd. für Vermessungsgeräte u.ä.

Premier Majaliwa kündigte eine spezielle Arbeitsgruppe für Landfragen an. Sie soll Vertreter der Ministerien für Tourismus, Landwirtschaft und Siedlungsentwicklung, Bergbau und Energie, Wasser und Lokale Behörden umfassen und Fragen der Vermessung und Grenzziehung, sowie die Harmonisierung der Gesetzgebung bearbeiten. Viehhaltung, extensive Landwirtschaft und irreguläre Schürfarbeiten hätten die natürliche Vegetation bereits stark geschädigt. Jährlich gingen damit 372.000 ha verloren. Ungenutzte Privatflächen sollen Viehhaltern zur Verfügung gestellt werden.

Die Landkommissarin im Ministerium für Land, Wohnungsbau und Siedlungsentwicklung stellte das neue „Land Tenure Support Programme“ (Unterstützung für Landnutzung) vor. Es wird zunächst in drei Distrikten der Morogoro-Region als Pilotprogramm durchgeführt. Im Rahmen des LTSP erhält jeder Distrikt ein Büro zur Landregistrierung, alle Grenzen werden vermessen und registriert. CCRO (Traditionelle Besitzurkunden) werden beschleunigt ausgegeben [Vgl. jedoch oben die ablehnende Haltung des Landministers zu den CCRO]. Das Programm wird von Dänemark, England und Schweden finanziert.

Das Landwirtschaftsministerium will auch untersuchen, ob die häufigen Landkonflikte zwischen Bauern und Hirten auf eine starke Zunahme des Viehbestands zurückgehen oder, ob unzureichende Landplanung die Ursache ist. Seit 2014 gibt es Verordnungen, dass die Zahl der Tiere den Ressourcen entsprechen muss. Sie werden aber weitgehend ignoriert.

Da Dorfgemeinschaften oft von versierten Landkäufern übervorteilt wurden, verbot Landminister W. Lukuvi Direktkäufe bei Dörfern oder Distrikten. Alle Land-Transaktionen müssen über das Landministerium oder das Investitions-Zentrum laufen. Der Minister will auch Spekulationskäufe weiter bekämpfen, indem er prüft, ob Investoren ihr Land vertragsgemäß nutzen. Der Besitzer einer geplanten Macadamia-Plantage in Morogoro musste 9.000 von seinen 49.000 ha an Landsuchende abgeben, weil er in 28 Jahren nur 5% des Landes bepflanzt hatte.

Die Magufuli-Regierung beabsichtigte, in großem Stil vormals staatseigenes Land, das an Privatleute verkauft worden war, zurückzuholen, wenn es nicht den Verkaufsbedingungen entsprechend nutzbar gemacht wurde. Das zurückgewonnene Land (ursprünglich meist aufgegebene Staatsfarmen) sollte an landsuchende Kleinbauern verteilt werden. Nun stellt sich jedoch heraus, dass die meisten Käufer keinerlei Absicht hatten, ihr Land zu entwickeln. Vielmehr nutzten sie es als Sicherheit, um hohe Bankkredite zu bekommen, die sie alsbald für andere Geschäfte einsetzten oder gar ins Ausland transferierten. Eine Farm in der Moshi-Region erbrachte z.B. einen Kredit von 16 Mill. Manche Wohlhabenden sollen bis zu 1000 Grundstücke unter verschiedenen Namen besitzen.

Da diese Ländereien de facto im Besitz von Banken sind, kann der Staat nicht über sie verfügen, aber auch nicht ohne Weiteres ihre Entwicklung erzwingen. Landminister Lukuvi sagte dem Parlament, er habe eine Liste von Leuten, die Staatsland missbraucht hätten; die meisten Namen seien wohlbekannt im Land. In der Morogoro-Region wurden bereits 1.880 ha eingezogen, weitere 549.000 ha sind in Bearbeitung.

Von jetzt an sollen Ausländer nicht mehr als 10.000 ha pachten können und zwar in erster Linie für Zucker-Anbau; Reis-Produzenten können bis zu 5.000 ha pachten. Eine Datenbank soll alle eingetragenen Landeigentümer erfassen und die Anzahl der Weidetiere feststellen. Eine „Nationale Landnutzungs-Kommission“ (NLUPC) soll sie überwachen. Die NLUPC soll in den nächsten 10 Jahren alle landwirtschaftlich genutzten Grundstücke vermessen und beurkunden. Dafür benötigt sie TZS 2,3 Brd.; bisher haben 1.645 von 13.000 Dörfern Landnutzungspläne erstellt, die jedoch nicht immer beachtet werden. Für 20 große Städte werden bis Jahresende Gesamtentwicklungspläne erstellt. Ab Juli 2017 werden planmäßig genutzte Landflächen maßvoll, ungenutzte massiv besteuert, um Spekulanten zu entmutigen. Ungenutzte Ländereien dürfen nicht verkauft, sondern müssen an den Staat zurück gegeben werden.

Eine Projektgruppe mit Vertretern aus sechs Ministerien überprüft alle Gesetze, die Landnutzung betreffen mit dem Ziel, sie zu harmonisieren. Sie erstellt auch eine Liste aller Landkonflikte, um sie dann einem Ministerium zur Bearbeitung zuzuweisen. Eine spezielle Arbeitsgruppe aus drei Ministerien wird prüfen, welche früheren staatlichen Weidegebiete (ranches) den Viehhaltern auf Dauer zur Verfügung gestellt werden können. Sie sollen 5 Mill. ha zusätzliche Weidefläche erhalten.

In Dar-Es-Salaam leben ca 75% der Einwohner auf unregistrierten Grundstücken. Bis Jahresende sollen in den Großstädten 100.000 Grundstücke vermessen und registriert werden. Ferner wird die Regierung Richtpreise für städtische Grundstücke festlegen - Der Kiteto-Distrikt, Manyara (16.685 km², 245.000 Einwohner), wird komplett neu vermessen mit dem Ziel, landwirtschaftliche klar von Weide-Flächen zu trennen. Große Landgüter sollen überprüft und ggfs. zurückgefordert werden. Kiteto ist bekannt für seine guten Maisernten.

Citizen 17.11.14; 22.06.; 03.,13.,16.,19.,20.10.16; Guardian 25.,31.05.; 05.06.; 13.08.; 13.10.16; DN 19.02.; 14.03.; 26.04.; 26.05.; 23.06.; 06.,12.05.; 08.09.; 23.,25.,29.,31.08.; 12.,16., 21.10.16

Technische Lösungen

Bis 2020 will die Regierung 7.500 Dorfflächen vermessen und registrieren. Die umfangreichen Vermessungsarbeiten können mit Echtzeit-Kinematik-Geräten beschleunigt werden. Diese ermöglichen Messungen mit Metergenauigkeit mit Hilfe von Satellitendaten (GPS u.a.) und einem vorgegebenen Referenzpunkt. Ein solches Gerät kostet TZS 80 Mill. und erfordert natürlich entsprechende Fachkenntnisse.

Landbesitzer können sich per smartphone-App oder Textbotschaften direkt beim Landministerium registrieren bzw. dort gespeicherte Information abrufen und müssen nicht mehr zeitraubende Wege und Wartezeiten auf sich nehmen. Die zentrale Datenbank soll verhindern, dass Grundstücke mehrfach vergeben werden und korrupte Beamte Bestechungsgelder fordern. Das System setzt allerdings einen Besitztitel voraus.

Citizen 18.08.; 13.10.16; DN 07.01.16; Guardian 07.01.16