Thema: Justizwesen in Tansania: Polizei, Milizen - 02/2020

Aus Tansania Information
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Statistik

2018/19 wurden 45.574 Verbrechen angezeigt, etwas weniger als im Vorjahreszeitraum (47.236). Die Zahl der Straftaten im Verkehr ging um 28% zurück, ebenso die der Verkehrstoten. Gegen 130 Polizeimitarbeitende wurden Disziplinarverfahren eingeleitet; die Meisten wurden verwarnt, 35 Personen wurden aus dem Dienst entlassen.

Nipashe 29.04.19

Polizeiarbeit

Großbritannien stellte der tansanischen Polizei digitale Aufzeichnungsgeräte zur Verfügung, die Vernehmungen beschleunigen und die Rechte der Beschuldigten sichern helfen sollen. Sie treten anstelle der bisherigen Papier-Protokolle und sollen vor allem dazu beitragen, Korruption, Drogenhandel und Geldwäsche effektiver zu verfolgen.

Der (inzwischen entlassene) Innenminister Lugola wies die Polizeikommandanten in Regionen und Distrikten an, monatliche Begegnungstage mit der Bevölkerung anzusetzen. Damit sollen sie Unstimmigkeiten und Probleme erkennen, bearbeiten und gegebenenfalls an die Zuständigen melden. Damit könne man auch vermeiden, dass bei Besuchen von Ministern oder des Präsidenten Hunderte von Plakaten mit Protesten und Forderungen gezeigt werden.

Ein Kampfkunst-Trainer aus Mauritius schulte Polizisten und private Wachleute in einer israelischen Kampf- und Verteidigungstechnik. So soll vermieden werden, dass die Ordnungskräfte in kritischen Situationen vorschnell zu Feuerwaffen greifen.

Die Polizei erhielt Laborausstattung und Schulungen zu DNA-Spuren. Dies soll Ermittlungen zuverlässiger und schneller machen. Aus Bußgeldern soll die Polizei TZS 118 Mrd / € 52 Mill. einnehmen. Sie soll sich jedoch mehr auf Verkehrserziehung als auf Einnahmen konzentrieren.

Die UN versprachen, ein College für Menschenrechte zu finanzieren. Es soll das Bewusstsein für diese Rechte stärken. Polizei und Sicherheitskräfte müssten solche Kurse verpflichtend besuchen, so der Justizminister.

Citizen 25.04.19; DN 03.11.19; Guardian 10.,15.05.19; Mtanzania 15.05.19; Nipashe 29.04.19

Korruption

Der Innenminister entließ 2019 drei regionale Polizeikommandeure, weil sie nicht effizient gegen Korruption im Polizeicorps vorgegangen waren. Der Minister hatte viele Beschwerden über inkorrekte Verkehrspolizisten erhalten und drohte ihnen umgehende Bestrafung an. Citizen 16.01.19; DN 05.01.19

Milizen

Der Innenminister befahl dem Generalinspekteur der Polizei, lokale Milizen zu zügeln, die mehrfach widerrechtlich Wohnungen durchsucht und Personen festgenommen hatten. In Kinondoni, Dar es Salaam wurden Milizen angeklagt. Sie waren gefilmt worden wie sie einen Bürger mit Keulen misshandelten. DN 05.01.19; Habari Leo 02.09.18

Disziplin, Übergriffe

Der Generalinspekteur der Polizei S. Sirro übte scharfe Kritik an Führungskräften und Mitarbeitern der Polizei:

  • Manche wollten sich politisch profilieren und ergingen sich in Parteipolitik
  • Manche kritisierten Vorgesetzte
  • Professionalität und Arbeitsethik seien ungenügend
  • Schusswaffen dürften nur gegen Bewaffnete eingesetzt werden
  • Führungsfehler bei Versammlungen hätten den Tod von Unschuldigen verursacht
  • Entscheidungen würden vermieden und an Vorgesetzte weitergereicht
  • Beschuldigte würden in Sozialen Medien präsentiert und vorverurteilt. Es gelte die Unschuldsvermutung
  • Beamte dürften keine Beweismittel konstruieren oder manipulieren
  • Zusammenarbeit mit und Vertrauensbildung bei der Bevölkerung seien ungenügend. Häufige Klagen über unverhältnismäßige Gewalt und Brutalität von Polizisten setze das Land in ein schlechtes Licht

Premier Majaliwa tadelte Sicherheitskräfte, die ausländische Investoren wegen Schmuggelverdachts willkürlich verhafteten, misshandelten und beleidigten.

Der Innenminister warnte skrupellose Polizisten, die Bestechung fordern, mit Kriminellen kooperieren oder Waffen bei geringen Anlässen einsetzen. Er erklärte im Parlament auf Anfrage, Polizeikräfte seien nicht berechtigt, Beschuldigte zu schlagen oder zu foltern. Zuwiderhandelnde würden disziplinarisch verfolgt. Zwei Polizisten, die gefilmt wurden, als sie einen Autofahrer misshandelten, wurden angeklagt.

Das Menschenrechtszentrum LHRC startete eine Kampagne „Die Rechte der Beschuldigten verteidigen“, nachdem fünf Frauen im Ngorongoro-Distrikt 15 Tage ohne Kontakt mit ihren Familien in Haft gehalten worden waren. Sie wurden dabei von Vernehmungsbeamten geschlagen und sexuell schwer belästigt. Wegen der erlittenen Verletzungen mussten sie ins Krankenhaus gebracht werden.

Eine Zeugin sagte vor Gericht aus, sie sei während einer Chadema-Wahlveranstaltung als Unbeteiligte an einer Bus-Haltestelle angeschossen, des Demonstrierens beschuldigt, verhaftet und 14 Tage lang festgehalten worden.

2018 weigerten sich mehrere Familien in Dar es Salaam, Mbeya und Mtera, Verwandte zu bestatten, die im Polizeigewahrsam umgekommen waren. Sie forderten eine gerichtliche Untersuchung der Todesursache. In Igunga, Tabora-Region wurden neun Polizisten festgenommen, nachdem ein 22-Jähriger bei Vernehmungen gestorben war. Mehrere Personen wurden erschossen, als sie sich polizeilichen Anordnungen widersetzten. Zwei Männer wurden durch Schüsse schwer verletzt und anschließend mit gefälschten Beweisen des Raubes angeklagt. Zu ihrem Glück war ihre angebliche Waffe schon bei mehreren anderen Prozessen als Beweisstück vorgelegt worden.

Ein Kommentator des Citizen forderte die Regierung eindringlich auf, der zunehmenden Polizeibrutalität Einhalt zu gebieten, bevor Tansania zu einem Polizeistaat werde. Das USA-Außenministerium berichtet über anhaltende Straflosigkeit bei Übergriffen der Polizei und Geheimdienste. Nur vereinzelt werde Fehlverhalten untersucht.

Anwälte und Menschenrechtsaktivisten verlangten rechtsmedizinische Untersuchungen und ein spezielles Gericht für polizeiliche Übergriffe. Es gehe nicht an, dass Polizei-Teams das Fehlverhalten der eigenen Kollegen untersuchten. Eigentlich müsse die staatliche Menschenrechtskommission CHRGG die Polizei überwachen, tue dies aber nicht.

Justizminister Dr. Mahiga erklärte im Parlament, die CHRGG habe seit 2015 keine Grundrechtsverletzungen durch staatliche Organe festgestellt. Sie habe die Öffentlichkeit über Medien, Flugblätter und Veranstaltungen über diese Rechte informiert.

Nach Berichten von Menschenrechtsorganisationen über willkürliche und illegale Verhaftungen erklärte der Generalankläger, die Polizei müsse sich auf Ermittlungen beschränken und dürfe nicht Aufgaben der Staatsanwaltschaft übernehmen.

Citizen 02.,05.09.18; 05.,06.,26.01.; 25.09.19; DN 24.03.19; 24.,25.,27.01.20; East African 26.03.19; Guardian 15.03.17; 20.03.; 12.04.; 15.05.; 26.09.19; Habari Leo 22.09.18; Mwanahalisi 13.05.19; Mwananchi 19.08.18; www.chrgg.go.tz