Thema: Covid-19 in Tansania: Auswirkungen - 08/2020

Aus Tansania Information
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Stellungnahmen und Kritik

Islam-Vertreter, katholische Bischofskonferenz und evangelikale Kirchenführer begrüßten Präsident Magufulis Aufruf zu jeweils dreitägigen Fürbitt- und Danksagungsgottesdiensten.

Der katholische und der lutherische Bischof in der Kagera-Region setzten Gottesdienste, Chorübungen und kirchlichen Unterricht für einen Monat aus. Sie bedauerten, dass die Regierung keine Zahlen zur Corona-Ansteckung mitteilt. Mittlerweile finden die kirchlichen Veranstaltungen unter strengen Auflagen wieder statt. Bischof Bagonza, ELCT-Karagwe-Diözese hob hervor, dass die Gläubigen zu Hause ebenso beten können wie im Gottesdienst.

Generell riefen die Kirchen ihre Mitglieder dazu auf, die Hygienemaßnahmen ernst zu nehmen und konsequent durchzuhalten.

Das tansanische Rote Kreuz pries Magufuli für seine „einzigartigen Methoden“ im Kampf gegen Corona. Er solle dafür von einer medizinischen Akademie ausgezeichnet werden. Auch das medizinische Personal verdiene höchstes Lob; es habe viele Erkrankte gerettet.

Während die regierungsnahe „Daily News“ Präsident Magufuli souveränes Management der Corona-Krise bescheinigte, warf der ACT-Wazalendo-Vorsitzende Z. Kabwe dem Präsidenten vor, er habe Inkompetenz bewiesen, seine Großprojekte priorisiert und sein Volk im Stich gelassen. Dadurch könnten bis zu 3 % der Bevölkerung der Pandemie zum Opfer fallen.

Die US-Botschaft warnte Mitte Mai offiziell vor „extrem hoher Ansteckungsgefahr“ in Dar es Salaam und bedauerte mangelhafte Informationen zur Corona-Krise. Inzwischen hat die geschäftsführende US-Botschafterin das Land verlassen.

Von „New Humanitarian“, Genf befragte tansanische Mediziner waren sich darin einig, dass die intransparente Situation zu Furcht und zahlreichen Gerüchten geführt habe. Die Regierung betrachte die Corona-Risiken mehr als Sicherheits- denn als Gesundheitsproblem. Eine offene Diskussion sei nicht möglich.

Citizen 22.,26.05.20; Daily Maverick 27.05.20; DN 13.,19.05.20; East African 21.06.20; Guardian 09.07.20; Mwanahalisi 23.05.20; New Humanitarian 14.05.20

Auswirkungen

Ein Regierungssprecher teilte mit, das Steueraufkommen sei auch während der Corona-Phase mit TZS 1,3 Bill. konstant geblieben. Dies deute darauf hin, dass die Wirtschaft nur wenig in Mitleidenschaft gezogen worden sei.

Tansania profitiert vom kräftig gestiegenen Goldpreis. Da zudem deutlich mehr Gold exportiert wurde, hat das Edelmetall den Tourismus als wichtigste Devisenquelle abgelöst. Der Goldexport erbrachte allein im Mai $ 246 Mill. (Mai 2019: $ 160 Mill.). Im Jahr seit Mai 2019 waren es $ 2,5 Mrd., wogegen der stark eingebrochene Tourismus noch $ 2,3 Mrd. einbrachte. Die Afrikanische Entwicklungsbank AfDB rechnet corona-bedingt für 2020 mit einem verlangsamten Wirtschaftswachstum von 5,5%, die Weltbank prognostiziert noch 2,5%. Die Vergleichszahlen der AfDB für die ostafrikanischen Nachbarn: Burundi –5,2% Kenia 1,4%, Ruanda 4,2%, Uganda 2,5%.

Negativ dürfte sich ein zu erwartender Rückgang der Überweisungen von Auslandstansaniern auswirken. Die Weltbank rechnet damit, dass diese corona-bedingt um 20% zurückgehen. Diaspora-Tansanier überweisen jährlich $ 430 Mill. in die Heimat, das entspricht etwa 0,8% des BIP.

Mufti A. Zuberi gab bekannt, dass in diesem Jahr corona-bedingt keine Wallfahrten (hajj) nach Mekka stattfinden werden.

Frauenorganisationen beklagten, dass während der Corona-Epidemie physische und sexuelle Gewalttaten zugenommen haben. Dies sei auf Schulschließungen, soziale Distanzierung und wirtschaftliche Probleme zurückzuführen. In der Mara-Region seien vermehrt Mädchen genital verstümmelt worden. Bedauerlich sei auch, dass zugunsten der Corona-Bekämpfung personelle und medizinische Ressourcen von Diensten der Sexualgesundheit und Mütterbetreuung abgezogen worden seien. Die Distrikt-Kommissarin von Bunda, Mara-Region berichtete, bei den Routine-Tests bei Schulbeginn Anfang Juli seien 40 schwangere Schülerinnen entdeckt worden.

Im Hafen Dar es Salaam stauten sich mehr als 2.000 für Ruanda bestimmte Container, für die hohe Lagergebühren aufliefen. Diese wurden nun erlassen und die Waren können abtransportiert werden.

Citizen 26.04.; 09.,11.07.20; DN 30.05.20; East African 05.07.20; Guardian 09.,25.,26.06.; 03.07.20

Auswirkungen: Wirtschaft, Tourismus

Die Nationalbank (BoT) verschob die Einführung des „Instant Payment System“, das plattform-übergreifend Zahlungen in Echtzeit ermöglichen soll.

Die Außenhandelserträge Tansanias halbierten sich im 1. Quartal 2020 (TZS 37 Mrd.; 2019: 65 Mrd.), weil die Nachfrage zurückging und Frachtflüge ausfielen. Die Ausfuhr von Gemüse und Blumen brach um 50% ein, nachdem Kenia die Grenze für Lastwagen aus Tansania schloss. Die kenianischen Behörden hatten viele Corona-infizierte LKW-Fahrer aus Tansania festgestellt. - Der Preis für Sesam fiel um 1/3 auf $ 1,3/kg. Hauptabnehmer ist China mit mehr als 100.000 t Sesam jährlich. Sesam wird vor allem in den Regionen Dodoma, Manyara und Mtwara angebaut. Weitere Agarprodukte mussten Preisabschläge hinnehmen: Baumwolle 12%, Kakao 22%, Kaffee 5%.

Der Flughafen-Dienstleister Swissport meldete einen Gewinneinbruch von 70% und beurlaubte 400 Mitarbeitende bei halbem Lohn. Nachdem die Flughäfen Ende Mai wieder geöffnet wurden, nahmen Fluggesellschaften wie Katar, Ethiopian und KLM ihre Flüge wieder auf. Das tansanische Bodenpersonal wurde intensiv zu Hygienemaßnahmen geschult. Reisende müssen einen negativen Corona-Status nachweisen.

Nach Hamsterkäufen und spekulativem Horten wurde Zucker knapp und teuer. Die Regierung musste 20.000 t zusätzlich importieren.

Die internationale Tourismusmesse „Karibu Kili Fair, für Anfang Juni geplant, wurde gestrichen. In der Tourismus-Branche Tansanias gibt es etwa 500.000 Arbeitsplätze.

Nachdem der Präsident das Coronavirus als besiegt erklärt hat, wurden die Nationalparks wieder für Besucher geöffnet. Zunächst überwiegen noch einheimische Gäste. Tourismus-Vertreter äußerten sich besorgt darüber, dass der intransparente Umgang mit der Corona-Epidemie ausländische Gäste abschrecken könnte. Bisher erbrachte der Tourismus-Sektor 17% des tansanischen Bruttoinlandsprodukts und 25% der Deviseneinnahmen.

Das Tourismusministerium erließ umfangreiche Richtlinien für Einreise, Ausreise und Infektionsschutz während des Aufenthaltes in Tansania. Besucher müssen einen negativen Corona-Test vorlegen. Das Ministerium richtet vier Testlabore ein, bei denen ausländische Gäste ein Zertifikat zu ihrem Corona-Status erhalten, sofern dies für ihre Heimkehr verlangt wird. Für Touristen wurden vier spezielle Ambulanzfahrzeuge mit Sauerstoff-Versorgung angeschafft. Corona-Kranke werden im Bedarfsfall kostenlos in ein Spezialkrankenhaus geflogen.

Das Ministerium will verstärkt einheimische Touristen und solche aus wohlhabenden afrikanischen Ländern gewinnen. Für tansanische Bürger wurden die Eintrittspreise in die Nationalparks gesenkt. Eine neu gegründete „Initiative zur Förderung des Tourismus“ soll 100.000 junge Leute für Arbeits- und Investitionsmöglichkeiten im Gastgewerbe interessieren und ausbilden, zunächst in der Seen-Zone in Nordwesttansania.

Die 21 Nationalparks Tansanias stehen vor finanziellen Problemen, nachdem seit drei Monaten keine zahlenden Besucher mehr kamen. Die Behörden fürchten, dass das Wildern wieder zunimmt, nachdem die Kontrollen zurückgefahren werden mussten. Andererseits habe sich während der unfreiwilligen Zwangspause in stark frequentierten Gebieten die Natur wieder ein wenig erholt.

Auch Sansibar öffnete seine Tourismus-Stätten wieder. Gäste müssen eine Temperaturkontrolle durchlaufen, eine Krankenversicherung nachweisen und eine Gesichtsmaske tragen. Festlichkeiten und Versammlung sind für bis zu 50 Personen erlaubt. An den Stränden dürfen sich außer den Touristen nur Personen aufhalten, die legale Dienste anbieten. Betteln und zweifelhafte Dienstleistungen werden nicht mehr geduldet, um die Infektionsrisiken zu minimieren. Mehr als 150 Hotels waren seit dem 20. März geschlossen und das Personal beurlaubt. Der anglikanische Bischof berichtete, mehr als 20 Jugendliche hätten während der Corona-Beschränkungen ihre Arbeit als Führer in der Kathedrale verloren.

Die Saison für Trophäenjäger währt normalerweise von Juli bis Dezember. Da wegen der Corona-Beschränkungen so gut wie keine Jagd-Kunden zu erwarten sind, wird die Saison auf ein ganzes Jahr verlängert, also bis Juli 2021. Die meisten Trophäenjäger kommen aus den USA. Die 69 Jagdreviere sind an 36 Betreiber verpachtet. Diese haben die Zahl ihrer Mitarbeiter bereits verringert.

Citizen 19.05.; 19.06.; 18.07.20; DN 11.05.; 01.,07.,28.06.; 02.,05.07.20; East African 26.05.20; Guardian 06.,22.05.; 11.,13.,30.06.20; Voice of America 27.06.20

Auswirkungen im Bildungswesen

Die 89.000 Lehrkräfte an den etwa 2.000 privaten Schulen Tansanias (ca 700.000 Schüler/innen) litten besonders unter den geschlossenen Schulen. Viele wurden im März in unbezahlten Urlaub geschickt und können nicht auf staatliche Unterstützung hoffen. Die Eltern ihrerseits wollen oder können die privaten Schulgebühren für die ausgefallenen Monate nicht bezahlen.

Während alle Schulen und Universitäten geschlossen waren, bemühte sich das Bildungsministerium um Fernunterricht über Radio, Fernsehen und Internet. Diese Angebote erreichten jedoch in erster Linie Eltern und Kinder in städtischen Regionen. Landbewohner und bildungsferne Familien verfügen zwar nicht selten über ein Mobiltelefon (etwa 85% der Familien), scheiterten aber an Übertragungskosten (etwa TZS 50.000 pro Kind) oder technischer Unkenntnis.

Anfang Juni öffneten Oberklassen der Sekundarschulen und Hochschulen unter strikten Hygiene-Vorschriften. Aufsichtspersonen überwachen das Tragen von Mundschutz. Überall gibt es Wassertanks und Flüssigseife. Manche Institute führen auch Temperaturkontrollen durch. Die Studentenheime, die als Quarantäne-Zentren gedient hatten, wurden desinfiziert und den Studierenden wieder zugänglich gemacht.

Die Schulen nahmen ihren Betrieb Ende Juni wieder auf. Die Kinder sollen fortlaufend Hygiene-Unterricht erhalten. Klassenzimmer, Bibliotheken, Schlafräume, Büros und Toiletten müssen Waschgelegenheiten mit Flüssigseife aufweisen. Kinder unter fünf Jahren müssen keine Masken tragen. Um größere Ansammlungen zu vermeiden, findet z. T. Schichtunterricht statt. Dennoch sind viele Eltern besorgt, weil die Hygienemaßnahmen sehr unterschiedlich beachtet werden. Auch der Schulweg in öffentlichen Verkehrsmitteln gilt als Gefahrenmoment, besonders weil Kinder oft gar nicht in die Busse gelangen, da diese derzeit nur so viele Passagiere aufnehmen dürfen, wie Sitzplätze vorhanden sind.

Die Halbzeit-Ferien entfallen. Der Plan, zum Ausgleich für ausgefallenen Unterricht täglich zwei zusätzliche Unterrichtsstunden zu halten, erwies sich als undurchführbar (Verkehrsprobleme und Schichtunterricht).

Citizen 03.05.; 29.06.; 06.07.20; DN 29.05.; 01.,18.06.; 02.,03.07.20