Thema: Alter und Altersversorgung: Alter: Probleme, Gesetze, Initiativen - 02/2019

Aus Tansania Information
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Die über 60-Jährigen machen mit etwa drei Mill. Menschen fünf bis sechs Prozent der tansanischen Bevölkerung aus, mit allmählich steigender Tendenz. Bis 2050 wird ein Bevölkerungsanteil von 10% erwartet (8,3 Mill.).

Die Lebenserwartung nimmt zu. Frauen haben eine um 4,1 Jahre höhere Lebenserwartung als Männer. Mit 60 Jahren beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung noch 18 Jahre. Davon leben Männer durchschnittlich 7, Frauen 7,8 Jahre mit beeinträchtigter Gesundheit.

Die Generation der (männlichen) Alten hat ihre frühere wirtschaftliche Dominanz weitgehend verloren. Sie können in einer Umgebung, in der Position, Wissen oder Kapital bestimmend sind, nicht mehr mitbestimmen. Die traditionellen Netzwerke funktionieren nur noch punktuell, z.B. bei zeremoniellen Anlässen. In den demokratischen Gremien fühlen sie sich ungenügend vertreten.

Age Report GlobalAgeWatch 2018; DN 04.09.16; 02.10.18; Guardian 21.01.19

Probleme im Alter

Der Globale Index zu Altersfragen sieht Tansania auf Platz 91 von 96 Ländern. Als bestehende Herausforderungen gelten:

  • Öffentlicher Verkehr sehr mangelhaft
  • Dürftige oder keine Bildungsangebote für Ältere
  • Wirtschaftliche Unsicherheit: Nur 4% haben eine Rente; 17% leben in Armut

Weitere Probleme alter Menschen:

  • Bei über 70-Jährigen wird ein leichtes Ansteigen der Selbstmordrate berichtet.
  • Ab 70 Jahren wächst die Zahl der Demenzkranken, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Im Hai-Distrikt litten 2014 6,4% der über 70-Jährigen an einer Form von Demenz. Die Gesundheitsministerin vermutet, dass unter den wegen „Hexerei“ Getöteten Demenzkranke sind, deren Verhalten missdeutet wird.
  • Altpräsident H. Mwinyi, der zum Schutzpatron der Senioren ernannt wurde, sagte, im ersten Halbjahr 2018 seien noch 59 ältere Personen wegen angeblicher Hexerei getötet worden, die meisten in den Regionen Mwanza, Shinyanga und Tabora. 2017 waren es 135 Mordopfer. Bis 2014 waren durchschnittlich 500 ältere Personen pro Jahr umgebracht worden. 2016 waren 222 diesbezügliche Prozesse anhängig. Als häufigste Motive gelten Aberglaube und Habgier. Auftragsmörder erhalten TZS 300.000 für einen Mord. Die Polizei soll die traditionellen „Heiler“ aufspüren, die als treibende Kraft für die Morde gelten. Kirchen und NROS bemühen sich um Aufklärung der Bevölkerung.
  • Gewalterfahrungen im Alter überwiegen bei Frauen (24%; Männer 9%).
  • Die Ministerin U. Mwalimu forderte die Bevölkerung auf, in den Familien eine Kultur der Fürsorge für Alte zu entwickeln. Dies werde die nachteiligen Auswirkungen von Einsamkeit und Vernachlässigung mildern.
  • In Krankenhäusern und Verkehrsmitteln sollte den Älteren Respekt entgegengebracht werden. Viele klagen über rüde und rücksichtslose Behandlung. Die Ministerin schlug vor, diese Thematik in die Schul-Lehrpläne aufzunehmen.
  • Im Krankheitsfall sind Ältere meist auf ihre Familie angewiesen. Theoretisch erhalten sie in staatlichen Krankenhäusern kostenlose Medikamente. Da diese oft fehlen, müssen sie ihre Arzneimittel selbst kaufen.
  • Nach Studien in den Regionen Mbeya und Tanga sind etwa 2,5% der Senioren HIV-infiziert, werden aber viel weniger als Jüngere von den Beratungs- und Behandlungsdiensten erreicht (nur zu 37%).
  • Die erste landesweite Konferenz der Großmütter, von einer kanadischen Stiftung unterstützt, wies auf die schwere Belastung von Großeltern durch AIDS-Waisen hin. Besonders die Großmütter pflegten oft die AIDS-Kranken selbst und zögen dann ihre verwaisten Enkel groß.

Age Report GlobalAgeWatch 2015 und 18; Citizen 12.10.; 27.12.16; 14.11.18; DN 10.09.; 29.12.15; 21.04.; 04.09.; 01.10.16; 13.02.; 02.10.17; 09.04.; 02.10.18; Guardian 15.,16.11.18

Gesetzliche Regelungen

2003 war ein Nationales Alterskonzept ausgearbeitet worden, das jedoch in Vergessenheit geriet. 2016 und 2017 wurde eine monatliche Grundrente für über 60-Jährige angekündigt, zunächst sollen jedoch alle Berechtigten erfasst werden. 2018 wurde ein neues Konzept einer „Nationalen Sozialen Sicherung“ formuliert. Es sieht eine universelle Rente für Alte und Behinderte vor. Das Konzept soll zunächst öffentlich diskutiert werden. Auf Sansibar gibt es bereits eine solche Altersrente in bescheidenem Ausmaß (s.u.). Aktuell sind etwa 5% der arbeitenden Bevölkerung sozialversichert (Kenia: 8%), Uganda 11%).

Seit 2015 kündigt die Regierung an, die Unterstützung für die ältere Generation in bindenden Gesetzen zu formulieren. Bisher gibt es nur lokale Vergünstigungen wie Altersausweise, die aber häufig nicht honoriert werden, da z.B. Krankenhäuser keine Gegenfinanzierung kostenloser Leistungen haben. Etwa 500.000 Senior/innen sind Mitglieder der Kommunalen Krankenkasse. Eine Bekanntmachung des Innenministeriums von 2007, die von Senioren bewohnte Häuser von der Grundsteuer ausnimmt, wird weitgehend nicht umgesetzt.

Das Gesundheitsministerium arbeitet an einem Gesetz, das Kinder verpflichten soll, für ihre Eltern Nahrung, Kleidung, Wohnung und Pflege sicherzustellen. Dies erscheint schwierig, da nicht selten Alte sogar von der eigenen Verwandtschaft ihres Besitzes beraubt werden. Ein analoges Gesetz von 2009, das Eltern zur Fürsorge für ihre Kinder verpflichtet, konnte die Zahl verlassener Kinder nicht verringern.

Citizen 30.09.17; 22.06.; 29.11.18; DN 01.,21.05.; 07.06.16; 01.10.17; 15.06. 15.12.18; Guardian 26.02.16

Initiativen

In Arusha erhielten 57.000 Betagte kostenlos eine Mitgliedskarte der Nationalen Krankenversicherung (NHIF). Wenn alle Berechtigten landesweit erfasst sind, sollen alle Senioren eine kostenlose Gesundheitskarte erhalten.

Landesweit gibt es 17 staatliche Altenheime mit 459 Betreuten. Sie leiden immer wieder unter verspätet überwiesenen Mitteln.

Die Seniorenvertretung der CHADEMA forderte spezielle Parlamentssitze für Alte nach dem Vorbild der Sondersitze für Frauen. Der Entwurf der neuen Verfassung, der umfangreiche Rechte für Senioren enthält, solle endlich umgesetzt werden.

Die Frauen-NRO „Tushikamane Pamoja“ errichtete ein Altenheim mit 24 Plätzen in Dar-Es-Salaam, wartet aber seit einem Jahr auf die erforderliche Betriebsgenehmigung.

Deutschland unterstützt mit € 2 Mill. Hilfsprogramme für Alte von „HelpAge International Tanzania“ in der Morogoro-Region (9.600 Familien in 320 Dörfern) und in zwei Flüchtlingslagern in Nordwest-Tansania. Die Bedürftigen erhalten Decken, Matratzen, Mobilitätshilfe und medizinische und psycho-soziale Betreuung.

Seniorenvertreter verlangten, die seit Langem geplante „Charta der Rechte älterer Menschen“ der Afrikanischen Union zu beschließen.

Das Gesundheitsministerium will geriatrische Inhalte in die Ausbildung von Ärzten und Pflegekräften aufnehmen, um den Bedürfnissen Älterer besser zu entsprechen.

Citizen 03.07.; 01.10.17; DN 24.07.17; 27.02.; 02.10.18; Guardian 01.02.16; 07.10.18; 19.01.19