Schwerpunktthema Umwelt und Klimawandel: Gefährdung der Umwelt - 10/2014

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Schwerpunktthema Umwelt und Klimawandel: Gefährdung der Umwelt - 10/2014

Die seriöse Presse Tansanias greift zunehmend Umweltfragen auf. Z.B. rechnete die Business Times ihren Lesern vor, dass die Fußballweltmeisterschaft in Brasilien so viel Energie verbrauchte wie 560.000 PKWs in einem ganzen Jahr.

Umweltgefährdung – Beispiele, Ursachen

Sansibar und Pemba erhalten beträchtliche Hilfe von den Vereinigten Arabischen Emiraten und China, um die Wasserversorgung zu verbessern. Die Umweltschutzbehörde wies aber darauf hin, dass Wasserverschmutzung und -knappheit stets von der Bevölkerung selbst verursacht würden. Eine stabile Wasserversorgung sei nur durch striktes Einhalten der Umweltschutz-Gesetze möglich. Auch das rapide Bevölkerungswachstum von 3,1% jährlich belaste die natürlichen Ressourcen durch Entwaldung und Bauten in Schutzgebieten.

Immer mehr Touristen wollen den Kilimanjaro besteigen. Zur Zeit sind es etwa 50.000 jährlich. Zusätzliche Belastungen entstehen durch das umfangreiche Hilfspersonal wie Träger und Köche (ca 250.000). In letzter Zeit drängen viele Prominente aus Pop, Film, Sport und Politik auf den Berg. Diese benötigen naturgemäß besonders viel Hilfspersonal. Der Direktor der Nationalparks meint, auf Dauer könne der Berg höchstens insgesamt 100.000 Personen pro Jahr verkraften. Der Kilimanjaro ist mit jährlich TZS 80 Mrd. (€ 37,5 Mill.) die einträglichste Touristenattraktion des Landes (vor dem Ngorongoro-Krater mit TZS 53 Mrd. und dem Serengeti-Nationalpark mit TZS 45 Mrd.).

Umweltschützer beklagen illegalen Holzeinschlag, häufige Waldbrände, abnehmende Wasserquellen und verlorene Artenvielfalt an den Hängen des Kilimanjaro. Dies sei eine der Ursachen für unregelmäßige Niederschläge, unter denen die Landwirtschaft leidet.

Ein Botaniker des Mweka Wildlife College fand heraus, dass die angebliche Wunderkur des Ruhestandspfarrers A. Masapila um das Dorf Samunge (Sonjo-Ebene) massive Umweltschäden verursacht hat. Von 2010 bis 2012 waren 7 Mill. Hilfesuchende dorthin gereist und hinterließen große Mengen an Abfall und Schrott. Der Mriga-riga-Baum, aus dessen Rinde der Wundertrank gebraut wurde, ist fast ausgerottet.

Der nördliche Rand des Serengeti-Nationalparks ist durch die stark gewachsene Bevölkerung und deren riesige Viehherden gefährdet. Manche Orte zählen Tausende von Rindern, weisen aber kein Weideland aus. Dies führt zu Konflikten mit der Parkbehörde, die fürchtet, dass die großen Wanderungen der Gnus gestört werden.

Im Westen Tansanias (Regionen Kogoma, Katavi, Rukwa) werden große Waldflächen abgeholzt und zu Holzkohle verarbeitet, die in die Demokratische Republik Congo verkauft wird. Dort kostet ein Sack Holzkohle TZS 75.000, in TZ nur 15.000. Umweltorganisationen fordern daher mehr Forstfachleute. Der Regionalchef von Kigoma dementierte den Schmuggel von Holzkohle.

Der Nilbarsch im Victoriasee steht vor der Ausrottung. Der Fisch wurde 1954 eingesetzt und vermehrte sich rapide. In den Jahren um 2005 lebten etwa 300.000 Menschen direkt und 3 Mill. indirekt von Fang, Verarbeitung und Export des Nilbarsches. Industrielle und illegale Fangmethoden (engmaschige Netze, Gift) reduzierten die Fischpopulation dramatisch. Viele Fischer gingen pleite, Verarbeitungsbetriebe entließen Arbeitskräfte. Das Problem könnte durch kontrollierten und saisonalen Fischfang gelöst werden; (so verdreifachte sich der Bestand während eines einjährigen Einfuhrstopps der EU). Dies scheiterte bisher an Korruption und Verständigungsproblemen der Anliegerstaaten.

Arusha Times 11.01.14; Business Times 20.06.14; Citizen 22.09.14; DN 24.12.13; 17.01.; 10.02.; 06.08.; 10.09.14; Guardian 08.12.13;

Kontamination

3000 Nachbarn einer Textilfabrik in Matevesi (Arusha Region) demonstrierten, weil die Firma trotz vieler Proteste chemieverseuchtes Abwasser in ihr Wohngebiet entließ. Der Regionalchef gab der Fabrik 7 Tage, um die Gefahr für Mensch und Tier zu beseitigen.

Das Dorf Malolo im Kilosa-Distrikt erhielt jetzt TZS 50 Mill. Entschädigung von der Pipeline-Betreiberin TAZAMA für ausgelaufenes Öl, das ihre Felder und Wasserstellen verunreinigt hatte.

Zivilgesellschaftliche Organisationen riefen dazu auf, Zahnfüllungen mit Quecksilber aus Afrika zu verbannen. Diese Amalgamfüllungen gefährdeten Kinder vor und nach der Geburt und gelangten tonnenweise in die Umwelt.

Eine Studie der Universität Dar-Es-Salaam zeigt, dass mit wachsender Bevölkerung und Verstädterung Luftverschmutzung und CO2-Ausstoß stark zunehmen. Entsprechend mehren sich die dadurch verursachten Erkrankungen. Hauptursachen der Luftbelastung sind Verkehr, Industrie, Steppenbrände und Feuerholz bzw. Holzkohle. Besonders verkehrsreiche städtische Zonen wie Kariakoo in DSM weisen hohe Schadstoff- und Feinstaubwerte auf. Zusätzlich verhindern eng stehende und hochragende Gebäude die Luftzirkulation. Dringend sei es, zuverlässige Daten zu erheben.

Nach mehreren Säure-Attentaten und Wasserverunreinigungen durch Chemikalien führte das Gesundheitsministerium ein Seminar zur Vorbeugung gegen chemische Unfälle durch und versprach, Händler und andere Beteiligte besser zu schulen. So wolle man die Ziele des „Strategischen Ansatzes zum Internationalen Umgang mit Chemikalien“ bis 2020 erreichen.

Seit Monaten laufen aus einem Schiffswrack in der Nähe des Kunduchi-Strandes giftige Öle aus. Spuren wurden in bis zu 30 km Entfernung festgestellt. Der Besitzer will das Schiff verschrotten, was aber mangels geeigneter Docks in Tansania gar nicht erlaubt ist. Auch ein Strafbefehl über TZS 5 Mill. und die Anordnung, das Wrack an Land zu bringen, brachte keinen Erfolg.

Citizen 24.09.14; Guardian 22.01.; 03.05.; 07.07.14; DN 27.05.14; 11.09.14;

Entwaldung

Mit 1,1% pro Jahr ist die Abholzung in Tansania doppelt so hoch wie der globale Durchschnitt. Der Minister für Naturschätze und Tourismus bezifferte den jährlichen Verlust an Waldfläche auf 91.000 ha pro Jahr, die Weltbank schätzt dagegen 130.000 bis 500.000 ha jährlichen Waldverlust. 90% des Holzeinschlags sind für Kochen und Heizen bestimmt. Große Waldflächen gehen aber auch verloren durch Ausdehnung des Ackerbaus, Anwachsen der Viehherden und durch Waldbrände. Auch der Verkauf illegal geschlagenen Holzes ins Ausland scheint ein lukratives Geschäft zu sein. Die regierungsnahe Zeitung Daily News vermutet, dies sei trotz vorhandener Gesetze und Kontrollen nur möglich, weil einflussreiche Leute daran verdienen.

Ein Forum großer Waldschutz-Organisationen stellte fest, dass Hauptursache des Waldschwundes das Versagen der Politik sei. Der politische Wille, den Waldbestand zu schützen, fehle. „Wälder wie Kazimzumbwi und Pugu sind praktisch vernichtet, aber niemand kümmert es.“ In der Tat treiben Waldbesetzer seit 2010 unbehelligt im geschützten Forst Landwirtschaft und Holzkohlehandel, trotz eines Räumungsbefehls von Premier M. Pinda. Niederschläge gehen zurück, Quellen versiegen. Norwegen versprach $ 2 Mill. für die Rettung des Waldes, hält das Geld aber zurück, solange die Eindringlinge den Wald weiter zerstören.

Der Schwarzhandel mit Holz werde nicht konsequent verfolgt. Für die 600 Forstschutzgebiete seien nur 20 Kontrolleure eingesetzt. Da in sehr vielen Dörfern die Grenzen noch nicht vermessen und klar definiert sind, kommen Holzdiebe oft mit der Behauptung davon, sie hätten gar nicht im fraglichen Territorium Holz geschlagen.

Der gesamte natürliche Wald (114 ha) im Ukerewe-Distrikt (Victoriasee) ist verschwunden. Nachdem wegen der Überfischung mit Fischfang kaum noch etwas zu verdienen ist, wurde der Wald verwertet. Das Victoriasee-Umweltschutz-Projekt will demnächst 250.000 Bäume pflanzen. Der Bevölkerung schlägt das Projekt Bienen- und Fischzucht vor.

Die Mangrovenwälder an Tansanias Küste werden auf 115.000 ha geschätzt. Auch sie sind bedroht, da ihr Holz gern für Bauten, Möbel, Bootsbau und Holzkohle verwendet wird. Besonders im Kinondoni-Distrikt nahe Dar-Es-Salaam müssen Mangrovenwälder Hotels und Privatvillen weichen. Sehr häufig sind diese Neubauten illegal oder pseudolegal mit Hilfe verantwortungsloser Beamten errichtet. Das Verwaltungsbüro des Distrikts verhängte daher einen Baustopp bis die Vorgänge überprüft sind. Nahe der Selander-Brücke wurde in Mangrovenflächen Sand aufgeschüttet, um Baugrund zu schaffen. Die Zerstörung der Mangrovenwälder führt zu Erosion und Überschwemmungen.

Der größte Wald in Süd-Pare, Shengana National Forest Reserve (14.283 ha), leidet unter zunehmendem Bevölkerungsdruck. Die Forstbehörde konnte zwar die Verwüstungen durch Goldgräber beenden, indem 2000 Personen des Waldes verwiesen wurden [vgl. unten „Umweltschutz]. Vor allem die teuren Kampfer-Bäume werden aber weiter illegal gefällt und verkauft. Die Forstagentur bietet der Bevölkerung alternative Einkommensquellen an wie Fischerei, Bienen- und Schmetterlingszucht.

In der Singida-Region drangen Siedler in ein von Wahadzabe (Jäger und Sammler, auch Watindiga genannt) bewohntes Waldschutzgebiet ein, fällten und verbrannten Bäume und legten große Felder und Weideflächen an. Der Distriktchef forderte sie zum Verlassen des Schutzgebietes auf. Die Eindringlinge sammelten einen hohen Geldbetrag, um ihr Anliegen an höherer Stelle durchzusetzen.

Im Karatu-Distrikt herrscht wegen der Nähe des Ngorongoro- und des Serengeti-Nationalparks ein Bauboom. Daher hat sich eine umfangreiche Backstein-Industrie entwickelt. Es gibt 32 Tongruben, jede mit bis zu 30 Brennöfen. Schätzungsweise werden zum Brennen der Backsteine jeden Monat 32.000 t Holz verbrannt. Der Distrikt verliert damit monatlich etwa 1000 ha Waldfläche. Diese Wälder sind Wasserreservoirs für Mto wa Mbu, Makuyuni und Monduli. Mit den schwindenden Niederschlägen gingen die Getreide- und Maiserträge bereits deutlich zurück.

Die Ngorongoro-Naturschutzbehörde kaufte eine südafrikanische hydraulische Backsteinpresse, die das Brennen überflüssig macht. Sie wird an Interessenten ausgeliehen, sofern sie nachweisen, dass sie 50 Bäume angepflanzt haben. Neue Baugenehmigungen sollen nur noch mit der Auflage erteilt werden, die umweltschonenden Baustoffe zu verwenden.

Citizen 28.,29.05.; 20.08.14; DN 16.,25.,26.12.13; 01.02.; 27.05.; 23.07.; 02.,11.09.14; Guardian 25.01.; 03,13..04.14

Seen und Gewässer

Die Flusspferde im Manyarasee (Tarangire-Nationalpark) sind gefährdet, weil an den Zuflüssen immer mehr Wasser für Reisanbau in Mto wa Mbu und für Touristenhotels abgezweigt wird. Wegen rapider Entwaldung des Berglands führen von früher 15 nur noch 5 Zuflüsse bescheidene Wassermengen in den See. Die Chefin der Parkverwaltung erwartet, dass der wegen seiner vielfältigen Vogelpopulation bekannte See in 50 Jahren verschwunden sein wird, wenn nicht entschiedene Rettungsmaßnahmen greifen.

Fischer brachten Chemikalien und Insektizide in den Babati-See ein, um mehr Fische zu fangen. Tausende tote Fische trieben an der Oberfläche. Dies, obwohl der See für 6 Monate für alle Aktivitäten wie Fischen, Waschen und Trinkwasserentnahme gesperrt war. Die Manyara-Region produzierte bisher etwa 10.000 t Fisch pro Jahr. In jüngster Zeit waren Einkäufer aus der DR Congo und Kenya in Babati, um möglichst viel Fisch zu kaufen.

Der Stadtrat von Ilemela (Mwanza) forderte Bevölkerung und Industriebetriebe (namentlich Nyakato-Fischverarbeitung, Coca-Cola und Serengeti-Brauerei) auf, keine Abwässer mehr in das Nyashishi-Feuchtgebiet einzuleiten.

Arusha Times 09.,19.06.14; DN 24.,31.03.14; Guardian 23.06.14