Schwerpunktthema Umwelt II: Klimawandel und Nationalparks: Wilderei und Umweltkriminalität - 11/2014

Aus Tansania Information
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Regelverstöße

Der Chadema-Abgeordnete von Iringa Pfarrer P. Msigwa präsentierte Journalisten einen Videofilm mit schweren Verstößen gegen die Jagdgesetze. Dies zwang den Minister für Naturschätze und Tourismus, der beschuldigten Firma „Green Miles Safaris“ (aus den Vereinigten Arabischen Emiraten) sämtliche Jagdlizenzen zu entziehen. Wie der Film aus dem Internet bewies, hatten im Selous Wildreservat Personen ohne Jagdschein und Minderjährige (aus der königlichen Familie der Emirate) Tiere beschossen, darunter geschützte Vögel und Hyänen. Auch weibliche und Jungtiere waren verbotswidrig, teilweise mit Hilfe von Fahrzeugen und automatischen Waffen, getötet worden. Der Abgeordnete forderte den Minister auf, gegen untätige Wildschützer vorzugehen. Wenige Monate zuvor waren zwei hohe Wildschutz-Beamte suspendiert, dann aber reaktiviert worden. Zukünftig soll der Wildschutz der neuen „Wildschutzbehörde Tansanias“ (Tanzania Wildlife Authority) übertragen werden. Damit hofft man auf effektivere Maßnahmen. Manche begehrten Jagdreviere im Selous- und dem Natronsee-Gebiet sind zwischen arabischen und amerikanischen Jagdveranstaltern heiß umkämpft.

Mit einem Transportflugzeug der Luftwaffe Katars, das angeblich diplomatischen Status hatte, wurden 152 Wildtiere, darunter 4 Giraffen, im Wert von TZS 170 Mill. vom Kilimanjaro Flughafen nach Doha gebracht. Dies geschah gegen bestehende Gesetze Tansanias.

Citizen 12.,14.07.; 30.08.14; Guardian 12.,14.07.14;

Strukturen und Netzwerke - Korruption

Der Minister für Naturschätze und Tourismus sagte, Korruption und Unmoral hätten extreme Ausmaße erreicht. Der illegale Elfenbeinhandel könne nur bekämpft werden, wenn korrupte Mitarbeitende in Nationalparks, Häfen und Flughäfen sowie die Auftraggeber, einige Politiker und Leute aus der Führungselite, die das illegale Netzwerk decken, kompromisslos verfolgt würden. Zwar wurden seit 2010 4.066 Wilderer verhaftet und 1899 Waffen beschlagnahmt. Dies seien jedoch nur die „kleinen Fische“, die „großen Haie schwimmen weiter in einem Meer der Täuschung und Verschleierung“.

So habe ein hochgestellter Kriminalbeamter in Arusha zwei wegen Trophäenschmuggels verhaftete Saudis gegen die Vorschriften freigelassen. Immerhin wurden 21 Wildhüter, die mit Wilderern kooperiert hatten, entlassen.

Auch Präsident Kikwete erklärte in einem BBC-Interview, Chef des nordtansanischen Wilderer-Netzwerks sei ein renommierter Geschäftsmann in Arusha. Dieses Netzwerk beziehe benachbarte Länder mit ein. Die tansanische Opposition fragt, warum die Namen der Verdächtigten nicht öffentlich gemacht werden.

In jüngerer Zeit finanzieren sich Bürgerkriegs-Milizen und Terrororganisationen auch durch den lukrativen Handel mit Elfenbein. Die Akteure können dabei offenbar problemlos über Landesgrenzen hinweg Schmuggelware, Gelder und Waffen transferieren. Ein Bericht amerikanischer Schutzorganisationen („Born free“, „C4ADS“) identifiziert Dar-Es-Salaam und Sansibar nach Mombasa (Kenia) als die wichtigsten Häfen für Großexporte illegalen Elfenbeins. In etwa 100 Containern jährlich wird von hier aus der Großteil der Ware nach Asien verschifft. Der Bericht „Fluch des Elfenbeins – Die Militarisierung und Professionalisierung des Wilderns in Afrika“ findet auch, dass die jeweils 5 Jahre an tansanische und ausländische Unternehmen vermieteten Jagdreviere viel zu wenig kontrolliert werden. Die Jagdlizenzen würden vielfach missbraucht. Tansanias Stabilität werde durch das Eindringen organisierter Verbrecherringe gefährdet. Ein Bericht der UN-Umweltschutz-Organisation UNEP schätzt, dass weltweit $ 213 Mrd. durch Umweltkriminalität umgesetzt werden. Dies trägt zur Verarmung vieler afrikanischer Länder bei.

Ein weiterer Bericht von „Born Free“ mit dem Titel „Kriminalisierung des afrikanischen Elfenbeinhandels“ stellt fest, dass an sehr vielen Stellen der kriminellen Handelswege Chinesen tätig sind. So wurden Ende 2013 drei Chinesen festgenommen, als sie 797 Stoßzähne außer Landes bringen wollten. Ein weiterer Chinese wurde mit 81 Stoßzähnen im Hafen von DSM ertappt. Der chinesische Botschafter in TZ betonte jedoch, China habe strikte Gesetze gegen illegalen Handel mit Wildtieren und arbeite erfolgreich gegen Gesetzesbrecher.

Der Journalist und Herausgeber des Monatsmagazins „Africa Tomorrow“ C. Kidanka musste sich und seine Familie an einem unbekannten Ort verbergen. Er hatte wiederholt Morddrohungen erhalten. Zuletzt bedrohten ihn Unbekannte mit vorgehaltener Waffe mit dem Tod, falls er seine Nachforschungen über den illegalen Trophäenhandel nicht einstelle.

Der Chef der CITES (Handelsvereinbarung zu gefährdeten Arten) lobte Kenia, Tansania und Uganda für deren Kampf gegen Wilderei und Trophäenschmuggel. Erstmals sei in Ostafrika mehr illegales Elfenbein beschlagnahmt worden als in Asien.

Business Times 11.07.; 05.09.14; Citizen 12.,15.05.; 26.06.; 12.07.14; DN 19.10.13; 09.01.; 03.03.14; Guardian 13.09.13; 15.02.; 13.,19.03.; 27.04.14; Voice of America 21.04.14

Gegenmaßnahmen: international

Im Februar 2014 konferierten mehr als 40 Länder bezüglich der Bekämpfung des illegalen Trophäenhandels, darunter auch China und Vietnam, die beiden größten Märkte. Die „Londoner Erklärung“ verlangt entschlossene Schritte, den Handel mit Nashorn-Hörnern, Tigerklauen und Elefanten-Stoßzähnen zu kontrollieren. Schätzungsweise werden in diesem Bereich jährlich € 10 bis 14 Mrd. umgesetzt. Ein Handelsverbot konnte nicht erreicht werden.

Mit Hilfe des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) etabliert Tansania einen Sammelfonds für die Erhaltung der Tierwelt. Damit soll die internationale Hilfe transparent verwaltet und koordiniert werden. China, Deutschland, England, die EU, Japan, Norwegen und die USA versprachen Unterstützung.

Die amerikanische Handelskammer in Tansania will von Geschäfts- und Privatleuten Geld für den Kampf gegen Wilderei einwerben. Der US-Milliardär W. Buffet spendete TZS 8,6 Mrd. (€4,1 Mill.). Das Geld soll für Hubschrauber, Fahrzeuge, Fernrohre und Ausbildung verwendet werden.

Die Frankfurter Zoologische Gesellschaft stellte 11 Geländefahrzeuge für den Wildschutz zur Verfügung. Dies ist Teil eines € 20 Mill.-Pakets für die nächsten 5 Jahre. Die ZGF engagiert sich seit 1950 im Natur- und Wildschutz in Ostafrika.

Citizen 15.02.; 12.03.; 12.05.14; DN 11.04.; 03.10.14; Guardian 12.03.; 12.04.14

Maßnahmen auf nationaler Ebene

Präsident Kikwete hob hervor, dass Tansania fast 40% seiner Fläche (159, 817 km²) als Schutzgebiete ausgewiesen hat. Dies bedeute, dass sehr viel mehr Personal benötigt wird. Zur Zeit sei eine Person für 168 km² verantwortlich. Bis 2016 sollen 4.000 Wildschützer im Einsatz sein (derzeit 1.155). Der Schutz der Wildtiere wird reorganisiert. Anstelle der Tierschutzabteilung im Ministerium für Naturschätze tritt eine selbständige Wildschutz-Behörde (Tanzania Wildlife Authority). Die bisherige Sondereinheit gegen Wilderei wird ersetzt durch eine interministerielle Arbeitsgruppe. Insgesamt sollen 935 neue Wildschützer eingestellt werden.

Die „Privatwirtschaftliche Stiftung“ schlug vor, Drohnen für die nächtliche Kontrolle in Nationalparks einzusetzen und zu finanzieren. Solche Beobachtungsgeräte werden in Kenia und Südafrika mit Erfolg verwendet. Besonders der Tourismussektor mit 300.000 Arbeitsplätzen ist daran interessiert, den Wildbestand zu erhalten. Der Tourismus erwirtschaftet 17% des Bruttoinlandsprodukts. Erste Versuche mit Drohnen fanden in Zusammenarbeit mit der African Wildlife Foundation im Tarangire-Nationalpark statt. Die Flugkörper können Video- und Infrarot-Aufnahmen übermitteln und Beweise sichern.

Christliche und islamische Geistliche versprachen, den Wildschutz in Predigt und Unterricht zu thematisieren. Die Bewahrung der Schöpfung sei allen Religionen ein zentrales Anliegen.

Das Wildschutz-Ausbildungs-Institut Pansiansi (bei Mwanza) wird ausgebaut und modernisiert. Es vermittelt den künftigen Wildschützern auch eine Kampfausbildung für die Auseinandersetzung mit den modern bewaffneten Wilderern. Die Nationalparks-Behörde will allen 2.200 Mitarbeitenden eine viermonatige paramilitärische Ausbildung vermitteln. Manche Kommentare vermuten allerdings, das rabiate Vorgehen gegen ertappte Wilderer diene dazu, Zeugen zu beseitigen, die auf die Hintermänner der kriminellen Netzwerke verweisen könnten.

Arusha Times 10.09.14; Citizen 10.,12.05.14; DN 12.03.; 11.05.14; Guardian 10.02.; 17.05.; 22.,23.08.14