Zur Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane (FGM): Lage, Aktionen - 05/2007

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Zur Lage

Laut offizieller Statistik werden immer weniger Mädchen beschnitten. 1996 waren es 18 %, 2005 15%. "Man muss noch mehr tun, bis diese Sitte ausgerottet ist", erwartet die Direktorin des Verbandes der tansanischen Medienfrauen (TAMWA). NROs meinen, diese Entwicklung sei den anhaltenden Aufklärungskampagnen zu verdanken. Z. B. hätten in der Kilimanjaro-Region 190 Beschneiderinnen ihren Beruf aufgegeben. In mindestens 16 Ländern Afrikas ist die FGM verboten, in Tansania seit 1998 ein Gesetz gegen sexuellen Missbrauch in Kraft. Einige Aktivistinnen baten die Regierung nun, mehr Haushaltsmittel zuzuteilen. Die Gesetzeshüter verfolgten die Fälle von FGM nicht, kritisierten sie. (DN 4.12.06; Guardian 4.12.06; IRIN 4.12.06)

Bei der Kampagne Null Toleranz gegen FGM berichtete die National Coalition against FGM, in der Manyara-Region seien 81 % der Mädchen und Frauen beschnitten, in der Dodoma-Region 68 %, in der Arusha-Region 55 %, in der Singida-Region sei ihr Anteil seit 1996 von 25 % auf 43% gestiegen. Auch in den Regionen Kigoma, Mara und Morogoro sei die FGM noch sehr verbreitet. Doch insgesamt nehme sie ab. (Guardian 7.2.07)

Dokumentarfilm

Der Tansanische Verband der Medienfrauen (TAMWA) lud zu einer kostenlosen Vorführung der Swahili-Version des Films 'The Secret Pain' (swah: 'Kovu la Siri') ein. Es handelt sich um einen international anerkannten, im vergangen Jahr mit dem Amnesty International Award ausgezeichneten 75-minütigen Dokumentarfilm über FGM. Er bricht das Schweigen über dieses Ritual und zeigt, was Frauen im Namen der Kultur durchleiden. Die Vorführung ist Teil der TAMWA-Kampagne zur Förderung der Beteiligung von Medien und Gesellschaft bei der Ausrottung des FGM-Rituals und anderer schädlicher traditioneller Praktiken. Tansania ist das erste Land Afrikas, in dem der Film seit seiner Premiere in Dänemark Anfang 06 gezeigt wird. Demnächst soll er auch in Sierra Leone, dem Land, in dem er gedreht wurde, zu sehen sein. (Guardian 16./17.1.07)

Zu rechtlichen Schritten

Die Koordinatorin der Organisation National Anti-Female Genital Mutilation (NAFGEM) sagte, die Regierung müsse alle Interessenvertreter am Kampf gegen die FGM beteiligen, außerdem das Gesetz gegen sexuelle Übergriffe revidieren, denn einige Abschnitte seien unzureichend, z. B. folgender: Wenn jemand bei Frauen, die 18 Jahre oder darüber sind, FGM durchführt, kann man nicht rechtlich gegen diese Person vorgehen. Im Singida- und im Simanjiro-Distrikt stürben viele Frauen, weil sie in finsterer Nacht beschnitten werden. (Guardian 19.3.07)

Laut Tanzania Sexual Offences Special Provisions Act ist die FGM verboten. Wer für ein Mädchen unter 18 Jahren verantwortlich ist und veranlasst, dass bei diesem die FGM durchgeführt wird, ist der Grausamkeit gegen Kinder schuldig und wird zu Haft bis zu 15 Jahren, einem Bußgeld bis zu 300.000/- TSh oder beidem verurteilt. Dem Opfer ist zur Entschädigung eine Geldsumme zu zahlen. (Arusha Times 24.3.07)

FGM-Fachleute geben auf

Als Zeichen dafür, dass sie keine FGM mehr durchführen würden, übergaben neun ältere Frauen eines Dorfes im Arumeru-Distrikt, die ihren Lebensunterhalt bisher durch FGM verdient hatten, einige Beschneidungsgeräte. Eine 65-Jährige, die 30 Jahre lang FGM praktiziert hatte, sagte, sie habe keine Ahnung gehabt von den negativen Auswirkungen der FGM. Es stimme, dass viele mit dem HIV und anderen Krankheiten infiziert würden. Ohne dass man sie steril mache, würden die Instrumente mehrfach verwendet. Eine Anti-FGM-Aktivistin, Krankenschwester von Beruf, habe sie über die Auswirkungen der FGM informiert. Jede der neun Frauen bekam eine Milchkuh, damit sie nun auf andere Weise den Lebensunterhalt verdienen könne. (Arusha Times 24.3.07)

Pro und Contra (Interviews):

Lazaro

Es war ein Fehler, dass die Regierung die Mädchenbeschneidung, die jetzt FGM genannt wird, verbot. Diese Sitte gab es lange Jahre. Weil wir Maasai sahen, dass die Regierung uns schikaniert, uns europäische Sitten aufzwingt, beschneiden wir unsere Töchter nun in jungen Jahren, damit unsere Tradition bewahrt wird. Nie ist jemand deswegen gestorben. Die Regierung sollte die europäische Kultur ablegen und die tansanischen Traditionen ehren. Homosexualität sollte sie bekämpfen, nicht die Mädchenbeschneidung, die sie jetzt FGM nennen.

Zaina

Die Ursache der FGM ist Eifersucht. Manche Ethnien meinen, wenn Teile der weiblichen Organe entfernt werden, wird die Frau weniger von den Männern angezogen, ist sie nicht so scharf auf häufigen Geschlechtsverkehr. Auch wenn der Ehemann viele Tage verreist ist, bleibt sie absolut unberührt. Aber die FGM sollte abgeschafft werden.

Mussa

Ich stamme aus einer Ethnie, die FGM praktiziert, aber nicht in meinem Dorf. Meine Tanten waren Beschneiderinnen, doch sie gaben diesen Beruf auf. Ich bitte die Regierung, nicht zu kapitulieren, sondern eine Strategie zu entwickeln, die mit dieser Sitte Schluss macht.

Zongo

Im Kampf gegen die FGM sollte die Regierung die Zellen-Leiter und alle Säulen des FGM-Geschäfts beteiligen. In öffentlichen Versammlungen sollten die Leute sensibilisiert werden, nicht nur dadurch, dass man Künstler anstellt. Ihre Botschaft ist meistens flach.

Asha

Die Mädchenbeschneidung ist vielleicht eine der Stammestraditionen, die harmlos sind. Statt sie zu verbieten, sollte die Regierung versuchen, sie zu verbessern. Die Beschneiderinnen sollten moderne Geräte benützen, die nicht schaden. Wenn sie sich weigern, muss man rechtlich gegen sie vergehen.

Pascalina

Ohne Grund bekämpft die Regierung die Mädchenbeschneidung. Ist jemals jemand deshalb gestorben? Aber jetzt gibt es AIDS. Deshalb sollte man informieren, nicht verbieten. (Guardian 27.2.07)