Zur Arusha-Erklärung, Würdigung Nyereres - 09/2007

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Verleger in London und die Arusha-Erklärung

In London belebte eine Gruppe von Verlegern und Verlegerinnen die Arusha-Erklärung als eines der Schlüsseldokumente für die Emanzipation der Menschen im 20. Jahrhundert neu.

Eine Verlegerin hatte Nyereres Sohn Madaraka zu dieser Veranstaltung eingeladen. Er sollte über sein Aufwachsen als Sohn Nyereres berichten und über die guten Seiten des Lebens in einem Ujamaa-Dorf. Seit dem Tod seines Vaters am 14.10.99 lebt Madaraka in Butiama, dessen Geburtsort, wo er sich vor allem um den Hof der Familie kümmert.

In der Arusha-Erklärung geht es vor allem um Ujamaa, afrikanischen Familiensinn, um Eigenständigkeit und Kooperation. In einer Verlautbarung der Organisatoren der Veranstaltung in London heißt es: "Obwohl sie vor 40 Jahren geschrieben wurde, ist sie unübertroffen als Perspektive für Entwicklung in der gesamten Dritten Welt."

Fast 20 Jahre leitete die Arusha-Erklärung Tansanias politisches Denken, bis die CCM, die regierende Partei, sie 1986 zugunsten der Marktwirtschaft auf die Seite legte. Doch viele wirtschaftliche Veränderungsprogramme nehmen Bezug auf die hohen Sozialausgaben für Bildung, Gesundheit und Wasserversorgung. Nyerere sagte einmal, er habe die Arusha-Erklärung nach 1986 wiederholt durchgelesen und noch immer nichts änderungswürdiges gefunden, obwohl er manches anders machen würde, gäbe man ihm eine zweite Chance. (DN 17.6.07)

Parlamentarier zur Arusha-Erklärung

Die Parlamentsdebatte über den Haushaltsentwurf verwandelte sich einmal in ein Duell über Politik für die Armen, 'pro-poor policies'. Ein Chadema-Abgeordneter sagte, die Arusha-Erklärung sei vor mehr als 21 Jahren beerdigt worden, als man die Erklärung von Sansibar übernahm.

Dem widersprach ein CCM-Abgeordneter; er entgegnete, einige 'pro-poor policies' würden noch immer verwirklicht, z. B. kostenlose Primarschule und medizinische Versorgung von Schwangeren und Kleinkindern.

Der Chadema-Abgeordnete erwiderte, es gebe in Tansania keine Patrioten mehr, "alle wurden begraben. Jetzt haben wir Habgierige mit Luxusautos, hohen Häusern u. a. Überfluss." Damals sei es unmoralisch gewesen, als Vertreter der Regierung oder der Partei oder deren Ehepartner Mietshäuser zu besitzen und Geschäfte zu betreiben. Die Marktpolitik habe die Türen dafür weit aufgerissen. (DN 29.6.07)

Ehrungen in Erinnerung an Nyerere

Yoweri Museveni, Präsident von Uganda, verlieh Mwalimu Julius Nyerere für seinen heldenhaften Kampf um die Befreiung Afrikas posthum Ugandas höchste militärische Auszeichnung, den Katonga. Er brach in Tränen aus, als er Mama Maria, Nyereres Ehefrau, den Orden umhängte. Dabei nannte er Nyerere den größten Afrikaner und Schwarzen, der in den 500 Mio. Jahren der Menschheitsgeschichte lebte. Er sei ein großer Mobilisator, Nationalist, Visionär und Stratege gewesen und habe furchtlos für Afrika gekämpft. Ihm sei die Befreiung von 115 Mio. Menschen zu verdanken, vor allem derer im südlichen Afrika und in Uganda.

Museveni verlieh auch Mama Maria selbst einen hohen Orden Ugandas, außerdem dem Volk Tansanias, weil es Nyerere während seiner Regierung unterstützt habe. Diesen Orden überreichte er Präsident Kikwete. Die Tansanier liebten Mwalimu, sagte Kikwete. Sie seien Freunde eines jeden, der ihn liebt. "Mwalimu lebt in Tansania noch immer." Er sei bereit gewesen, allen zu helfen, denen ihre Rechte vorenthalten wurden. "Deshalb zögerte er nicht, bei der Vertreibung von Idi Amin zu helfen."

Bei der Verleihung der Orden waren außer Mama Maria fünf Kinder Nyereres und mehrere Enkel zugegen. (DN 11.7.07)

Kommentar aus einer ugandischen Zeitung

Museveni verlieh Nyerere für die Rolle, die er bei der Vertreibung des Diktators Idi Amin spielte, die höchste militärische Auszeichnung Ugandas. Hierfür verdient er diese Ehre bestimmt. Er war ein Staatsmann, der vielleicht mehr für andere Länder tat als für Tansania.

Zu Hause verstaatlichte er ausländische Banken, Plantagen und Produktionsstätten, obwohl er keine Fachleute hatte, sie zu betreiben. Er verdrängte Peace Corps und Missionslehrer aus den Sekundarschulen, obwohl er nicht genug tansanische Lehrkräfte mit angemessenen Englischkenntnissen hatte, sie zu ersetzen. Er zwang Landwirte in Ujamaa-Dörfer. Aber die kollektive Landwirtschaft funktionierte nicht. Er richtete die Coffee Marketing Association am Kilimanjaro, eine der beachtenswertesten Kooperativen Afrikas, zugrunde, weil sie nicht zu seiner sozialistischen Ideologie passte.

Doch außerhalb Tansanias war er im Ganzen erfolgreich. 1963 war er einer der Gründer der OAU, er beherbergte afrikanische Befreiungsbewegungen, z. B. die ANC und die PAC Südafrikas, die Frelimo Mosambiks, die ZANLA Simbabwes (und Robert Mugabe). Seit Mitte der 70er Jahre war er zusammen mit Kenneth Kaunda ein Förderer und Repräsentant der Frontstaaten, die den Kampf um die Herrschaft der schwarzen Mehrheit in Südafrika und Simbabwe unterstützte.

Aber sogar zu Hause war er - ungeachtet seiner zum Scheitern verurteilten Wirtschaftspolitik - ein unbestechlicher, aufrichtiger Staatsmann, der seine Taschen nicht mit Gold füllte, noch Tribalismus oder Rassismus Vorschub leistete. Er ist einer der seltenen führenden Leute Afrikas, die ihr Amt freiwillig übergaben. Dass er eingestand, die Ujamaa sei gescheitert, beweist ein hohes Maß an Ehrlichkeit. Unter führenden Leuten ist sie selten. (New Vision (Kampala) 11.7.07)