Schwerpunkt: Bildungswesen II – Primar- und Sekundarschulen: Vor- und Grundschulen - 08/2015
Bei einer 2013 von „Twaweza“ unter 325.000 Primarschülern in 150.000 ostafrikanischen Haushalten durchgeführte Erhebung schnitt Kenia am besten, Uganda am schlechtesten ab. Tansania lag im Mittelfeld. Der Bericht mit dem Titel „Lernen unsere Kinder?“ hält fest, dass in TZ unter den 10- bis 16-Jährigen 48% den Basistest im Lesen und Rechnen bestanden. Es fällt auf, dass die Ergebnisse umso besser ausfallen, je wohlhabender das Elternhaus ist. Außerdem ist im Vergleich zu 2010 keine Besserung zu erkennen. Fortschritte gab es bei der Schulbesuchs-Rate und der Gleichstellung von Jungen und Mädchen.
DN 14.05.15
Kindergarten für alle
Die Sachbearbeiter jedes Dorfes sollen alle Kinder ab 5 Jahren erfassen und sicherstellen, dass sie ein Jahr lang einen Kindergarten als Vorbereitung auf die Grundschule besuchen.
Psychologen warnen vor dem Trend, schon sehr kleine Kinder (ab drei Jahren) in manchmal weit entfernte Internate zu geben. Dies sei Folge des modernen Lebensstils und der Schwierigkeit, geeignete Aufsichtspersonen für Kinder zu finden, wenn beide Eltern berufstätig sind. Zunehmend spielen dabei auch Eheprobleme eine Rolle. Die Vorteile einer englischsprachigen Früherziehung würden durch die emotionalen Probleme der von ihren Eltern getrennten Kinder zunichte gemacht. Solche Kinder neigten mit größerer Wahrscheinlichkeit zu riskantem Sexualverhalten, Alkohol- oder Drogenmissbrauch und Kriminalität. Kinder sollten nicht vor dem 10. Lebensjahr dauerhaft von der Familie getrennt werden.
Arusha Times 21.06.14; Citizen 08.07.14; DN 25.05.14; Guardian 22.06.14; 06.06.15
Gesundheitsprüfung
Alle Grundschüler werden vor der Einschulung eine Untersuchung in einem „Unterstützungs- und Begutachtungszentrum“ durchlaufen. Dabei will man vor allem Defizite und Behinderungen erkennen. Kinder mit leichteren Einschränkungen sollen Normalschulen besuchen. Solche mit ausgeprägten Behinderungen erhalten Sonderschul-Unterricht. Dies ist bisher nur bei 5% der Betroffenen der Fall. Oft werden sie noch von uninformierten Eltern und Lehrern wegen ihrer Defizite bestraft. Guardian 20.06.14
Ausstattungsmängel
Gravierende Ausstattungsmängel an Schulen veranlassten teils drastische Aktionen. Die Lehrkräfte einer Grundschule im Hinterland von Dodoma stellten der Regierung ein Ultimatum von 2 Wochen. Falls nichts geschehe würden sie die Schule schließen. Sie forderten Lehrerwohnungen, Schultafeln und regensichere Klassenräume. Das Welternährungsprogramm hatte seine Schulspeisung eingestellt, nachdem die Dorfbewohner kein Lager für die Nahrungsmittel errichtet hatten. World Vision lieferte die vorgesehenen Dachbleche nicht, weil die Bevölkerung ihren Beitrag an Arbeitsstunden nicht leistete.
Schüler einer Grundschule im Misungwi-Distrikt blockierten den Konvoi des Mwanza-Regionalchefs und verlangten ausreichend Trinkwasser und Schulbänke. Für 470 Schüler/innen gibt es 48 Sitzplätze. Die Distriktchefin erklärte die Probleme mit ausbleibenden Eltern-Beiträgen. Der Schulinspektor des Distrikts konnte seine Schulen nicht besuchen, weil er keine Zuweisung für Reisekosten erhielt.
Die Chefin der Schulinspektoren erklärte, nur ein Bruchteil der vorgesehenen Schulbesuche finde statt, weil die Inspektoren ihr Reisebudget nicht oder nur teilweise erhielten. Auch die Zahl der Schulinspektoren reiche nicht aus. Statt der 1200 Inspektoren müssten es mindestens 1500 sein, um alle pädagogischen Institutionen auch nur alle zwei Jahre zu überprüfen.
In einer Grundschule in Geita teilen sich 300 Schüler eine Latrine, je 250 einen Klassenraum. Manche verfolgen den Unterricht von außen durch das Fenster ihrer Klasse; Lehrer können sich im überfüllten Schulraum nicht bewegen. Eine Primarschule im Bukombe-Distrikt (Geita-Region) hat seit 2009 für 569 Schüler und 15 Lehrkräfte keine einzige Latrine.
Die Schüler einer Grundschule in Sumbawanga bleiben dem Unterricht zunehmend fern, weil die Schullatrinen außer Betrieb sind. Die 1000 Kinder müssen sich in der Umgebung unter peinlichen und gefährlichen Umständen erleichtern. Der Schulleiter forderte die Eltern auf, je TZS 8000 für neue Toilettenanlagen zu spenden.
Wegen der rasant wachsenden Schülerzahlen drängen sich im Unguja-Westdistrikt (Sansibar) bis zu 150 Grundschüler in einem Klassenraum. Südkorea hilft beim Bau neuer Schulräume.
Premier M. Pinda sagte, in den tansanischen Grundschulen fehlten 1,4 Mill. Schulbänke. Die Regierung hat 50.000 Bänke aus Hartplastik und 60.000 aus Stahlprofilen bestellt. Die Distrikte sollen das Recht erhalten, Holz für Schulbänke in geschützten Wäldern einzuschlagen.
Citizen 04.,28.05.14; 18.01.15; DN 29.01.; 08.04.; 07.,20.07.15; Guardian 14.09.; 20.11.14; 17.05.15
Eltern- / Lehrer-Probleme
Der Moshi-Distriktschef kritisierte Eltern, die ihre Kinder veranlassten, in der Grundschule schlecht abzuschneiden, um die Kosten für eine folgende Sekundarschulzeit zu sparen. Dies werde besonders unter Maasai und in Kibosho beobachtet.
Immerhin berichten 70% der Schüler, dass ihre Eltern oder Erzieher ihre Hausaufgaben häufig oder immer kontrollieren. Allerdings erhalten nur 31% der Schüler regelmäßig Hausaufgaben. Viele Eltern sehen sich gezwungen, hohe Nachhilfe-Kosten (TZS 15.000 bis 30.000 / Monat) zu erbringen, damit ihre Kinder ausreichende Grundschul-Kenntnisse erwerben. Die Lehrer bieten ihren Schülern bezahlte Nachhilfe („Tuition“) von 6:30 bis 7:30 h und von 15 bis 17 h an, manche auch Abends. Manche sollen ihren regulären Unterricht zugunsten der extra bezahlten Nachhilfe vernachlässigen.
Nach einer Umfrage von „Twaweza“ 2014 berichten nur 30% der Schüler, dass ihr Lehrer am Vortag während der ganzen Schulzeit anwesend war. 70% überließen demnach ihre Klasse zeitweise sich selbst.
Twaweza weist darauf hin, dass Jungen und Mädchen der Primarstufe gleich schlecht abschneiden, jedoch große Unterschiede zwischen Stadt und Land bestehen. So bestanden 2014 in den Städten 71% die Prüfung in Kiswahili und Rechnen, während es in dörflichen Schulen nur 50% waren. Kinder aus wohlhabenden Familien schneiden doppelt so gut ab wie arme Kinder.
Ein Pädagoge der Uni DSM wies darauf hin, dass die relativ gute Einschulungsrate Tansanias nicht über die gravierenden Infrastruktur-Mängel hinwegtäuschen dürfe. Neben der Schülerzahl komme es vor allem auf die erworbenen Kenntnisse an.
DN 07.04.15; Guardian 09.02.; 19.04.; 02.,13.07.14
Erfolge
Eine blinde Schülerin im Chamwino-Distrikt (Dodoma) bestand das Grundschul-Examen als Beste ihres Bezirks. Sie führt ihren Erfolg darauf zurück, dass sie lernte, während ihre nicht sehbehinderten Altersgenossen Fernseh-Serien verfolgten. Die 14-Jährige will Rechtsanwältin werden, um die Rechte behinderter Kinder zu verteidigen. Bisher besuchen nur etwa 5% aller Kinder mit Behinderung eine der wenigen Sonderschulen. Die blinde Star-Schülerin verlangt eine inklusive Schulbildung, wo Normalschulen so ausgestattet sind, dass sie auch Behinderte erfolgreich besuchen können.
Die Manyara-Internatsschule erzielte zum fünften Mal die besten Ergebnisse im Monduli-Distrikt. Ihre 944 Schüler/innen (darunter 353 Mädchen) kommen aus Maasai-Familien, die im Wildschutz-Korridor zwischen Tarangire- und Manyara-Nationalpark leben. Die Internatsschule wird vom „African Wildlife Fund“ unterhalten. Die Schule sucht Spender für einen Zaun um das Schulgelände, damit die Kinder die Pausen ohne Gefährdung durch Wildtiere im Freien verbringen können.
Der US-Milliardär B. Austin finanzierte drei Grundschulen für Maasai-Kinder im Simanjiro-Distrikt; die jüngste in Loibosiret. 79 Schüler/innen wird dadurch ein Schulweg von bis zu 15 km erspart und regelmäßiger Schulbesuch ermöglicht.
Das Bildungsministerium betreibt in Zusammenarbeit mit der finnischen Metropolia Univerität in der Iringa-Region das „SunEdu-Projekt“. Es erprobt solarbetriebene e-book-reader als preisgünstige Träger für Lehrbücher und Arbeitsmaterialien. Auch ein einfacher Internet-Zugang ist dadurch unabhängig vom Stromnetz möglich.
Die UNESCO-Beauftragte für TZ besuchte die Mitindo-Primarschule bei Mwanza. Dort werden behinderte Schüler betreut, darunter 81 Kinder mit Albinismus, das Jüngste drei Jahre alt. Sie wurden hier in Sicherheit gebracht, nachdem in der Region wiederholt Albino-Kinder angegriffen worden waren. Die Regierung wendet für diese Sonderschule monatlich TZS 10 Mill. auf.
In einer Twaweza-Umfrage urteilten 64%, dass die Primarschule ausreichend auf die Sekundarschule vorbereite.
Business Times 10.04.15; Citizen 17.05.; 17.07.15; DN 16.04.; 25.05.15; Guardian 17.11.14; SciDev.Net 23. 03.15