Religionsgruppen und Staat, Muslime und Christen - 03/2011

Aus Tansania Information
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Anmerkungen einiger Regierungsvertreter

Premierminister Pinda sagte bei einer Veranstaltung mit Ältesten und Verantwortungsträgern der Religionsgruppen, die Allgemeine Wahl im letzten Jahr sei nicht so störungsfrei durchgeführt worden, wie man erwartet hatte; es habe viele Herausforderungen gegeben, einige verursacht von der Religion. Im Namen der CCM und der Regierung bitte er um Entschuldigung. "Es war nicht Absicht, wenn einige Kandidaten den Glauben anderer verletzten." In Sumbawanga (Rukwa-Region), Hai und Same (Kilimanjaro-Region) sei der Glaube angegriffen worden. CCM und Regierung hätten ihre Lektion gelernt. Die Ältesten sollten sich mit den Verantwortungsträgern der Parteien und der Religionsgruppen zusammensetzen und neue Strategien entwerfen, die hässlichen Zwischenfälle in Zukunft vermeiden. "Wir müssen nun die Wunden heilen", sagte er. (DN 4.1.11)

Staatsminister Wasira überbrachte bei der Einführung eines Bischofs ein besonderes Grußwort Kikwetes. Er sagte, die Regierung benötige die Kooperation von Geistlichen und staatlichen Organen, damit die Nation friedlich und geeint bleibe. "Wir in der Regierung wollen mit den Geistlichen als Partner kooperieren. Zögert nicht, uns zu beraten, wenn wir uns irren." Es sei wichtig, dass die Verantwortungsträger der Religionsgruppen für Frieden, spirituelle und soziale Entwicklung sorgen. (DN 10.1.11)

Anmerkungen von Ältesten

Vor dem Hintergrund der Unruhen am 5.1.11 in Arusha <Siehe Tans,-Inf. 2/11 S. 6> äußerten Älteste Dar-es-Salaams in einer Erklärung, Politiker und alle Tansanier sollten das Gesetz achten, um Zusammenstöße mit Sicherheitsorganen und Unfrieden zu vermeiden. Man sei besorgt wegen der Erklärung der Bischöfe. Sie beschäftigten sich nun mit politischen Fragen. "Wir bitten die Bischöfe und anderen Geistlichen, die Politik den Politikern zu überlassen." (DN 11.1.11)

Anmerkungen der Evang.-Luth. Kirche in Tansania (ELCT)

Die ELCT schließt sich der massiven Verurteilung der Regierung wegen des Erschießens während der von der Chadema in Arusha organisierten Demonstration an. Bischof Shao (ELCT-Norddiözese) sagte, die ELCT unterstütze die Erklärung anderer Kirchenführer, die die Tötung verurteile, voll und ganz. Er bat Premierminister Pinda, zu intervenieren und die Konfliktparteien an einen Tisch zu bringen. Bischof Laizer (ELCT-Nordzentraldiözese) sagte, die Bürgermeisterwahl sei fehlerhaft gewesen. Er begrüße den Rücktritt des zum Stellvertretenden Bürgermeister ernannten TLP-Mitglieds und fordere das zum Bürgermeister gewählte CCM-Mitglied auf, ebenfalls zurückzutreten, um seine Unbescholtenheit zu schützen. (Citizen 11.1.11)

Anmerkungen muslimischer Verantwortungsträger

Der National Muslim Council (Bakwata) äußerte in einer Erklärung, man sei besorgt wegen des Verlusts von Leben, wegen Vandalismus und Unfrieden infolge der Demonstration in Arusha. Es sei bedauerlich, dass die Bischöfe bei den Einwohnern von Arusha offenbar noch mehr Missverständnisse verursachten. (DN 11.1.11)

In der Erklärung eines National Islamic Treffens wird der Regierung geraten, zu intervenieren und die Bischöfe daran zu hindern, sich in Entscheidungen der Regierung einzumischen. Das stürze Tansania u. U. in ernsthafte religiös begründete Konflikte und politische Krisen. Unternimmt die Regierung nichts, um die Bischöfe in die Schranken zu weisen, seien die Muslime gezwungen, selbst tätig zu werden. Wird die neue Verfassung ohne Beteiligung der Muslime verfasst, würden die Anliegen der Muslime nicht aufgenommen, denn das gesamte Regierungssystem werde von der Kirche bestimmt. "Muslime aus dem ganzen Land müssen alle ihnen zugefügten Ungerechtigkeiten auflisten und darum kämpfen, sie abzuwenden und Entschädigung zu erhalten. Es werde verkündet, Tansania sei eine Nation, in Wirklichkeit aber gebe es zwei Gesellschaften mit unterschiedlichen Rechten. Weil es die Bischöfe irritiert hätte, tat die Regierung nichts in Bezug auf Kadi-Gerichte und OIC-Beitritt."

Ein anderer Scheich sagte, kann die Regierung die Einmischung der Bischöfe nicht stoppen, helfen die Muslime, sie zum Schweigen zu bringen. Sogar als die Bischöfe bei der Wahl einen Kandidaten aufgrund seiner Religionszugehörigkeit unterstützten, was ein Verstoß gegen die Verfassung sei, verzieh die Regierung den kirchlichen Verantwortungsträgern weiterhin. Die Ereignisse in Arusha hätten das Vorurteil der Bischöfe in dieser Angelegenheit gezeigt. Ursache sei allein die Tatsache, dass ihr Kandidat bei der Präsidentenwahl nicht siegte. An dem Treffen nahmen Geistliche, Vertreter des Bakwata und anderer muslimischer Organisationen und Konfessionen und viele normale Muslime teil. (DN 17.1.11)

In einer Erklärung rief der Bakwata Muslime, Christen und andere Religionsgruppen auf, in Religionsfragen Toleranz zu üben. Einige beurteilten führende Leute der Regierung aufgrund ihres Glaubens. Die Christen, vor allem die Bischöfe und anderen Geistlichen, sollten dem Präsidenten gegenüber tolerant sein. Er ist ein Muslim. Seit der Unabhängigkeit tolerierten die Muslime alle christlichen Führungspersönlichkeiten und gehorchten ihnen, beurteilten sie aufgrund ihrer Integrität, nicht ihrer Religion. Die Christen sollten die Muslime nachahmen. "Wir tolerierten viel, auch dass es Chris-ten erlaubt wurde, anderen internationalen Organisationen, die den Kirchen helfen, beizutreten", sagte Oberscheich Mufti Issa Simba. "Aber die Bischöfe waren gegen den Beschluss, Kadi-Gerichte einzuführen oder der Organisation Islamic Conferences (OIC) beizutreten", obwohl wir einen Botschafter des Vatikans haben, was den Christen nütze.

Diese Erklärung kommt inmitten wachsender Sorgen wegen schwindender Toleranz in Religionsfragen. (DN 24.1.11; Citizen 24.1.11)

Aus Leserbriefen

- Verdient jemand Tadel, so sind es die religiösen Verantwortungsträger selbst. Einige zeigten in ihren in der Öffentlichkeit gemachten Äußerungen deutlich ihre Vorliebe für eine bestimmte Partei. Die Gläubigen anderer Glaubensüberzeugungen bekamen das Gefühl, es gebe ein Abkommen zwischen den betreffenden Geistlichen und den von ihnen unterstützten Politikern.

- Es ist nicht wahr, dass die Tansanier einander wegen ihrer Religion hassen. Die Politiker haben die Last, das Volk zu einen. Sie sollten bessere Strategien entwickeln, statt die Religion zu verwenden, um auf billige Weise Popularität zu erlangen.

- Zwischen Christen und Muslimen herrscht weiterhin gutes gegenseitiges Verständnis. Woher kommt diese Meinung, es gebe Hass aufgrund von Religion? Ich denke, einige Politiker benützen solche falschen Annahmen, um uns zu spalten.

- Die Regierung verdient Tadel, weil sie nicht schnell interveniert hat und nicht strikt vorgegangen ist gegen diejenigen, die religiöse Differenzen schürten. Manche Geistliche und Medien missbrauchen ihre Plattform und Redefreiheit, um Hass unter den Tansaniern zu propagieren.

- Man muss die Politiker kritisieren, weil sie ihre Propaganda in die Gotteshäuser tragen. (Citizen 5.2.11)

Treffen Geistlicher zum Frieden

Unter dem Thema 'Die Rolle der Geistlichen bei der Pflege des Friedens in Tansania' trafen sich Mitglieder des National Inter-religious Committee. Ihr Vizevorsitzender sagte, es gehe auch um die Wurzel der Probleme, nämlich das Fehlen wirtschaftlichen Gleichgewichts.

Muslimische und christliche Geistliche hielten Vorträge.

Ein Zehnpunkte-Communiqué legt dar, wie Differenzen aufgrund von Religion verringert werden können. Geht es um Angelegenheiten von landesweitem Interesse, müssen die Repräsentanten der Religionsgemeinschaften mit einer gemeinsamen Stimme sprechen. In Bezug auf Toleranz und Einigkeit müssen sie Vorbilder sein. Keinesfalls dürfen sie sich von Politikern oder Parteien für politische Erfolge missbrauchen lassen. Einstimmig beschlossen die Delegierten, im Fall von Missverständnissen eine Kultur des Dialogs zu pflegen, zusammenzuarbeiten und einander zu respektieren. Sie vereinbarten, gemeinsame Gebetsversammlungen für den Frieden der Landes u. a. zu organisieren. Sie wollen die Regierung an ihre Verantwortung, Probleme rechtzeitig anzugehen, erinnern.(DN 8./10.2.11; Guardian 8./10.2.11; Citizen 8.2.11)

Muslime zu Dialog und Spannungen

Beim zentralen Maulid-Gebet sagte Vizepräsident Bilal, die Muslime sollten rechtschaffen sein und sich wie der Prophet Mohammed (SAW) für Frieden und Einheit einsetzen. Er habe zu interreligiösem Dialog und religiösem Pluralismus ermutigt. Bilal drängte die Muslime, die Beziehungen untereinander und mit anderen Religionsgruppen zu verbessern. Wenn sie mit Menschen anderen Glaubens diskutierten, sollten sie das "bitte in Güte tun, wie uns der Allmächtige angewiesen hat". Er lobte das Treffen zum Frieden, gratulierte denen, die die Initiative für Förderung interreligiöser Kooperation ergriffen.

Bei der Maulid-Baraza bat der Bakwata die Regierung, ehe die Lage außer Kontrolle ge-rät, eine Sonderkommission einzusetzen, die die wachsenden religiös bedingen Animositäten in der Gesellschaft untersucht. Sie solle auch raten, was man tun könne. (Guardian 17.2.11; Citizen 17.2.11)

Katholiken zur Einheit

Bei der Weihe des Bischofs der katholischen Bunda-Diözese (Mara-Region) betonte Bischof Ruwa'ichi, Präsident der Tanzania Episcopal Conference (TEC), die Kirche werde sich weiterhin für die Einheit der Nation und für religiösen Pluralismus einsetzen. Damit reagierte er auf Behauptungen, die Kirche fördere in Tansania religiös bedingte Spaltung. (Guardian 22..2.11)

Kommentar

Einige Beobachter tun das, was manche für Zeichen von Spaltungen zwischen christlichen und muslimischen Verantwortungsträgern halten, als politische Machenschaft ab. Schuld seien Politiker.

In Interviews äußerte die überwältigende Mehrheit, seit der Unabhängigkeitserklärung vor nahezu 50 Jahren hätten die Tansanier trotz ethnischer, religiöser und anderer Unterschiede friedlich miteinander gelebt. Nun würden sie auf einen Kampfplatz voll von Gefahren gestoßen.

Der Generalsekretär der CCM sagte, man solle die Sache den Verantwortungsträgern der Religionsgruppen überlassen. "Wir haben ein Komitee der Scheichs und eines der Bischöfe. Sie werden diese Dinge selbst in Ordnung bringen."

Seit der Wahl am 31.10.10 nahmen Scheichs und Bischöfe in öffentlichen Debatten in Bezug auf religiös bedingte Konflikte gegenteilige Standpunkte ein. Vor allem seit die Polizei während einer Demonstration der Chadema in Arusha drei Personen erschossen hatte, wird einigen Geistlichen vorgeworfen, lediglich aus religiösen Gründen unterstützten sie einen bestimmten Präsidentschaftskandidaten.

Verantwortliche der Religionsgruppen, Repräsentanten der größeren Parteien und Experten interreligiöser Beziehungen bitten Präsident Kikwete nun, einzugreifen und die Spannungen zu entschärfen. (Citizen 23.1.11)

Reginald Mengi, IPP-Exukutivvorsitzender, sagte vor Tausenden von Einwohnern Arushas, es sei nicht im Interesse der Nation, wenn jede Gruppe oder jeder Einzelne seine eigene Erklärung abgibt, und, was noch schlimmer sei, mit dem Finger auf andere deutet. (Guardian 24.1.11)