Zu Strafverfolgung, Haftbedingungen - 08/2009

Aus Tansania Information
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Zur Lage

Aus einem Bericht des Legal and Human Rights Centre (LHRC) 2008: Mindestens 286 Inhaftierte sind zum Tod verurteilt, 14 von ihnen seit mehr als 10 Jahren. Tansania ist eines der 25 Länder, die noch an der Todesstrafe festhalten.

Immer mehr Menschen fallen Lynchmorden zum Opfer. Die Ursachen sind wahrscheinlich fehlendes Vertrauen zur Polizei und zu ihrem Umgang mit Kriminalität, Unkenntnis der Gesetze, und die weite Entfernung zur Polizeistation.

Die meisten Tansanier kennen die Gesetze nicht, denn fast alle sind in englischer Sprache verfasst; doch die meisten sind nicht mit ihr vertraut.

Es gibt in Tansania nur 1.071 Anwälte; fast alle stehen lediglich in den Regionen Arusha und Dar-es-Salaam zur Verfügung.

Eine Mitarbeiterin des Zanzibar Legal and Human Rights Centre (ZLHRC) berichtete, auf den Inseln nähmen häusliche Gewalt, incl. Vergewaltigung zu. Auf Pemba gebe es keinen einzigen Anwalt. (DN 27.4.09; Express 5.6.09)

Amnestie

Anlässlich des 45. Jahrestages der Union, des Zusammenschlusses Tanganjikas mit Sansibar, begnadigte Präsident Kikwete 3.247 Häftlinge, vor allem solche, die wegen kleinerer Delikte einsaßen, außerdem Inhaftierte die an HIV/AIDS, TB oder Krebs in fortgeschrittenem Stadium leiden, Menschen mit einer Behinderung, Leute über 70, Schwangere und Stillende. Von Begnadigung ausgeschlossen sind alle, die zum Tod, zu lebenslanger Haft, wegen Korruption, Drogenhandels, Raubüberfalls, des Besitzes von Feuerwaffen, Beschädigung der Infrastruktur oder als Wiederholungstäter verurteilt wurden. (DN 27.4.09)

Zur Lage in Gefängnissen

Im Gefängnis des Kahama-Distrikts (Shinyanga-Region) sind 391 Untersuchungshäftlinge und 69 Verurteilte untergebracht, nahezu sechsmal so viele wie vorgesehen.

Neun im Karanga-Gefängnis inhaftierte Kenianer berichteten, Gefängniswächter hätten sie belästigt und gefoltert, bisweilen geprügelt und diskriminiert, nur weil sie Kenianer seien.

Ein Inhaftierter klagte, unkontrolliert kämen Zigaretten und Drogen ins Karanga-Gefängnis, was die Gesundheit der Inhaftierten gefährde, vor allem derjenigen mit Problemen der Atemwege. (DN 25.6.09; Express 5.6.09)

Ein Minister der Regierung von Sansibar berichtete, die meisten Haftanstalten seien überbelegt. Von den Inhaftierten seien 64 Frauen, 2.100 Männer, einige von ihnen jünger als 18 Jahre. Die Personen in Untersuchungshaft seien eine Last, denn laut Gesetz dürften sie bis zur Verurteilung nicht arbeiten. Er versicherte, in diesem Finanzjahr werde die Regierung die Sicherheitsorgane in die Lage versetzen, gegen die Armut zu kämpfen. Moderne landwirtschaftliche Geräte, incl. Traktoren und Kunstdünger habe man bereits zur Verfügung gestellt. (Guardian 2.7.09)

Abgeordnete äußerten, der beklagenswerte Zustand der Haftanstalten bereite ihnen große Sorgen. Sie seien überbelegt, zu alt und für die Unterbringung von Menschen ungeeignet. Einer berichtete von einem Gefängnis, das vor 30 Jahren erbaut wurde, doch bisher noch nicht fertiggestellt sei. Die Temperatur sinke dort bis auf 5°C, aber die Decken seien sehr alt. - Eine CUF-Abgeordnete sagte, die Haftanstalten seien nun Folterstätten statt Orte für Verhaltensänderung, obwohl Tansania mehrere Vereinbarungen zu den Menschenrechten unterzeichnete. (Guardian 9.7.09)

Zu Protesten in einigen Gefängnissen

Im Ukonga-Hochsicherheitsgefängnis (Dar-es-Salaam) begannen zum Tode Verurteilte einen Hungerstreik, um gegen die schlechte Kost zu protestieren. Skrupellose Gefängniswärter nähmen das beste Essen mit, verkauften es in nahegelegenen Schulen. Statt Reis, Gemüse, Obst, Fleisch und Brot erhielten sie nur Ugali und Bohnen, behaupteten die Inhaftierten.

Der Öffentlichkeitsbeauftragte der Gefängnisse bestritt, dass diese Anschuldigunen der Wahrheit entsprechen.

Alle Inhaftierten, die sich weigerten, zu essen und zu trinken, durften ihre Zelle nicht verlassen. Kurz nachdem The Guardian über die Inhaftierten berichtet hatte, verbot die Gefängnisleitung den Wächtern, Handys zu verwenden, denn sie hätten vermutlich Informationen durchsickern lassen. Nach einigen Tagen begannen die Streikenden, trockenes Brot und heißes Wasser zu sich zu nehmen. Drei wurden in das Gefängniskrankenhaus verlegt, weil ihr Zustand kritisch war.

Im Ukonga-Gefängnis sitzen mehr als 3.000 Häftlinge ein, 286 zum Tod Verurteilte, 90 von ihnen warten seit mehr als 20 Jahren auf die Vollstreckung der Todesstrafe. (Guardian 4./6./13./21.5.09)

The Guardian erfuhr, die National Commission for Human Rights and Good Governance plane, mit einem Untersuchungsauftrag das Keko-, das Segera- und das Ukonga-Gefängnis zu besuchen. Der Öffentlichkeitsbeauftragte der Haftanstalten sagte: "Dies ist lediglich einer der Rou-tine-Besuche der Kommission. Da ist wirklich nichts sehr Besonderes dabei." Innenminister Masha tat die Berichte als bloße Propaganda ab. (Guardian 21.5.09)

Im Sumbawanga-Gefängnis (Rukwa-Region) traten Gefangene, die wegen Todschlags oder Mordes angeklagt sind, in unbegrenzten Hungerstreik, um Druck auf den High Court auszuüben, damit er ihre Vernehmung beschleunige. Sie warteten schon sehr lange, würden von Richtern und Gefängnisangestellten misshandelt, behaupten sie. Sie seien schon drei oder vier Jahre in Untersuchungshaft, ohne vernommen zu werden. Deshalb sollten sie gegen Kaution freigelassen werden. Sie versprächen, zur Verhandlung, wie gefordert, zu erscheinen. (DN 30.5.09)

2007 boykottierten Inhaftierte in einigen Regionen die Gerichtsverhandlung, um darauf aufmerksam zu machen, dass die Bearbeitung ihres Falles verschleppt wird. (DN 30.5.09)

Inhaftierte, die in überfüllten Gefängnissen einsitzen, werfen der Polizei der Singida- und der Shinyanga-Region vor, aus unterschiedlichen Gründen brächten sie falsche Anklagen gegen sie vor, z. B. aus persönlichem Hass oder weil sie Schmiergeld erhoffen, wenn die Anklage eingestellt wird. Den Gerichten werfen die Gefangenen vor, sie verzögerten die Verurteilung, sodass man keinen Einspruch erheben könne. (Express 5.6.09)

Weil ihre Verhandlung verzögert werde, begannen 37 Inhaftierte, die am 8.3.09 in Zusammenhang mit illegalem Fischfang verhaftet worden waren <Vergl. Tans.-Inf. 5/09 S. 2>, einen Hungerstreik. Sie wollen ihn fortsetzen, bis ihr Fall entschieden sei. Zu aller Erstaunen riefen die Fischer, die vorgeblich nicht mit dem Englischen vertraut sind, im Gericht in englischer Sprache laut: "Wir wollen Gerechtigkeit. Wir sind das Gerede von Vertagung leid. Wir vermissen unsere Familien." (DN 13.6.09)

Anmerkung der Regierung

Chikawe, Minister für Justiz und Verfassungsfragen, und Oberstaatsanwalt Augustino Ramadhan erklärten wiederholt, auch der Mangel an Richtern sei schuld an Verzögerungen in der Rechtsprechung. Man gebe sich alle Mühe, um die Lage zu verbessern. (DN 30.5.09)

Zivile Rechtsprechung

Dank ziviler Rechtsprechung ging die Zahl der Inhaftierten zurück, laut Amt des Director of Public Prosecution (DPP) von durchschnittlich 45.000 auf 38.423 (zu Haftstrafe Verurteilte: 17.884; Menschen in Untersuchungshaft: 19.289).

Die zivilen Ankläger sollen in eigenen Einrichtungen ausgebildet werden, sagte ein DPP.

Dieses System gibt es nur in ausgewählten Gefängnissen, in denen Staatsanwälte Recht sprechen, nicht Polizeibeamte. Im Rahmen des alten Systems hatte die Polizei den Auftrag, zu verdächtigen, zu verhaften, anzuklagen und den Angeklagten strafrechtlich zu verfolgen. "Dabei war faire Rechtsprechung nicht möglich", sagte Chikawe, Minister für Justiz und Verfassungsfragen. (Express 28.5.09)