Zu Problemen und Chancen der Frauen - 10/2008

Aus Tansania Information
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Gegen Missbrauch und Gewalt

Das Tansania Police-Female Net plant, in mehreren Polizeistationen eine Abteilung einzurichten, die sich der Gewalt gegen Frauen annimmt. Diese soll helfen, zwischen Polizei und Gesellschaft partnerschaftliche Beziehungen wachsen zu lassen. (DN 15.7.08)

Die Young Women's Christian Association (YWCA) veranstaltete in der Stadt Mwanza ein Seminar. Zehn kirchliche Verantwortungsträger nahmen teil. Sie forderten die Kirche auf, das lange Schweigen über häusliche Gewalt und sexuellen Missbrauch zu beenden. Die YWCA-Generalsekretärin, berichtete vor Pressevertretern, 06 seien 4.084 Fälle von häuslicher Gewalt gemeldet worden, 07 sei die Zahl auf 6.531 gestiegen. Sie betonte, die Frauen hätten jetzt den Mut, Fälle von Vergewaltigung und anderen sexuellen Übergriffen bei der Polizei anzuzeigen, was die Festnahme der Übeltäter ermögliche. Scharf kritisierte sie die Gleichgültigkeit einiger kirchlicher Repräsentanten in Bezug auf sexuellen Missbrauch. Sie berichtete, 07 habe die YWCA die dreijährige TALAR-Kampagne gestartet, mit dem Thema 'das Schweigen zu Gewalt gegen Frauen brechen'. Man wolle Mädchen, Frauen, Männer, Medien, religiös motivierte Organisationen, religiöse Einrichtungen u. a. motivieren, NEIN zu sagen zu Vergewaltigung und häuslicher Gewalt, sagte die Generalsekretärin. Die Kampagne laufe bereits in den Regionen Arusha, Dar und Mwanza. Shinyanga, Ma-ra und Manyara würden folgen. (DN 21.7.08; Citizen 21.7.08)

Das Legal and Human Rights Centre (LHRC), eine private, gemeinnützige, parteiunabhängige NGO, 1995 gegründet, von Partnern im Ausland unterstützt, wird von tansanischen Anwälten und anderen geführt. Es kümmert sich um alle Fälle von Verletzung der Menschenrechte, um Ehe-, Erbschafts- und Nachfolgefragen. Zusammen mit der Regierung hält das LHRC auf Regions- und Distrikt-Ebene Seminare. In Kooperation mit anderen NGOs werden gemeinsame Projekte durchgeführt.

Dank Fernsehen und Rundfunk, Plakaten und Broschüren wissen die Menschen nun besser, was ihnen zusteht. Beim Büro in Arusha werden pro Monat etwa 300 Fälle gemeldet, auch manche aus abgelegenen Gebieten der Arusha-Region. Hilfesuchende können sich vor Gericht von Anwälten des LHRC vertreten lassen. Dort gibt es noch viele Hürden zu überwinden, z. B. die Verwendung der englischen Sprache, die viele nicht perfekt beherrschen. (Arusha Times 2.8.08)

Eine Verantwortungsträgerin des Women Legal Aid Centre (WLAC) forderte die Journalisten auf, ausführlich über Gewalt gegen Frauen zu schreiben, denn oft führe diese zu physischen, sexuellen und psychologischen Schäden. Für jede zehnte Frau sei es normal, geschlagen zu werden, sagte sie, und jeden fünften Tag werde eine Frau von ihrem Partner zu Tode geprügelt. (Guardian 13.9.08)

Laut einer Untersuchung der Tansania Media Women Association (TAMWA) hält man Gewalt gegen Frauen auf den Inseln (Sansibar und Pemba) noch immer für eine Privatangelegenheit. Deshalb wird Opfern auch von Polizei und Krankenhäusern von gerichtlichen Schritten abgeraten, Gerichte verzögern häufig die Rechtssprechung oder verweigern sie rundweg. Manche Polizisten demütigen die Frauen noch mehr, wenn sie Fälle von Gewalt melden; oft fordert man sie auf, den Beamten Schmiergeld zu zahlen, um zu erreichen, dass ihr Fall bearbeitet wird. Manche Polizisten spielen sich als Richter auf, vor allem bei Frauen, die wenig über ihre Rechte wissen. Ein Beispiel: Als die Polizei über den Missbrauch eines 13-jährige Mädchens durch zwei Männer informiert wurde, riet sie der Familie des Mädchens, als Entschädigung 800.000/- TSh zu akzeptieren und die Sache auf sich beruhen zu lassen. Der Fall ging nicht ans Gericht, die Familie erhielt den versprochenen Betrag nicht in vollem Umfang. (DN 25.8.08)

Diskriminierung im Gewohnheitsrecht

Obwohl der High Court 1994 die Anwendung eines bestimmten Artikels des Gewohnheitsrechtes des Haya-Volkes von 1963 verbot, weil es die Frauen diskriminiere, halten sich mehrere Gerichte der Kagera-Region noch immer an dieses. Dadurch berauben sie Frauen, vor allem Witwen, ihres Rechts, Land zu erben. Mathias Chikawe, Minister für Justiz und Verfassungsfragen, wies die zuständigen Stellen an, die Lösung dieses Problems herbeizuführen. Frauen und andere, die durch Entscheidungen nachgeordneter Gerichte in Not gerieten, sollten sich an übergeordnete Gerichte wenden, riet er. "Ohne zu zögern wird die Regierung jegliches diskriminierende Gewohnheitsrecht über Bord werfen." (DN 8.4.08; Guardian 10.4.08; ThisDay 10.4.08)

Kommentar: Es gibt in Tansania noch immer Menschen, die an traditionellen Praktiken kleben. Früher schrieb man das allein der Unwissenheit zu. Ein Jammer, dass diejenigen, die so Übles tun, gerade die gebildeten Söhne des Landes sind. Von nichts anderem als nackter Gier werden sie geleitet. Sie berufen sich auf den überholten Glauben, die Selbständigkeit der Frau sei männlicher Aufsicht und Autorität unterworfen. Noch schlimmer ist die verruchte Praxis, Frauen zu vererben, d. h. eine Frau wird von einem Mann an einen anderen weitergegeben. Solche Frauen sind für den Rest ihres Lebens extremer Unterdrückung und Erniedrigung ausgesetzt. (Guardian 12.4.08)

Zum Erbrecht

Aktivisten, die sich für die Rechte der Frauen und Kinder einsetzen, starteten in Dar-es-Salaam mit einem Zug zum Mnazi-Moja-Gelände eine Kampagne mit dem Motto 'Vermeidung unnötiger Konflikte: Schreibe deinen Willen nieder'. Sie drängen die Regierung, ein Sondergericht zu etablieren, das sich mit Familienstreitigkeiten befasst. Es solle Witwen und Waisen zu ihrem Recht verhelfen. Bei einer Pressekonferenz zu Beginn der Aktion sagte die Vorsitzende der Tansania Women Lawyers Association (Tawla), viele Frauen und Kinder litten Not, weil einige Familienoberhäupter, Väter oder Betreuer vor ihrem Ableben kein Testament verfassten. Sie wandte sich gegen die Annahme, den letzten Willen aufzuschreiben bedeute, einen vorzeitigen Tod herbeizurufen. Im Augenblick werde gegen die Rechte von Frauen und Kindern verstoßen. Die Tawla beteiligte sich an dem Demonstrationszug. (Guardian 14.3.08)

Zu in Polygamie lebenden Frauen

Ein Abgeordneter fragte, warum die Regierung nur eine Ehefrau anerkenne, wenn es um Zuwendungen und Versicherungszahlungen geht. "Die Regierung akzeptiert doch drei Formen der Eheschließung, traditionelle, religiöse und zivilrechtliche; warum wird dagegen nur eine Ehefrau anerkannt?" Staatsministerin Sophia Simba antwortete, aus Gründen verwaltungsmäßiger Effizienz erkenne man nur eine Ehefrau an, in polygamen Ehen normalerweise die erste. (DN 18.4.08)

Zur Befähigung von Frauen

Ein Repräsentant der dänischen Botschaft forderte die Regierung auf, der Befähigung der Frauen einen höheren Stellenwert einzuräumen. In Frauen zu investieren helfe beim Kampf gegen die Armut, es komme den Frauen, den Familien und der Gesellschaft insgesamt zugute. Mary Nagu, Ministerin für Industrie, Handel und Vermarktung, drängte die Regierung, Gesetze zu schaffen, die die Frauen vor traditionellen Gepflogenheiten schützen, z. B. die das Erbe betreffenden und die Entwicklung der Gesellschaft behindernden. (DN 3.8.08)

1.739 Frauen erhielten eine Ausbildung in Unternehmensführung und nahmen an unterschiedlichen Handelsmessen teil; außerdem 190 Frauen, die mit HIV/AIDS leben, wobei die Regierung mit der Artisan Development Agency of Tanzania, einer NGOs, kooperierte. (Guardian 29.8.08)

In der Arusha-Region engagiert sich die Women Development for Science and Technology Association (WODSTA) seit zehn Jahren für Techniken, die den Anbau von Gemüse und Obst erfolgreicher und nachhaltiger machen. Bei der Nane-Nane-Landwirtschaftsschau wurden in einem Pavillon Möglichkeiten kleinräumiger Landwirtschaft, energiesparenden Kochens, sowie des Haltbarmachens und Trocknens von Gemüse demonstriert. Man konnte sparsame Herde, Briketts aus Sägemehl, Solar- Trockengeräte und -Wassererhitzer kennen lernen, Dinge, die weniger Feuerholz und Arbeitszeit benötigren.

Die WODSTA sucht in den Dörfern Frauengruppen, die bereit sind, von ihr unterstützte Projekte durchzuführen. Seit vier Jahren lehrt sie Maasai-Frauen das Lesen und Schreiben. Im Arumeru-Distrikt unterstützt sie Frauengruppen, die Lebensmittel verarbeiten, Tomatensoße, Mango-Chutney und Pickels an Restaurants und bei Ausstellungen verkaufen. Die WODSTA will ihnen helfen, Verpackung, Vermarktung und Zertifizierung zu verbessern. (Arusha Times 31.8.08)

Zu Führungsposten

Die Regierung strebt an, unter den Abgeordneten mindestens 50 % Frauen zu haben.

Präsident Kikwete sagte, immer, wenn er einen Posten besetzt, für den sich ein Mann und eine Frau gleicher Qualifikation bewerben, wähle er bewusst die Frau. "In der Geschichte Tansanias gab es noch nie so viele Minister und Stellvertretende Minister, Regional und District Commissioner." Es gebe jetzt 23 Richterinnen; 04 seien es nur zehn gewesen. 30 % der Abgeordneten seien Frauen. Und nie sei er enttäuscht worden, betonte er. "Wir machen langsam Fortschritte, denn auch in den traditionellen patriarchalischen Gesellschaftsgruppen ändert man sich allmählich. Aber wir haben noch einen langen Weg vor uns. In diesem Land sind die Frauen im Vergleich zu den Männern sehr arm, weil sie keine Anstellung haben. Und falls sie eine haben, verfügt ihr Ehemann über den Lohn." (DN 25.7.08; Guardian 26.7.08)

Margareth Sitta, Ministerin für Entwicklung der Gesellschaft, Frauen und Kinder, sagte, die wirtschaftliche Unterstützung der Frauen sei wichtig. Man plane, Banken für Frauen und Savings and Credit Cooperative Societies zu gründen. Reginald Mengi, IPP-Exekutivvorsitzender, versprach, auch weiterhin weibliche Angestellte in seinen Unternehmen zu fördern, damit sie auch die höchsten Positionen einnehmen können. (Guardian 2.8.08)

Zur Bildung

Margareth Sitta, Ministerin für Entwicklung der Gesellschaft, Frauen und Kinder, beklagte, in Tansania sei der Bildungsmangel der Frauen das Haupthindernis für Gleichheit der Geschlechter und Befähigung der Frauen. Immer mehr Mädchen verließen die Schule vorzeitig. Infolge von Armut hätten die meisten keinen Zugang zu Bildung. Ihr Ministerium sei bestrebt, auf allen Ebenen mehr Frauen einzustellen. Sie berichtete, im Vergleich zu den Vorjahren sei die Zahl der Primar- und Sekundarschülerinnen gestiegen.

Bei der Feier zum 80. Gründungstag einer Mädchenschule ermunterte Erziehungsminister Jumanne Maghembe die Eltern, ihre Töchter zur Schule zu schicken. Man müsse die Bildung der Mädchen betonen, denn traditionell würden die Jungen bevorzugt. Die Schulleiterin betonte, die Eltern sollten Kinder mit einer Behinderung nicht verstecken, vor allem nicht die Mädchen, sondern sie in die Schule schicken.

Bei der Abschlussfeier einer Schule forderte ein Minister die Mädchen auf, eifrig zu lernen, denn in einer patriarchalischen Gesellschaft garantiere nur Bildung eine schöne Zukunft. (DN 8.9.08; Guardian 2./19.8.08)

Unterstützung Benachteiligter, Eheberatung

Die in Arusha ansässige, 03 gegründete gemeinnützige Organisation Huduma Integrated Medical Services (HIMS) arbeitet eng zusammen mit dem Legal and Human Rights Centre in Dar-es-Salaam, der Organisation Children for Children Future (CCF) u. a. Sie kümmert sich um sozialwirtschaftliche Maßnahmen für benachteiligte Gruppen, allein Erziehende, Waisen, Aids-Opfer, Straßenkinder, arbeitslose Jugendliche und Gruppen, deren Menschenrechte durch althergebrachte Traditionen verletzt werden. Dazu gehören Frauen und Mädchen, die Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane erlitten.

Seit 04 versucht die HIMS auch, zerrüttete Ehen in einem Ehe-'Hospital' zu kitten. Seither gelang es ihr, in 15 zerbrochenen Ehen die Partner wieder zueinander zu führen.

Untersuchungen zeigen, dass von den in Arusha geschlossen Ehen nur ca. 20 % halten. Sogar diese 20 % "noch intakten Ehen" bestünden aufgrund verabredeter "Annehmlichkeit", denn bei den meisten handle es sich um unglückliche Paare. (Arusha Times 19.7.08)

Zur Gefährdung durch HIV/AIDS

Im Rahmen einer Arbeitstagung der Association of Journalists Against AIDS in Tansania (AJAAT), bei der es um Bewußtseinsbildung in Bezug auf die Verhinderung der Übertragung des HIV auf das Kind ging, berichtete einer der AJAAT-Direktoren, Dozent der Universität von Dar-es-Salaam, in einem Vortrag, etwa 10 % der Frauen betrieben 'Überlebenssex'. Sie prostituierten sich, obwohl sie die Prostitution nicht professionell betrieben, nur um über die Runden zu kommen. Viele täten alles inkl. Prostitution, um sicherzustellen, dass ihre Kinder nicht zu kurz kommen. Viele infizierten sich mit dem HIV, denn die Frauen seien ihren körperlichen Anlagen wegen stärker gefährdet. Er betonte, auch sog. 'Kitchen Parties', bei denen Bräute über Ehefragen aufgeklärt werden, trügen zur Ausbreitung des HIV bei. Dabei werde betont, dass die Frau Untergebene ihres Ehemannes ist. "Frauen, die einer solchen Aufklärung unterzogen wurden, können keine Fragen stellen, nicht mit ihrem Ehemann über Fragen der Sexualität diskutieren", erklärte er. In Zeiten der lebensbedrohenden HIV/AIDS-Gefahr sei es falsch, Frauen zu lehren, sie hätten sich den Wünschen des Ehemannes zu unterwerfen. (Guardian 22./23.8.08)