Missbrauch – Frühschwangerschaft - Kinderheirat - 05/2014

Aus Tansania Information
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Missbrauch und Gewalt gegen Kinder

Nach einem UNICEF-Bericht von 2009 haben 30% der Mädchen und 14% der Jungen Missbrauchserfahrungen vor ihrem 18. Lebensjahr. Die Vorsitzende der Frauengruppe im Parlament meinte sogar, ¾ der Mädchen hätten solche Erfahrungen manchen müssen. Von diesen Missbrauchsfällen ereignen sich 49% innerhalb der Familie, 23% auf dem Schulweg und 15% im Schulbereich. Im städtischen Bereich Sansibars wurden 2011 400 Missbrauchsfälle bekannt. Besonders gefährdet sind die vielen AIDS-Waisen, die in fremden Familien leben und häufig ausgebeutet und misshandelt werden. Es gibt auch eine Reihe von Waisenheimen, wo Kinder nicht gefördert, sondern ausgebeutet und misshandelt werden.

In den meisten Fällen werden Kinder mit Wissen ihrer Familien in Sklaverei-ähnliche Dienstverhältnisse und Prostitution gezwungen. Dabei spielt Alkohol- und Drogenmissbrauch eine große Rolle. Auch manche dörflichen Verwaltungskräfte, Lehrkräfte, Polizisten, Gesundheits- und Wohlfahrts-Angestellte fördern kriminellen Kinderhandel durch Wegschauen und falsche Bescheinigungen.

Frühschwangerschaften

Die stellvertretende Ministerin für Soziales und Kinder wies darauf hin, dass in den Jahren von 2006 bis 2010 16.999 Grund- und Sekundarschülerinnen ihre Ausbildung wegen Schwangerschaft abgebrochen und damit ihre Pläne zunichte gemacht haben. Tansania habe mit die höchste Rate an Frühschwangerschaften.

Mädchen sind im Hinblick auf ihre Schulbildung benachteiligt. 2013 beendeten 5157 Mädchen wegen Schwangerschaft vorzeitig den Besuch der Grundschule. 57% versäumen monatlich mindestens 3 Schultage wegen fehlender hygienischer und sanitärer Möglichkeiten. Schulabbrecherinnen wiederum werden oft früh verheiratet, auch mit deutlich ältere Männern. Dementsprechend sank der Anteil der Schülerinnen an Sekundarschulen von 48 auf 45%. Unter den Schulschwänzern stieg der Anteil der Mädchen auf 72%.

Frühschwangerschaften sind besonders risikobehaftet, weil die betroffenen Mädchen keine Vorsorgemaßnahmen treffen und aus Unwissenheit Impfungen und Pflege der Babies vernachlässigen. Diese sterben dann oft an Lungenentzündung oder Malaria. Die Müttersterblichkeit liegt bei 10- bis 14-jährigen Müttern 500% höher als bei 20-Jährigen.

Verheiratung Minderjähriger

Der Justizminister wies darauf hin, dass in Tansania 40% der Mädchen mit 18 Jahren bereits verheiratet sind. Besonders viele Minderjährige werden verheiratet in Shinyanga (59%), Tabora (58%), Mara (55%), Dodoma (51%), Lindi (48%), Mbeya 45%). Am günstigsten stellen sich folgende Regionen dar: Arusha und Kilimanjaro (27%), Kigoma (26%), Dar-Es-Salaam (19%), Iringa (8%). Insgesamt ging die Verheiratung minderjähriger Mädchen in den vergangenen 30 Jahren zurück, besteht aber vor allem in ländlichen Regionen weiter.

Kinderrechts-Organisationen [s. u. Homepages] fordern klare Gesetzgebung und Durchsetzung der Grundrechte der Mädchen. „Keine Gesellschaft kann sich die durch Kinderheirat verursachten verlorenen Gelegenheiten, verschwendeten Talente und die persönliche Ausbeutung leisten“. Die Kinderrechts-Organisationen unterzeichneten eine Absichtserklärung, die Verheiratung Minderjähriger in Tansania in einer Generation zu beenden. Dazu sollen folgende Maßnahmen führen:

  • Studien in besonders betroffenen Regionen, um die ökonomischen, kulturellen und religiösen Faktoren zu verstehen, die Minderjährigen-Heiraten begünstigen
  • Dialog mit Schlüsselpersonen der jeweiligen Gemeinschaften
  • Mädchen und Frauen ermutigen, ihre Rechte zu kennen und einzufordern
  • Der Gesellschaft verdeutlichen, dass Kinderehen ein Hindernis für die Millennium-Entwicklungsziele sind (Armutsbekämpfung, Geschlechtergleichberechtigung, Kinder- und Müttergesundheit, Sieg über AIDS).

Längere Schulzeit und spätere Heirat, besonders der Mädchen, machten die Familien glücklicher, gesünder und reicher. Die Kinderzahl kann den eigenen Wünschen und Möglichkeiten angepasst werden. Die Müttersterblichkeit von 460 auf 100.000 Geburten könnte mit angemessenem Heiratsalter drastisch sinken. Das gesetzliche Mindestheiratsalter sollte auf 18 Jahre festgesetzt werden (Dies ist derzeit in 33 afrikanischen Ländern der Fall). Bisher erlaubt das Ehe-Gesetz von 1971, Mädchen ab 15 Jahren, mit gerichtlicher Erlaubnis ab 14, zu verheiraten.

Als Ursachen für frühe Zwangsheiraten werden genannt:

  • Arme Familien „verkaufen“ ihre Töchter wegen der Mitgift
  • Eilige Heirat wegen früher Schwangerschaft
  • Unwissenheit von Eltern und Mädchen, besonders in ländlichen Gebieten
  • Patriarchalische Traditionen
  • Geringes Selbstbewusstsein der Mädchen

Der Justizminister sagte, Tansania habe die höchste Rate minderjähriger Mütter weltweit. Die Regierung bemühe sich um eine Anhebung des Heiratsalters für Mädchen, stoße aber auf Unverständnis und Kritik in der Gesellschaft. Er hoffe, dass die neue Verfassung den Weg dazu ebnen werde. Die sansibarische Jugendministerin appellierte an die Gesellschaft, gegen Zwangsheirat einzutreten, vermied aber eine offizielle Stellungnahme zu einer gesetzlichen Neuregelung. Diese gilt auf Sansibar als wenig aussichtsreich, weil die Frühverheiratung als religiöse Angelegenheit angesehen werde. Islamische Führer betonten aber mehrfach, dass zwangsweise und frühe Verheiratung Minderjähriger vom Islam nicht ermutigt werde.

Homepages

Medienfrauen: www.tamwa.org; Graca Machel Trust: www.gracamacheltrust.org; Childrens Dignity Forum: www.cdftz.org; Aktionsprogramm Bevölkerung und Entwicklung: www.icpdbeyond2014.org; Netzwerk zu Geschlechtergleichheit: www.tgnp.org; Tansanische Anwältinnen: www.namati.org; Sansibar-Anwältinnen: www.zafela.org;

AlertNet 13.10.13; DN 30.10.13; 07.01.; 22.,31.03.; 02.,06., 10.,14.,28.04.14; Guardian 11., 23.11.13; 07.,23.04. 14; Citizen 26.11.13