Minister Andrew Chenge: Anschuldigungen, Verteidigung, Rücktritt - 05/2008
Um den Luftraum über Tansania zu sichern, erwarb Tansania 2002 von der britischen Firma BAE Systems für fast 70mrd/-TSh eine militärische Radaranlage. <Siehe Tans.-Inf. 1/02 S. 3>
Drei Jahre untersuchten britische Ermittlungsbeamte den umstrittenen Radar-Kauf. Sie stellten fest, Andrew Chenge, tansanischer Minister für Entwicklung der Infrastruktur, habe auf einem Bankkonto der Steueroase Jersey, einer britischen Kanalinsel, mindes-tens 1 Mio. US$ deponiert. Die britische Zeitung Guardian berichtete als erste davon.
Chenge gab zu, es sei sein Geld, bestritt jedoch, dass es mit dem Kauf des Radar-Sys-tems zu tun habe.
Für ein Auslandskonto benötigen alle Tansanier eine Genehmigung der Bank of Tanzania (BoT).
Etwa 12 Mio. US$ erhielt ein von Interpol gesuchter Mann indischer Abstammung mit britischem Pass. Im vergangenen Jahr gab er zu, 12 Mio. US$, 30 % des Kaufpreises; als Vermittlungsgebühr erhalten zu haben, was dazu geführt habe, dass Tansania das militärische Radar-Sys-tem zu einem überhöhten Preis, dem doppelten, kaufte. Ein bestimmter Betrag soll als Schmiergeld an führende tansanische Verantwortungsträger gezahlt worden sein. Chenge war seinerzeit Generalstaatsanwalt.
Eine Reihe lokaler und ausländischer Bankkonten Chenges wurden gesperrt, sein Büro und seine Wohnung von fünf Verantwortungsträgern, Mitarbeitern des Antikorruptionsbüro (PCCB), des Amtes des Polizei-Generalinspektors, der Kammer des Oberstaatsanwaltes, des Geheimdienstes und des Ermittlungsbüros für schwere Verbrechen (SFO) Großbritanniens, fünf Stunden lang durchsucht.
Chenges britische und amerikanische Anwälte argumentierten, ihr Mandant sei nicht an den Radar-Verhandlungen beteiligt gewesen. Außerdem habe das ganze Kabinett und das Parlament dem Kauf zugestimmt.
Als Chenge, aus Indien und China zurückgekehrt, wohin er Präsident Kikwete begleitet hatte, von Dutzenden von Journalisten empfangen wurde, versprach er, gegen die Korruptionsvorwürfe zu kämpfen. Am Kauf des Radar-Sys-tems sei er kaum beteiligt gewesen. Die 1 Mio. US$ auf seinem Konto in Jersey nannte er 'vijisenti' ('peanuts', Wechselgeld).
Diese Bemerkung irritierte viele; sie sei eine Beleidigung der Tansanier insgesamt. Sie zeige nur, wie unendlich reich Chenge sei, sagten Abgeordnete der Opposition.
Als Minister erhält Chenge im Monat 3m/- TSh, als Abgeordneter 1,2m/- TSh plus Aufwandsentschädigungen.
Wiederholt wurde gefragt, ob Chenge erklärt habe, dass er auf einem Auslandskonto mehr als 1 Mio. US$ habe. Laut Leadership Code müssen alle Minister und Abgeordneten ihr Vermögen, das ihrer Ehefrau und ihrer unverheirateten Kinder offenlegen. Zuwiderhandelnde werden mit einem Bußgeld in Höhe von 5m/- TSh oder max. 1 Jahr Haft bestraft
Das Public Leaders' Ethic Secretariat machte keine Angaben. Chenge wollte sich nicht zu dieser Frage äußern.
Die Opposition kündigte an, man werde das betreffende Büro stürmen. Sie fordert Einsicht in die Erklärung von elf führenden Regierungsleuten, vor allem Kikwete, Mkapa, Lowassa, Ballali und Rostam Aziz. Jeder ist berechtigt, Einsicht zu nehmen. Aber niemand darf Informationen, die er erhielt, weitergeben.
Lange Zeit weigerte sich Chenge entschieden, zurückzutreten. Aus Regierungskreisen verlautete dann, man ermögliche Chenge, freiwillig zurückzutreten, nicht von der Regierung entlassen zu werden.
Nach einem Gespräch mit Präsident Kikwete erklärte Chenge am 20. April seinen Rücktritt.
Beobachter meinen, es werde unter Regierungsleuten, denen eine Verwicklung in das Radar-Geschäft zur Last gelegt wird, weitere Rücktritte geben. (DN 17./21./22.4.08; Guardian 17./18./19./21.4.08; Citizen 15./17./18./21./22.4.08; ThisDay 11./15./17./19./21./22.4.08; E. A. Business Week (Kampala) 14.4.08)