Justizwesen und Polizei ‐ 02/2022

Aus Tansania Information
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Der Fall Mbowe

Die Gerichtsverhandlung gegen den der Vorbereitung terroristischer Handlungen beschuldigten vormaligen Oppositionsführer Freeman Mbowe und seine Leibwächter wurde im Januar fortgesetzt. Nach mehreren Verhandlungsmonaten stellte die Anklageseite Ende des Monats erstmals ihren Hauptzeugen vor. Dies ist der Armeeleutnant Denis Urio, auf dessen Aussage sich die Anklage im Wesentlichen stützt. Er trug vor, dass Mbowe mit ihm bereits vor über 10 Jahren Kontakt aufgenommen habe; dabei sei es jahrelang um den Austausch von Freundlichkeiten wie Grüße zu Feiertagen gegangen. Im Wahljahr 2020 habe ihn Mbowe dann um ein Treffen gebeten, bei dem er ihm unter 4 Augen eröffnet habe, er plane die Übernahme der Staatsmacht. Dafür brauche er seine Hilfe, um einige ehemalige Soldaten aus Eliteeinheiten anheuern zu können. Diese sollten Anschläge ausführen, um so Chaos im Lande zu erzeugen, beispielsweise durch Sprengstoffangriffe auf Tankstellen in Großstädten oder die Sperrung von Fernstraßen durch Fällung von Bäumen. Das würde Demonstrationen im ganzen Lande hervorrufen und zeigen, dass die Regierung nicht mehr Herr der Lage sei.

Urio habe “aus taktischen Gründen” Mbowe nicht widersprochen und ihm die Anwerbung von ehemaligen Soldaten zugesagt, sei aber danach sofort zur Polizei gegangen. Diese habe ihm gesagt, er solle mit der Anwerbung fortfahren und sie laufend unterrichten. Er habe dann die ehemaligen Soldaten seiner Einheit kontaktiert und sie als Leibwächter für Mbowe angeworben sowie ihnen das Fahrgeld gegeben. Er habe ihnen nichts über terroristische Planungen gesagt. Mbowe habe ihm außer bei der ersten Unterredung auch nie wieder etwas über solche Pläne gesagt. Als Urio gefragt wurde, ob er sich mit Terroristen zu einer Verschwörung getroffen habe, antwortete er, er habe keine Kenntnis, dass die Angeworbenen damals Terroristen waren oder solche Pläne hatten.

In sozialen Netzwerken wurde diese Aussage breit diskutiert. Warum hat die Polizei nicht die Gelegenheit ergriffen, bei dieser Gelegenheit eigene Leute bei Mbowe einzuschleusen? Warum hat man Urio nicht mit einem Tonaufzeichnungsgerät versehen und ihn zu Mbowe zurückgeschickt, um Beweismittel zu erhalten? Warum hat die Staatsanwaltschaft diese Anklage erhoben, wenn sie als einziges Beweismittel die Aussage Urios über ein Gespräch unter 4 Augen hat? Die oppositionelle Anwältin Fatma Karume aus Sansibar tweetete “Lügen haben kurze Beine”. Bei Redaktionsschluss war die Befragung Urios noch nicht abgeschlossen.

Citizen 27.01.2022, Jamiiforums 27.01.2022, Twitter 27.01.2022

Korruption in der Antikorruptionsbehörde?

Die Zeitung Jamhuri berichtet von der Verhaftung ihres Reporters in Arusha unter Korruptionsbeschuldigungen. Der Reporter hatte Material über vermutlich illegale Tätigkeiten einer arabischen Firma gesammelt, die Jagdsafaris für reiche Ausländer organisiert. Laut Zeitung hatte er Material über die Tötung von Tieren, die nicht gejagt werden dürfen und die Nichteinhaltung von Bestimmungen des Jagdgesetzes, wie Verwendung von Schalldämpfern. Der Reporter hatte den Unternehmer zu einer Stellungnahme zu dem Bildmaterial aufgefordert, das er ihm vorab schickte und erhielt einen Termin. Vor dem Termin wandte sich die Zeitung an den regionalen Leiter der Antikorruptionsbehörde und teilte ihm ihre Recherchen mit; sie wies darauf hin, dass der Unternehmer versuchen könne, die Behörde gegen den Reporter einzusetzen. Als der Journalist zum Gespräch im Büro der Firma erschien, kamen bald zwei Beamte der Antikorruptionsbehörde hinzu und verhafteten ihn unter der Beschuldigung, er habe Schweigegeld erpressen wollen. Die Zeitung war bis zum Erscheinen des Berichts nicht erfolgreich mit ihrem Bemühen, bei der nationalen Leitung der Behörde eine Freilassung zu erreichen.

Jamhuri 04.01.2022

Raubmord durch Polizisten

In der südtansanischen Hafenstadt Mtwara wurden 7 Polizisten wegen Raubmord angeklagt. Nach Informationen der Zeitung Mwananchi hatten sie im Oktober den 25jährigen Mussa Hamisi verhaftet, in dessen Wohnungen sie tansanisches Geld und Dollar im Wert von TSh 70 Mill. (ca. € 27.000; nach anderen Angaben ging es um 37 Millionen) beschlagnahmten. Das Geld hatte er durch Handel mit nicht näher bezeichneten Mineralien verdient. Nach drei Tagen wurde er ohne Auflagen, aber auch ohne das Geld entlassen. Er ging am 5. Januar in Begleitung seines Onkels zur Polizei, um sein Geld zurückzuverlangen. Er wurde umgehend wieder verhaftet und der Onkel wartete stundenlang draußen, bis er eine SMS vom Telefon Hamisis erhielt, er sei entlassen worden. Seither war er verschollen. Laut Zeitung wurde die SMS von einem Polizisten abgesetzt. Hamisi sei indessen schwer misshandelt in die Polizeiklinik gebracht worden und soll dort mit einer Giftspritze getötet worden sein, der Leichnam sei in der Wildnis verscharrt worden. Auf das Drängen der Familie stellte die Polizei eine interne Untersuchung an. Dabei legte einer der Tatbeteiligten ein Geständnis ab.

Am 25. Januar bestätigte der regionale Polizeikommandant Marc Njera, dass 7 Polizisten wegen Mordes angeklagt wurden. Sie hätten Mussa Hamisi am 5. Januar zu Tode geprügelt; da einer der Beschuldigten der Leiter der Polizeiklinik ist, könnte auch an der Darstellung des Mwananchi hinsichtlich der Todesspritze etwas dran sein. Unter den Beschuldigten, die mittlerweile dem Haftrichter vorgeführt wurden, befinden sich die Leiter der Kriminalpolizei in der Region und im Distrikt Mtwara, der Kommandant der Polizeiwache der Stadt und der Leiter der Polizeiklinik.

In der Haft soll sich der junge Polizist, durch dessen Geständnis die Verhaftungen möglich wurden, mit einem in der Zelle befindlichen Aufwischlappen erhängt haben. Seine Familie forderte eine Untersuchung und zweifelt den Selbstmord an. Er hatte einen Tag zuvor mit seiner Mutter telefoniert und ihr seine Entlassung für den nächsten Tag angekündigt. Er habe nichts zu befürchten, da er zwar tatbeteiligt war, aber nur auf Anweisungen gehandelt habe. Die Familie bemängelt, dass man ihr weder den Tatort gezeigt hat, noch dass es Fotos gibt, die den Erhängten zeigen. Aus den Berichten geht nicht hervor, ob der junge Polizist in einer Sammelzelle mit den anderen Beschuldigten war.

DW 26.01.2022; Habarileo 25.01.2022; Guardian 29.01.2022; Mwananchi 26.+27.01.2022

Veruntreuung durch Polizisten

7 Polizisten sind in Dar es Salaam unter der Anklage des Diebstahls dem Haftrichter vorgeführt worden. Insgesamt sollen sie dem Staat einen Schaden in Höhe von TSh 1,16 Mrd (ca. € 450.000) verursacht haben. Aus dem Zeitungsberichten ging nicht hervor, welcher Art der Diebstahl war.

Citizen 10.01.2022