Justizwesen, Korruption - 03/2021

Aus Tansania Information
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Umstellung auf Kiswahili

Die tansanische Justiz ist dabei, ihre Arbeit auf Kiswahili umzustellen. Bisher wird vor den Gerichten in der allgemeinen Landessprache verhandelt, aber die Urteile, wie auch ein großer Teil der Gesetzestexte ist auf Englisch verfasst. Im britisch geprägten Justizsystem, das in Tansania vorherrscht, ist das Recht stark von früheren Urteilen und ihren Begründungen und weniger von ausformulierten Gesetzesbestimmungen geleitet (common law system).

Bei Veranstaltungen am „Tag des Gesetzes“ im Rahmen der Feiern zum hundertjährigen Bestehen des Justizsystems in Tansania forderte Präsident Magufuli die Justiz auf, ihre Urteile auf Kiswahili zu verfassen, damit die Bürger sie verstehen. Alte Gesetze sollten übersetzt und neue in dieser Sprache verfasst werden. Urteile in englischer Sprache würden die Bürger ihrer Rechte berauben und ihnen zusätzliche Kosten für Übersetzungen aufbürden.

Bei der gleichen Gelegenheit gab der Präsident die Ernennung von Richter Galeba aus Musoma zum Mitglied des Obersten Berufungsgerichtes bekannt und verwies darauf, dass Galeba im Vorjahr ein Urteil auf Kiswahili verfasst habe.

Er kündigte zugleich den Bau von Gerichtsgebäuden in 25 Distrikten an, um so die Justiz näher zu den Bürgern zu bringen. Magufuli appellierte an die Justiz, ihre Verfahren zu beschleunigen.

Der Oberste Richter Ibrahim Juma führte dazu aus, dass er bereits Texte an Richter mit dem Auftrag zum Übersetzen verteilt habe. Es handele sich aber um eine Aufgabe, die Zeit braucht.

Citizen 03.02., Jurist.org 06.02., Mwananachi 02.02. 21

Korruption in Chato

Die Antikorruptionsbehörde untersucht die Verwendung von Baumitteln im Distrikt Chato, der Heimatgegend des Präsidenten. Es geht um TSh 3,8 Mrd. (€ 1,4Mio) für den Bau von Klassenzimmern und anderer Projekt. Die vorhandenen Ergebnisse würden nicht die abgerechneten Ausgaben rechtfertigen; auf Anweisung des Distriktkommissars wurden 15 seiner Angestellten verhaftet und werden verhört.

Citizen 19.02.21

Widerspruch gegen obrigkeitliche Prügelstrafe

In den vergangenen Monaten hatten sich Fälle gehäuft, bei denen leitende Beamte (eine Ministerin, Regional- und Distriktkommissare, örtliche Verwaltungsleiter) zum Stock gegriffen hatten und öffentlich von ihnen identifizierte Übeltäter geschlagen hatten. Bei einer Veranstaltung zum Justizjubiläum in Mwanza ging ein Sprecher der Anwaltschaft vor den versammelten Richtern und Vertretern der staatlichen Verwaltung auf die in letzter Zeit gehäuften Fälle ein. Die Häufung dürfte damit zu tun haben, dass der Präsident vor 2 Jahren öffentlich den Regionalkommissar von Mbeya gelobt hatte, der nach einer Brandstiftung in einem Internat eine ganze Klasse mit je 3 Stockschlägen bedacht hatte. Der Anwalt führte aus, dass diese Aktionen weder vom Gesetz noch von der Verfassung gedeckt seien. Es sei ausschließlich Aufgabe der ordentlichen Gerichte, eine Schuld festzustellen und Strafen zu verhängen. Darüber hinaus sei die öffentliche Vollstreckung der (aus der Kolonialzeit übernommenen) Prügelstrafe gesetzlich nicht erlaubt. Er wies darauf hin, dass jeder Geschädigte eine Klage gegen die Verantwortlichen wegen Amtsmissbrauch einreichen kann. Ein zweiter Anwalt ergänzte, dass das Verhalten der Amtsträger gegen die Gewaltenteilung in der Verfassung verstößt.

Mwananchi 03.02.21

Freispruch für Halima Mdee

Vor dem Bezirksgericht Dar es Salaam wurde die Chadema-Abgeordnete Halima Mdee von der Anklage der Präsidentenbeleidigung freigesprochen. Die Vorwürfe bezogen sich auf eine Pressekonferenz im Jahr 2017, auf der Mdee gesagt haben solle, „der Präsident redet Unfug, er muss mal auf die Bremse treten“. Sie verteidigte sich damit, sie habe keinen Namen genannt und allgemein von Leuten gesprochen, die Unsinn reden . – Aus der knappen Berichterstattung ist nicht ersichtlich, ob hier eine richterliche Entscheidung gegen die politische Anklage vorliegt oder ein politisch geprägtes Gefälligkeitsurteil, um die Angeklagte aus der Schusslinie zu nehmen; Mdee war im November mit 18 Kolleginnen gegen den Protest ihrer eigenen Partei durch den CCM-Parlamentspräsidenten überraschend als Abgeordnete für die Frauen vorbehaltenen Sitze in die Bunge aufgenommen worden. Da noch weitere Anklagen aus den Vorjahren gegen mit Mdee verbündete Abgeordnete der Chadema anhängig sind, die jetzt als heimliche Verbündete der CCM gelten, wird man den weiteren Verlauf zu beobachten haben.

Mwananchi 25.02

Richter gegen Prozessverschleppung

Im Korruptionsprozess gegen den Unternehmer Harbinder Singh Seth und den Anwalt Joseph Makandege muss die Anklagebehörde binnen 30 Tagen auf das Angebot der Angeklagten auf Verständigung antworten. Die beiden sowie der Unternehmer James Rugemalira wurden im Jahr 2017 im Zusammenhang mit dem Tegeta-Escrow-Skandal verhaftet, der seit 2014 die tansanische Politik erschüttert und zu Rücktritten von Ministern und Richtern geführt hatte. Den beiden Angeklagten wird vorgeworfen, sich über $150 Mil. betrügerisch angeeignet zu haben. Seit 2019 liegt ein Angebot Singhs vor, sich mit der Anklagebehörde gegen ein Schuldeingeständnis zu verständigen. Bei zahlreichen Terminen hat die Behörde seither jeweils Vertagung beantragt, „um ihre Untersuchungen abzuschließen“. Singh hat nie eine Antwort auf sein Angebot erhalten. Dies muss die Behörde jetzt vorlegen. Es ist in Tansania üblich, dass bei bestimmten Wirtschaftsanklagen, bei denen Kaution ausgeschlossen ist, unter dem Vorwand „nicht abgeschlossener Untersuchungen“ die Angeklagten monate- oder jahrelang in Haft zu halten. Dieses Mittel wurde auch bei politischen Prozessen eingesetzt, um so Beschuldigte unter Druck zu setzen. In diesem Fall hat das Gericht zumindest in einem Aspekt die Verschleppung der Anklageseite nicht akzeptiert. Die Anklage muss das Verständigungsangebot aber nicht annehmen. Singh ist seit über 3 Jahren in Haft, ohne dass eine Anklage vorgelegt wurde.

Mwananchi 25.02.