Thema: Kultur und Gesellschaft: Trends – Mentalität - Mode - 04/2017

Aus Tansania Information
Version vom 6. Januar 2019, 20:23 Uhr von imported>Sysop (1 Version importiert)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Mentalität und Livestyle

Eine Studie des Wissenschaftsjournals „Nature“ (2016) behauptete, dass Studierende aus Ländern mit viel Korruption und Betrug ihrerseits zu Unwahrhaftigkeit neigen. Bei einem Test-Würfelspiel logen sie eher, um mehr Geld zu bekommen. Die ehrlichsten Testteilnehmer fanden sich in England, Österreich und den Niederlanden, die unehrlichsten in Marokko und Tansania. Regierungsvertreter wiesen dem gegenüber auf methodische Mängel der Studie und international anerkannte Anstrengungen Tansanias im Kampf gegen Korruption und Veruntreuungen hin.

Eine Studie der Aga Khan University von 2016 zu Überzeugungen tansanischer Jugendlicher ergab, das 60% der Befragten glauben, es sei egal, wie jemand zu Geld komme, Hauptsache, er / sie würde nicht hinter Gittern enden. 44% würden ohne Weiteres Bestechung anbieten oder annehmen; 58% bewundern Leute, die mit allen Mitteln Geld machten.

Eine Abgeordnete forderte die Regierung auf, etwas gegen die überhand nehmende Spielsucht unter jungen Tansaniern zu unternehmen. Vor allem Sportwetten auf englische, spanische und deutsche Fußball-Ergebnisse ziehen den Jugendlichen das Geld aus der Tasche und halten sie von produktiver Arbeit ab. Manche geben bis zu ¾ ihres Einkommens für Wetten aus. Die 231 registrierten Wettbüros (davon 178 in DSM) bringen monatlich TZS 2 Mrd. Steuern auf. Fachleute verlangen, dass Wettbüros nicht mehr in der Nähe von Schulen arbeiten und Wetten nur von Erwachsenen annehmen dürfen. Wetten können jedoch bereits über Apps für Mobiltelefone platziert werden.

Der Nationale Kunst-Rat (Basata) verhängte 2015 ein einjähriges Auftrittsverbot über die Bongo-Flava-Sängerin Shilole. Sie war in Belgien halbnackt aufgetreten und schon vorher wegen schamlosen Verhaltens verwarnt worden. Der Kunst-Rat sieht dadurch Tansanias Kultur und Ansehen beeinträchtigt.

Auch der Rapper Ney wa Mitego erhielt ein unbefristetes Auftrittsverbot, muss TZS 1 Mill. Strafe zahlen und sich bei der tansanischen Öffentlichkeit entschuldigen. Basata erklärte, sein Song „Pale kati patamu“ (Da mittendrin ist‘s lieblich) erniedrige Frauen und desavouiere tansanische Werte. Der Sänger war mehrfach verwarnt worden.

Auch die bei Hochzeits-, und Geburtstagsfeiern immer beliebteren Nackt-Tänze von größeren Frauengruppen erklärte der Kunst-Rat als illegal. Sie werden auch von der Polizei verfolgt, da sie häufig mit Khat-Konsum und Raubüberfällen einhergehen. Der „kigodoro“ (kleine Matratze) genannte Tanz entwickelte sich in den Usuahilini-Vierteln Dar-Es-Salams seit den 90er Jahren aus modernisierter Taarab-Musik (ursprünglich nur zum Zuhören gespielt). Er ist auch in der lokalen Bevölkerung umstritten, da die expliziten Darbietungen gern gefilmt und im Internet verbreitet werden.

Der Citizen fragte in seiner Rubrik für Frauen, warum so viele junge Tansanierinnen Nacktfotos von sich selbst bei lnternetforen wie Instagram präsentieren. Die Feministin D. Kitunga meint, dafür sei neben einer Tendenz zum Narzissmus die allgemeine Kommerzialisierung des weiblichen Körpers ursächlich. Hinzu komme christlicher und muslimischer Fundamentalismus, der Frauen nur erlaube, sich ihrem Eigentümer zu zeigen. Dies provoziere unbedachtes Verhalten. Die Frauenrechtlerin rät den Mädchen, nur Fotos zu veröffentlichen, auf die sie auch in 10 Jahren und als Mütter von Kindern stolz sein könnten.

Ein Kommentator des Citizen beklagte, dass unzivilisiertes Verhalten sowohl beim Personal als auch bei den Fahrgästen der neuen Schnellbus-Linie in Dar-Es-Salaam die Regel sei; es gebe keine Rücksicht auf Kinder, Alte und Kranke. Das Unternehmen mache trotz ständig überfüllter Busse monatlich $ 1,2 Mill. Verlust.

Ein Firmenberater ermahnte seine Landsleute, sich nicht selbstzufrieden auf früheren Lorbeeren auszuruhen. Es sei eine spezifisch tansanische Schwäche, sich stets für die Besten und keiner Korrektur bedürftig zu halten. Investoren und Nachbarstaaten beurteilten aber tansanische Häfen, Bahnen, Energielieferanten und Firmen nicht nach historischen Verdiensten im Kampf um die Unabhängigkeit, sondern nach ihrer aktuellen Effizienz und Konkurrenzfähigkeit. Der Kritiker bezog sich auf unverblümte Kommentare des sambischen Präsidenten Lungu zum Hafen DSM und des nigerianischen Unternehmers Dangote zur miserablen Energieversorgung seiner neuen Zementfabrik.

Ein Kommentator fragt, ob das Land den von Altpräsident Kikwete eingeführten Feiertag zur Amtseinführung des Präsidenten wirklich brauche und wie er sich mit Magufulis Motto „Hapa kazi tu“ vertrage. Tansania hat bereits fünf nationale Gedenktage

  • Unabhängigkeit 9. Dezember
  • Revolution auf Sansibar 12. Januar
  • Union Tanganyika und Sansibar 26. April
  • Todestag Nyereres 14. Oktober
  • Todestag Karumes (1. Präsident Sansibars) 7. April

Hinzu kommen Tag der Arbeit am 1. Mai, Saba-saba (Gründung de TANU; Handelsmesse) am 7. Juli und Nane-nane (Landwirtschaft) am 8. August; des Weiteren feiert das Land vier christliche und drei muslimische Gedenktage, sowie Neujahr.

Business Times 03.12.15; Citizen 22.02.; 31.07.15; 28.07.; 15.11.; 17.10.; .12. 2016; 14.01.17; Country FM 16.07.16; DN 15.05.15; Guardian 17.07.; 04.12.16

Trends

Der Inhaber einer Internet-Marketing-Firma sagte voraus, dass die verschwenderischen Hochzeitsfeiern der Dar-Es-Salaamer Mittelklasse mit der aktuellen Geldknappheit bescheidener ausfallen werden. Es sei durchaus üblich gewesen, dass ein junger Mann für seine Hochzeit mehr aufwendete als für seine gesamte Ausbildung. Vor der eigentlichen Hochzeit seien kostspielige Verlobungs- Küchen- und Verabschiedungsparties für die Braut üblich. Eigens gegründete Komitees hätten Kostenbeiträge auch von Verwandten 3. Grades eingetrieben, wobei alle die unumgänglichen sozialen Zwänge beklagt hätten. Die finanziellen Engpässe der Magufuli-Ära könnten daher einen nicht unwillkommenen Anlass bieten, zu bescheideneren Feiern zurückzukehren. Die an sich positive Sippen-Solidarität sollte besser zur Gründung produktiver Familien-Unternehmen genutzt werden. Bescheidenere Hochzeitsfeiern dürften allerdings der bisher blühenden Hochzeits-Industrie schaden, die bisher allein in Dar-Es-Salaam etwa TZS 30 Mrd. jährlich umsetzte.

Brauereien und Bars registrieren ebenfalls schmerzhafte Umsatzverluste. Viele Kunden steigen von Flaschenbier auf billigere, teils auch illegale Getränke um. Barmädchen, die nach Umsatz bezahlt werden, müssen hohe Einbußen hinnehmen. Wirtschaftswissenschaftler sehen zwei wichtige Ursachen für den Rückgang: Alkohol darf an Werktagen erst nach 16 Uhr ausgeschenkt werden. Früher reichlich vorhandenes, illegales und unversteuertes Geld ist unter der Magufuli-Regierung knapp geworden. Die Experten warnen vor einer Abwärtsspirale, da an einem Brauerei-Arbeitsplatz 17 weitere Jobs hingen.

Citizen 21.01.17; DN 03.03.15; Guardian 19.02.17; 25.02.17

Modisches

Während Frauen zu sozialistischen Zeiten praktisch keine Hosen tragen durften, gehören diese heute zum normalen Straßenbild und werden von den Trägerinnen als bequem und komfortabel geschätzt.

Tansanische Mode- und Textil-Designer/innen konnten erstmals kostenlos ihre Erzeugnisse im Nationalmuseum ausstellen.

Unter dem Einfluss von Fernsehen und Internet-Netzwerken legen immer mehr Frauen Wert auf eine schlanke Figur. Mediziner raten jedoch von den zahlreichen Schlankheitsmitteln ab und weisen auf gefährliche Nebenwirkungen hin. In den städtischen Zentren besuchen Frauen gerne Fitness-Zentren und Gymnastikhallen, da Fettleibigkeit Vielen auch als Gesundheitsrisiko gilt. Manche berichten stolz, durch diszipliniertes Verhalten 30 kg verloren zu haben.

Bei jungen Männern und Frauen sind Rastalocken eine beliebte Frisur, wenn auch heute Wenige damit die Ideologie der jamaikanischen Rastafari verbinden. Manche leiten die „dreadlocks“ auch von traditionellen ostafrikanischen Frisurstilen ab, z.B. von dem der Maasai-Krieger.

Citizen 07.08.15; 17.06.16; DN 21.03.15