Aussenbeziehungen ‐ 10/2022

Aus Tansania Information
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Mosambik

Die militärisch-polizeiliche Zusammenarbeit und Wirtschaftsbeziehungen standen im Mittelpunkt des Staatsbesuches von Präsidentin Samia Suluhu Hassan in Mosambik. Tansanische Truppen beteiligen sich an der Eingreiftruppe der Staatengemeinschaft im Südlichen Afrika SADC, die in Nordmosambik gegen eine islamistisch geführte Aufstandsbewegung kämpft. Mit ihrem mosambikanischen Gastgeber Präsident Filipe Nyusi vereinbarte sie einen Ausbau der Sicherheitszusammenarbeit. Diese hat eine besondere Bedeutung angesichts der Anwesenheit einer Reihe von tansanischen Kämpfern in der islamistischen Guerilla. Auch haben die Guerillas mehrfach das tansanische Grenzgebiet als Rückzugsraum genutzt.

Nyusi erinnerte an die Bedeutung Tansanias für den Unabhängigkeitskampf Mosambiks gegen die Kolonialmacht Portugal, während dessen die damalige Befreiungsbewegung Frelimo ihre Stützpunkte in Tansania hatte.

Die Kämpfe in Nordmosambik haben den eh bescheidenen Handel zwischen beiden Nachbarn einbrechen lassen. Im vergangenen Jahr halbierte sich das Volumen von TSh 53 Mrd (€ 23 Mil.) auf 26 Mrd (€ 11 Mil.).

Die Präsidenten diskutierten auch die Zusammenarbeit in der Erdgasgewinnung vor der Küste, wo beide dasselbe grenzüberschreitende Vorkommen im Indischen Ozean ausbeuten wollen, ferner in den Bereichen Fischerei, Landwirtschaft und Bergbau. Sowohl im Süden Tansanias als auch im Norden Mosambiks wurden Bodenschätze gefunden, aber auf beiden Seiten der Grenze sind die Regionen arm und verkehrsmäßig schlecht erschlossen.

Africanews 22.09.2022, DN 22.06.2022, Guardian 22.09.2022

Großbritannien

Über den Tod der britischen Königin wurde in den tansanischen Medien ausführlich berichtet. In den sozialen Medien gab es Diskussionen mit einem weiten Spektrum von Meinungen. Viele Beiträge drückten Beileid und Anerkennung aus. Daneben gab es auch zahlreiche kritische Stimmen. So wurde gefragt, was der Tod einer Oberkolonialistin die Afrikaner eigentlich anginge. Grafiken wurden geteilt, in denen die Königin im Schmuck ihrer Kronjuwelen abgebildet war, wobei die einzelnen Edelsteine jeweils als "gestohlen aus ..." gekennzeichnet waren.

Eine besondere Diskussion gab es um die Anreise zur Trauerfeier in London. Hierzu wurde ein Foto aus dem Bus der afrikanischen Präsidenten oft geteilt. Dieser Transport wurde von mehreren Nutzern als erniedrigend angesehen, insbesondere im Vergleich zu der Regelung für den US-Präsidenten, der in London sein eigenes Fahrzeug benutzte. Einige Stimmen wiesen darauf hin, dass auch die meisten anderen Staatsoberhäupter im Bus gefahren wurden.

Citizen 15.09.2022, Jamiiforums September

Europäische Union

Die tansanische Regierung reagierte eher gelassen auf eine Resolution des Europäischen Parlamentes, in der die geplante Erdölpipeline von Uganda zum tansanischen Hafen Tanga kritisiert wurde. Das EU-Parlament führte die Verletzung von Menschenrechten und Umweltgesichtspunkte an, wonach die vorgesehene Streckenführung das Grundwasser im Becken des Viktoriasees und einige empfindliche Ökosysteme bedroht. Die Streckenführung erfordere ferner die Umsiedlung von ca. 100.000 Menschen, wobei es keine ausreichenden Garantien für eine angemessene Entschädigung gebe. Die federführende Firma Total wurde aufgefordert, eine alternative Streckenführung zu planen.

In Uganda hatten Parlament und Regierung sehr scharf reagiert. Der stellvertretende Parlamentspräsident Thomas Tayebwa sah in der EU-Resolution “die höchste Stufe des Neokolonialismus und Imperialismus gegen die Souveränität Ugandas und Tansanias” und einen Anschlag auf die sozioökonomische Entwicklung seines Landes.

Tansanias Energieminister Makamba beschränkte sich auf eine Stellungnahme, in der er ausführte, dass die Planung alle sozialen und ökologischen Folgen bedacht habe. In Tansania seien von dem Pipelinebau 9613 Personen betroffen, von denen 311 umgesiedelt werden müssten. Sie hätten die Wahl zwischen einer finanziellen Entschädigung oder Ersatzhäusern höheren Standards als die bisherigen gehabt, wobei sich 85% der Betroffenen für die Ersatzwohnungen entschieden hätten. Deren Bau sei bereits begonnen worden.

Entlang der 1147 km langen Strecke würde ein 30 Meter breiter Streifen entstehen, für den den jetzigen Besitzern Entschädigung entsprechend den tansanischen Gesetzen gezahlt wird. Bauarbeiten würden erst beginnen, wenn die Entschädigungen gezahlt sind. Der Pipelinestreifen werde aber weiter betretbar und auch für Viehhaltung nutzbar sein.

Die tansanische Regierung werde dem EU-Parlament entsprechende Erläuterungen zukommen lassen, da die Resolution auf unzutreffenden Informationen zu beruhen scheine.

Im tansanischen Internet hielt sich das Interesse an dem Thema in Grenzen. Einige Beiträge nahmen den Tenor der ugandischen Kritik auf und sahen imperialistische Interessen am Werke, die die afrikanischen Länder in Armut halten wollen. Manche sahen europäische Heuchelei, die, nachdem dort die Umwelt bereits zerstört worden sei, jetzt den Afrikanern Vorschriften machen wolle. Andere Stimmen nahmen das Motiv der Umweltbedrohung auf und mahnten zu Vorsicht.

Citizen 17.09.2022, DN 20.09.2022, europarl.europa.eu 15.09.2022, Jamiiforums 16.-20-09.2022, Mwananchi 16.09.2022

Deutschland

Die deutsche Entwicklungsorganisation GIZ unterstützt die tansanischen Nationalparks mit € 6 Mil. Die Mittel sollen dazu eingesetzt werden, um Konflikte zwischen Wildtieren und den Bewohnern der an die Parks angrenzenden Gebiete zu verringern.

Guardian 09.09.2022

Kenia

Die Auseinandersetzung um das Ergebnis der Präsidentschaftswahl in Kenia wurde in Tansania intensiv verfolgt. Eine Reihe von Tansaniern äußerte sich zu dem Ergebnis, bei dem das Oberste Gericht den Einspruch des unterlegenen Kandidaten Odinga gegen die Wahl William Rutos zurückwies.

Nach der Gerichtsentscheidung sammelte der Citizen in Dar es Salaam Äußerungen dazu. Deren Tenor war es, dass Tansania vom kenianischen Nachbarn lernen müsse, wie wichtig eine neue Verfassung mit unabhängigen Institutionen sei, in der die Gewaltenteilung sichergestellt ist. In Kenia seien die Unabhängigkeit sowohl der Wahlkommission als auch der Justiz von der Regierung entscheidend gewesen.

In Kenia hielten viele nach der Wahl den Atem an, als der Verlierer Odinga vor Gericht zog und das Ergebnis anfocht. Unter der geltenden Verfassung in Tansania ist das unmöglich, da gerichtliche Überprüfung verkündeter Präsidentschaftswahlergebnisse verboten sind – wobei die verkündende Wahlkommission vom amtierenden Präsidenten ernannt wird.

Der tansanische Journalist Sammy Awami schrieb auf BBC, dass Tansanier Wahl und Machtübergabe in Kenia mit einer Mischung aus Bewunderung und Neid betrachten. Es sei unglaublich, dass der Vorsitzende der Wahlkommission Ruto zum Gewinner erklärte, obwohl der amtierende Präsident Kenyatta offen dessen Gegenkandidaten unterstützte. Wie sei es nur möglich gewesen, dass Oppositionskandidaten die Formulare zur Registrierung als Kandidat erhielten und sie problemlos ausgefüllt wieder abgeben konnten? Bei der letzten Wahl 2020 in Tansania kam es reihenweise vor, dass Oppositionskandidaten vor verschlossenen Türen der Wahlbüros standen, ihnen ihre Unterlagen aus dem Haus gestohlen worden oder sie selber mit Verletzungen im Krankenhaus landeten, bevor sie ihre Bewerbung fristgerecht abgeben konnten.

Vor den beiden letzten Wahlen in Tansania hatten hohe Vertreter der Regierungspartei CCM angekündigt, ihre Partei werde unter Einsatz aller Mittel gewinnen; dazu sei es auch nötig, die staatlichen Machtmittel einzusetzen, über die man mit der Regierungsgewalt verfügt. “Du gewinnst den Staat, und dann benutzt du den Staat, um an der Macht zu bleiben”, hatte es der damalige CCM-Generalsekretär Bashiru Ally vor der Wahl 2020 verkündet. Aus tansanischer Sicht sei es auch unglaublich anzusehen gewesen, wie Kandidaten aller Richtungen ihre Botschaft in Kundgebungen und öffentlichem Wahlkampf vertreten konnten und dass alle Ergebnisse der Wahllokale umgehend für jede und jeden via Internet einsehbar waren. Trotz aller Lockerungsbemühungen von Präsidentin Samia sehe er bisher kein Anzeichen dafür, dass die CCM bereit sei, ihren Griff an der Macht zu lockern.

BBC 15.09.2022, Citizen 06.09.2022, East African 07.09.2022

Ostafrikanische Gemeinschaft

Der Unternehmensverband East African Business Council (EABC) verlangt eine Vereinfachung der Bestimmungen für den grenzüberschreitenden Kleinhandel. Ein erheblicher Teil des Handels zwischen den afrikanischen Staaten wird informell von Frauen und jungen Leuten betrieben, die kleine Mengen von Waren auf einer Seite der Grenze einkaufen und auf der anderen Seite verkaufen. Dabei gilt die Regel, dass für Waren aus der Region bei einem Wert von bis zu $ 2000 kein Zoll erhoben werden soll und auch nicht die ausführlichen Formulare auszufüllen sind. Der EABC verlangt eine Ausweitung der Zollfreigrenze auf $ 5.000. Ferner wird kritisiert, dass Grenzbeamte oft hinsichtlich der geltenden Bestimmungen schlecht geschult sind. Dies führe zu Schikanen und Schmiergeldforderungen. Angesichts der Unsicherheit über die Bestimmungen und ihre Anwendung würden deshalb Kleinhändler immer wieder auf illegale Grenzübertritte auf Schmuggelpfaden ausweichen, die gefährlich sind, vor allem für Frauen. Auf einem Seminar des EABC sprachen sich Händlerinnen für die Schaffung von Lagerraum und Einrichtungen zur Kinderbetreuung an den Grenzen aus.

eabc-online.com, Guardian 01.09.2022