Justiz, Polizei ‐ 08/2024

Aus Tansania Information
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Der Fall Mwakabela

Am 23.06.2024 wurde der Social-Media-Mann Edgar Edson Mwakabela alias Sativa (27 Jahre alt) in Ubungo entführt und schließlich am 27.06. in einem Nationalpark gefunden, wo man ihn, für tot gehalten, für die wilden Tiere liegengelassen hatte. Seine Entführer hatten ihn in der Oysterbay-Polizeistation von Dar es Salaam verhört und wissen wollen, ob er zu den Aktivisten gehöre. Dann brachten sie ihn nach Arusha und schossen ihm im Katavi-Nationalpark in den Kopf. Die Kugel traf seinen Kiefer, deshalb kann er berichten, was ihm zugestoßen ist. Als Sativa nicht aufzufinden war, war es an seinen Freunden und an zwei Anwälten, Tito Magoti, selbst ein früheres Entführungsopfer, und Miriam Mkanaka, die die Kampagne #WhereIsSativa begründete, ihn zu suchen.

Solche Vorfälle kamen zuletzt unter Magufuli häufig vor. Präsidentin Hassan weckte Hoffnungen, dass damit unter ihrer Regierung nun Schluss sei. Muss man angesichts dieses Vorfalls glauben, dass die Präsidentin gelogen hat? Oder missachten ihre Leute ihre Entscheidungen?

The Chanzo/Tony Alfred K., 27.06.2024

Die #WhereIsSativa-Kampagne sammelte, damit Mwakabela in das Aga-Khan-Krankenhaus in Dar es Salaam verlegt werden konnte. Dort wurde er von seinen Unterstützern, Zitto Kabwe und der Tanzania Human Rights Defenders Coalition (THRDC) besucht. Sie bezahlten seine Krankenhauskosten in Höhe von 35 Mio. TSh. Kwabe setzte sich bei Präsidentin Hassan für die Einsetzung einer unabhängigen Untersuchungskommission ein. Später bestätigte Onesmo Olengurumwa, der verantwortliche Direktor der THRDC, dass die Präsidentin die Krankenhauskosten übernommen habe. Doch wird von der Präsidentin vor allem Aufklärung darüber erwartet, wer die Verantwortlichen für solche Entführungen sind. Innenminister Hamad Masauni und Polizeipräsident IGP Camillus Wambura schweigen bisher zu dem Vorfall. Derartige Fälle von Entführung und Verschleppung haben in letzter Zeit in Tansania zugenommen.

The Chanzo, 02.07.2024

Entführungen

Am 15.07.2024 gab Polizeipräsident Camillus Wambura bekannt, dass die Polizei an den Entführungen in Tansania keinen Anteil habe. Wambura erklärt, die zunehmende Zahl von Entführungen sei auf die wachsende Kriminalität in der Gesellschaft zurückzuführen. Außerdem würden manche auch eine Entführung vortäuschen.

Seit dem 15.06.2024 suchen Freunde, Familienmitglieder und Parteikollegen nach Kombo Mbwana, dem 29-jährigen Geschäftsmann und Chadema-Parteiführer von Handeni. Am 14.07.2024, nach 29 Tagen, bestätigt der Polizeikommandant von Tanga, ACP Zacharia Bernard, dass sie ihn wegen Missbrauchs sozialer Medien in Gewahrsam genommen haben. Von The Chanzo befragte Juristen bestätigten, dass die Inhaftierung Mbwanas ungesetzlich sei. Der Menschenrechtanwalt Alphonce Lusako erklärt, Verhaftete müssten innerhalb von 24 Stunden vor ein Gericht gestellt werden.

The Chanzo, 15.07.2024

Dem Mwakabela-Fall folgte die Verhaftung des Malers Shadrack Chaula, der auf TikTok ein Video von der Verbrennung des Portraits der Präsidentin gepostet und sie beschimpft hatte, und seine Freilassung nach nur 48 Stunden, nachdem X-Nutzer für ihn die Strafzahlung von 2.000 $ gesammelt hatten. Daraufhin diskutierten CCM-Politiker und religiöse Führer öffentlich die Abschaltung von X als jugendgefährdend.

BBC, 05./09.07.2024

Zunehmendes Kidnapping von Regierungskritikern und die Drohung, X abzuschalten (angeblich wegen pornografischer Inhalte), lässt Bürger um Meinungsfreiheit fürchten. Präsidentin Hassan sieht die freie Meinungsäußerung in den sozialen Medien kritisch, obwohl sie sie gewähren will. Auf dem Medientag am 18.6. anerkannte die Präsidentin, dass die sozialen Medien zur wichtigsten Informationsquelle in Tansania geworden seien. Edgar Mwakabela (27), ein Fürsprecher für andere Händler in Kariakoo, hinterfragte auf seinem X-Benutzerkonto die zahlreichen Gebühren und Erhebungen der Steuereintreiber. Er wurde entführt, auf einer Polizeistation verhört und anschließend „ermordet“. Warum er die Regierung auf X kritisiere und ob er die Chadema und andere Aktivisten unterstütze? Chadema und ihr Vorsitzender Freeman Mbowe geben an, seit März 2021 220 Fälle von Entführungen dokumentiert zu haben, davon allein 50 in diesem Jahr. Diese Angaben werden im Wesentlichen von Onesmo Oengurumwa, dem Koordinator der Tanzania Human Rights Defenders Coalition bestätigt. Die Regierung habe keine ernsthaften Anstrengungen unternommen, Entführungen durch die Sicherheitsorgane des Landes zu unterbinden.

The African Report, 16.07.2024

Landrechte

Seit zwei Jahrzehnten existierte der (gewaltsame) Kampf zwischen Kleinbauern und Viehhirten um Landrechte. Am schlimmsten sei es in der Morogoro-Region. Der Kommentator fordert von der Regierung eine Lösung des Problems. Bisher sei es vor allem auf der Distriktebene angegangen worden, aber inzwischen sei klar, dass es sich um ein nationales Problem handle. Land werde zunehmend knapper.

Vier von zehn Fällen, die von der Mama Samia Legal Aid Campaign (seit April 2023 tätige, zunächst auf drei Jahre geplante Initiative, um die Tansanier juristisch zu unterstützen, die sich keine Rechtsberatung leisten können, und allen gleichermaßen Zugang zu Gerechtigkeit zu ermöglichen) aufgenommen werden, beträfen Landrechte und dazugehörige Kompensation, berichtete gestern Ester Msambazi, die für diesen Ausschuss im Ministerium für Constitutional and Legal Affairs zuständige Leiterin, vor der 48. Internationalen Handelsmesse in Dar es Salaam. Traditionell würden Tansanier kein Testament machen, was von der Staatssekretärin des Justizministeriums, Mary Makondo, als Hauptursache gesehen wird. Weitere Faktoren seien die Korruption örtlicher Politiker und Geldgier. Häufig komme es vor, dass ein Stück Land dreimal an unterschiedliche Interessenten verkauft werde. Streit über Land sei außerdem die Folge von unklaren Pachtverhältnissen, Weidelandausweisung, unangemessener Rechtsgrundlagen für die Berücksichtigung von Weidebetrieb und Klimawandel.

Citizen 08.07.2024

Tanganyika Law Society

Die TLS ist eine Organisation der Rechtsanwaltskammer und wählt am 2. August in Dodoma einen neuen Präsidenten. Nachdem einer der Kandidaten, Boniface Mwabukusi, vom Berufungskomitee als „unethisch“ abgelehnt wurde, zog dieser vor den Obersten Gerichtshof. Der vorsitzende Richter Butamo Phillip verfügte seine Wiederaufnahme in die Kandidatenliste. Die Vorgänge haben die Öffentlichkeit auf die anstehende Wahl aufmerksam gemacht und auf den Einfluss, den die Regierung zu nehmen versucht. „Damit ist klar, welcher Kandidat der richtige ist, wenn die TLS auf ihre Unabhängigkeit pochen will“, kommentierte die Menschenrechtsaktivistin Maria Sarungi Tsehai auf X. „Mwabukusi ist der Kandidat, der dem Staat missfällt, er ist der Störenfried. Er wird das öffentliche Interesse vertreten.“

The Chanzo, 26.07.2024