Innenpolitik ‐ 08/2024
Parteiwechsel
Chademas Peter Msigwa, früherer Abgeordneter, Mitglied des Zentralkomitees seiner Partei und Vorsitzender für Nyasa, wechselt nach 20 Jahren Parteimitgliedschaft zur Regierungspartei CCM. Er begründet seinen Wechsel mit der Auffassung, dass die Chadema zum Privatbesitz eines einzelnen Mannes geworden sei. Allerdings hatte Msigwa zuvor den Vorsitz für die Region Nyasa an einen parteiinternen Konkurrenten abtreten müssen. Damit ist er der zweite Chadema-Mann, der diesen Weg gewählt hat. Beobachter fragen sich, ob dies der Anfang einer weiteren Wanderbewegung ist, wie sie sich bereits 2018-2020 ereignete und deren Protagonisten von der CCM mit lukrativen Posten belohnt wurden.
The Chanzo, 01.07.2024, Guardian, 01.07.2024
Händlerstreik
Nach dem Händlerstreik vom 24. bis 27.06.2024, der von Kariakoo in Dar es Salaam ausging und sich in neun Regionen ausbreitete und in dem es insbesondere um Umfang und Methoden der Steuererhebung durch das Finanzamt (Tanzania Revenue Authority, TRA) ging, liegt The Chanzo nun ein Brief an Außenminister January Makamba mit Klagen von Investoren vor, der von zehn Botschaftern unterschrieben wurde: von den Vereinigten Staaten, Großbritannien, den Niederlanden, Irland, Frankreich, Belgien, Kanada, Südkorea, Schweden und Deutschland. Diese Klagen ähneln sehr jenen der Händler. Beispielsweise beschwert man sich über die Praxis der TRA, Gelder eigenmächtig und ohne Genehmigung von Konten einzuziehen. Diese Praxis sei in der letzten Phase der Regierung von Präsident Magufuli üblich gewesen, doch Präsidentin Hassan habe versprochen, solche Schikanen nach ihrer Amtseinführung einzustellen. Das Außenministerium zeigte sich bereit, das Gespräch mit den Beschwerden führenden Investoren zu suchen.
The Chanzo, 01.07.2024
Tanzania Revenue Authority
Die Botschafter von zehn Ländern beschwerten sich in ihrem Brief vom 26.06.2024 an January Makamba darüber, dass es noch immer Probleme mit dem TRA gäbe, obwohl der Wert der in Tansania investierenden Unternehmen von 3 Mrd. $ auf 5,5 Mrd. $ gestiegenen sei. Es kämen vielfache, ungesetzliche Überprüfung durch die Steuerbehörde, irreguläre und überhöhte Zahlungsaufforderungen sowie Anforderungen von bis zu 15 Jahre zurückdatierten Kontoabstimmungen vor. Das TRA als Regulierungs- und Exekutivbehörde habe lediglich die Aufgabe, die Gesetze umzusetzen, das Industrie- und Handelsministerium hingegen sei die Instanz, die die Gesetzesvorschläge im Parlament einbringe. Also solle sich der Ärger der Händler und Investoren eher auf das Parlament richten, das die falschen Gesetze erlasse, gibt Professor Abel Kinyondo von der University of Dar es Salaam zu bedenken. Außerdem sei das Industrie- und Handelsministerium, seit es ein eigenes Investorenbüro im Haus der Präsidentin gäbe, erheblich geschwächt und eigentlich obsolet.
Guardian, 04.07.2024
Die Klagen ausländischer Investoren und inländischer Händler veranlassten Präsidentin Hassan den Finanzamtschef Alphayo Kidata durch Yusuph Juma Mwenda, einem erfahrenen Steuerbeamten und zuletzt mit der Reformierung der sansibarischen Steuerbehörde beauftragt, und die Industrie- und Handelsministerin Ashatu Kijaji durch Dr. Selemani Jafo, den Staatsminister für Einheit und Umwelt im Vizepräsidentenbüro, zu ersetzen.
EastAfrican, 06.07.2024
Yusuph Menda, der Anfang Juli Alphayo Kidata als Finanzamtschef ersetzte, stellte sein Programm zur Erweiterung der Besteuerungsgrundlagen und der Schaffung eines Gleichgewichts zwischen Aufrechterhaltung des Besteuerungstempos und der Berücksichtigung der Beschwerden von Steuerzahlern vor. Das zurückliegende Finanzjahr 2023/2024 erreichte mit 28,3 Billionen TSh 97,67 Prozent der geplanten Steuereinnahmen. Doch dieses herausragende Ergebnis geht einher mit zunehmenden Protesten der Steuerzahler, die ihren Höhepunkt mit dem Streik in Kariakoo und in einigen anderen Regionen Tansanias fand. Zugleich beschwerten sich auch die Botschaften von zehn Ländern über die Verfahrensweisen der TRA. Yusuph Menda beeile sich, Lösungen zu finden. Entscheidend sei es, Unternehmensaktivitäten zu erleichtern. Er führe vierteljährliche Treffen zwischen Wirtschaftsvertretern und seiner Behörde ein und wolle die Kundenbetreuung verbessern. Es gäbe Geschäftsleute, die das Zahlen von Steuern mieden, doch es müsse fair zugehen. Außerdem enthielte die TRA-Datenbank nur 2 Mio. Steuerzahler, was eben die Erweiterung der Besteuerungsgrundlage erforderlich mache. Ein besseres Wohlverhalten könne die Regierung überzeugen, die Mehrwertsteuer von 18 auf 16 Prozent zu senken. Doch ohne größere Bereitschaft zur Regelbefolgung entstehe ein Finanzierungslücke. Die Sprecherin der Tanzania Private Sector Foundation Angelina Ngalula bat um eine Überarbeitung der Steuerverwaltung, denn sie begünstige Steuerhinterzieher. Und bei der Erweiterung der Besteuerungsgrundlagen sei eine Übergangszeit von fünf Jahren erforderlich sowie eine Modernisierung des Steuererhebungssystems.
Bei der Tagung von Vertretern des privaten Sektors und der Regierung im Rahmen des 15. Tanzania National Business Council (TNBC) in Dar es Salaam wird wegen der Beschwerden zur Steuererhebung die Bildung eines Präsidialkomitees verlangt, um das Steuersystem zu reformieren und zu verbessern.
Citizen, 19./30.07.2024
Kabinettumbau
Am 21.07.2024 entfernt Präsidentin Hassan January Makamba (Minister für Außenbeziehungen und ostafrikanische Zusammenarbeit) und Nape Nnauye (Minister für Information, Kommunikation und Informationstechnik) aus ihrem Kabinett. Neuer Informationsminister wird Jerry Silaa (zuvor Minister für Land und Siedlungswesen) und neuer Außenminister Mahmoud Thabit Kombo (zuvor Botschafter in Italien). Makamba und Nnauye leisteten einen wesentlichen Beitrag zum Sieg der CCM in den Wahlen von 2010 und 2015. Beide sind erfahrene und verdiente Politiker. Doch wurden beide als Störenfriede wahrgenommen, die ihre politischen Ambitionen nicht eben unter den Scheffel stellen. Makamba hatte zuvor im Energieministerium „Clean Cooking“ wiederbelebt, ein entsprechendes Strategiepapier für die Jahre 2024-2034 mit einem Etat von 1,8 Mrd. $ ausgestattet und dann im Außenministerium für eine Statusverbesserung der tansanischen Diaspora gesorgt. Ihm wird nachgesagt, dass er sich als Nachfolger von Präsidentin Hassan sehe und sie 2030 nach ihrer zweiten Amtszeit beerben wolle. Die Präsidentin traf ihre Entscheidung unmittelbar nach zwei beunruhigenden Vorfällen in den sozialen Medien. In dem einen versuchte eine Gruppe aus Archbishop Tutu Leadership Fellows und dem African Young Global Leaders of the World Economic Forum Makamba als Nachfolger von Moussa Faki, dem Generalsekretär der Afrikanischen Union, zu platzieren und damit den kenianischen Oppositionschef Raila Odinga, auf den sich die ostafrikanischen Länder geeinigt hatten, auszubooten (Stichtag für die Kandidatur ist der 06.08.2024). Nnauye hatte Stephen Byabato, dem Abgeordneten für Bukoba, auf einer Wahlveranstaltung versprochen, dass ihm sein Parlamentssitz auf jeden Fall in der kommenden Wahl sicher sei, weil Wahlergebnisse in Tansania nicht zwangsläufig davon abhängen, wo und ob Wähler ihr Kreuz machen, sondern davon, wer die Ergebnisse zähle und wer sie bekannt gäbe. Damit löste einen Sturm der Entrüstung in den sozialen Medien aus und stieß sowohl die CCM als auch die Regierung vor den Kopf.
EastAfrican, 20.07.2024, BBC, 22.07.2024, Citizen, 23.07.2024
Neuer Minister für Land und Siedlungswesen ist Deogratius Ndejembi, der zuvor im Amt des Premierministers für Arbeit, Jugend und Behinderte zuständig war. Neuer Staatsminister für Arbeit, Jugend und Behinderte ist Ridhiwan Kikwete, der zuvor stellvertretender Staatsminister im Präsidentenbüro für öffentlichen Dienst und gute Regierungsführung war. Präsidentin Hassan wechselt außerdem mehrere Führungspersönlichkeiten in halbstaatlichen Organisationen wie in der Tanzania Telecommunications Corporation, Tanzania Posts Corporation und im Universal Communications Service Access Fund aus.
Citizen, 24.07.2024
Jenerali Ulimwengu kommentiert: Der Verschleiß von drei Außenministern in drei Jahren als eines von zahlreichen Beispielen werfe die Frage auf, ob es irgendeine Planung gäbe und gestatte berechtigten Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Hauptverantwortlichen. Er prangert an, dass Präsidentin Hassan ihre Entscheidungen nicht erkläre und Spekulationen Tür und Tor öffne. Er beklagt diese Zeit „politischen Gangstertums“, in der Menschen in der aufgeheizten Stimmung vor den Wahlen verschwänden oder vergiftet würden.
EastAfrican, 27.07.2024
Rücktritt
Der stellvertretende CCM-Vorsitzenden Abdulrahman Kinana reichte ohne Nennung von Gründen seinen Rücktritt ein. Erfolgte sein Rücktritt, um der Parteineuordnung im Vorfeld der Kommunalwahlen im Herbst 2024 und der Parlamentswahlen 2025 nicht im Wege zu stehen? Als Nachfolger werden Pius Msekwa und Philip Mangula gehandelt.
Citizen, 31.07.2024