Innenpolitik ‐ 07/2025

Aus Tansania Information
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„Politische Kultur“

Bei einer Pressekonferenz am 02. Juni erhoben der kenianische Fotojournalist und Aktivist Boniface Mwangi und die ugandische Aktivistin Agather Atuhaire schwere Vorwürfe. Sie seien in ihrem Hotel verhaftet und später brutal gefoltert und vergewaltigt worden. Der kenianische Ökonom James Shikwati, der die Denkfabrik Inter Region Economic Network leitet, hält die Angst der tansanischen Regierung vor einem Gen-Z-Protest wie in Kenia für das Motiv. Kenia hatte sich mit einer offiziellen Entschuldigung von den Aktivisten distanziert. Die tansanische Regierung will sich nicht die „politische Kultur“ anderer Länder aufzwingen lassen. Doch Gegenwind gegen diese Haltung gibt es auch aus den eigenen Reihen der CCM. Bereits Ende Mai machte Bischof Josephat Gwajima klar: „Entführungen sind nicht unsere tansanische Kultur.“ Die Registerstelle für Zivile Gesellschaften in Tansania schloss daraufhin am 02. Juni Gwajimas Erweckungskirche. Seither fehlt von Gwajima jede Spur.

DW,06.06.2025

Chadema-Kampagne

Die „No Reforms, no Election“-Kampagne überschwemmte die sozialen Medien, hat dort ein Eigenleben entwickelt und die sozialen Medien in Tansania für drei Tage in Folge komplett dominiert. Tansanier kommentieren massenweise auf den sozialen-Medien-Seiten der Regierung, von Politikern, Institutionen, Prominenten und überall, wo Kommentare erlaubt sind. Die Administratoren offizieller Seiten waren mit dem Ansturm vielfach überfordert. Auch auf dem Kommentarseiten von bekannten Musikern wie etwa dem nigerianischen Sänger Chella Boi tauchte der Slogan massenhaft auf. Eine wichtige Rolle dabei spielt die in den USA basierte Aktivistin Mange Kimambi (mehr als fünf Mio. Follower auf Instagram). Die Anhänger der Regierungspartei CCM reagierten mit der Kampagne „#Oktoba Tunatiki“ (Wir wählen im Oktober), doch bisher kann sie mit dem Original nicht mithalten.

Der Vorsitzender von ACT-Wazalendo Othman Masoud, der zugleich erster stellvertretender Präsident von Sansibar ist, kündigt an, dass seine Partei die Parlamentswahlen in Sansibar nicht boykottieren wird.

Citizen, 03.06.2025, TheChanzo, 08.06.2025

Kosten der Wahlen

Bis 2020 wurde die Finanzierung der Wahlen überwiegend von Geberländern übernommen, seither trägt das Land die Kosten selbst. 2020 waren die Wahlen bereits mit einem dreistelligen Millionenbetrag ($) zu Buche geschlagen. Für die Finanzierung der diesjährigen Wahlen senkte Finanzminister Mwigulu Nchemba den Haushalt für 2025/2026 von ursprünglich 22,09 Mrd. auf 21,88 Mrd. $, womit das neue Budget immer noch um 18 % über dem von 2024/2025 (18,98 Mrd.) liege. 71,6 % (15,67 Mrd. $) ergäben sich aus innerstaatlichen Einnahmen.

In die Wahlvorbereitungen seien 2025 bereits 287,2 Mio. $ geflossen. Die Gesamtkosten würden sich am Ende vermutlich auf 387 Mio. $ belaufen. Eine für den Haushalt 2025/2026 zusätzlich eingeplante Einnahme erfolgt durch die nun auch für Tansania eingeführte Versicherungspauschale von 44 $ für Touristen, die Sansibar bereits im Oktober 2024 festgesetzt hatte. Reisende aus EAC und SADC sind davon befreit.

EastAfrican, 14.06.2025

CCM

Die Partei ist eingetreten in die kritische Phase parteiinternen Konkurrierens um Posten. Der Vielzahl der turnusmäßigen Rücktritte steht eine viel größere Anzahl von Bewerbern um die freigewordenen oder freigestellten Posten für die ab 28. Juni erwarteten Nominierungen mit Überprüfung bis zum 02. Juli gegenüber. Bereits am 23.6. hat Präsidentin Hassan fünf Regionalkommissare ersetzt. Schwieriger, als sich bei den parteiinternen Wahlen durchzusetzen, wird es allerdings sein, in den Wahlkreisen mit Gegenkandidaten aus den Oppositionsparteien den Sieg einzufahren. Zitto Kabwe von ACT-Wazalendo will sich nach fünf Jahren parlamentarischer Abstinenz den Wahlkreis Kigoma zurückholen, um den sich auch Peter Serukamba (derzeit noch Iringa) von der CCM bewirbt. Die Präsidentin verlangt, nur die Fähigsten zu nominieren; Vetternwirtschaft und Gefälligkeiten dürften keine Rolle spielen. Chancenlos seien Kandidaten, die die Partei öffentlich kritisierten – ein indirekter Angriff gegen die Querdenker-CCM-Abgeordneten Josephat Gwajima und Luhanga Mpina. Gegen Joseph Mbilinyi von der Chadema, der weiter für seinen Wahlkreis Mbeya kämpft, obwohl seine Partei von der Wahl ausgeschlossen wurde, tritt Parlamentssprecherin Tulia Ackson Mwansasu von der CCM an.

TheChanzo, 24.06.2025, Citizen, 25.06.2025, EastAfrican, 28.06.2025

Entlassung des Parlaments

Die letzte Sitzung des 12. Parlaments, dass seit dem 13.11.2020 noch unter Magufuli und ab dem 19.3.2021 unter Hassan tagte, findet am 27. Juni statt. Die Entlassung erfolgt als Vorbereitung auf die Wahl im Oktober. In Sansibar wird Präsident Dr. Hussein Mwinyi das Abgeordnetenhaus erst am 13. August auflösen, um zuvor noch die Wahlvorbereitungen abschließen zu können. Im Anschluss an die Parlamentsauflösung bestimmen die Parteien in internen Entscheidungs- und Wahlprozessen ihre Kandidaten.

Bei ihrer Rede zur Parlamentsauflösung verspricht Präsidentin Hassan die Erarbeitung einer neuen Verfassung im Verlauf der nächsten Legislaturperiode. Außerdem weist sie die Polizei an, die Ermittlungen im Zusammenhang mit den Entführungen überall im Land zu intensivieren und das bisherige reaktive Handeln durch künftiges aktives Intervenieren zu ersetzen.

TheChanzo, 27.06.2025, Guardian 28.06.2025