Innenpolitik ‐ 05/2024: Unterschied zwischen den Versionen

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(kein Unterschied)

Aktuelle Version vom 7. Mai 2024, 18:50 Uhr

Wahlgesetzgebung

Dr. Anna Henga, die Leiterin des Legal and Human Rights Centre (LHRC), kommt nach einer Analyse der unter Hassan im Frühjahr 2024 angepassten Wahlgesetzgebung zu dem Schluss, dass die Regierung die für die Sicherung fairer und freier Wahlen vom LHRC gemachten Vorschläge nicht umgesetzt habe. Sie besetzte die Positionen in der Nationalen Wahlkommission weiterhin mit Beamten. Auf diese Weise verhindere sie den Aufbau von Vertrauen in die Wahl und beschneide die Wahlfreiheit. Die Wahlaufsicht bleibe letztlich auf allen Ebenen, wie auch regional und national, in den Händen von Beamten, auch wenn man die Funktionen teils umbenannt habe. Tatsächlich komme die Reform erst nach der fünfjährigen Dienstverpflichtung der Beamten und damit erst zwischen 2028-2029 zum Tragen, also nicht bei den anstehenden Kommunalwahlen dieses Jahres und auch nicht bei den Präsidentschaftswahlen 2025. Außerdem schließe die Gesetzgebung die Befragung der Wahlkommission aus, was einem Verfassungsbruch gleichkomme. Schließlich fänden auch Geschlechter- und Inklusionsgerechtigkeit keine Berücksichtigung, obgleich das Gesetz dies vorsehe.

(Guardian, 06.04.2024)

Ein namentlich nicht genannter Kommentator des Guardian (08.04.2024) bezeichnet die geäußerte Besorgnis der LHRC und anderer an den Menschenrechten orientierter politischer Organisation als übertrieben.

Weiterer CCM-Umbau

Die regierende Chama Cha Mapinduzi hat ihren Propagandachef Paul Makonda durch ihren früheren Schatzmeister Amos Makalla ersetzt. Makonda, der bereits unter Magufuli Regionalkommissar für Dar es Salaam war, wurde bereits früher in Zusammenhang mit Korruption, Machtmissbrauch und Populismus gebracht sowie mit Ausfällen gegenüber der LGBT-Community. In der Folge belegten ihn die USA mit einem lebenslangen Einreiseverbot in die USA. Makonda war nur fünf Monate auf seinem Posten.

(EastAfrican, 06.04.2024)

Bestandsaufnahme

Kommentar von Nicodemus Minde: Am 17. März 2021 ist Tansanias vorheriger Präsident John Magufuli gestorben. Präsidentin Samia Hassan hat einen Großteil seiner rückschrittlichen Politik umgekehrt und dennoch ihren Vorgänger geehrt, indem sie die von ihm initiierten Projekte weitgehend abschloss. Außerdem hat sie die Partei ebenso wie die Regierung umgebaut. Ihre Reformen geben der politischen Opposition Auftrieb und verschaffen den Bürgern Spielraum. Ein öffentliches politisches Leben ist wieder möglich – vor drei Jahren noch vollkommen undenkbar. Das unterstützt die beiden führenden Oppositionsparteien: Chadema und ACT-Wazalendo. Dennoch ist die regierende Chama Cha Mapinduzi klar im Vorteil, denn entscheidende Wahlrechtsreformen blieben bisher aus. Doch ihre heutige Position erreichte Hassan nicht automatisch. Zwar ist sie von der Verfassung so vorgesehen, doch innerhalb der Regierungspartei gab es genug Contra. Unterstützt wurde sie auch vom ehemaligen Präsidenten Jakaya Kikwete sowie von Armee und Polizei. Gleich zu Beginn feuerte sie die Magufuli-Loyalisten Bashiru Ally und Plamagamba Kabudi. Außerdem holte sie zunächst die zurück, die Magufuli kaltgestellt hatte: January Makamba, Nape Nnauye, Abdulrahman Kinana. Seit kurzem bezieht sie auch wieder zuverlässige Magufuli-Verbündete ein: Doto Biteko als Vize-Premier und Paul Makonda als Parteisekretär für Ideologie und Öffentlichkeitsarbeit, letzteren allerdings nur kurz. Ihre Abkehr von der Politik ihres Vorgängers und ihre strategischen politischen Manöver haben ihr Unterstützung in der Partei und in der breiteren Öffentlichkeit eingebracht, dennoch ist die Wahl 2025 noch nicht gewonnen.

(The Conversation/Citizen, 16.04.204)

Besteuerung

Kenia, Uganda und Tansania, die Kernländer der Ostafrikanischen Gemeinschaft, entwickeln eine Fülle von Besteuerungsideen, um in diesem und im kommenden Finanzjahr größere Steuereinnahmen für Schuldendienst und Projekte zu generieren. In allen drei Ländern wird nach Wegen gesucht, um die Finanzierung eines größeren Anteils des jeweiligen Jahresbudgets durch inländische Steuereinnahmen zu bewerkstelligen und die nationale Kreditaufnahme im Ausland zu verringern.

Insbesondere Uganda sieht sich in der Defensive, nachdem die Weltbank weitere Vorzugsdarlehen aufgrund der 2023 erlassenen Anti-LGBT-Gesetze verweigert. Uganda will Baumaterialien, Treibstoffe, frische Obstsäfte, Mineralwasser, naturtrübes Bier und Profite aus dem Verkauf von Firmenaktien besteuern. Der Anteil der Besteuerung fertiger Waren liege bereits bei 45-55%. Außerdem sollen Händler in Zukunft ihre Einnahmen und die fälligen Steuern elektronisch dokumentieren, was Investitionen für Computer oder Smartphone und Drucker und eine Schulung in der Verwendung von Hard- und Software voraussetzt. Als Ruanda ähnliche Erneuerungen durchsetzte, übernahm der Staat einen Teil der entstandenen Kosten. An den Grenzen erhebt Uganda verdoppelte Quellensteuer auf Importwaren. Deshalb halten Händler in Uganda v.a. in Kampala ihre Läden seit einer Woche geschlossen und wollen in Kürze zu Gesprächen mit Präsident Yoweri Museveni zusammenkommen.

In gleicher Weise proaktiv versucht Kenias Präsident William Ruto durch erhöhte Steuern und Abgaben sein Land aus der Schuldenfalle zu führen. Experten von Ernst & Young geben zu bedenken, dass erhöhte Steuern und verringerte Staatsausgaben kontraproduktiv sind und zu verringerten Investitionen und Aktivität der Wirtschaft führen. Kenia verwendet 90% seiner Steuereinnahmen für Schuldendienst und Beamtengehälter.

Auch in Tansania wird beratschlagt, wie der Anteil der Steuereinnahmen im Jahresbudget vergrößert und die Kreditaufnahme verringert werden könnte. Das Budget 2024/2025 von 19,35 Mrd. $ beinhaltet eine um 10 % erhöhte Steuereinnahme im Vergleich zu 2023/2024 – Rund 70 % des Budgets beruhen auf Steuereinnahmen. Finanzminister Mwigulu Nchemba hat in seinem dem Parlament am 11.03.2024 vorgestellten Haushalt 11,7 Mrd. $ Steuereinnahmen vorgesehen, etwas unter 1 Mrd. $ pro Monat. Grundlage dieser Planung sind die stetigen Steuereinnahmen von ca. 800 Mio. $ monatlich seit August 2023, wobei im Dezember 2023 die noch nie erreichte Summe von 1,2 Mrd. $ erreicht wurde. Es gehe darum, so Nchemba, die Steuerbemessungsgrundlage zu erhöhen und die Bereitschaft zu freiwilliger Steueroptimierung zu vergrößern sowie die Umsetzung der Steuergesetzgebung zu verbessern und Steuervermeidung zu verringern – das alles auch mit computergestützten Systemen.

(EastAfrican, 20.04.2024/ Daily Monitor, 21.04.2024)

Bahnstrecke Mtwara-Mbamba Bay

Tansania setzt bei der Finanzierung der Bahnverbindung Mtwara-Hafen am südlichen Indischen Ozean und Mbamba-Bay-Hafen am Malawisee auf eine öffentlich-private Partnerschaft. Die 1.000-km-Strecke soll vor allem Fracht transportieren und insbesondere Kohle und Eisenerz aus den Bergbaugebieten Mchuchuma und Liganga. Präsidentin Samia Hassan hat bereits im vergangenen Jahr einen Teil der Finanzierung bei der African Development Bank beantragt.

(EastAfrican, 27.04.2024)

60 Jahre Vereinigte Republik Tansania

Die vor 60 Jahren von Julius Nyerere und Abeid Karume geschmiedete Union zwischen Tanganika und Zansibar sei das Produkt kluger Weitsicht, erklärt Präsidentin Hassan, und habe beiden Ländern große Fortschritte eingebracht.

In seinem Kommentar bemerkt Jenerali Ulimwengu, es sei ein Sieg, dass die Union noch immer bestehe, vor allem, wenn man alle anderen bisher auseinandergebrochenen staatlichen Konstrukte in Betracht ziehe.

(Citizen, 26.04.2024, EastAfrican, 27.04.2024)