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===Samia kündigt Veränderungen an===
===Sicherheit wiederhergestellt===


Dar es Salaams Regionalkommissar Amos Makalla verkündete, dass die Stadt wieder sicher sei. Die Jugendbanden der sogenannten „Panya Road“ seien zerschlagen. Makalla verkündete dies anlässlich einer Versammlung zum Maulidfest, dem Geburtstag des Propheten Mohammed, an der auch die Präsidentin, Premierminister Majaliwa, Parlamentspräsidentin Ackson und die Leiter von Polizei und Militär teilnahmen. Makalla dankte den anwesenden Geistlichen für ihre Bemühungen, bei denen sie die Eltern zur richtigen Erziehung ihrer Kinder ermahnt hätten. Makalla hatte nach einer Serie von Überfällen der Jugendbanden in den Vororten die Polizeikräfte verstärkt, die eine Reihe von Razzien durchführten und eine Gruppe von Jugendlichen erschoss, die auf dem Wege zu einem Überfall gewesen sein sollen.
Präsidentin Samia deutete am Ende des CCM-Parteitages eine Umbildung ihrer Regierung an. Sie habe nach 2 Jahren an der Spitze festgestellt, dass es einige Leute gebe, die mit ihrem Tempo nicht mithalten können oder wollen. Sie müsse jetzt die nächsten 3 Jahre bis zur kommenden Wahl von 2025 dazu nutzen, den Wählern Resultate vorweisen zu können. Die CCM sei verpflichtet, ihre Wahlversprechen aus dem Jahr 2020 umzusetzen. Sie stelle fest, dass es innerhalb der Partei Leute gibt, die nicht zufrieden sind. Die dürften ihre Kritik aber nicht bis zur Zerstörung der Partei treiben.


Mwananchi 09.10.2022
Während des Kongresses hatten sich mehrere Sprecher aus der Parteiführung massiv gegen Kritiker gewandt, von denen selber freilich nichts zu hören war. Generalsekretär Yusuf Makamba wetterte gegen Dissidenten, die nicht glücklich seien, wenn die Führung des Landes gelobt wird. Damit zielte er offenkundig auf seinen Vorgänger Bashiru Ally, der seinerzeit zu den engen Vertrauten von Samias Vorgänger Magufuli gehört hatte und von der neuen Präsidentin auf einen Parlamentsposten abgeschoben worden war. Makamba forderte, die Partei solle bald Samia offiziell zu ihrer Kandidatin für 2025 machen. Der ehemalige Präsident Kikwete sagte, niemand sei beliebter im Lande als die jetzige Präsidentin.  


===Polizei auf Platz 1 bei Korruption===
Bis Jahresende gab es noch keine Veränderungen in der Regierung.


Im Ranking der staatlichen Antikorruptionsbehörde belegt die tansanische Polizei wieder unangefochten den wenig rühmlichen Spitzenplatz. Die Behörde hatte im Jahr 2020 2,966 Personen über ihre Erfahrungen mit staatlichen Einrichtungen befragt. Die letzte Untersuchung dieser Art hatte 2009 stattgefunden.
East African 09.12.2022, Mwananchi 08.12.2022


Mit 46% stuften fast die Hälfte der Befragten die Polizei als korrupt ein. Der Gesundheitssektor folgte mit 18%, die Gerichte lagen mit 12% auf dem dritten Platz. Abgeschlagen auf Platz 4 kam das Finanzamt mit nur 6% der Nennungen.
=== Fortschritt auf Pump oder aus eigener Kraft? ===


Die große Mehrheit der Befragten (78%) stufte das Ausmaß der Korruption als „niedrig“ ein. In den letzten Jahren hat sie demnach deutlich abgenommen, vor 12 Jahren wurde sie von über 90% als großes Problem wahrgenommen. Damals war auch die Polizei noch von zwei Dritteln als korrupt bezeichnet worden. Wie auch zuvor führte die Verkehrspolizei wieder die Tabelle an.
In den tansanischen Jahresrückblicken werden immer wieder die Unterschiede zwischen Präsidentin Samia Suluhu Hassan und ihrem Vorgänger John Pombe Magufuli diskutiert. Magufuli hatte zahlreiche Bauprojekte im Lande initiiert, wie den Neubau des Eisenbahnnetzes, den großen Staudamm am Rufiji, Brücken und Überführungen in Dar es Salaam, Ausbau von Flughäfen, sowie den Neubau zahlreicher Schulen und Krankenhäuser, verbunden mit der Schulgeldfreiheit für alle staatlichen Schulen. Er hatte immer betont, dass Tansania die Finanzierung dieser Projekte aus eigener Kraft unternehme und war auf Distanz zu den internationalen Kreditvergabeinstitutionen wie Weltbank und Währungsfonds gegangen, die ihre Zusagen an Bedingungen für das Empfängerland knüpfen. Als Präsidentin Samia nach Magufulis überraschendem Tod von der Vizepräsidentin in die Spitzenposition aufstieg, hatte sie immer wieder unterstrichen, dass sie die Arbeit ihres Vorgängers fortführen wolle und jede klare Kritik an Magufuli unterlassen. Tatsächlich begann sie alsbald eine rege Reisediplomatie und bemühte sich um Investoren und internationale Kredite. Dies wurde in der Öffentlichkeit kritisch kommentiert; nach Magufulis Politik der Entwicklung aus eigener Kraft sei Tansania jetzt wieder dabei, die "Imperialisten" mit der Bettelschale in der Hand zu besuchen.


Die Untersuchung führt die Abnahme der Wahrnehmung von Korruption darauf zurück, dass durch die Einführung von elektronischen Abläufen via Internet oder Mobiltelefone viele Anmeldungen und Genehmigungen ohne persönlichen Kontakt erfolgen.
Allmählich trauen sich jetzt Zeitungskommentare, auf die offiziell nicht eingestandenen Kreditaufnahmen auch unter Magufuli hinzuweisen.  


Es ist deutlich, dass die Bürger korruptem Verhalten bei ihren direkten Kontakten mit Behörden begegnen. So steht beispielsweise bei Frauen der Gesundheitssektor weit vorne, da sie mit Kindern und Angehörigen die Gesundheitsstationen und Krankenhäuser öfter aufsuchen als Männer.
Citizen 30.12.2022, Mwananchi 23.12.2022


Ein Sprecher der Polizei bedankte sich für den Bericht, der helfen werde, die Qualität der Polizeiarbeit weiter zu verbessern. Hingegen meinte der Oberste Richter Ibrahim Juma, die Einstufung der Gerichte sei sicher nicht zutreffend und als Ergebnis von Vorurteilen anzusehen, die weitergetragen würden.
===Innerparteiliche Demokratie lässt zu wünschen übrig===


Der Politikwissenschaftler Dr. Mbunda von der Universität Dar es Salaam wies darauf hin, dass mit dieser Art von Umfrage eher die kleine Alltagskorruption auf der Ebene der alltäglichen Erfahrung erfasst wird. In Tansania gebe es eine weitverbreitete Grundsympathie für das erfolgreiche Schlitzohr, dem man seine kleinen Erfolge im Grunde gönnt. Das mache eine erfolgreiche Bekämpfung der Alltagskorruption schwierig.
Die von der Präsidentin beauftragte Arbeitsgruppe für demokratische Reformen kritisierte in ihrem Bericht unter anderem auch die Zustände innerhalb vieler Oppositionsparteien. Dabei würde oft gegen das Parteiengesetz, die eigene Satzung oder die beschlossenen Programme verstoßen.  


Citizen 13.10.2022, Mwananchi 14.10.2022
Als Gründe fand die Arbeitsgruppe: die Erwartungshaltung von Parteigründern, dass alles nach ihrer Pfeife zu tanzen habe; die finanzielle Schwäche vieler Parteien, was dazu führe, dass die Gründer aus eigener Tasche die Kosten tragen, was wiederum zur Abhängigkeit einer Partei von diesen Einzelpersonen führt; das Fehlen klarer Entscheidungsstrukturen und Einbeziehung der Mitglieder, was wiederum die Macht der Führer verstärkt; der Einfluss von Korruption, insbesondere zu Wahlkampfzeiten und bei der Kandidatenaufstellung; fehlende Strukturen zur Regelung von Konflikten.


===Telefonbetrug===
Die Arbeitsgruppe empfahl verbindliche demokratische Abläufe, vor allem bei der Kandidaten-aufstellung. Parteien müssten sich an politische Ethik gewöhnen und die häufigen Beleidigungen zu Wahlkampfzeiten abstellen. Die neuen Parteien sollten mehr Basisarbeit betreiben und ihre Organisation vor allem im ländlichen Bereich verstärken. Alle Parteigremien sollten mindestens zu einem Drittel mit Frauen besetzt werden. Die Registrierungsbehörde für politische Parteien sollte die innerparteilichen Wahlen überwachen dürfen (ein Vorschlag, der nach den Erfahrungen der Magufulijahre auf viel Skepsis stoßen dürfte).


Tansania hat ein recht einfaches System der Geldüberweisungen per Mobiltelefon, an dem 35 Millionen Nutzer im Lande teilnehmen. Man kann entweder mit einem Guthaben von seinem Telefonkonto oder durch Einzahlung in einer von vielen tausend Agenturen in Geschäften, Kiosken oder auf dem Bürgersteig anderen Nutzern Geld senden oder es empfangen. Vor diesem Hintergrund erscheint es nur natürlich, dass auch Betrüger aktiv sind. Die vorherrschende Methode ist dabei die SMS, mit einem allgemein gehaltenen Text, versandt an viele Empfänger in der Hoffnung, dass irgendwer sich angesprochen fühlt und auf die Mitteilung anbeißt. Unter dem verstorbenen Präsidenten Magufuli hatte das Land erst eine biometrische Registrierung aller Simkartenbesitzer durchgeführt und dies mit der Bekämpfung der Telefonkriminalität begründet; Beobachter hatten damals allerdings auch das Ziel eher in der Zensur politischer Äußerungen gesehen. Da man aber mehrere Simkarten haben darf, haben offenkundig Mitarbeiter der Telefonfirmen die Daten erfasster Nutzer verwendet, um auf deren Namen weitere Simkarten zu registrieren und diese dann unter der Hand zu verkaufen. Die Polizei, die in den großen Städten über eine eigene Abteilung für digitale Kriminalität verfügt, stellt jedenfalls einen Anstieg der Anzeigen wegen Betrugs via Telefon fest.
Citizen 21.12.2022


Allafrica,com 25.10.2022
===Prügelkommissar===


[[Kategorie:11/2022]]
Simon Simalenga, der Distriktkommissar von Songwe in Südwesttansania sieht sich einer Klage sowie einem Disziplinarverfahren gegenüber, nachdem er gegenüber einer jungen Frau handgreiflich geworden war. Simalenga hatte sich daran gestört, dass eine Gruppe von jungen Leuten auf einer überdachten Tribüne am Rande eines Sportplatzes saß. Die geschlagene 20jährige Frolencia berichtete, dass sie mit einer Gruppe von Freunden einem Fußballspiel zugesehen hätten, als Simalenga am Platz erschien, rief und winkte, sie sollten zu ihm kommen. Während ihre Freunde wegliefen, sei sie zu Simalenga hingegangen, der sie daraufhin ohne ein Wort mehrfach hart ins Gesicht geschlagen habe. Sie habe überrascht um Verzeihung gebeten und gesagt, dass sie eine Besucherin von außerhalb sei, aber er habe weiter zugeschlagen. Anschließend verkündete Simalenga, dass dieser Teil der Tribüne nicht für die Öffentlichkeit gedacht sei. Sie trug eine Verletzung am Auge davon und musste deshalb eine Krankenstation aufsuchen.
[[Kategorie:Innere_Angelegenheiten_-_Innere_Sicherheit]]
 
Der Vorfall wurde von anderen Zuschauern des Fußballspiels beobachtet und schließlich durch eine Erklärung der Partei ACT-Wazalendo publik, die die Abberufung des Distriktkommissars forderte. Dieser stritt gegenüber der Presse die Schläge zunächst ab. Pikanterweise trug sich der Vorfall während der zweiwöchigen landesweiten Aktion gegen geschlechtsspezifische Gewalt zu, während derer die Regierung im ganzen Lande Veranstaltungen zu diesem Thema durchführte. So ordnete Sozialministerin Dorothy Gwajima eine Untersuchung durch die Wohlfahrtsbehörde an und erklärte dann öffentlich, dass die Vorwürfe der jungen Frau zutreffend waren.
 
Guardian 07.12.2022, Mwananchi 06.12.2022
 
===Keine Parade===
 
Die diesjährigen Paraden und Kundgebungen zum Unabhängigkeitstag wurden von der Präsidentin abgesagt. Die dafür eingeplanten TSh 960 Mil. (€ 385.000) sollen stattdessen zum Bau von 8 Schülerwohnheimen für behinderte Kinder verwandt werden. Auch Samias Vorgänger Magufuli hatte zweimal die Feierlichkeiten abgesagt und das Geld für soziale Zwecke eingesetzt.
 
Citizen 06.12.2022
 
===Kritische Gerichtsentscheidung===
 
Die Entlassung des damaligen Oberrechnungsprüfers Mussa Assad durch Präsident Magufuli im Jahre 2019 war verfassungswidrig. Dies entschied der Oberste Gerichtshof Anfang Dezember. Die Klage war 2019 von dem Oppositionspolitiker Zitto Kabwe eingereicht worden. Magufuli hatte Assad nach 5 Jahren Tätigkeit für entlassen erklärt und einen neuen Leiter des Rechnungsprüfungsamtes berufen. Kabwe berief sich auf die Verfassung, wonach Assad bis zum Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren hätte im Amt bleiben müssen, außer er wäre wegen Pflichtverstößen durch ein besonderes Tribunal abberufen worden.
 
Assad hatte die Ausgabenpolitik der Magufuliregierung mit kritischen Anmerkungen begleitet, die auch auf die Großprojekte Magufulis zielten. Dann hatte er bei einer Auslandsreise in einem Interview das tansanische Parlament als schwach hinsichtlich der Wahrnehmung seiner Kontrollfunktion gegenüber der Regierung bezeichnet. Hierüber erregte sich der damalige Parlamentspräsident Job Ndugai und erteilte Assad Hausverbot. Wenig später erklärte Magufuli seine Abberufung; Assad sagte damals, dass diese nicht rechtmäßig sei, unternahm aber selbst keine rechtlichen Schritte.
 
In seinem Urteil nahm das Gericht keine Entscheidung vor, ob die Berufung des seit 2019 amtierenden Oberrechnungsprüfers ebenfalls verfassungswidrig und damit nichtig war. Diese Frage sei durch den Fortgang der Ereignisse hinfällig geworden.
 
Citizen 06.12.2022, Mwananchi 05.12.2022
 
[[Kategorie:01/2023]]
[[Kategorie:Parteipolitik_-_Mehrparteiensystem]]
[[Kategorie:Staatswesen_-_Gesetze,_Verfassung]]
[[Kategorie:Staatswesen_-_Parlament,_Regierung]]
[[Kategorie:Staatswesen_-_Persönlichkeiten_der_Regierung_-_Hassan]]

Aktuelle Version vom 10. Januar 2023, 20:59 Uhr

Samia kündigt Veränderungen an

Präsidentin Samia deutete am Ende des CCM-Parteitages eine Umbildung ihrer Regierung an. Sie habe nach 2 Jahren an der Spitze festgestellt, dass es einige Leute gebe, die mit ihrem Tempo nicht mithalten können oder wollen. Sie müsse jetzt die nächsten 3 Jahre bis zur kommenden Wahl von 2025 dazu nutzen, den Wählern Resultate vorweisen zu können. Die CCM sei verpflichtet, ihre Wahlversprechen aus dem Jahr 2020 umzusetzen. Sie stelle fest, dass es innerhalb der Partei Leute gibt, die nicht zufrieden sind. Die dürften ihre Kritik aber nicht bis zur Zerstörung der Partei treiben.

Während des Kongresses hatten sich mehrere Sprecher aus der Parteiführung massiv gegen Kritiker gewandt, von denen selber freilich nichts zu hören war. Generalsekretär Yusuf Makamba wetterte gegen Dissidenten, die nicht glücklich seien, wenn die Führung des Landes gelobt wird. Damit zielte er offenkundig auf seinen Vorgänger Bashiru Ally, der seinerzeit zu den engen Vertrauten von Samias Vorgänger Magufuli gehört hatte und von der neuen Präsidentin auf einen Parlamentsposten abgeschoben worden war. Makamba forderte, die Partei solle bald Samia offiziell zu ihrer Kandidatin für 2025 machen. Der ehemalige Präsident Kikwete sagte, niemand sei beliebter im Lande als die jetzige Präsidentin.

Bis Jahresende gab es noch keine Veränderungen in der Regierung.

East African 09.12.2022, Mwananchi 08.12.2022

Fortschritt auf Pump oder aus eigener Kraft?

In den tansanischen Jahresrückblicken werden immer wieder die Unterschiede zwischen Präsidentin Samia Suluhu Hassan und ihrem Vorgänger John Pombe Magufuli diskutiert. Magufuli hatte zahlreiche Bauprojekte im Lande initiiert, wie den Neubau des Eisenbahnnetzes, den großen Staudamm am Rufiji, Brücken und Überführungen in Dar es Salaam, Ausbau von Flughäfen, sowie den Neubau zahlreicher Schulen und Krankenhäuser, verbunden mit der Schulgeldfreiheit für alle staatlichen Schulen. Er hatte immer betont, dass Tansania die Finanzierung dieser Projekte aus eigener Kraft unternehme und war auf Distanz zu den internationalen Kreditvergabeinstitutionen wie Weltbank und Währungsfonds gegangen, die ihre Zusagen an Bedingungen für das Empfängerland knüpfen. Als Präsidentin Samia nach Magufulis überraschendem Tod von der Vizepräsidentin in die Spitzenposition aufstieg, hatte sie immer wieder unterstrichen, dass sie die Arbeit ihres Vorgängers fortführen wolle und jede klare Kritik an Magufuli unterlassen. Tatsächlich begann sie alsbald eine rege Reisediplomatie und bemühte sich um Investoren und internationale Kredite. Dies wurde in der Öffentlichkeit kritisch kommentiert; nach Magufulis Politik der Entwicklung aus eigener Kraft sei Tansania jetzt wieder dabei, die "Imperialisten" mit der Bettelschale in der Hand zu besuchen.

Allmählich trauen sich jetzt Zeitungskommentare, auf die offiziell nicht eingestandenen Kreditaufnahmen auch unter Magufuli hinzuweisen.

Citizen 30.12.2022, Mwananchi 23.12.2022

Innerparteiliche Demokratie lässt zu wünschen übrig

Die von der Präsidentin beauftragte Arbeitsgruppe für demokratische Reformen kritisierte in ihrem Bericht unter anderem auch die Zustände innerhalb vieler Oppositionsparteien. Dabei würde oft gegen das Parteiengesetz, die eigene Satzung oder die beschlossenen Programme verstoßen.

Als Gründe fand die Arbeitsgruppe: die Erwartungshaltung von Parteigründern, dass alles nach ihrer Pfeife zu tanzen habe; die finanzielle Schwäche vieler Parteien, was dazu führe, dass die Gründer aus eigener Tasche die Kosten tragen, was wiederum zur Abhängigkeit einer Partei von diesen Einzelpersonen führt; das Fehlen klarer Entscheidungsstrukturen und Einbeziehung der Mitglieder, was wiederum die Macht der Führer verstärkt; der Einfluss von Korruption, insbesondere zu Wahlkampfzeiten und bei der Kandidatenaufstellung; fehlende Strukturen zur Regelung von Konflikten.

Die Arbeitsgruppe empfahl verbindliche demokratische Abläufe, vor allem bei der Kandidaten-aufstellung. Parteien müssten sich an politische Ethik gewöhnen und die häufigen Beleidigungen zu Wahlkampfzeiten abstellen. Die neuen Parteien sollten mehr Basisarbeit betreiben und ihre Organisation vor allem im ländlichen Bereich verstärken. Alle Parteigremien sollten mindestens zu einem Drittel mit Frauen besetzt werden. Die Registrierungsbehörde für politische Parteien sollte die innerparteilichen Wahlen überwachen dürfen (ein Vorschlag, der nach den Erfahrungen der Magufulijahre auf viel Skepsis stoßen dürfte).

Citizen 21.12.2022

Prügelkommissar

Simon Simalenga, der Distriktkommissar von Songwe in Südwesttansania sieht sich einer Klage sowie einem Disziplinarverfahren gegenüber, nachdem er gegenüber einer jungen Frau handgreiflich geworden war. Simalenga hatte sich daran gestört, dass eine Gruppe von jungen Leuten auf einer überdachten Tribüne am Rande eines Sportplatzes saß. Die geschlagene 20jährige Frolencia berichtete, dass sie mit einer Gruppe von Freunden einem Fußballspiel zugesehen hätten, als Simalenga am Platz erschien, rief und winkte, sie sollten zu ihm kommen. Während ihre Freunde wegliefen, sei sie zu Simalenga hingegangen, der sie daraufhin ohne ein Wort mehrfach hart ins Gesicht geschlagen habe. Sie habe überrascht um Verzeihung gebeten und gesagt, dass sie eine Besucherin von außerhalb sei, aber er habe weiter zugeschlagen. Anschließend verkündete Simalenga, dass dieser Teil der Tribüne nicht für die Öffentlichkeit gedacht sei. Sie trug eine Verletzung am Auge davon und musste deshalb eine Krankenstation aufsuchen.

Der Vorfall wurde von anderen Zuschauern des Fußballspiels beobachtet und schließlich durch eine Erklärung der Partei ACT-Wazalendo publik, die die Abberufung des Distriktkommissars forderte. Dieser stritt gegenüber der Presse die Schläge zunächst ab. Pikanterweise trug sich der Vorfall während der zweiwöchigen landesweiten Aktion gegen geschlechtsspezifische Gewalt zu, während derer die Regierung im ganzen Lande Veranstaltungen zu diesem Thema durchführte. So ordnete Sozialministerin Dorothy Gwajima eine Untersuchung durch die Wohlfahrtsbehörde an und erklärte dann öffentlich, dass die Vorwürfe der jungen Frau zutreffend waren.

Guardian 07.12.2022, Mwananchi 06.12.2022

Keine Parade

Die diesjährigen Paraden und Kundgebungen zum Unabhängigkeitstag wurden von der Präsidentin abgesagt. Die dafür eingeplanten TSh 960 Mil. (€ 385.000) sollen stattdessen zum Bau von 8 Schülerwohnheimen für behinderte Kinder verwandt werden. Auch Samias Vorgänger Magufuli hatte zweimal die Feierlichkeiten abgesagt und das Geld für soziale Zwecke eingesetzt.

Citizen 06.12.2022

Kritische Gerichtsentscheidung

Die Entlassung des damaligen Oberrechnungsprüfers Mussa Assad durch Präsident Magufuli im Jahre 2019 war verfassungswidrig. Dies entschied der Oberste Gerichtshof Anfang Dezember. Die Klage war 2019 von dem Oppositionspolitiker Zitto Kabwe eingereicht worden. Magufuli hatte Assad nach 5 Jahren Tätigkeit für entlassen erklärt und einen neuen Leiter des Rechnungsprüfungsamtes berufen. Kabwe berief sich auf die Verfassung, wonach Assad bis zum Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren hätte im Amt bleiben müssen, außer er wäre wegen Pflichtverstößen durch ein besonderes Tribunal abberufen worden.

Assad hatte die Ausgabenpolitik der Magufuliregierung mit kritischen Anmerkungen begleitet, die auch auf die Großprojekte Magufulis zielten. Dann hatte er bei einer Auslandsreise in einem Interview das tansanische Parlament als schwach hinsichtlich der Wahrnehmung seiner Kontrollfunktion gegenüber der Regierung bezeichnet. Hierüber erregte sich der damalige Parlamentspräsident Job Ndugai und erteilte Assad Hausverbot. Wenig später erklärte Magufuli seine Abberufung; Assad sagte damals, dass diese nicht rechtmäßig sei, unternahm aber selbst keine rechtlichen Schritte.

In seinem Urteil nahm das Gericht keine Entscheidung vor, ob die Berufung des seit 2019 amtierenden Oberrechnungsprüfers ebenfalls verfassungswidrig und damit nichtig war. Diese Frage sei durch den Fortgang der Ereignisse hinfällig geworden.

Citizen 06.12.2022, Mwananchi 05.12.2022