Innenpolitik ‐ 01/2023

Aus Tansania Information
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Samia kündigt Veränderungen an

Präsidentin Samia deutete am Ende des CCM-Parteitages eine Umbildung ihrer Regierung an. Sie habe nach 2 Jahren an der Spitze festgestellt, dass es einige Leute gebe, die mit ihrem Tempo nicht mithalten können oder wollen. Sie müsse jetzt die nächsten 3 Jahre bis zur kommenden Wahl von 2025 dazu nutzen, den Wählern Resultate vorweisen zu können. Die CCM sei verpflichtet, ihre Wahlversprechen aus dem Jahr 2020 umzusetzen. Sie stelle fest, dass es innerhalb der Partei Leute gibt, die nicht zufrieden sind. Die dürften ihre Kritik aber nicht bis zur Zerstörung der Partei treiben.

Während des Kongresses hatten sich mehrere Sprecher aus der Parteiführung massiv gegen Kritiker gewandt, von denen selber freilich nichts zu hören war. Generalsekretär Yusuf Makamba wetterte gegen Dissidenten, die nicht glücklich seien, wenn die Führung des Landes gelobt wird. Damit zielte er offenkundig auf seinen Vorgänger Bashiru Ally, der seinerzeit zu den engen Vertrauten von Samias Vorgänger Magufuli gehört hatte und von der neuen Präsidentin auf einen Parlamentsposten abgeschoben worden war. Makamba forderte, die Partei solle bald Samia offiziell zu ihrer Kandidatin für 2025 machen. Der ehemalige Präsident Kikwete sagte, niemand sei beliebter im Lande als die jetzige Präsidentin.

Bis Jahresende gab es noch keine Veränderungen in der Regierung.

East African 09.12.2022, Mwananchi 08.12.2022

Fortschritt auf Pump oder aus eigener Kraft?

In den tansanischen Jahresrückblicken werden immer wieder die Unterschiede zwischen Präsidentin Samia Suluhu Hassan und ihrem Vorgänger John Pombe Magufuli diskutiert. Magufuli hatte zahlreiche Bauprojekte im Lande initiiert, wie den Neubau des Eisenbahnnetzes, den großen Staudamm am Rufiji, Brücken und Überführungen in Dar es Salaam, Ausbau von Flughäfen, sowie den Neubau zahlreicher Schulen und Krankenhäuser, verbunden mit der Schulgeldfreiheit für alle staatlichen Schulen. Er hatte immer betont, dass Tansania die Finanzierung dieser Projekte aus eigener Kraft unternehme und war auf Distanz zu den internationalen Kreditvergabeinstitutionen wie Weltbank und Währungsfonds gegangen, die ihre Zusagen an Bedingungen für das Empfängerland knüpfen. Als Präsidentin Samia nach Magufulis überraschendem Tod von der Vizepräsidentin in die Spitzenposition aufstieg, hatte sie immer wieder unterstrichen, dass sie die Arbeit ihres Vorgängers fortführen wolle und jede klare Kritik an Magufuli unterlassen. Tatsächlich begann sie alsbald eine rege Reisediplomatie und bemühte sich um Investoren und internationale Kredite. Dies wurde in der Öffentlichkeit kritisch kommentiert; nach Magufulis Politik der Entwicklung aus eigener Kraft sei Tansania jetzt wieder dabei, die "Imperialisten" mit der Bettelschale in der Hand zu besuchen.

Allmählich trauen sich jetzt Zeitungskommentare, auf die offiziell nicht eingestandenen Kreditaufnahmen auch unter Magufuli hinzuweisen.

Citizen 30.12.2022, Mwananchi 23.12.2022

Innerparteiliche Demokratie lässt zu wünschen übrig

Die von der Präsidentin beauftragte Arbeitsgruppe für demokratische Reformen kritisierte in ihrem Bericht unter anderem auch die Zustände innerhalb vieler Oppositionsparteien. Dabei würde oft gegen das Parteiengesetz, die eigene Satzung oder die beschlossenen Programme verstoßen.

Als Gründe fand die Arbeitsgruppe: die Erwartungshaltung von Parteigründern, dass alles nach ihrer Pfeife zu tanzen habe; die finanzielle Schwäche vieler Parteien, was dazu führe, dass die Gründer aus eigener Tasche die Kosten tragen, was wiederum zur Abhängigkeit einer Partei von diesen Einzelpersonen führt; das Fehlen klarer Entscheidungsstrukturen und Einbeziehung der Mitglieder, was wiederum die Macht der Führer verstärkt; der Einfluss von Korruption, insbesondere zu Wahlkampfzeiten und bei der Kandidatenaufstellung; fehlende Strukturen zur Regelung von Konflikten.

Die Arbeitsgruppe empfahl verbindliche demokratische Abläufe, vor allem bei der Kandidaten-aufstellung. Parteien müssten sich an politische Ethik gewöhnen und die häufigen Beleidigungen zu Wahlkampfzeiten abstellen. Die neuen Parteien sollten mehr Basisarbeit betreiben und ihre Organisation vor allem im ländlichen Bereich verstärken. Alle Parteigremien sollten mindestens zu einem Drittel mit Frauen besetzt werden. Die Registrierungsbehörde für politische Parteien sollte die innerparteilichen Wahlen überwachen dürfen (ein Vorschlag, der nach den Erfahrungen der Magufulijahre auf viel Skepsis stoßen dürfte).

Citizen 21.12.2022

Prügelkommissar

Simon Simalenga, der Distriktkommissar von Songwe in Südwesttansania sieht sich einer Klage sowie einem Disziplinarverfahren gegenüber, nachdem er gegenüber einer jungen Frau handgreiflich geworden war. Simalenga hatte sich daran gestört, dass eine Gruppe von jungen Leuten auf einer überdachten Tribüne am Rande eines Sportplatzes saß. Die geschlagene 20jährige Frolencia berichtete, dass sie mit einer Gruppe von Freunden einem Fußballspiel zugesehen hätten, als Simalenga am Platz erschien, rief und winkte, sie sollten zu ihm kommen. Während ihre Freunde wegliefen, sei sie zu Simalenga hingegangen, der sie daraufhin ohne ein Wort mehrfach hart ins Gesicht geschlagen habe. Sie habe überrascht um Verzeihung gebeten und gesagt, dass sie eine Besucherin von außerhalb sei, aber er habe weiter zugeschlagen. Anschließend verkündete Simalenga, dass dieser Teil der Tribüne nicht für die Öffentlichkeit gedacht sei. Sie trug eine Verletzung am Auge davon und musste deshalb eine Krankenstation aufsuchen.

Der Vorfall wurde von anderen Zuschauern des Fußballspiels beobachtet und schließlich durch eine Erklärung der Partei ACT-Wazalendo publik, die die Abberufung des Distriktkommissars forderte. Dieser stritt gegenüber der Presse die Schläge zunächst ab. Pikanterweise trug sich der Vorfall während der zweiwöchigen landesweiten Aktion gegen geschlechtsspezifische Gewalt zu, während derer die Regierung im ganzen Lande Veranstaltungen zu diesem Thema durchführte. So ordnete Sozialministerin Dorothy Gwajima eine Untersuchung durch die Wohlfahrtsbehörde an und erklärte dann öffentlich, dass die Vorwürfe der jungen Frau zutreffend waren.

Guardian 07.12.2022, Mwananchi 06.12.2022

Keine Parade

Die diesjährigen Paraden und Kundgebungen zum Unabhängigkeitstag wurden von der Präsidentin abgesagt. Die dafür eingeplanten TSh 960 Mil. (€ 385.000) sollen stattdessen zum Bau von 8 Schülerwohnheimen für behinderte Kinder verwandt werden. Auch Samias Vorgänger Magufuli hatte zweimal die Feierlichkeiten abgesagt und das Geld für soziale Zwecke eingesetzt.

Citizen 06.12.2022

Kritische Gerichtsentscheidung

Die Entlassung des damaligen Oberrechnungsprüfers Mussa Assad durch Präsident Magufuli im Jahre 2019 war verfassungswidrig. Dies entschied der Oberste Gerichtshof Anfang Dezember. Die Klage war 2019 von dem Oppositionspolitiker Zitto Kabwe eingereicht worden. Magufuli hatte Assad nach 5 Jahren Tätigkeit für entlassen erklärt und einen neuen Leiter des Rechnungsprüfungsamtes berufen. Kabwe berief sich auf die Verfassung, wonach Assad bis zum Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren hätte im Amt bleiben müssen, außer er wäre wegen Pflichtverstößen durch ein besonderes Tribunal abberufen worden.

Assad hatte die Ausgabenpolitik der Magufuliregierung mit kritischen Anmerkungen begleitet, die auch auf die Großprojekte Magufulis zielten. Dann hatte er bei einer Auslandsreise in einem Interview das tansanische Parlament als schwach hinsichtlich der Wahrnehmung seiner Kontrollfunktion gegenüber der Regierung bezeichnet. Hierüber erregte sich der damalige Parlamentspräsident Job Ndugai und erteilte Assad Hausverbot. Wenig später erklärte Magufuli seine Abberufung; Assad sagte damals, dass diese nicht rechtmäßig sei, unternahm aber selbst keine rechtlichen Schritte.

In seinem Urteil nahm das Gericht keine Entscheidung vor, ob die Berufung des seit 2019 amtierenden Oberrechnungsprüfers ebenfalls verfassungswidrig und damit nichtig war. Diese Frage sei durch den Fortgang der Ereignisse hinfällig geworden.

Citizen 06.12.2022, Mwananchi 05.12.2022