Thema: Gesundheitswesen I: Überblick: Fortschritte und Probleme - 06/2018

Aus Tansania Information
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Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums nannte als wichtigste Herausforderungen: das rapide Wachstum der Bevölkerung (derzeit etwa 52 Mill.), die fortschreitende Migration vom Land in die Stadt und die Abhängigkeit von ausländischen Medikamenten und Hilfsmitteln. Alle diese Faktoren verursachten hohen Investitionsbedarf und schnell wachsende Kosten.

Die steigende durchschnittliche Lebenserwartung (1961 45 Jahre, 2015 65, 2017 67, 2030 74 Jahre) lässt höhere Aufwendungen für die ältere Generation erwarten.

Nur 20% der benötigten Medikamente werden von 13 Firmen in Tansania hergestellt. Daher gibt der Staat jährlich $ 100 Mill. für importierte Arzneimittel aus. Eine neue Fabrik in Zinga, Bagamoyo soll demnächst AIDS-, Malaria-, Bluthochdruck und antibiotische Medikamente produzieren. Der Direktor der Zentralapotheke MSD bescheinigte allerdings vielen tansanischen Medizinprodukten mangelhafte Qualität. Mit Hilfe der Gates-Stiftung, der Schweiz, Englands und der Weltbank entwickelten die Staaten der Ostafrikanischen Gemeinschaft gemeinsame Richtlinien für Qualitätssicherung, Anwendung und Kontrolle von Medikamenten.

Durch Planungsmängel passiert es immer wieder, dass teure Einrichtungen wenig effektiv arbeiten, weil sie nicht über die nötigen Finanzmittel und / oder über die erforderlichen Fachkräfte verfügen [s.u. S. NN].

Eine Umfrage von „Twaweza“ zeigte in vielen Bereichen verbesserte staatliche Gesundheitsdienste an. 2017 besuchten 61% öffentliche Einrichtungen (2014: 45%). 16% bevorzugten Selbstdiagnose und -behandlung. Kirchliche und private Kliniken suchten 16% auf. Mit der Sauberkeit in staatlichen Kliniken waren 91%, mit Korrektheit und Dienstbereitschaft 74% zufrieden. Kritisch beurteilten die Befragten fehlende Medikamente, Abwesenheit von Ärzten (29%), lange Wartezeiten und widerrechtlich geforderte Behandlungskosten (35%). 30% berichteten von Patienten, die Bett oder Matratze teilen mussten.

Eine Studie des Medizinischen Forschungsinstituts NIMR nannte als häufigste Todesursachen in Krankenhäusern: AIDS, Malaria, Krebs, Tuberkulose, Verkehrsunfälle, Anämie und Atemwegserkrankungen.

Die NRO „Health Promotion Tanzania“ meint, Tansania könne auf der 71. WHO-Vollversammlung in Genf nur wenige Fortschritte vorweisen. Die Basisgesundheitsdienste litten an Personalmangel, nachdem die Regierung einen Einstellungsstopp verfügt habe. Das Ziel „15% Basisdienste mit guter Leistung“ sei verfehlt worden. Der Anteil der Krankenversicherten stagniere.

Citizen 07.01.; 04.,30.08.17; 12.02.; 08.03.18; DN 31.03.17; Guardian 30.,31.08.; 10.10.; 06.11.17; 20.05.18

Krankenversicherung

31% der tansanischen Bevölkerung haben eine Krankenversicherung. Eine maximal sechsköpfige Familie kann sich für TZS 30.000 im Jahr versichern. Über ein Internetportal kann man in den Regionen Kilimanjaro und Manyara auch für Verwandte oder Bedürftige eine Krankenversicherung abschließen: www.chfiliyoboreshwa.co.tz. Die Unter-18-Jährigen machen mit 26 Mill. die Hälfte der tansanischen Bevölkerung aus. Eltern können für TZS 50.000 jährlich eine Krankenversicherung für Minderjährige abschließen („Toto Card“). Die private „Jubilee“ versichert in Zusammenarbeit mit der Zurich Group für TZS 174.000 eine vierköpfige Familie; jedes weitere Kind kostet 100.000.

Um eine flächendeckende Basis-Versorgung für alle zu erreichen müsste Tansania laut WHO jährlich € 35 pro Person, also etwa € 1,8 Mrd. aufbringen. Tansania strebt eine obligatorische staatliche Krankenversicherung für alle an. Wegen Zweifeln an der Leistung öffentlicher Einrichtungen befürworten Viele einen Wettbewerb zwischen staatlichen und privaten Versicherern.

Citizen 20.04.; 31.07.; 29.08.17; DN 17.12.16; 23.08.17; Guardian 18.11.17

Blutkonserven

Die Blutbank in der Dodoma-Region kann nur etwa die Hälfte der monatlich benötigten 1.500 Flaschen von Spendern beschaffen. Eine Studie erwies, dass in Schwarzafrika bis zu 25% der Blutkonserven Malaria-Erreger enthalten. Kuwait spendete dem Orthopädischen Institut Muhimbili, DSM eine neue Blutbank. Das Institut benötigt zu Versorgung von Unfallpatienten täglich 20 Einheiten. Landesweit könnte eine verlässliche Blutversorgung 40% der durch Blutmangel verursachten Todesfälle (vor allem bei Geburten) vermeiden. Der Nationale Blutspendedienst kann mit jährlich etwa 200.000 Einheiten nur 40% des benötigten Blutes beschaffen und testen. Das Spenderblut wird zu 15% für Unfallopfer, 30% für Frauen, 50% für Kinder und 5% für Operationen verwendet.

Der Blutversorgungsdienst des koreanischen Roten Kreuzes schult Fachkräfte und ermöglicht es mit moderner Technologie (Apherese) einzelne Blutbestandteile gezielt zu gewinnen. Dadurch können geeignete Spender öfter als bisher Blut abgeben. Vollautomatische Analysegeräte können die Übertragung von HIV, Hepatitis, Malaria und anderen Erregern bei Transfusionen praktisch ausschließen. Die Schulung einer Fachkraft kostet $ 100.000.

Citizen 05.08.; 03.11.17; DN 16.12.16; East African 03.05.18; Guardian 02.03.18

Gefälschte Medikamente

Das Christliche Kilimanjaro Forschungszentrum (KCRI) und die Gesundheits-Universität DSM (MUHAS) führten eine Fachtagung zur Medikamentensicherheit durch. Gefälschte und minderwertige Medikamente und Impfstoffe, vor allem aus Asien, seien weit verbreitet. Sie könnten nur durch Spezialkurse während der medizinischen Ausbildung, verbesserte Testmethoden und schärfere Einfuhrkontrollen zurückgedrängt werden. Deutschland stellte Tansania 25 Kleinlabore zur Entdeckung gefälschter Medikamente zur Verfügung. Dadurch ging laut Arzneimittel-Behörde TFDA der Anteil gefälschter Medikamente von 5 auf 1% zurück

Nachdem Gelbfieber-Impfzeugnisse routinemäßig gefälscht wurden, wurde nun ein weniger leicht nachzuahmendes Zertifikat entwickelt.

Die TFDA beschlagnahmte 12 Container mit gefälschtem Ampizillin aus Indien, Fälschungen chinesischer Herkunft (meist Viagra) und aus Staatsbeständen gestohlene Medikamente. Seit 2003 vernichtete die TFDA Fälschungen im Wert von TZS 12 Mrd.; 2016/17 listete sie 3.179 verbotene Kosmetika und vernichtete 407 t davon.

Der Energieminister bedauerte, dass Transformatorenöl gestohlen und zum Frittieren und zur Hautbleichung verwendet wird. Sowohl die Elektrizitätswerke als auch die Anwender erlitten dabei großen Schaden. Die Behörde für Nahrungsmittel- und Medikamentensicherheit TFDA konfisziert regelmäßig Cremes und Seifen zur Hautbleichung, die gefährliche Stoffe wie Steroide, Chloroform, Quecksilber u.ä. enthalten. Sie werden für Haut- und Leberkrebs verantwortlich gemacht. Besonders in Arusha würden die schädlichen Produkte nachgefragt.

Citizen 04.,27.01.; 07.06.; 01.10.17; DN 01.05.16; 28.01.; 20.09.; 02.11.17; 19.02.; 01.05.18; Guardian 12.05.; 17.08.16; 02.02.18

Antimikrobielle Resistenz

Das Gesundheitsministerium warnte erneut vor unbedachtem Gebrauch von Antibiotika. Das Mittel Ceftriaxone gelte als „magische Droge“ und werde auch bei banalen und Virus-Infekten häufig eingesetzt. Dadurch entstünden verbreitet resistente Erreger. Für Erkrankungen wie Gonorrhoe gebe es bald keine Behandlungsmöglichkeit mehr, Operationen und Zahnbehandlung würden riskanter. Der Staat müsse immer mehr Geld für teurere Medikamente und längere Behandlungen aufwenden. Z.B. müsse Ampicillin (TZS 500 pro Spritze) oft durch Meropenem (TZS 25.250) ersetzt werden.

Die Vereinigung der Pharmazie-Studierenden führte eine Aufklärungskampagne zum Antibiotika-Missbrauch in Medien, Schulen und Universitäten durch. Eine Weltbankstudie für Tansania hatte 2017 gezeigt, dass Salmonellen, Kolibakterien, Staphylokokken, Cholera- und weitere Keime gegen die gebräuchlichen Antibiotika weitgehend resistent sind. Gegen die gängigen Tuberkulose-Medikamente sind inzwischen 8,5% der Erreger resistent, 1% hat sogar eine Multiresistenz entwickelt. Besonders in der Vieh-, Geflügel und Teichwirtschaft würden Antibiotika in unverantwortlicher Weise massenhaft und z.T. auch einfach zur Produktionssteigerung eingesetzt. Durch die Veterinärmedizin erzeugte Resistenzen griffen auch auf den Menschen gefährdende Keime über. Rezeptpflichtige Medikamente seien überall ohne Verschreibung erhältlich.

Mit Hilfe des „Fleming Fund“ der FAO entwickelt Tansania einen Nationalen Aktionsplan zur Resistenz-Problematik, der effektivere Prävention, verantwortliche Verschreibung und Einnahme, sowie Einschränkung frei verkäuflicher Antibiotika erreichen soll.

Citizen 04.01.; 27.04.17; 31.01.; 21.05.18; DN 30.04.17; East African 07.12.17; Guardian 04.09.; 31.10.17

Berufsethik

In der Mwanza-Region wurden mehrere Drogerie-Besitzer verhaftet, die aus Regierungskrankenhäusern gestohlene Medikamente und Apparate feilboten. In Arusha wurden vier Apotheken geschlossen, weil sie unerlaubt Patienten behandelten und AIDS-Tests, meist mit „günstigem“ Resultat, durchführten.

Die Nationale Krankenversicherung NHIF führt elektronische Kontrollsysteme ein, um Versicherungsbetrug und überhöhte Rechnungen einzudämmen.

Citizen 01.,19.09.17; DN 08.01.18; Guardian 31.08.17