Thema: Energieversorgung – Elektrizität: Stromversorgung - 10/2017 und Thema: Energieversorgung – Elektrizität: TANESCO-Probleme - 10/2017: Unterschied zwischen den Seiten

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==Bedarf, Versorgungslage==
__FORCETOC__
==Versorgungsstörungen==


Zur Zeit sind in Tansania etwa 1.600 MW elektrische Leistung installiert. Im Durchschnitt verbraucht eine Person 130 KWh im Jahr. Da die Nachfrage sehr schnell wächst und die Stromproduktion aus Wasserkraft saisonal stark schwankt, sind weitere Kraftwerke erforderlich, um die seit Jahrzehnten beklagte Knappheit zu überwinden. Nach Angaben des Energieministeriums hat sich die Zahl der Haushalte mit Stromanschluss im vergangenen Jahrzehnt von 30% auf 67% verdoppelt. Die Versorgungsdichte stieg demnach im ländlichen Bereich von 2% (2007) auf 49%, in den Städten auf 97% (sic!). Diese Daten widersprechen den meisten Statistiken, die zur Zeit etwa 40% der Bevölkerung (auf dem Land 17%) mit Strom versorgt sehen. Bis 2020 sollen 75%, bis 2030 eine Vollversorgung erreicht werden. Dafür müsste die installierte Generatorenleistung von jetzt 1.500 auf 10.000 MW steigen.
Seit Jahrzehnten verursachen Ausfälle und Rationierungen bei der Stromversorgung hohe Verluste und zusätzliche Kosten (etwa 6% des Bruttoinlandsprodukts). Termine werden nicht eingehalten, Produktionsanlagen werden beschädigt, Computer müssen abgesichert und Notstromaggregate vorgehalten werden. Größere Unternehmen müssen eigene Generatoren vorhalten. Eine Baustahl-Fabrik in Moshi musste den Betrieb einstellen, weil ihre Anlagen durch plötzlichen Stromausfall zerstört worden waren. Die Brauerei TBL verzeichnet jährliche Zusatzkosten von TZS 3 Mrd. durch Stromausfälle. Das Lutheran Medical Centre, Arusha beklagt hohe Kosten für seine Dialysemaschinen, weil diese häufig mit Diesel-Notstromaggregaten betrieben werden müssen.


Citizen 06.12.16; DN 22. 01.17; 31.03.17
Die staatliche TANESCO (Tanzania Electric Supply Company Ltd.) hat das Versorgungsmonopol, ist aber unterfinanziert und mit € 350 Mill. überschuldet. Ein Erdgas-Lieferant drohte, der TANESCO das Gas abzudrehen, weil sie innerhalb eines knappen Jahres $ 24 Mill. Schulden auflaufen ließ und weniger als die Hälfte der vereinbarten Erdgas-Menge abnahm. Der Stromproduzent Songas drohte, ein 40 MW-Kraftwerk stillzulegen, nachdem die TANESCO 14 Monate im Zahlungsrückstand war. Die Zollbehörde drohte, 10 Container mit Maschinenteilen für ein neues Kraftwerk zu versteigern, weil die TANESCO mit Zoll und Steuern im Rückstand war.  


==Investitionen==
Eine Bank in Hongkong fordert von der TANESCO $ 148 Mill., der Stromlieferant Symbion Power fordert $ 561 Mill. wegen Vertragsbruchs; beide Dispute laufen vor internationalen Schiedsgerichten in New York und Paris. In mehreren Schlichtungsverfahren wurde die TANESCO bereits zu Ausgleichszahlungen wegen nicht erfüllter Verträge verurteilt.


Der Energieminister gab bekannt, dass 300 ausländische Firmen in Stromerzeugung in Tansania investieren wollten. Man werde seriöse Investoren unterstützen. Präsident Magufuli strebt andererseits an, von privaten Stromerzeugern unabhängig zu werden und alle Generatoren in Staatsregie zu betreiben. Ein Anzeichen dafür ist, dass die Regulierungsbehörde für Energie die Produktionslizenz für das Dieselkraftwerk Tegeta der skandalumwobenen IPTL (Independent Power Tanzania Ltd.) nicht erneuerte. Die IPTL-Eigentümer kamen in Untersuchungshaft, weil sie auf mysteriöse Weise mehr als $ 170 Mill. von einem Treuhandkonto hatten verschwinden lassen.
Citizen 11.04.16; 16.,18.03.; 15.,18.06.17; DN 04.12.15; 09.07.17; Guardian 22.11.16; [http://www.irena.org/ www.irena.org];


Ein neues Kraftwerk der TANESCO ist Kinyerezi II (DSM): Die moderne Anlage nutzt ab 2018 kombinierte Gas- und Dampfturbinen und hat eine Kapazität von 240 MW, Die Kosten von $ 344 Mill. finanziert hauptsächlich Japan mit einem weichen Kredit; Tansania trägt 15% der Kosten über einen Kredit der Südafrikanischen Entwicklungsbank.
==Lieferverträge==


Am Rusumo-Wasserfall des Kagera-Flusses (an der Grenze mit Burundi und Ruanda) errichten die drei Länder gemeinsam ein 80 MW-Wasserkraftwerk, das jedem Land 26,6 MW zur Verfügung stellt. Die Kosten von $ 340 Mill. enthalten $121 Mill. für Transferleitungen, die die Netze der drei Länder verbinden. Das Projekt wird von Weltbank und Afrikanischer Entwicklungsbank finanziert. Die Anlage wird von chinesischen Firmen errichtet, die Generatoren kommen aus Deutschland und Indien.
Die TANESCO hat langfristige Lieferverträge mit privaten Stromerzeugern, die meist sehr hohe Extrazahlungen für vorgehaltene Leistungsreserven enthalten (derzeit TZS 35 Mrd./Monat). Zugleich erlaubt die Regierung keine kostendeckenden Kilowatt-Preise, um ihre Industrialisierungspläne nicht zu gefährden. Der TANESCO-Direktor wurde entlassen, als er eine Tariferhöhung um 8,5% vorschlug. Laut Generalkontrolleur verliert die Gesellschaft mit jedem verkauften Kilowatt TZS 265. Sie kann daher weder ausreichende Wartungsarbeiten noch Investitionen finanzieren und verliert zusätzlich viel Geld durch ihre zahlreichen Prozesse.  


Der Rentenversicherer „National Social Security Fund“ will in neue Kraftwerke bis zu 1 Gigawatt Leistung investieren.
Hauptursache der anhaltenden Misere sind also politische Interventionen ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Realität. Die Weltbank und andere Entwicklungsbanken drängen darauf, Stromlieferverträge nur im Rahmen von transparenten Ausschreibungen zu vergeben, um Verzerrungen durch korrupte Beamte zu vermeiden.  


Business Times 21.12.16; Citizen 15.06.17; DN 19.02.; 14.,17.03.16; 30.,31.03.; 19.06.; 31.08.17; Guardian25.02.17
Auch unklare Rechtsverhältnisse belasten die Stromproduktion. So verlangte die Steuerbehörde TRA rückwirkend Mehrwertsteuer von mehreren Erzeugern, was in den Lieferverträgen nicht vorgesehen ist. Unklar ist auch, wem die Generatoren privater Stromproduzenten nach Auslaufen der Verträge gehören sollen. Um Streitigkeiten über Produktionskosten zu vermeiden, liefert die TANESCO den unabhängigen Produzenten Schweröl und Erdgas, gerät damit aber wegen Zahlungsschwierigkeiten in Verzug. Unter Präsident Kikwete früher entwickelte Pläne, die TANESCO in drei Staatsbetriebe (Erzeugung, Übertragung, Verteilung) aufzuteilen, wurden wieder aufgegeben.


==Ausbaupläne==
Business Times 01.04.16; Citizen 02.04.; 22.05.16; 14.04.17; DN 02.,09.02.16;


Der Energieminister kündigte an, die Regierung werden die Generatoren-Kapazität bis 2020 von derzeit 1.500 auf 10.000 MW steigern. Er erwartet, dass jedes Jahr 18% mehr elektrische Energie nachgefragt wird. Der neue Rahmenplan sieht bis 2040 Investitionen in die Stromversorgung von $ 46 Mrd. vor. Davon sollen 30% aus Steuermitteln und 70% über Kredite und Zuschüsse von Gebern kommen. [Vgl. u. „Energieträger].
==Diebstahl, Vandalismus, Außenstände==


Eine neue 400-KV-Trasse von Singida nach Nairobi soll es ermöglichen, dauerhaft Elektrizität zu exportieren.  
Vor allem Regierungseinrichtungen häuften hohe Schulden bei der TANESCO an. Diese werden seit 2015 teilweise getilgt. Die Regierung von Sansibar schuldet der TANESCO noch TZS 80 Mrd., die es schwerlich aufbringen kann, da sie den Strom billiger abgibt als sie ihn einkauft.


Citizen 11.02.16
Hinzu kommt verbreiteter Stromdiebstahl durch manipulierte Zähler und illegales Anzapfen. Im Arumeru-Distrikt verkaufte ein Betrüger über ein unterirdisches Leitungsnetz an 200 Abnehmer Strom für TZS 30 Mill. pro Monat, während er eine Pauschale von TZS 15.000 an die TANESCO zahlte. In Dodoma und Mwanga wurde Elektrizität für mehr als TZS 230 Mill. abgezweigt. Häufig wird Leitungsdraht und Transformatorenöl von TANESCO-Einrichtungen gestohlen, was hohe Schäden und Ausfälle zur Folge hat. So wurde im Mwanga-Distrikt Material im Wert von TZS 151 Mill., in Moshi für TZS 183 Mill. entwendet.


==Schwerpunkt: Ländliche Regionen==
Obwohl hohe Geld- und Gefängnisstrafen für illegale Elektrikerarbeiten angedroht sind, werden die meisten derartigen Dienste von nicht offiziell geprüften und zugelassenen Personen ausgeführt. Dies erhöht das Risiko von Betrug, Unfällen und Bränden.


Die Agentur für ländliche Elektrifizierung (REA) hat bisher 4.395 Dorfgemeinschaften an das nationale Stromnetz angeschlossen, darunter auch Samunge, Loliondo-District, wohin 2010 Hunderttausende zu einer angeblichen Wunderkur geeilt waren.
Ein von der Weltbank mit $ 32 Mill. gefördertes Anbindungsprojekt in Außenbezirken von DSM ist fünf Jahre im Rückstand. Verantwortlich seien inkompetente Firmen und nachlässige Kontrolleure. Das Energieministerium verfügte nun, die Leitungen innerhalb von 14 Tagen fertigzustellen.


In der dritten Ausbauphase sollen weitere 7.697 Dörfer in 25 Festlands-Regionen Zugang zum Netz bekommen. 176 abgelegene Siedlungsgemeinschaften erhalten eine Insellösung unter Einsatz erneuerbarer Energien. Die aktuelle REA-III-Phase wird mehr als TZS 1 Bill. kosten. Davon trägt Tansania etwa die Hälfte. TZS 543 Mrd. / € 237 Mill. steuern Entwicklungspartner (vor allem Deutschland, England, Schweden, EU) bei. Die Kosten für die „letzte Meile“ müssen die einzelnen Haushalte selbst tragen.  
Citizen 21., 27.12.15; 27.01.16; DN 22.10.15; 20.09.17 Guardian 27.05.; 20.08.; 22.11.16
 
Nur einheimische Firmen dürfen Projektaufträge erhalten. Diese wiesen jedoch bisher nicht selten Defizite an Kapital und Fachwissen auf, was die Arbeiten verzögerte und verteuerte. Einige bereicherten sich auch, indem sie den Stromkunden ungerechtfertigte Anschlusskosten berechneten. - Auch die Regierung Sansibars kündigte an, dass bis 2020 alle, auch die kleinen Inseln über Netzstrom verfügen werden.
 
Citizen 06.12.16; DN 02.02.; 04.02.; 29.06.; 28.12.16; 23.04.; 26.07.; 22.08.17; Guardian 28.06.17


[[Category:10/2017]]
[[Category:10/2017]]
[[Category:Bau, Energie, Technik, Wasser - Elektrizität]]
[[Category:Bau, Energie, Technik, Wasser - Elektrizität]]

Aktuelle Version vom 6. Januar 2019, 20:22 Uhr

Versorgungsstörungen

Seit Jahrzehnten verursachen Ausfälle und Rationierungen bei der Stromversorgung hohe Verluste und zusätzliche Kosten (etwa 6% des Bruttoinlandsprodukts). Termine werden nicht eingehalten, Produktionsanlagen werden beschädigt, Computer müssen abgesichert und Notstromaggregate vorgehalten werden. Größere Unternehmen müssen eigene Generatoren vorhalten. Eine Baustahl-Fabrik in Moshi musste den Betrieb einstellen, weil ihre Anlagen durch plötzlichen Stromausfall zerstört worden waren. Die Brauerei TBL verzeichnet jährliche Zusatzkosten von TZS 3 Mrd. durch Stromausfälle. Das Lutheran Medical Centre, Arusha beklagt hohe Kosten für seine Dialysemaschinen, weil diese häufig mit Diesel-Notstromaggregaten betrieben werden müssen.

Die staatliche TANESCO (Tanzania Electric Supply Company Ltd.) hat das Versorgungsmonopol, ist aber unterfinanziert und mit € 350 Mill. überschuldet. Ein Erdgas-Lieferant drohte, der TANESCO das Gas abzudrehen, weil sie innerhalb eines knappen Jahres $ 24 Mill. Schulden auflaufen ließ und weniger als die Hälfte der vereinbarten Erdgas-Menge abnahm. Der Stromproduzent Songas drohte, ein 40 MW-Kraftwerk stillzulegen, nachdem die TANESCO 14 Monate im Zahlungsrückstand war. Die Zollbehörde drohte, 10 Container mit Maschinenteilen für ein neues Kraftwerk zu versteigern, weil die TANESCO mit Zoll und Steuern im Rückstand war.

Eine Bank in Hongkong fordert von der TANESCO $ 148 Mill., der Stromlieferant Symbion Power fordert $ 561 Mill. wegen Vertragsbruchs; beide Dispute laufen vor internationalen Schiedsgerichten in New York und Paris. In mehreren Schlichtungsverfahren wurde die TANESCO bereits zu Ausgleichszahlungen wegen nicht erfüllter Verträge verurteilt.

Citizen 11.04.16; 16.,18.03.; 15.,18.06.17; DN 04.12.15; 09.07.17; Guardian 22.11.16; www.irena.org;

Lieferverträge

Die TANESCO hat langfristige Lieferverträge mit privaten Stromerzeugern, die meist sehr hohe Extrazahlungen für vorgehaltene Leistungsreserven enthalten (derzeit TZS 35 Mrd./Monat). Zugleich erlaubt die Regierung keine kostendeckenden Kilowatt-Preise, um ihre Industrialisierungspläne nicht zu gefährden. Der TANESCO-Direktor wurde entlassen, als er eine Tariferhöhung um 8,5% vorschlug. Laut Generalkontrolleur verliert die Gesellschaft mit jedem verkauften Kilowatt TZS 265. Sie kann daher weder ausreichende Wartungsarbeiten noch Investitionen finanzieren und verliert zusätzlich viel Geld durch ihre zahlreichen Prozesse.

Hauptursache der anhaltenden Misere sind also politische Interventionen ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Realität. Die Weltbank und andere Entwicklungsbanken drängen darauf, Stromlieferverträge nur im Rahmen von transparenten Ausschreibungen zu vergeben, um Verzerrungen durch korrupte Beamte zu vermeiden.

Auch unklare Rechtsverhältnisse belasten die Stromproduktion. So verlangte die Steuerbehörde TRA rückwirkend Mehrwertsteuer von mehreren Erzeugern, was in den Lieferverträgen nicht vorgesehen ist. Unklar ist auch, wem die Generatoren privater Stromproduzenten nach Auslaufen der Verträge gehören sollen. Um Streitigkeiten über Produktionskosten zu vermeiden, liefert die TANESCO den unabhängigen Produzenten Schweröl und Erdgas, gerät damit aber wegen Zahlungsschwierigkeiten in Verzug. Unter Präsident Kikwete früher entwickelte Pläne, die TANESCO in drei Staatsbetriebe (Erzeugung, Übertragung, Verteilung) aufzuteilen, wurden wieder aufgegeben.

Business Times 01.04.16; Citizen 02.04.; 22.05.16; 14.04.17; DN 02.,09.02.16;

Diebstahl, Vandalismus, Außenstände

Vor allem Regierungseinrichtungen häuften hohe Schulden bei der TANESCO an. Diese werden seit 2015 teilweise getilgt. Die Regierung von Sansibar schuldet der TANESCO noch TZS 80 Mrd., die es schwerlich aufbringen kann, da sie den Strom billiger abgibt als sie ihn einkauft.

Hinzu kommt verbreiteter Stromdiebstahl durch manipulierte Zähler und illegales Anzapfen. Im Arumeru-Distrikt verkaufte ein Betrüger über ein unterirdisches Leitungsnetz an 200 Abnehmer Strom für TZS 30 Mill. pro Monat, während er eine Pauschale von TZS 15.000 an die TANESCO zahlte. In Dodoma und Mwanga wurde Elektrizität für mehr als TZS 230 Mill. abgezweigt. Häufig wird Leitungsdraht und Transformatorenöl von TANESCO-Einrichtungen gestohlen, was hohe Schäden und Ausfälle zur Folge hat. So wurde im Mwanga-Distrikt Material im Wert von TZS 151 Mill., in Moshi für TZS 183 Mill. entwendet.

Obwohl hohe Geld- und Gefängnisstrafen für illegale Elektrikerarbeiten angedroht sind, werden die meisten derartigen Dienste von nicht offiziell geprüften und zugelassenen Personen ausgeführt. Dies erhöht das Risiko von Betrug, Unfällen und Bränden.

Ein von der Weltbank mit $ 32 Mill. gefördertes Anbindungsprojekt in Außenbezirken von DSM ist fünf Jahre im Rückstand. Verantwortlich seien inkompetente Firmen und nachlässige Kontrolleure. Das Energieministerium verfügte nun, die Leitungen innerhalb von 14 Tagen fertigzustellen.

Citizen 21., 27.12.15; 27.01.16; DN 22.10.15; 20.09.17 Guardian 27.05.; 20.08.; 22.11.16