Streiks wegen Haftbedingungen, Überbelegung, Wartezeiten, Bevorzugung Einiger - 05/2007

Aus Tansania Information
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Mehr als 300 Untersuchungshäftlinge, die von zwei Gefängnissen Dar-es-Salaams zu den verschiedenen Gerichten gebracht werden sollten, weigerten sich, vom sie befördernden Lastwagen herunter zu steigen, und forderten ein Gespräch mit dem Polizeioberst. Auf die Transporter für 30 Personen quetsche man normalerweise mehr als 170 Gefangene, warfen sie den Verantwortlichen vor. Ihre Verhandlung werde hinausgezögert, die Anklagen anderer dagegen bevorzugt abgewickelt, z. B. die des früheren RC der Tabora-Region, der wegen Totschlags angeklagt war. Nach nur drei Monaten sei er wieder frei gekommen. "Wir fordern gleiches Recht für alle. Einige von uns darben schon fast 15 Jahre im Gefängnis. Doch bei Parteibonzen wird rasch ermittelt." Auch die Intervention des Stellvertretenden Polizeioberst, der mit 50 bewaffneten Kräften der Eingreiftruppe erschien, half nichts. Die Inhaftierten mussten in ihre Gefängnisse zurückgebracht werden. Am folgenden Tag verhielten sie sich wie am vorigen. Am dritten hielten sie, laut rufend und ein bekanntes Lied des Hehe-Volkes singend, Plakate mit ihren Forderungen hoch. Nur die Untersuchungshäftlinge, deren Fall verhandelt wurde, begaben sich ins Gerichtsgebäude. Ein Polizist berichtete, zwischen denen, die an der Verhandlung teilnehmen wollten und den anderen habe es Raufereien gegeben. (DN 13.3.07; Guardian 13./16.3.07)

In der Arusha-Region verhielten sich am folgenden Tag etwa 150 Untersuchungshäftlinge ähnlich wie die in Dar-es-Salaam und äußerten den gleichen Vorwurf. Einige riefen "Recht verzögert ist Recht verweigert". Auch in Dodoma, Mwanza, Shinyanga und Sumbawanga breitete sich der Streik aus. (DN 14./19.3.07; Guardian 14./15.3.07)

Die Regierung beauftragte ein Komitee, Empfehlungen zur Beschleunigung der Fälle und zur Verminderung der Überbelegung der Gefängnisse vorzulegen. "Wir nehmen die Sache sehr ernst", sagte Bakari Mwapachu, Minister für öffentliche Sicherheit. Er habe alle Regions- und Distrikts-Polizeikommandeure angewiesen, mit den Inhaftierten zu sprechen und ihre Klagen anzuhören. Der Direktor für Ermittlung in Kriminalfällen ordnete an, landesweit seien die Ursachen der Klagen zu untersuchen. Eine von diesen sei der Mangel an Detektiven, sagte er. Der Stellvertretende Justizminister berichtete, unermüdlich suche man Wege, um die Überbelegung der Gefängnisse zu verringern. Statt vorgesehenen 22.699 Inhaftierten säßen z. Zt. 45.000 ein. Die Gerichte seien ermächtigt worden, für kleinere Delikte geringere Strafen zu verhängen. Außerdem habe man ein Gesetz zu bedingter Haftentlassung ra-tifiziert. Inhaftierte mit Haftstrafen von höchstens vier Jahren, die sich gut hielten, könne man entlassen. (DN 14.3.07; Guardian 15.3./11.4.07)

Nach Gesprächen mit vier Ministern, die das Keko-Gefängnis besuchten und versicherten, sie kämen im Auftrag des Ministerpräsidenten, waren die Inhaftierten dieser Haftanstalt am vierten Tag bereit, an den Gerichtsverhandlungen teilzunehmen. Sie versicherten, man gebe der Regierung drei Monate Zeit für die Erfüllung ihrer Versprechen, oder es werde erneut gestreikt. Die Inhaftierten des Segera-Gefängnisses aber setzten ihren Streik fort. Auch sie müssten von einer hochrangigen Delegation besucht werden, forderten sie. Andernfalls würden sie in Hungerstreik treten. "Lieber opfern wir uns, als dass wir die Folter noch länger ertragen", drohten sie. Wenig später ließen sie Journalisten einen Brief zukommen, in dem sie der Gefängnis-Leitung Misshandlung vorwerfen. Kürzlich seien sie endlos, bis nach Mitternacht, verhört worden. (DN 16./17.3.07; Guardian 16./17./27.3.07)

Die Exekutivdirektorin des Legal and Human Rights Centre (LHRC) sagte, es sei ein legales Vorgehen, Forderungen durch einen Streik auszudrücken. Es entspreche dem tansanischen Recht nicht, Untersuchungshäftlinge mehr als zwei Monate ohne Anhörung zu inhaftieren. "Nach 60 Tagen muss das Verfahren abgeschlossen sein." (Guardian 17.3.07)

Aus Interviews:

Imaculata: Ich glaube, viele Verdächtigte sind viel zu lange inhaftiert, nur,weil es ihnen finanziell schlecht geht. Menschenrechtsorganisationen sollten für solche Leute einen Rechtsanwalt besorgen.

Kundi: Die Untersuchungshäftlinge haben das Recht, zu streiken. 60 % von ihnen sind wegen falscher Anschuldigungen inhaftiert.

Juma: Es gibt viel Diskriminierung. Ein Wohlhabender kommt sofort dran. Aber einfache Leute leiden wirklich.

Monica: Ich denke, die Verzögerung der Verhandlung verursacht Korruption. Der Fall wird so lange verzögert, bis der Verdächtigte Geld beschafft, um die Detektive zu bestechen. (Guardian 19.3.07)