Staatsfinanzen, Entwicklungsinvestitionen - 07/2016

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Haushalt 2016/17

Finanzminister Dr. P. Mpango präsentierte den Staatshaushalt 2016/17 mit Einnahmen und Ausgaben von TZS 29,54 Bill. (€ 11,9 Mrd.). Die Einnahmen setzen sich zusammen aus:

  • Steuern und Gebühren: TZS 17,8 Bill.
  • Hilfen ausländischer Geber: TZS 3,6 Bill.
  • Inlandskredite: TZS 5,37 Bill.
  • Ausländische kommerzielle Kredite: 2,1 Bill.


Von den TZS 17,7 Bill. für laufende Ausgaben müssen 8 Bill. für den Schuldendienst aufgewendet werden.

Nach allgemeinem Protest gegen den halbierten Ansatz für das Büro des Generalkontrolleurs soll dieses nun TZS 44 Mrd. (statt 32 Mrd.) erhalten, was von vielen Abgeordneten immer noch für unzureichend gehalten wird. Der Haushalt des Büros zur Korruptionsbekämpfung stieg auf TZS 72 Mrd. an. Es bleibt abzuwarten, wie viel Geld die Behörden tatsächlich erhalten. In den vergangenen Haushaltsjahren wurde mangels Masse manchmal nur 1/4 der Ansätze wirklich ausgezahlt. Der Generalkontrolleur beklagte auch die bürokratische Kontrolle von Auslandsreisen. Seine Mitarbeiter müssten unbedingt internationale Entwicklungen verfolgen, um effektiv zu arbeiten. Er habe z.B. keinen einzigen Spezialisten, um die Öl- und Gasbranche zu kontrollieren.

Sansibars regionales Budget wird 2016/17 mit TZS 48,9 Mrd. veranschlagt, davon 33,2 Mrd. für Entwicklungsprojekte. Im letzten Finanzjahr machten die Geber allerdings nur TZS 11,6 Mrd. locker, so dass viele Projekte nicht realisiert wurden.

Citizen 18.,20.05.; 09.06.16; Guardian 11.,14.06.16

Neue Steuern

Für Hunderte von Produkten wurde die bisherige Steuerbefreiung bzw. Reduzierung aufgehoben. Sogar die Parlamentsabgeordneten sollen ihre lukrative Abfindung nach jeder Legislaturperiode (TZS 200 Mill.) mit der Hälfte des Lohnsteuersatzes, also 5%, versteuern, ebenso Präsidenten und Minister.

Die Mehrwertsteuer (18%) wird nun auch für Tourismus-Dienstleistungen erhoben. Es wird befürchtet, dass dadurch die Preise weiter ansteigen und konkurrierende Standorte in Kenia weitere Kostenvorteile bekommen. Kenia will touristische Dienstleister gerade wieder von der Mehrwertsteuer befreien. Tansanische Reise-Unternehmen sind bereits mit 32 verschiedenen Abgaben und Lizenzkosten belastet.

Auch die Befreiung der Geschäfte für Militärpersonal von der Mehrwertsteuer wird beendet. Sie sei massiv missbraucht worden. Missbrauch vermutet der Finanzminister auch bei der Steuer- und Zollbefreiung für religiöse Einrichtungen. Diese sollen in Zukunft alle Steuern zahlen und dann in berechtigten Fällen Rückerstattung beantragen können.

Die Steuern auf Importe von Zucker, Zement, Wellblech und gebrauchter Kleidung werden angehoben, ebenso Abgaben auf alkoholische und nicht-alkoholische Getränke und Zigaretten. Bagatellsteuern in Landwirtschaft und Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte werden gestrichen.

Ein hohes Steuerpotential bietet die informelle Wirtschaft, die in Tansania 56% des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet. Die Steuerbehörde (TRA) hofft, dieses Potential mit der „präsumptiven Steuer“, einer Vorausschätzung für Kleinunternehmen, zu erschließen.

Die langen und durchlässigen Grenzen ermöglichen es, in großem Umfang Einfuhrzölle zu umgehen. Der Schmuggel blüht laut TRA besonders in den Regionen Mwanza, Arusha/Kilimanjaro und Küste. Am Indischen Ozean wurden 78 größere Umschlagplätze für Schmuggelgüter festgestellt. Die Regierung stellte ein „Flexibles Anti-Schmuggel-Team (FAST) auf, das Grenzabschnitte mit besonders hoher Schmuggelaktivität überwachen soll.

Citizen 09.,10.,11.,13.,14.06.16; Guardian 10.,11.,17.06.18

Entwicklungsinvestitionen

Die wichtigste Änderung im Vergleich zu früheren Haushalten ist der Vorrang der Entwicklungsinvestitionen. Dafür sind mit TZS 11,82 Bill. (ca € 5 Mrd.) 40% des Haushalts vorgesehen. Wichtige Posten dabei sind:

  • Ausbau der Elektrizitätsversorgung, vor allem auf dem Land (TZS 1,13 Bill.)
  • Infrastruktur (Zentralbahn, Häfen, Straßen): 5,47 Bill.; weiterhin drei neue Passagier-Flugzeuge von Bombardier für die nationale Luftfahrtgesellschaft, ein neues Schiff auf dem Victoriasee, Ausbau der Industrieparks in Mbeya, Morogoro, Mwanza und Dar-Es-Salaam.
  • Wasserversorgung 1,02 Bill.
  • Landwirtschaft, Viehzucht, Fischerei: 1,03 Bill.
  • Gesundheitswesen (Blutbanken in Kigoma, Mwanza, Simiyu, Mara, Geita; Sanierung von Krankenhäusern): 5 Mrd.

Der Premierminister sagte, von 106 privatisierten Industriebetrieben seien 39 geschlossen, 33 arbeiteten mit Verlust und 34 machten Gewinn. Neu- oder Wiederbegründer von Unternehmen sollen zinsgünstige Kredite vom Staat erhalten. Investitionen werden vor allem gefördert in den Bereichen landwirtschaftlicher Bedarf, Lebensmittel-Verarbeitung, Textil-, Leder-, chemische und pharmazeutische Produkte. Altpräsident B. Mkapa räumte ein, dass bei der Privatisierung von etwa 400 Staatsunternehmen ab 1995 zu wenig darauf geachtet wurde, dass die Erwerber die Firmen produktiv weiter führten.

Die Opposition kritisierte, dass der Haushalt nicht genügend Investitionen in die Landwirtschaft vorsehe. Die angestrebte Verarbeitungsindustrie könne ohne quantitativ und qualitativ ausreichende Rohstoffe aus der Landwirtschaft nicht funktionieren. In dieselbe Kerbe schlugen Experten der Sokoine Landwirtschafts-Universität. Sowohl Armutsbekämpfung als auch Industrialisierung setzten eine leistungsfähige Landwirtschaft voraus. Diese benötige subventionierte Kredite für Kleinbauern, verbilligten Kunstdünger und effektive Beratungsdienste. Tansania müsse endlich die in der Maputo-Erklärung versprochenen 10% des Staatshaushalts für Landwirtschaft aufwenden. Dadurch würden wesentlich mehr Arbeitsplätze entstehen als durch Industrieprojekte.

Wirtschaftsexperten sehen die größte Herausforderung des Staatshaushalts in der Balance zwischen Sparsamkeit und Wachstumsförderung. Die Regierung müsse der Versuchung widerstehen, unrentable Betriebe wieder selbst zu führen. Nur ein optimales Umfeld für private Initiativen führe zu nachhaltigem Wachstum.

Citizen 09.06.16; DN 08.,15.06.16; East African 04.06.16; Guardian 10.,15.06.16

Geister-Mitarbeiter, Korruption

Im Rahmen der laufenden Kampagne gegen fiktive Angestellte wurden bisher 12.246 nicht-existente Gehaltsempfänger entdeckt. Dadurch spart das Land jährlich TZS 100 Mrd. ein. Maßnahmen gegen die Profiteure, bzw. Rückzahlungen wurden bisher nicht bekannt.

Die Vizepräsidentin S. Hassan eröffnete die Kampagne „Sprich mit uns“, die es erleichtern soll, Korruptionsversuche anzuzeigen. Das Büro zur Korruptionsbekämpfung habe in drei Monaten TZS 10,3 Mrd. eingespart, die sonst in den Taschen bestechlicher Leute gelandet wären. Das Büro habe in diesem Zeitraum 2.239 Anzeigen erhalten und Anklage in 133 Fällen erhoben. Hinweise können Tag und Nacht unter der kostenfreien Direktnummer 113 gegeben werden.

Dem Parlament liegt ein überarbeitetes Gesetz zum Beschaffungswesen vor. Es soll die staatlichen Ausgaben für Produkte und Dienstleistungen senken, indem überhöhte Preise, Korruption und Kickbacks vermieden werden.

DN 12.,14.,17.06.16; Guardian 16.,17.,25.05.16

Empfehlungen der Weltbank

Trotz 7%-Wirtschaftswachstum sieht die Weltbank ein Stagnationsrisiko für Tansania, wenn das Land nicht deutlich mehr und effizienter in Infrastruktur und Ausbildung investiert. Notwendig sei ferner:

  • Modernisierung des Agrarsektors
  • Bessere Energie- und Produktionssicherheit
  • Weniger, aber sicher finanzierte Projekte
  • Effizientere Steuerverwaltung
  • Abbau von Zahlungsrückständen. Der tansanische Staat schuldet Baufirmen und Pensionsfonds TZS 5 Bill. (d.h. mehr als das ganze Entwicklungsbudget 2015) – abgesehen von den hohen bei Pensionsfonds aufgenommenen Krediten. Hinzu kommen TZS 1 Bill. Zahlungsrückstände beim Stromversorger TANESCO.

Der Kampf gegen Armut und Arbeitslosigkeit stagniere u.a. wegen des hohen Bevölkerungswachstums, das erzielte Wachstumsfortschritte wieder zunichte mache. Die Weltbank empfiehlt, die Privatwirtschaft entschiedener zu fördern.

Ein Beispiel für eine ungenügend geplante Investition ist die Fabrik für Larvizide zur Malaria-Bekämpfung in Kibaha. Präsident Kikwete legte mit großer Geste den Grundstein, leitete dann aber kurzfristig einen Teil der zugesagten $ 22 Mill. in die General Tyre-Reifenfabrik um. Daher steht die mit kubanischen Lizenzen errichtete Fabrik seit einem Jahr still und kann die Produktion nicht aufnehmen.

Citizen 04.06.16; Guardian 21.05.16

EAC-EU-Handelsabkommen

Im Rahmen des „Mwalimu Nyerere Intellectual Festival“ warnten Altpräsident B. Mkapa und Andere vor den geplanten Handelsabkommen der ostafrikanischen Staaten mit der EU (EPA – Economic Partnership Agreement). Afrikanische Produzenten könnten auf lange Sicht weder mit den subventionierten landwirtschaftlichen Erzeugnissen der EU, noch mit deren hochentwickelten Industrie-Produkten konkurrieren. So werde Afrikas Rolle als Rohstofflieferant für europäische Fabriken erneut festgeschrieben.

Der EU-Repräsentant erinnerte daran, dass die EPAs afrikanischen Erzeugern sofort vollen Marktzugang gewähren. Dagegen dürften diese 15 Jahre lang knapp 20% ihrer Güter durch Zölle schützen. In der EAC ist Kenia an einem Abkommen mit der EU interessiert, da es nicht mehr als weniger entwickelt (LDC) gilt und daher seine Blumenexporte verzollen müsste. Die fünf anderen EAC-Länder haben LDC-Status und können ohnehin frei in die EU exportieren. Alle ostafrikanischen Staaten haben ein EPA unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert.

Guardian 16.06.16