Sitten und Gesetze - 07/2006

Aus Tansania Information
Version vom 6. Januar 2019, 20:22 Uhr von imported>Sysop (1 Version importiert)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Zum Brautpreis

Der Tansanische Verband der Medienfrauen (TAMWA) interviewte 439 Frauen und 286 Männer. Die Untersuchung zeigt, dass junge Männer, die nicht in der Lage sind, einen Brautpreis zu zahlen, ohne Trauschein mit einer Frau zusammenleben und Kinder bekommen. Eine Dar-es-Salaamerin sagte: "Brautpreis bezahlen ist so viel wie jemanden kaufen. Als mein Mann starb, schlugen einige Verwandte vor, sein jüngerer Bruder solle mich als Zweitfrau nehmen. Ich weigerte mich, diesen Unsinn zu akzeptieren. Ich war erst 28 Jahre alt und verließ die Familie mit meinen zwei Kindern. Niemand kommt, mich oder die Kinder zu besuchen." Eine andere Frau sagte, wenn ein Mann den Brautpreis bezahlt, dann verlässt sie ihre Familie und gehört nun zu der anderen. "Es ist Tradition, dass sie den 'gerechten' Wünschen und Normen der neuen Familie gehorcht. Manche übertreiben das leider. Sie sehen in der Frau nur noch einen Besitz. Passt sie nicht auf, verliert sie ihr Anrecht auf Besitz, sollte sie Witwe werden." In manchen Gegenden verlangen die Eltern bis zu 50 Rinder. Der Brautpreis kann auch in Form von Bargeld, Land, Kleidung, Autos, Fahrrädern entrichtet werden. Ein Lehrer meinte, Schulbildung könne den Mädchen helfen, unabhängig zu werden, ob Brautpreis bezahlt wird oder nicht. Wirtschaftlich schwache Mädchen bekommen Minderwertigkeitskomplexe. Ihr Leben lang sind sie Dienerinnen, Sklavinnen des Partners. Manche Frauen beklagten, sie würden gezwungen, viele Kinder zu bekommen, zu viel zu arbeiten. Wenn die Ehe zerbricht, fordere der Ehemann den Brautpreis zurück. Deshalb seien sie gezwungen, beim Ehemann zu bleiben, auch wenn er sie schlage. Im Ehegesetz von 1971 ist Brautpreis keine Voraussetzung für die Eheschließung, obwohl sie von vielen Volksstämmen Tansanias weiterhin akzeptiert wird. Für 69 Interviewte gehören Braupreis und Missbrauch in der Ehe zusammen; 31 % bestritten das. Sie wünschen, diese Sitte solle erhalten bleiben, denn sie binde die Paare zusammen, festige die Beziehungen zwischen den Familien. (Guardian 20.4.06; IRIN 16.6.06)

Kommentar: Für manche Eltern ist der Brautpreis ein Einkommen. Sie fordern ungeheure Summen oder viele Dinge. Schlimm ist, dass manche Eltern ihre Töchter zwingen, wegen einer Heirat die Schule zu verlassen. Das ist Diskriminierung. Höchste Zeit, die Frauen aus der Folter zu befreien, die sie mit der Begründung, vom Ehemann gekauft worden zu sein, erdulden. Die Gesellschaft sollte verstehen, dass die Frauen keine Ware sind, die man auf dem Markt kaufen kann wie Bananen. (Guardian 24.3.06)

Zu Ehegesetz, Verheiratung Unmündiger

Die Regierung will das Ehegesetz von 1971 ändern. Der Stellvertretende Minister für Justiz und Verfassungsfragen sagte: "Wir sind nun dabei, landesweit Meinungsäußerungen des Volkes zu sammeln und erwarten, dass die Regierung die Vorschläge annimmt." Das alte Gesetz erlaubt die Verehelichung von 15-jährigen Mädchen, wenn die Eltern einverstanden sind. (DN15.4.06)

Im Ngongoro-Distrikt (Arusha-Region) wurde eine 12-Jährige, die sich weigerte, einen älteren Mann zu heiraten, zur "Strafe" so geschlagen, dass sie starb. Bisher hielt man so etwas für einen Unfall während der Bestrafung. Diesmal aber informierten Nachbarn die Polizei. Diese ermittelt nun. (Arusha Times 17.6.06)

In der Manyara-Region wurde ein Mann verhaftet, weil er seine 14-jährige Tochter an einen 60-Jährigen verheiratet hatte. (Guardian 29.5.06)

Verheiratung einer Frau an eine Frau

Beim Volk der Kurya ist es üblich, dass eine Frau eine andere Frau ehelicht. Ein älterer Kurya sagte, diese Sitte, 'Nyumba Ntobu' genannt, werde bleiben. "Es gab sie, als wir geboren wurden. Sie muss an die nachfolgenden Generationen weitergegeben werden." Der Zweck von 'Nyumba Ntobu' sei, wohlhabende Stammfolge unter den Familien des Kurya-Volkes zu gewährleisten, wenn es keine männlichen Nachkommen gibt. Das habe mit gleichgeschlechtlicher Ehe nichts zu tun, denn der "weibliche Ehemann" pflege keine sexuellen Kontakte mit der anderen Frau. Normalerweise zahlt eine ältere Frau für eine andere und heiratet diese. Um schwanger zu werden, kann sie sich irgend einen Mann aussuchen, egal, ob verheiratet oder ledig. Kinder, die sie gebärt, gehören nicht ihr oder dem Vater, sondern der älteren Frau. Auch sie kann aussuchen, mit welchem Mann ihre Frau sexuellen Kontakt haben soll. "All das kommt von der Sehnsuch nach einem Erben. Stell dir nur vor, du hast 200 Rinder aber keinen Sohn, der sich um diese kümmert, wenn du stirbst. Was tust du dann?", fragte der Kurya. Nach der Kurya-Tradition kann nur ein Sohn den Reichtum erben, den ein Vater bei seinem Tod hinterlässt. (Guardian 2.4.06)