Entwicklungen und Probleme des Bildungswesens - 03/2010

Aus Tansania Information
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Zum Bildungssystem

Bildungsexperten betonten, Tansania sei in Gefahr, in Zukunft von Personen, die nicht lesen und schreiben können, regiert zu werden, denn das Bildungssystem sei mangelhaft und inkonsequent, was dazu führe, dass sehr viele Schüler und Schülerinnen die Prüfungen nicht bestehen.

Der Erziehungsminister forderte eine Umstrukturierung der Primarschule. Das Ergebnis der Prüfung nach Klasse 7 sei denkbar mangelhaft gewesen. Sie meisten Schüler seien in Mathematik und Englisch sehr schlecht. Das sei auch ein Problem der Lehrkräfte, denn viele könnten sich in der englischen Sprache kaum ausdrücken.

Er wies die pädagogischen Hochschulen an, gute Englischlehrer auszubilden. (Guardian 15./21.1.10)

30 % der Tansanier sind Analphabeten, im Distrikt Arusha-Land (Arusha-Region) sind es 36 %, denn viele Jugendliche können nach Abschluss von Klasse 7 weder lesen noch schreiben, weil sie regelmäßig den Unterricht versäumen, oder der Schule ganz den Rücken kehren. Der Erziehungsbeauftragte des Distrikts Arusha-Land sagte, der formelle Bildung ablehnende kulturelle Einfluss unter der lokalen Bevölkerung sei noch immer eine Herausforderung. Mädchen würden sehr früh verheiratet, die Jungen müssten das Vieh hüten. Menschen, die nicht lesen und schreiben können, hätten wenig Selbstvertrauen, mieden öffentliche Ämter und Versammlungen. Angebote wie Darlehen und die Ankündigung von Entwicklungsprojekten entgingen ihnen.

Die Regierung will weiterhin Erwachsenenbildungs-Programme, für Jugendliche zwischen 11 und 19 Jahren durchführen. (DN 23.11.09/ 10.2.10; Arusha Times 23.11.09)

Zu den Lehrkräften

Der Bildungsbeauftragte des Tarime-Distrikts (Mara-Region) sagte, manche Lehrkräfte verbrächten den größten Teil der Unterrichtsstunden mit persönlichen Aktivitäten. Das verzögere die Entwicklung der Bildung in diesem Gebiet. Nun seien die Tage, an denen Lehrkräfte nicht zum Unterricht erscheinen, gezählt. Der Distriktsrat führte Anwesenheitslisten ein, in die die Lehrkräfte eintragen müssen, warum sie ihre Arbeitsstelle verlassen. Die Bildungsbeauftragten kontrollieren die Listen regelmäßig. Lehrkräfte, die während der Arbeitszeit trinken, werden bestraft. Lehrkräften, die sich schlecht verhalten, kürzt man das Gehalt. Schulkomitees und Eltern hatten sich beim Distriktsrat über Lehrkräfte beschwert, die den Unterricht versäumen; das sei eine Schande und bringe den Lehrerstand in Verruf, sagte der Bildungsbeauftragte.

Der Tarime-Distrikt hat für seine 123 Schulen 1.500 Lehrkräfte. Er bräuchte 2.300. (Citizen 5.11.09)

Im Iramba-Distrikt (Singida-Region) wurden 22 Lehrkräfte suspendiert, weil sie sich nicht an ihren Arbeitsvertrag gehalten hatten. Sie waren dem Unterricht ferngeblieben und hatten während der Arbeitszeit Alkohol getrunken. Man plant auch, einige Lehrkräfte zu versetzen, um das Unterrichtsniveau zu heben. (Guardian 24.11.09)

Schüler und Schülerinnen einiger Primarschulen Dar-es-Salaams und der Küsten-Region beklagten, Lehrer hätten mit einigen ihrer Mitschülerinnen sexuelle Kontakte, was dazu führe, dass immer mehr Schülerinnen die Schule vorzeitig verlassen. "Wir bitten die Regierung, gerichtlich gegen solche Lehrer vorzugehen", sagte eine Frau. (DN 5.9.09)

In der Mwanza-Region fehlen 1.919 Sekundarschullehrkräfte. Aufgrund des Lehrermangels ist die Qualität des Unterrichts unzureichend. Wenn keine Lehrkraft da ist, verlassen die Schüler die Klassenzimmer. (Citizen 4.1.10)

Eine Sekundarschule in Tanga hat für ihre 1.697 Schüler und Schülerinnen nur eine Lehrkraft für Mathematik. Alle Lehrkräfte für Naturwissenschaften und Englisch unterrichten pro Woche 40 Stunden. Wegen des Lehrermangels verschlechterten sich die Leistungen der Schüler.(Guardian 25.1.10)

Raumnot

In den Distrikten Arusha-Land und Meru (Arusha-Region) können wahrscheinlich 7.000 Schüler und Schülerinnen nicht in Form One (Klasse 8) einer Sekundarschule aufgenommen werden, weil es an Klassenzimmern fehlt. Die Distrikte errichteten 66 Klassenzimmer mit Mitteln, die die Eltern gaben. Es fehlen aber noch 71 Klassenzimmer. (DN 31.12.09)

Ein Dorf des Geita-Distrikts (Mwanza-Region) hat für seine 431 Schulkinder zwei Klassenzimmer, kein einziges Büro und keine Stühle für die Lehrkräfte.

Die Dorfbewohner beschuldigen die ehemalige Dorfverwaltung der Veruntreuung von Mitteln, die sie für weitere Klassenzimmer und einen Verwaltungsblock beigesteuert hatten. Sie beschlossen, nichts mehr für die Entwicklung der Schule zu geben. (Guardian 15.2.10)

Zur Unterrichtssprache

Auf Bitten von Eltern genehmigte die Regierung einem Teil der privaten Primarschulen, Englisch als Unterrichtssprache zu verwenden.

Weiterhin wird hitzig diskutiert, ob in der Primarschule Englisch oder Swahili Unterrichtssprache sein soll. In den meisten staatlichen Primarschulen wird Englisch als Fach unterrichtet, in privaten kann es Unterrichtssprache sein.

Ein Teil der Bevölkerung wünscht, dass Swahili von der Primarschule bis zu den Hochschulen Unterrichtssprache bleibt.

Manche meinen, es sei ungerecht, von den Sekundarschulen die Verwendung von Englisch zu verlangen. Für die Schüler, die in der Primarschule in Swahili unterrichtet wurden, sei es schwierig, sich abrupt auf Englisch als Unterrichtssprache einzustellen. Es solle Sekundarschulen geben, in denen Swahili und solche in denen Englisch Unterrichtssprache ist, damit die Schüler entscheiden können, welchen Weg sie gehen wollen. (Guardian 10.9.09)

Zu naturwissenschaftlichen Fächern

Seit etwa zehn Jahren sind die Leistungen der Schüler in Mathematik und Naturwissenschaften sehr schwach. Zu erklären ist das mit dem Mangel an den entsprechenden Fachlehrkräften, an gut ausgerüsteten Labors und an angemessenen Lehrmethoden, ferner an zu großen Klassen. Die Stellvertretende Erziehungsministerin sagte, im Haushalt 10/11 habe die Ausstattung der Labors der Sekundarschulen Priorität. Einige habe man vor mehr als zehn Jahren errichtet, doch nie hätten sie die nötige Ausstattung erhalten. Die Re-gierung werde die Anschaffung von Lehrmaterial und Laboreinrichtungen unterstützen. (DN 2.2.10; Guardian 12.2.10)

Zum Unterricht von Fremdsprachen

Deutschland und Tansania vereinbarten, in einigen Sekundarschulen Deutsch als Unterrichtsfach einzuführen. Das steigere die Anstellungs-Chancen der Tansanier. Fachkräfte, die Fremdsprachen sprechen, könnten auf dem globalen Markt bestehen. Das Projekt wird vom Goethe-Institut durchgeführt. Es bildet in einer Sekundarschule z. Zt. zwei Lehrkräfte aus. Man freue sich sehr über die Möglichkeit, die Kooperation auf dem Bildungssektor zu fördern und die langjährige warme Beziehung zwischen Tansania und Deutschland zu stärken, sagte die Direktorin des Goethe-Instituts.

Auch Chinesisch soll in einigen Sekundarschulen unterrichtet werden, damit man Schritt halten könne mit dem momentan boomenden Handel zwischen China und Tansania. Im Augenblick wird nur an der Universität von Dodoma Chinesisch gelehrt. (DN 12.12.09/19.1.10)

Ab 2012 sollen in Sansibar alle Schüler und Schülerinnen ab Klasse 4 Englischunterricht haben, damit sie, wenn sie nach Klasse 7 in die Sekundarschule kommen, gut zurecht kommen mit Englisch. Man plane bereits, Englischlehrer auszubilden. Dafür würden Tutoren aus England kommen. (ThisDay 30.11.09)

Ökologie und Klimaveränderung als Schulfach

Unterricht zu Ökologie und Klimaveränderung als Teil des Lehrplans, so lautet eine Empfehlung eines Seminars der University of Dar-es-Salaam. Ihr Vizekanzler sagte, seit Jahren habe man das Wissen über die Klimaveränderung den Wissenschaftlern überlassen, Politiker und Gesellschaft insgesamt hätten sich nicht ernsthaft damit beschäftigt. (Guardian 27.1.10)

Zu Privatschulen

7.000 Schüler und Schülerinnen Dar-es-Salaams, die für den Besuch einer staatlichen Sekundarschule ausgewählt worden waren, entschlossen sich für eine Privatschule. Die meisten besuchten schon eine private Primarschule. Sie kommen aus wohlhabenden Familien, die sich eine Privatschule leisten können, oder die Eltern legten eigens Geld zurück. Die Privatschulen haben mehr Lehrkräfte und genug Bücher. (Guardian 5.2.10)

Als die Regierung Ende der 80er Jahre die Gründung privater Primarschulen erlaubte, freuten sich viele Eltern, weil die Unterrichtssprache in diesen Englisch sein kann, und eine bessere Lernatmosphäre erwartet wird. Gilt das für all diese wie Pilze aus dem Boden schießenden Schulen? In vielen Schulen unterrichtet eine Lehrkraft 60 Kinder, nicht wie erwartet 25. Manche Schulen haben ausländische Lehrkräfte von zweifelhafter Qualität, denn bei ihrer Anstellung spielt nur ihre Kenntnis der englischen Sprache eine Rol-le. Das Erziehungsministerium müsste die privaten Schulen nach strengen Methoden prüfen, dass die Kinder etwas bekommen, was dem Geld, das die Eltern zahlen, entspricht. (Citizen 16.2.10)

Vorschule, Kindergarten

In Sansibar sollen nun alle Primarschulen einen Kindergarten haben, der die Kinder auf Klasse 1 vorbereitet. Es gibt 122 Primarschulen, nur 37 Kindergärten. (ThisDay 30.11.09)

Bakwata zur Bildung

Ein Verantwortungsträger des Muslim Council of Tanzania (Bakwata) sagte, für die muslimischen Eltern habe religiöse Bildung Vorrang. Es sei höchste Zeit, auch anderen Unterricht ernst zu nehmen, damit die Kinder in Zukunft Chancen hätten. Beide Arten von Unterricht seien wichtig. (Guardian 4.1.10)

Zur körperlichen Züchtigung

Laut einer im Mbinga-Distrikt (Ruvuma-Region) durchgeführten Untersuchung ist die körperliche Züchtigung in Primar- und Sekundarschulen eine der Hauptursachen für schlechte Leistungen der Schüler und Schülerinnen. In manchen Schulen besteht die Strafe für Zuspätkommen oder für schlechtes Abschneiden bei einer Prüfung aus sechs bis acht Stockschlägen. In einem Gesetz von 1979 wurde die körperliche Züchtigung in Schulen für rechtens erklärt, doch die Zahl der Stockschläge von sechs auf vier reduziert; außerdem ist es nur den Leitern der Schulen erlaubt, sie zu vollziehen. Schüler berichteten, bisweilen würden sie geschlagen, wenn sie bei bestimmten Themen eine Erklärung fordern. Ein Schüler berichtete, vor allem in den Klassen vier und sieben gebe es körperliche Züchtigung, um die Schüler zur Konzentration auf das Lernen zu zwingen. (Guardian 2.10.09)

Bei einem Treffen von Eltern, Geistlichen, Lehrkräften, Schülern und dem schwedischen Botschafter erhielt die Kampagne gegen körperliche Züchtigung in den Schulen Sansibars Auftrieb. Viele äußerten, es beunruhige sie, dass es in den Schulen weiterhin körperliche Züchtigung gibt. Das Bildungsministerium müsse über die negativen Auswirkungen der Prügelstrafe informieren, damit sie abgeschafft werden könne. Die Lehrkräfte betonten, es sei höchste Zeit, die körperliche Züchtigung abzuschaffen. Der Erziehungsminister sagte, die Lehrkräfte sollten alternative Methoden der Bestrafung finden. Wer sich unbotmäßig verhält, könne beispielsweise zum Saubermachen verurteilt werden. (DN 26.1.10)

Unruhen

Wegen Unruhen suspendierte das Kuratorium der Same Sekundarschule (Kilimanjaro-Region) mehr als 254 Schüler aus Form IV (Klasse 11) und Form VI (Klasse 13) für zwei Wochen. Sie werden wieder zugelassen, wenn sie schriftlich erklären, sich an die Regelungen der Schule zu halten. 15 Schüler, die Rädelsführer, müssen mit ihren Eltern erscheinen.

Einige Tage vorher hatten die Schüler mehrere Lehrkräfte in ihren Büros eingesperrt und gefordert, dass Lehrer und Schüler eine Versammlung hielten und der Disziplinarlehrer zurücktrete. Er war dazu bereit. Der Distrikt Commissioner (DC) besuchte die Schule und sprach mit den Schülern. Am Ende schrien sie ihn an. Später bedrohten einige Schüler Mitschüler, die sich weigerten, beim Streik mitzumachen, mit Stöcken und Peitschen.

Die Schülervertreter erklärten, die Unruhen hätten unterschiedliche Ursachen, unnötige Bestrafung, kaum Lehrkräfte in Form VI; auch wüssten sie nicht, wofür das Geld aus den vielen Projekten der Schule ausgegeben wird. Statt Lösungen für ihre Probleme anzubieten, habe sie der DC angeschrieen. (Guardian 24.8.09)

Schüler der Sumbawanga-Sekundarschule (Rukwa-Region) steckten das Haus des Disziplinarlehrers der Schule in Brand. Sie fordern mehr Freiheit, incl. nächtliche Besäufnisse, und die Erlaubnis, Handys zu besitzen und zu verwenden. Zwei Rädelsführer wurden der Polizei für weitere Aktionen übergeben. Fünf Schüler wurden wegen des Besitzes von Handys verhört. Drei Lehrer hatten die Schlafsäle durchsucht und bei fünf Schülern ein Handy gefunden. Wutentbrannt schalteten einige Schüler den Hauptschalter aus, so dass das ganze Schulgelände absolut finster war. Sie warfen Steine auf das Verwaltungsgebäude und forderten die Freilassung ihrer fünf Mitschüler, die in diesem Gebäude festgehalten und verhört wurden. Drei Lehrkräfte entkamen unverletzt, während die Schüler ihre fünf Mitschüler befreiten. Nur zwei Sicherheitsleuten bewachen die Schule.

Die Schüler behaupten, sie hätten bei Schulversammlungen ihre Klagen vorgebracht, doch die Schulleitung habe sich taub gestellt. (DN 10.12.09)

Kinder aus Dar-es-Salaam antworten

Magst du lieber strenge oder gutmütige Lehrkräfte?

Omary (7): Ich mag strenge Lehrkräfte lieber, weil sie dafür sorgen, dass wir uns im Unterricht konzentrieren.

Witness (6): Gute Lehrer sind gutmütig, dann traut man sich, Fragen zu stellen, wenn man etwas nicht kapiert.

Loveness (5): Ich hasse strenge Lehrkräfte, weil die Kinder ihretwegen durchfallen. Sind die Lehrer zu streng, hassen die Kinder die Schule.

Moud (7): Ein guter Lehrer hilft den Kindern, gut zu sein. (Guardian 27.10.09)

Leidet der Schulunterricht unter dem Mangel an Lehrbüchern?

Eric (11): Weil es nicht genug Bücher gibt, dürfen wir sie nicht mit nach Hause nehmen. Deshalb machen viele die Hausaufgaben schnell, ehe sei heimgehen. Unsere Eltern würden uns die Bücher kaufen, aber sie sind zu teuer.

Getrude (13): Alle, die etwas mit der Schule zu tun haben, sollten helfen, dass es besser wird.

Ally (10): Wir dürfen die Bücher nicht mit nach Hause nehmen, weil sie verloren gehen würden. Ich habe meine Eltern gebeten, mir Schulbücher zu kaufen, weil die in der Schule nicht reichen.

Isaac (11): Wir bekommen von der Regierung und von NGOs viele Bücher, aber dummerweise werden sie in wenigen Tagen alle gestohlen. Manche behalten sie einfach zu Hause. Mit den wenigen übrigen Büchern ist unsere Lehrerin sehr streng. Bücher aus der Leihbücherei müssen immer zurückgegeben werden, ehe wir heimgehen. (Guardian 29.12.09)