Die Covidwende - 03/2021

Aus Tansania Information
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Nach den kurz aufeinanderfolgenden Todesfällen des Vizepräsidenten von Sansibar Seif Sharif Hamad und des Generalsekretärs der Regierung John Kijazi trat eine Wende in der Covid-Haltung der Regierung ein.

Magufuli scheint Covid einzugestehen

Während alle offiziellen Stellen zu Hamads Erkrankung -der selbst seine Covid-Diagnose bekanntgegeben hatte- Stillschweigen bewahrten, wurde Kijazis Todesursache zunächst als „Herzkrankheit“ angegeben. Magufuli sprach bei der Trauermesse für Kijazi am 19. Februar. Er nahm das „C-Wort“ nicht in den Mund, aber sprach davon, dass man im Vorjahr die „Atemwegserkrankung“ überwunden habe, indem man Gott an die erste Stelle setzte. Er sagte weiter: „Ich bin sicher, dass wir dieses Mal wieder siegen werden. Diese Krankheiten einschließlich der Atemwegserkrankung gibt es, in anderen Ländern haben sie mehr Menschen umgebracht. Sterben werden wir alle einmal, ob an Malaria, Krebs oder sonst wie. Lasst uns zu Gott zurückkehren, vielleicht sind wir an ihm irgendwie schuldig geworden, oder wir werden versucht wie einst die Kinder Israel“. Diese Äußerung wurde weithin als erstes Eingeständnis des Präsidenten selbst gewertet, dass es in Tansania Covid weiterhin, bzw. wieder gebe. Die Presse nahm zur Kenntnis, dass, entgegen sonstiger Übung, bei diesem Auftritt des Präsidenten mehrere Personen Mundschutz trugen, darunter auch sein Vorgänger J. Kikwete.

Stellungnahme der Juristen

Am gleichen Wochenende rührten sich laute Stimmen aus der Zivilgesellschaft. Neben katholischen Bischöfen, die verstärkte Sicherheitsvorkehrungen wegen Covid für Gottesdienste anordneten, gab es am 20. Februar eine erstaunlich klare Stellungnahme der Juristenvereinigung Tanzania Law Society (TLS). TLS-Vorsitzender Rugemeleza Nshala teilte mit, dass in den letzten Wochen 25 Rechtsanwälte verstorben seien, und forderte die Regierung auf, offiziell die neue Welle der Covid-Epidemie bekanntzugeben. Die Regierung habe laut Verfassung eine Verpflichtung, die das Recht der Bürger auf Information betrifft. Verleugnung würde nicht weiterhelfen. Das Parlament solle dafür sorgen, dass es offizielle Lageberichte, einschließlich aktueller Statistiken, gibt. – Am gleichen Tag sprach sich Premierminister Kassim Majaliwa in Tanga bei der Beisetzung Kijazis dafür aus, generell Masken zu verwenden, wenn man dichter als 1 m mit anderen Personen zusammen sein müsse.

Magufulis Kirchengrußwort

Am folgenden Sonntag ergriff Magufuli das Wort in der Kirche nach der Sonntagsmesse. Er teilte der überwiegend mit Mundschutz versehenen Gemeinde mit, seine Regierung habe nie das Maskentragen verboten. Er hatte aber sichtlich Mühe mit dem Thema. Er selber trage keine, weil er auf Gott vertraue und Zuversicht zeigen wolle, denn das Gefährlichste sei die Furcht. Dann dankte er namentlich mehreren Anwesenden, die keine Maske trugen, fügte ein, dass ihre Nachbarn mit Gesichtsmaske aber nichts Falsches täten, dies sei in Ordnung. Man solle aber unbedingt nur Masken verwenden, die aus Tansania stammen. Er als Präsident wisse viel und teile dieses Wissen jetzt mit ihnen. Importierte Masken seien gefährlich. Die Tansanier müssten wachsam sein, welche Masken sie tragen, damit es ihnen nicht so ergeht wie einigen Ländern mit hohen Todesraten, obwohl dort alle Masken tragen. Er fügte hinzu, dass diese Länder wirtschaftliche Konkurrenz (um Afrikas Bodenschätze, Red.) seien, man dürfe sich nicht einbilden, dass der Westen aus Liebe handele.

AFP 19.02., Citizen 19.02., 20.02.; Mwananachi 21.02., Nairobinews 19.02., Nation (Kenia) 20.02.21

Offizielle Rückkehr des „C-Wortes“

Nach diesem Wochenende gab es eine Reihe von Änderungen. Das Gesundheitsministerium rief nunmehr wieder zum Tragen von Masken bzw. Mundbedeckungen und zum Abstandhalten auf, und wiederholte die anderen Maßnahmen, die man bereits gegen Atemwegserkrankungen empfohlen hatte. Damit solle man sich gegen Erkrankungen „einschließlich Covid-19“ schützen. Die Dar es Salaamer Behörde für den Nahverkehr DART machte das Maskentragen und Abstandhalten in den Schnellbussen zur Pflicht. Am Ende der Woche folgte auch die Nationale Transportbehörde, verordnete Maskenpflicht für alle öffentlichen Verkehrsmittel sowie die Aufstellung von Waschgelegenheiten auf Busbahnhöfen als Maßnahme gegen Covid-19. – Der Oppositionspolitiker Zitto Kabwe nannte die Maßnahmen unzureichend. Es werde nicht genug getestet und das Gesundheitswesen sei bereits überfordert, aber die Regierung habe keinen Plan, daran etwas zu ändern. (Kabwes Kommentar ist nur im Internet, aber in keinem tansanischen „offiziellen“ Medium zu finden; Red.)

Damit ist Tansania -abgesehen von den geöffneten Schulen- bei den öffentlichen Vorsichtsmaßnahmen wieder auf dem Stand des Frühjahres 2020, bevor der Präsident den „Sieg über Covid“ verkündet hatte. Lockdowns oder Einschränkungen des Wirtschaftslebens soll es weiterhin nicht geben. Bei der Einweihung der Ubungo-Hochbrücke in Dar es Salaam sagte der Präsident, es dürfe jetzt keine Ausreden geben, wegen Covid könne dieses oder jenes Projekt nicht plangemäß fertiggestellt werden. Er wolle Ergebnisse sehen.

Citizen 21.02., 25.02.; Mwananchi 24.02., Quartzafrica 24.02.21