Aus der Gesellschaft - 06/2021

Aus Tansania Information
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Fußballskandal im Kariakoo-Derby

Landesweite Unruhe rief am 8. Mai die Verschiebung eines Fußballspiels in Dar es Salaam hervor. Die beiden Spitzenmannschaften und traditionellen Rivalen Simba und Yanga sollten an dem Samstag um 17 Uhr antreten, es ging um die Teilnahme des Siegers an einem gesamtafrikanischen Pokalturnier. Spiele zwischen diesen beiden werden auch „Kariakoo-Derby“ nach dem Stadtviertel benannt, aus dem beide hervorgingen. Etwa eine halbe Stunde vor dem angesetzten Termin wurde im bereits gefüllten Stadion verkündet, dass das Spiel um 2 Stunden verschoben werden müsse. Die Mannschaft von Yanga protestierte, da nach dem tansanischen Reglement Terminänderungen spätestens 24 Stunden vor einem angesetzten Termin schriftlich bekanntgegeben werden müssen und ging pünktlich auf den Platz. Als sie dort nach 15 Minuten noch allein waren, gingen sie zurück in die Kabinen und verließen dann das Stadium. Der Fußballverband erklärte anschließend ohne Angabe weiterer Gründe, dass das Sportministerium die Verschiebung angeordnet hatte.

Das Internet und Twitter explodierten mit Kommentaren.

Bemerkenswert war, dass die Zeitungen trotz ausführlicher Berichte und Kommentare nicht wagten, dem tatsächlichen Grund für die Verschiebung zu berichten, den man sich aus den Beiträgen auf Internetforen zusammensuchen konnte. Demnach schien es sich um zu spät aufgewachte Funktionäre im Sportministerium gehandelt zu haben, denen erst am Tage selbst auffiel, dass das Topspiel zeitlich mit einem Staatsakt zum Geburtstag von Altpräsident Mwinyi und der Präsentation seiner Autobiographie kollidieren würde. Die Präsidentin war für den Anlass mit einem Grußwort eingeplant. So wurde kurz vor dem Spiel, als die Spieler und Tausende von Zuschauern bereits im Stadium waren, eine Verschiebung um 2 Stunden angesagt, womit das Spiel und seine Übertragung erst nach dem Staatsakt beginnen würde. Das wiederum war die Mannschaft von Yanga nicht bereit hinzunehmen und trat pünktlich an, um nach der Wartezeit das Stadium zu verlassen. Die Zeitung Citizen traute sich immerhin, den Fußballverband deutlich zu kritisieren, wagte aber keinen Kommentar über die Forderung des Ministeriums. Ein Nutzer meinte im Internet, das hätte unter Magufuli nicht passieren können; der hätte einfach im Stadium angerufen und gesagt, lasst sie spielen, die armen Zuschauer haben schließlich ihr Eintrittsgeld bezahlt. Ein anderer Beitrag forderte den Rücktritt der Funktionäre des Fußballverbandes, was ihm die umgehende Rückfrage einbrachte, seit wann denn jemand in Tansania zurücktrete?

Citizen 10.05.21, Jamiiforums 09.+10.05.21, Mwananchi 08-05.21

Einstellungen im Öffentlichen Dienst

Die tansanische Regierung stellt 6.949 Lehrer und 2.729 Beschäftigte im Gesundheitssektor ein. Das zuständige Ministerium bekam jetzt grünes Licht vom Präsidialamt für diesen schon länger diskutierten Schritt. Absolventen eines Lehrerstudiums bis zum Alter von 45 Jahren können sich ab Examensjahrgang 2012 bewerben; an den Sekundarschulen werden vor allem Kräfte für die naturwissenschaftlichen Fächer gesucht. Die Bewerbungen sind über das Internetportal der Regierung einzureichen. Alle Bewerber müssen an den Stellen antreten, die ihnen zugewiesen werden; der größte Lehrermangel besteht in abgelegenen ländlichen Gegenden.

Guardian 10.05,21

Albinomord bei Tabora

Bei einem Dorf in der Taboraregion wurde die verstümmelte Leiche eines 5-6-jährigen Jungen aufgefunden, der die Arme, die Augen, ein Ohr und die Geschlechtsteile fehlten. Das Kind war Albino. In der unmittelbaren Umgebung ist kein verschwundenes Kind bekannt. Im Volksglauben vieler afrikanischer Völker und der traditionellen Medizin gelten Tränke und “Medizin” als besonders wirkkräftig, wenn sie mit Körperteilen eines Albino zubereitet werden. Dieser Glaube hat immer wieder das Öffnen frischer Gräber, Entführungen und Morde zur Folge. In Tanzania werden die Praktiken seit dem Jahr 2015 schärfer bekämpft. Dennoch kam es im Jahr 2019 in der Region Njombe wieder zu einer Mordserie an 10 Kindern mit Albinismus.

DN 31.05.21

Prügelexzess: Irren ist menschlich

Ende Mai wurde wieder ein Prügelexzess an einer tansanischen Schule durch soziale Medien bekannt. Nachdem ein Kind mit blutigem Rücken nach Hause kam und Bilder von Verletzungen des Siebtklässlers einer islamischen Privatschule im Netz kursierten, nahm der Fernsehsender Ayo TV den Fall auf. Der Vorsitzende des Schulvereins sagte, dass eigentlich an dieser Schule die Lehrer nicht schlagen sollen, und dass es, wenn überhaupt, nur sehr selten vorkomme. Der Prügellehrer drückte im Interview sein Bedauern aus, er habe als Beauftragter für Schuldisziplin 2 Schüler ein Geständnis über die Zerstörung von Schuleigentum schreiben lassen, wobei der betreffende Junge sich weigerte. Deshalb habe er ihm befohlen, sich auf den Boden zu legen, um Schläge auf das Gesäß zu erhalten. Da dieser sich wiederum weigerte, musste er ihn auf den Rücken schlagen, und sei dabei leider diesmal zu weit gegangen. Irren sei menschlich. Der Vater sagte, er habe seine Anzeige bei der Polizei zurückgezogen, weil sich jetzt die Schule um alles kümmert. Der Junge äußerte gegenüber dem Reporter, er habe seinem Lehrer vergeben, Schule sei eben so.

Citizen 28.05.21; Youtube 24.05.21 („ukweli wa tukio la mwanafunzi kushambuliwa“)

Krieg gegen Bettelei

Der neue Regionalkommissar von Dar es Salaam Amos Makala hat dem Bettlertum in der Stadt den Krieg erklärt. Er forderte die Distrikts- und Stadtverwaltungen auf, alle Bettler einzusammeln und “nach Hause” zu schicken. Die Zeitung Mwananchi zählte in ihrem Bericht eine eindrucksvolle Liste seiner Vorgänger auf, die sich bereits ohne bleibenden Erfolg am gleichen Thema versucht haben.

Mwananchi 29.05.21