Aussenbeziehungen ‐ 11/2024
Lobito-Korridor und TaZaRa
Joe Bidens erste Reise nach Afrika sollte ihn vom 13.-15. Oktober nach Angola führen, doch wegen Hurricane Milton musste sie in die erste Dezemberwoche verschoben werden. Zentrales Thema wird das multinationale Projekt der Wiederbelebung des Lobito-Korridors sein – 1.344 km Eisenbahnstrecke von Zambia über die DR Kongo bis zum Seehafen Lobito in Angola. Für die Schaffung eines Zugangs zu der an Bodenschätzen reichen Mitte Afrikas stellen die USA 250 Mio. $ bereit. Insgesamt wollen die USA und Partner 4 Mrd. $ in den Lobito-Korridor investieren. Ab 2026 soll über die Strecke Kupfer und Kobalt transportiert werden. Bereits im Dezember 2023 unterschrieben Biden und Angolas Präsident Joao Lourence im Weißen Haus gemeinsam den Vertrag für die größte jemals getätigte Eisenbahninvestition der USA. Amerika sieht Angola, den zweitgrößten afrikanischen Rohölexporteur, als ein Land, dass sich von Ideologie entfernt hat und Alternativen zu chinesischen und russischen Handelspartnern sucht.
Im Herbst hatte China zugesagt, die 1.860 km der früheren TAZARA-Strecke von Kapiri-Mposhi in Sambia nach Dar es Salaam als Bestandteil seiner Belt and Road Initiative für 1 Mrd. $ zu modernisieren. Diese Zusage wird als direkte Reaktion auf das amerikanische Vorhaben gesehen. Außerdem will China die Strecke nutzen, um Bergbauprodukte aus seinen Minen in der DR Kongo und Sambia darüber abzutransportieren. Mit Tansania ist abgesprochen, dass China eine Konzession für das Betreiben der Bahn über 30 Jahre erhält, um so einen Ausgleich für seine Investition zu erhalten. Erst nach dieser Zeit wird die Strecke in den Besitz von Sambia und Tansania übergehen. Ein entsprechender Vertrag wurde dem China-Afrika-Gipfel in Peking im September 2024 unterzeichnet.
Sowohl den USA als auch China geht es um die Bodenschätze in der DR Kongo, in Angola und Sambia. Die USA haben zugesagt, Tansania bei ihren Plänen einzubinden, ohne die Schuldenlast des Landes zu erhöhen.
The African Report, 30.09.2024, Guardian, 07.10.2024, EastAfrican, 12.10.2024, The Conversation, 17.10.2024
Iran
Der iranische Landwirtschaftsminister Glamreza Nouri Ghezelcheh reiste mit einer mit 80-köpfigen Delegation aus Regierungs- und Wirtschaftsvertretern zu einem Besuch nach Tansania. Das ostafrikanische Land schuldet dem Iran 55 Mrd. $ und damit mehr als jedem anderen Land; Anfang des Jahres hatten sich die Länder geeinigt, dass Tansania monatlich 7 Mio.$ abbezahlt. Die Schuldenlast stammt aus dem 70ern und 80ern, als Tansania beim Iran auf Pump Öl einkaufte. Der Nahostkonflikt und die dem Land vom Westen auferlegten Sanktionen haben den Iran veranlasst, sich nach neuen Partnern umzuschauen. Tansania mit seiner Politik der Bündnisfreiheit und seinem Einfluss im Afrika südlich der Sahara ist für den Iran von strategischer Bedeutung. Die tansanische Regierung prüft die Eröffnung einer Botschaft in Teheran.
The Chanzo, 21.10.2024
Russland
Seit mehr als 60 Jahren unterhalten Russland und Tansania Beziehungen miteinander. Am 29.12.2022 wurde ein Kooperationsabkommen unterschrieben. Viele tansanische Wissenschaftler, Ingenieure und Mediziner wurden im Laufe der Jahre in Russland ausgebildet. Mit dem neuen Vertrag sucht Russland vor allem logistische Unterstützung, um an die Bodenschätze im Herzen Afrikas heranzukommen. Maxim Reschetnikow, Russlands Minister für wirtschaftliche Entwicklung, der am 28./29. Oktober mit einer Delegation zu Gesprächen nach Dar es Salaam kam, bot an, Tansania könnte das afrikanische Drehkreuz für russische Waren sein und umgekehrt, Russland für Tansania das Tor zum eurasischen Markt. Gesprochen wurde außerdem über Kooperationen im Energiesektor (Kernenergie und erneuerbare), in Bergbau, Landwirtschaft, Pharmazie, Digitalisierung, Stadtentwicklung und Tourismus sowie über Ausbildung und Technologietransfer. Allerdings ist das bisherige russische Exportvolumen in Tansania eher gering und betrifft vor allem Waffen sowie Weizen und Dünger.
Tansania verhält sich gegenüber der russischen Annäherung eher vorsichtig und neutral. Nach Sergej Lawrows Afrikainitiative im Jahr 2022 nahm Tansanias Premierminister Kassim Majaliwa im Juli 2023 am zweiten russischen Afrikagipfel teil und Präsidentin Samia Suluhu Hassan fuhr im August 2023 zum BRICS-Treffen nach Südafrika. Dort pochte sie vor allem auf eine faire internationale Wirtschaftsordnung und streckte für die Finanzierung von Tansanias Megaprojekte die Fühler aus, vor allem in Richtung Indien, Südkorea und zu den Golfstaaten. Ziel war damals vor allem die Erweiterung der traditionellen Partnerschaften mit Internationalem Währungsfonds, Weltbank, Afrikanischer Entwicklungsbank, den USA, der EU und China.
Bei Reschetnikows aktuellem Besuch wurde konkret gesprochen über Investitionen in der Dünger- und Gasindustrie sowie über die Einrichtung eines Direktflugs von Moskau nach Sansibar. Für den Mai 2025 ist eine neuerliche Zusammenkunft der beiden Kommissionen in Moskau verabredet.
AllAfrica, 29.10.2024, The Chanzo, 30.10.2024
CHOGM-Gipfel 2024
Vom 21.-26.10.2024 fand in Apia, der Hauptstadt von Samoa, das Commonwealth-Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs statt. Tansania ist eines von 56 Mitgliedern; Präsidentin Hassan ließ sich von Außenminister Mahmoud Thabit Kombo vertreten. Themen waren die Stärkung von Demokratie, Menschenrechten und Rechtssicherheit und der Kampf gegen den Klimawandel. Jamaika hatte im Vorfeld Reparationen für die Sklaverei mit auf die Agenda setzen wollen, doch dies lehnte das Vereinigte Königreich genauso ab wie eine offizielle Entschuldigung. Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa und Indiens Premierminister Narendra Modi blieben gleichfalls dem CHOGM fern, weil sie sich auf dem zeitgleich stattfindenden 16. BRICS-Gipfel im russischen Kazan aufhielten.
BBC, 19./25.10.2024, The Chanzo; 23.10.2024