Justizwesen, Polizei ‐ 04/2023

Aus Tansania Information
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Gnade vor Recht kritisiert

Die Intervention von Präsidentin Samia zugunsten des Oppositionspolitikers Godbless Lema ist unter Juristen auf Kritik gestoßen. Lema war Abgeordneter in der Chademahochburg Arusha gewesen und verlor sein Mandat in der manipulierten Wahl von 2020. Er war bereits mehrfach verhaftet worden und es gab gegen ihn Anklagen wegen Aufwiegelung der Öffentlichkeit und Verleumdung der Regierung. Angesichts der Verhaftungswelle nach der Wahl floh er ins Ausland und erhielt politisches Asyl in Kanada. Lema kehrte Anfang 2023 wieder nach Tansania zurück, nachdem er in Hinblick auf die noch bestehende Anklage gegen sich lange gezögert hatte.

Bei einem Besuch der Region Arusha sagte die Präsidentin jetzt, sie habe mit Lema in seinem Exil gesprochen und ihm gesagt, er solle zurückkommen. Als Lema wegen seiner Anklage zurückfragte, habe sie zu ihm gesagt, er solle nur kommen, sie werde die Anklage aus dem Weg schaffen („nikamwambia nazifuta, rudi.“)

Mehrere Juristen äußerten sich jetzt, dass eine solche Intervention der Präsidentin gesetzeswidrig sei. Laut Verfassung gebe es das Amt der Anklagebehörde, die unabhängig über Eröffnung und Einstellung von Verfahren zu entscheiden habe. Die Verfassung habe eine Schwäche darin, dass die Präsidentin den Direktor der Anklagebehörde ernennt und jederzeit abberufen kann, aber dieser solle seine Arbeit unabhängig, nur im öffentlichen Interesse, machen.

Parlamentssprecherin Tulia Ackson versuchte die Präsidentin zu verteidigen und meinte, diese habe sich gar nicht in den Fall eingemischt, sondern vielleicht nur nachgefragt, ob hier, wie auch bei anderen Anklagen aus der Magufulizeit, überhaupt noch ausreichend Zeugen vorhanden seien, um eine Anklage zu vertreten.

Mwananchi 08.03.2023

Betrug bei der Polizei

Im Bericht des Rechnungshofes ging es auch um das spektakuläre Verschwinden von TSh 4,8 Mrd (€ 1,9 Mil.) aus einem durch Mitgliederbeiträge gespeisten Sozialfond der Polizei. Von jedem Polizisten werden dafür monatlich TSh 5.000 angeführt. Die Beträge stehen in Dar es Salaam, Morogoro, Sansibar und dem Polizeihauptquartier als Ausgabe für Beihilfen in Trauer- und Krankheitsfällen in der Abrechnung, kamen aber nie bei den Empfängern an. Die Präsidentin selbst hatte hier die Untersuchung angeordnet. Ein zuständiger Polizeibeamter soll sich inzwischen ins Ausland abgesetzt haben. Nach Informationen des Citizen sollen mehrere hohe Polizeioffiziere an dem Betrug beteiligt sein.

Mwananchi 01.04.2023

Prügelwache brennt

In dem kleinen Ort Mganza in der Region Geita kam es nach dem Tod des 32jährigen Enos Misalaba zu Auseinandersetzungen zwischen Einwohnern und der Polizei, die zur Zerstörung der örtlichen Wache und Verhaftungen von Einwohnern und Polizisten führten.

Misalaba war am 27. März verhaftet worden, da er eine Autobatterie gestohlen haben soll. Laut sozialen Medien soll er aber lediglich eine Batterie für sein Motorrad gekauft haben, die sich als gestohlen erwies. Am 28 März wurde er von der Polizei in die örtliche Gesundheitsstation gebracht, wo er am gleichen Tag starb. Misalaba war mit seinem Fahrzeug als Bodaboda (Motorradtaxi) unterwegs und die Beerdigung zog zahlreiche Bodaboda an. Dabei kam es am 30.3. zu einem Aufruhr, nachdem ein Redner verkündete, Misalaba sei an Lungenversagen gestorben. Daraufhin protestierten Anwesende, er sei auf der Wache zu Tode geprügelt worden. Die Bodabodafahrer zogen daraufhin mit dem Sarg zur Polizeistation, wo sie mit Tränengas vertrieben wurden. Entweder bei dieser Gelegenheit oder am folgenden Tag wurde die Polizeiwache in Brand gesteckt und zerstört.

Am kommenden Tag teilte der Polizeichef der Region Geita mit, man werde eine Obduktion des Verstorbenen vornehmen, um die Todesursache zu klären. Bei der danach erfolgten Beisetzung erklärte der regionale Polizeichef, dass sowohl Polizisten aus Mganza als auch einige an der Zerstörung der Wache Beteiligte in Haft seien. Die Polizei werde den Fall aufklären. Er appellierte an die Bevölkerung, von Gewalttaten Abstand zu nehmen.

Jamiiforums 31.03.2023, Mwananchi 30.03., 31.03. + 01.04.2023

Tod in Untersuchungshaft

Der Tod eines langjährigen Untersuchungsgefangenen führte jetzt zu erneuten Forderungen, endlich die Haftpraxis von Polizei und Justiz zu ändern. Am 4. März starb der 80-jährige Sheikh Said Ulatule bei einer Anhörung im Dar es Salaamer Ukongagefängnis, wo eine Richterin sich über die Haftgründe und Bedingungen von Untersuchungsgefangenen informieren wollte. Ulatule war im Jahr 2015 in seinem Haus in der Küstenregion zusammen mit einer Gruppe von Besuchern verhaftet und von der Polizei des Terrorismus beschuldigt worden. Seither sitzt er in U-Haft, ohne dass gegen ihn je eine Anklage vor Gericht erhoben wurde. Er teilt dies Los mit Dutzenden weiterer islamischer Geistlicher und Aktivisten, die in den Jahren 2012–2015 unter Terrorismusvorwürfen verhaftet wurden. Ulatule brach zusammen, als er aufstand, um der Richterin seine Situation zu schildern. Das Menschenrechtszentrum LHRC schloss sich der Forderung eines Verbandes der islamischen Prediger an, die Verhafteten endlich freizulassen.

Mwananchi 09.+10.03.2023