Justiz, Polizei ‐ 09/2022

Aus Tansania Information
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Stille Verhaftungen

Juristen und Menschenrechtsaktivisten kritisierten im Juli die Praxis der “stillen Verhaftungen”, die in letzter Zeit öfters von der Polizei angewandt wurde.

In diesen Fällen werden verhaftete Bürger an Orten festgehalten, die von Angehörigen und Anwälten nur schwer oder gar nicht aufzuspüren sind. Dies erschwert die Zahlung von Kaution, um Haftentlassung bis zum Gerichtsverfahren zu bewerkstelligen. Den Verhafteten wird dabei keine Möglichkeit gegeben, jemanden zu benachrichtigen.

Der jüngste Fall war die Festnahme in Morogoro von Twaha Mwaipaya, eines Funktionärs der Chadema-Jugendorganisation, wegen eines angeblichen Internetverbrechens. Er sollte nach Dodoma gebracht werden. Seine Familie und Anwälte suchten Polizeiwachen in Dodoma, Morogoro und Dar es Salaam auf und bekamen überall zu hören, dort sei der Name nicht bekannt. Erst als nach 5 Tagen eine Klage gegen die Polizei eingereicht wurde, wurde Mwaipaya am 5. Tag kurz vor dem Gerichtstermin freigelassen.

Ein Bericht im Mwananchi zählt eine lange Reihe von Namen auf, bei denen in politischen Fällen die Polizei auf ähnliche Weise Bürger verhaftete und tagelang verhörte, ohne sie einem Haftrichter vorzuführen, wobei es Angehörigen und Anwälten lange nicht möglich war, den Aufenthaltsort zu erfahren.

Mwananchi09.07.22

Prozessverschleppung

Das Vorstandsmitglied des Jugendverbandes der oppositionellen Chadema, Twaha Mwaipaya, wurde am 30. Juni aufgrund eine online-Kommentars wegen “Internetverbrechen” in Morogoro verhaftet und nach Dodoma gebracht. Nachdem er tagelang keinem Haftrichter vorgeführt wurde, reichte ein Rechtsanwalt namens des Jugendverbandes Klage ein, ihn entweder vor Gericht zu bringen oder umgehend auf Kaution freizulassen.

Beim Gerichtstermin erschienen nur der Beschuldigte und sein Anwalt, aber weder ein Vertreter der Polizei noch der Anklagebehörde. Daraufhin erklärte der Richter, er könne kein Urteil fällen, ohne beide Seiten zu hören. Die Verteidigung beantragte Vertagung auf den Nachmittag oder den kommenden Tag. Der Richter erklärte, dass er nach der Verhandlung verreisen werde und setzte den Folgetermin auf den Beginn der folgenden Woche an. Somit durfte der Beschuldigte zunächst 5 Tage in der Polizeizelle verbringen.

Mwanahalisi 05.07.2022, Twitter 30.06.2022

Warten aufs Recht

Im August verstarb Li Jinglan, die jahrelang für Julius Nyerere vom Chinesischen ins Kiswahili übersetzt hatte. Die als Mama Li bekannte Frau war 1975 als Übersetzerin in das chinesische Projekt zum Bau der TAZARA Eisenbahn nach Tansania geschickt worden. So übersetzte sie auch mehrfach für den damaligen Präsidenten Nyerere und gewann dessen Vertrauen, sodass sie auch zum Übersetzen außerhalb des Bahnprojekts angefordert wurde. Sie machte sich schließlich selbständig, blieb in Tansania und nahm die Staatsangehörigkeit an. Sie wohnte in einem Haus der staatlichen National Housing Corporation NHC. Bald nach dem Tode Nyereres begannen hier ihre Probleme. Sie wurde 2003 gekündigt und setzte sich dagegen juristisch zur Wehr. Die NHC ließ während eines Krankenhausaufenthalts von Ji ihre Wohnung aufbrechen, ihre Möbel versteigern und vermietete die Wohnung anderweitig. Sie klagte dagegen und es dauerte 6 Jahre, bis ein Richter im Jahre 2012 feststellte, dass NHC unrechtmäßig gehandelt hatte und Li einen Schadenersatz von $ 177,000 zusprach. Die Jahre seit diesem Urteil bis jetzt zu ihrem Tod versuchte Li vergeblich, diesen Schadensersatz tatsächlich zu erhalten. Die NHC legte gegen das Urteil Widerspruch ein und der Fall liegt nach wie vor in den Berufungsinstanzen. Die tansanische Presse stellte in ihren Nachrufen die Geschichte von Li als Beispiel für den dringenden Reformbedarf im tansanischen Justizwesen dar.

Citizen 17.08.2022, Mwananchi 18.08.2022

Schlanke Linie

Bei der Abschlussfeier eines Lehrgangs für Einwanderungsbeamte kommentierte Präsidentin Samia die körperliche Form der höheren Ränge. Sie gab den Absolventen ein Kompliment für ihren Paradeauftritt und merkte an, dass die sie anführenden höheren Offiziere zwar sehr erfahren aussahen, aber einige von ihnen dicke Bäuche vor sich hertrugen. Diese sollten alsbald in die Akademie zurückkehren, um ihr Gewicht abzutrainieren. Das würde sie in die Lage versetzen, ihren Berufspflichten zügiger nachzugehen.

Die Bemerkung der Präsidentin wurde in den sozialen Medien überwiegend zustimmend kommentiert. Einige wenige erinnerten sich an die Parlamentsdebatte in den 1990er Jahren, wo ein Abgeordneter die umgehende Verhaftung aller dicken Verkehrspolizisten gefordert hatte; kein tansanischer Polizist könne von seinem Gehalt dick werden, deshalb sei ein dicker Bauch ein sicherer Beweis für Korruption.

Jamiiforums 16.08.2022, Star (Kenia) 16.08.2022